BFH 17.12.2014, I R 39/14

Volle "Schachtelprivilegierung" im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis infolge sog. Bruttomethode

An der in ständiger Spruchpraxis des BFH sowie in ständiger Verwaltungspraxis vertretenen sog. gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis festzuhalten. Die im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis für die Ermittlung der Gewerbeerträge der Organgesellschaft und des Organträgers nach § 7 S. 1 (i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 2) GewStG 2002 maßgebenden Vorschriften des KStG zur Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb umfassen auch die in § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 und 2 (i.V.m. § 8b Abs. 1 bis 6) KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) angeordnete sog. Bruttomethode.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie war im Streitjahr 2006 alleinige Gesellschafterin der Y-GmbH und dieser im Rahmen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft als Organträgerin verbunden. Die Y-GmbH war zu 72,3% an einer italienischen Kapitalgesellschaft (Y-S.p.A.) beteiligt. Die Y-GmbH bezog im Streitjahr von der Y-S.p.A. eine Dividende, die sie bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags nach § 7 S. 1 GewStG 2002 in Einklang mit § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 KStG 2002 n.F. zunächst als Gewinn erfasste und sodann nach § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG 2002 wieder herauskürzte; eine Hinzurechnung nichtabziehbarer Betriebsausgaben auf die Dividende nach Maßgabe von § 9 Nr. 7 S. 3 u. § 9 Nr. 2a S. 4 (und § 36 Abs. 8 S. 5) GewStG 2002 n.F. i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG 2002 unterblieb.

Die Klägerin bezog den ihr von der Y-GmbH nach § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG 2002 zugerechneten Gewerbeertrag bei der Ermittlung ihres Gewerbeertrags ein. Auch sie sah von einer Hinzurechnung der auf die Dividende der Y-S.p.A. entfallenden nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 (und § 15 Satz 1 Nr. 2 S. 2) KStG 2002 (n.F.) i.V.m. § 7 S. 1 GewStG 2002 ab.

Das Finanzamt folgte Letzterem im Ergebnis unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 26.8.2003 - und unter insoweit fälschlichem Hinweis auf den im Streitfall unbeachtlichen § 8 Nr. 5 GewStG 2002 - nicht. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Die Revision des Finanzamtes blieb vor dem BFH erfolglos.

Gründe:
An der in ständiger Spruchpraxis des BFH sowie in ständiger Verwaltungspraxis vertretenen sog. gebrochenen oder eingeschränkten Einheitstheorie ist bei der Ermittlung des Gewerbeertrags im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis festzuhalten. Das Finanzamt war unabhängig davon - auf der Basis jener Theorie zur Errechnung der jeweiligen Gewerbeerträge bei Vorliegen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft - der Rechtsauffassung, dass die vom FG daraus gezogenen Schlussfolgerungen für die hier in Rede stehende Situation der der Organträgerin zugerechneten Dividenden einer Beteiligungsgesellschaft, deren Anteile von der Organgesellschaft gehalten werden, unzutreffend seien. Dem war nicht beizupflichten.

Die im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis für die Ermittlung der Gewerbeerträge der Organgesellschaft und des Organträgers nach § 7 S. 1 (i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 2) GewStG 2002 maßgebenden Vorschriften des KStG zur Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb umfassen auch die in § 15 S. 1 Nr. 2 S. 1 und 2 (i.V.m. § 8b Abs. 1 bis 6) KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) angeordnete sog. Bruttomethode (Übereinstimmung mit BMF-Schreiben vom 26.8.2003. Deswegen ist - zum einen - bei der Organgesellschaft ein von dieser vereinnahmter Gewinn aus Anteilen an einer ausländischen Kapitalgesellschaft bei der Berechnung des Kürzungsbetrags im Rahmen des sog. gewerbesteuerrechtlichen Schachtelprivilegs nach § 9 Nr. 7 S. 1 GewStG 2002 nicht nach § 9 Nr. 7 S. 3 i.V.m. § 9 Nr. 2a S. 4 GewStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) um fiktive nichtabziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 (der sog. Schachtelstrafe) zu vermindern.

Beim Organträger ist der Gewinn aus den Kapitalanteilen - zum anderen - infolge des der Organgesellschaft gewährten sog. Schachtelprivilegs in dem ihm (nach § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG 2002) zugerechneten Gewerbeertrag nicht i.S.v. § 15 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG 2002 (i.d.F. des SEStEG) enthalten, weshalb auch bei ihm keine Hinzurechnung von fiktiven nichtabziehbaren Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 KStG 2002 vorzunehmen ist. Eine sich daraus ggf. ergebende "Hinzurechnungslücke" lässt sich weder durch Auslegung oder Analogie noch durch eine spezifisch organschaftliche Korrektur über § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG 2002 schließen.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.03.2015 14:44
Quelle: BFH online

zurück zur vorherigen Seite