FG Münster 18.8.2014, 6 V 1932/14 AO

Vorlageersuchen des Finanzamts hinsichtlich eines Due-Diligence-Berichts ernstlich zweifelhaft

Es ist zweifelhaft, ob ein Due-Diligence-Bericht überhaupt zu den im Rahmen einer Außenprüfung vorlagepflichtigen Unterlagen gehört. Wenn dies aber so sein sollte, bestehen weiterhin Zweifel, ob dann der gesamte Bericht vorzulegen ist; ein Due Diligence Bericht ist wegen seines Inhalts eine "Urkunde besonderer Art", denn er enthält regelmäßig auch Informationen (z.B. Bewertungen), die grundsätzlich nicht herausgegeben werden müssen.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Vorlageersuchens, welches im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung ergangen ist und sich auf einen Due-Diligence-Bericht bezieht.

Die Antragstellerin, eine Holding-GmbH, ließ zum Zwecke der gemeinsam mit einer Geschäftspartnerin geplanten Erschließung neuer Geschäftsfelder eine Due-Diligence-Prüfung bei sich durchführen. Im Folgejahr veräußerte sie einen Anteil an einer Beteiligungsgesellschaft an ihren Alleingesellschafter. Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Unternehmensgruppe der Antragstellerin beabsichtigte das Finanzamt, die Angemessenheit des Kaufpreises für die Anteilsübertragung zu überprüfen und verlangte hierfür die Vorlage des Due-Diligence-Berichts.

Nachdem die Antragstellerin lediglich einen "geweißten" Bericht vorgelegt hatte, erließ das Finanzamt ein Vorlageersuchen hinsichtlich des vollständigen Berichts. Zur Begründung führte es aus, dass sich hieraus Anhaltspunkte für den Wert der veräußerten Beteiligung entnehmen ließen und diese von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter bei der Kaufpreisfindung auch herangezogen worden wären. Die Antragstellerin führte demgegenüber an, dass keine Vorlagepflicht bestehe, weil der Due-Diligence-Bericht keine Tatsachen, sondern ausschließlich Ergebnisse eines wertenden Vorgangs enthalte. Für Zwecke des Anteilsverkaufs sei eine gesonderte Unternehmensbewertung vorgenommen worden.

Das FG gab dem Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung statt. Die Beschwerde wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Es ist bereits zweifelhaft, ob ein Due-Diligence-Bericht überhaupt zu den im Rahmen einer Außenprüfung vorlagepflichtigen Unterlagen gehört. Zudem bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Aufforderung zur Vorlage des Due-Diligence-Berichts vorliegend noch ermessensgerecht ist, insbes. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht.

Da in einem Due-Diligence-Bericht Tatsachen regelmäßig nicht nur wiedergegeben, sondern auch juristisch bewertet werden, ist es fraglich, ob es sich dabei um eine Urkunde handelt. Aber selbst wenn dies so sein sollte, bestehen Zweifel, ob dann der gesamte Bericht vorzulegen ist. Ein Due Diligence Bericht ist wegen seines Inhalts eine "Urkunde besonderer Art", denn er enthält regelmäßig auch Informationen (z.B. Würdigungen, Bewertungen), die grundsätzlich nicht herausgegeben werden müssen. Vielfach dürften auch Informationen enthalten sein, die den - möglicherweise schutzwürdigen - "Binnenbereich" des Unternehmens betreffen.

Jedenfalls erfordert das Vorlageersuchen des Finanzamts eine differenzierte Einzelfallabwägung im Rahmen der Ermessensausübung. Hierbei sind die berechtigten Informationsinteressen der Finanzverwaltung gegen die schutzwürdigen Belange des Unternehmens abzuwägen. Dies gilt im Streitfall vor allem vor dem Hintergrund, dass das Bewertungsverfahren für die Kaufpreisfindung von der Antragstellerin offengelegt worden und der Bericht in einem anderen Zusammenhang zu einem früheren Zeitpunkt erstellt worden ist.

Linkhinweis:


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.09.2014 10:28
Quelle: FG Münster NL vom 15.9.2014

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