BFH 5.6.2014, XI R 2/12

Überlassung eines der GmbH zugeordneten PKW an einen Gesellschafter-Geschäftsführer zur privaten Nutzung

Die Überlassung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW an einen Gesellschafter-Geschäftsführer unterliegt der Umsatzsteuer (Regelsteuersatz 19 %). Wegen der Höhe der Bemessungsgrundlage ist danach zu unterscheiden, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzungsüberlassung und der Arbeitsleistung besteht (tauschähnlicher Umsatz) oder ob die Nutzungsüberlassung ohne eine Gegenleistung hierfür erfolgt (unentgeltliche Wertabgabe).

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH, die in den Streitjahren 2004 bis 2006 ein Straßenbau-Unternehmen betrieb. Sie hatte ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer, der ihr Stammkapital zu 90% hielt, im Arbeitsvertrag einen Anspruch auf ein Firmenfahrzeug eingeräumt, das er sowohl für dienstliche als auch für private Fahrten nutzen durfte. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Der lohnsteuerrechtlich als geldwerter Vorteil behandelte Betrag wurde monatlich als Lohnaufwand gebucht und der Lohnsteuer unterworfen. Im Rahmen der Lohnversteuerung wurde die Regelung des § 8 Abs. 2 S. 3 EStG nicht angewendet.

Im Anschluss an eine Außenprüfung erhöhte das Finanzamt die Umsätze nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG i.H.d. Zuschlags nach § 8 Abs. 2 S. 3 EStG für Fahrten zwischen der Wohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers und der Arbeitsstätte. Die Klägerin hielt dagegen, der Gesellschafter-Geschäftsführer habe den PKW nicht für Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Niederlassung der Klägerin verwendet. Denn er habe bei den Montagearbeiten vor Ort mitgewirkt, indem er einer "Montagegruppe" vorgestanden habe. Daher habe er für die Fahrten von seiner Wohnung zur jeweiligen Montagearbeit gemeinsam mit anderen Arbeitnehmern einen Kleintransporter genutzt. Das Büro der Klägerin habe er mit dem Kleintransporter aufgesucht.

Das FG wies die Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.

Die Gründe:
Der tauschähnliche Umsatz ist nach §§ 3 Abs. 12 S. 2, 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG, die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Bei einem tauschähnlichen Umsatz gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 10 Abs. 2 S. 2 UStG), für die unentgeltliche Wertabgabe sind als Bemessungsgrundlage die Kosten bzw. Ausgaben anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG). Die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH einen dem Unternehmen zugeordneten PKW in seiner Eigenschaft als Gesellschafter zu privaten Zwecken nutzt, ohne dass er hierfür eine Gegenleistung erbringt.

Allerdings musste die Vorentscheidung aufgehoben werden, weil das FG zu Unrecht ohne weitere Feststellungen davon ausgegangen war, dass die PKW-Überlassung als Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei, obwohl die PKW-Nutzung auch auf dem Gesellschafterverhältnis beruht haben konnte. Das FG muss nun im weiteren Verfahren feststellen, ob und ggf. inwieweit die PKW-Überlassung an den Gesellschafter-Geschäftsführer als Gegenleistung für seine Arbeitsleistung als Geschäftsführer erfolgte und ob und ggf. inwieweit der Gesellschafter-Geschäftsführer den PKW in seiner Eigenschaft als Gesellschafter nutzte. Sollten die Feststellungen ergeben, dass der PKW-Überlassung ein Entgelt in Gestalt anteiliger Arbeitsleistung gegenüberstand, liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor, bei dem der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz gilt. Dieser Wert kann anhand der Kosten bzw. Ausgaben (seit dem 1.7.2004) für die Überlassung des PKW geschätzt werden.

Aus Vereinfachungsgründen kann die anzusetzende Bemessungsgrundlage nach Wahl des Unternehmers aufgrund entsprechender Verwaltungsvorschriften sowohl bei einem tauschähnlichen Umsatz als auch bei einer unentgeltlichen Wertabgabe nach lohnsteuerrechtlichen bzw. ertragsteuerrechtlichen Werten geschätzt werden. Solche Vereinfachungsregelungen ergeben sich aus dem BMF-Schreiben vom 5.6.2014 (unter II.2.a - lohnsteuerrechtliche Werte - bzw. unter I.5.a aa - sog. 1 %-Regelung abzüglich Abschlag von 20 %), das in allen offenen Fällen anwendbar ist. Die Vereinfachungsregelung ist eine einheitliche Schätzung, die von einem Unternehmer nur insgesamt oder gar nicht in Anspruch genommen werden kann.

Linkhinweis:

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 08.10.2014 11:45
Quelle: BFH PM Nr. 66 vom 8.10.2014

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