BGH 3.2.2015, II ZB 12/14

Transsexuelle Geschäftsführerin kann ihren vormals männlichen Vornamen nicht vollständig aus dem Handelsregister löschen lassen

Aus § 5 Abs. 1 TSG folgt kein Anspruch einer GmbH-Geschäftsführerin auf vollständige Löschung ihres vormals männlichen Vornamens im Handelsregister. Der Schutz des Rechtsverkehrs und die besondere Integrität des Handelsregisters erfordern vielmehr den Fortbestand der Erkennbarkeit ihrer ursprünglich geführten Vornamen im Handelsregister.

Der Sachverhalt:
Die Beteiligte, die im männlichen Geschlecht geboren worden war, wurde mit ihren männlichen Vornamen nebst Geburtsdatum als Geschäftsführer der E-GmbH im Handelsregister verzeichnet. Nachdem ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht festgestellt und ihr Vorname entsprechend geändert worden war, teilte der Notar dem Registergericht die Änderung mit und beantragte die Berichtigung des Namens von Amts wegen. Daraufhin trug das Registergericht die Änderung ein. Die alte Eintragung wurde gerötet. Die vom Notar eingereichte Ausfertigung des die Namensänderung herbeiführenden Beschlusses sowie eine ebenfalls eingereichte Geburtsurkunde stellte das Registergericht ebenso wie den Antrag selbst nicht in den zum elektronischen Registerblatt geführten, online zugänglichen Registerordner ein.

Im April 2013 beantragte die Beteiligte unter Verweis auf § 5 TSG (Transsexuellengesetz) die "Berichtigung der Eintragung im Register dergestalt, dass nicht die Voreintragung als Geschäftsführer ersichtlich ist, sondern nur die Eintragung als Geschäftsführerin. Es müssten die männlichen Vornamen vollständig aus dem Register gelöscht werden und stattdessen die weiblichen Vornamen eingetragen werden, so dass diese Veränderung nicht mehr als "neue Eintragung" aus dem Register hervorgehe.

Das Registergericht wies den Antrag und das Beschwerdegericht die dagegen eingelegte Beschwerde zurück. Auch die Rechtsbeschwerde der Beteiligten vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:
Die Beteiligte kann nicht verlangen, dass in den abgeschlossenen Registereinträgen ihre vormals männlichen Vornamen nachträglich gegen ihre nunmehr weiblichen Vornamen ausgetauscht werden.

Es erscheint schon zweifelhaft, ob in der Handelsregistereintragung in der vorliegenden Form ein Offenbaren der früheren Vornamen der Beteiligten i.S.d. § 5 Abs. 1 TSG zu sehen ist. Ein "Offenbaren" der früheren Vornamen kann man nur annehmen, wenn sich aus den aus dem Handelsregister ersichtlichen Angaben ergibt, dass es sich bei den eingetragenen Geschäftsführern um dieselbe Person handelt. Im vorliegenden Fall war ein Rückschluss darauf, dass es sich bei den Eingetragenen wegen des identischen Geburtsdatums um dieselbe Person handelt, zwar möglich, aber keineswegs zwingend.

Aber selbst wenn man das bejaht, erfordern besondere Gründe des öffentlichen Interesses die Nennung der früheren Vornamen. Wenn man es für ein Offenbaren i.S.d. § 5 Abs. 1 TSG etwa genügen lassen wollte, dass die Beteiligte, nachdem sie etwa auf den aus dem chronologischen Registerauszug ersichtlichen, vermeintlichen Geschäftsführerwechsel angesprochen worden wäre, sich dann veranlasst sehen könnte klarzustellen, dass kein Wechsel stattgefunden habe, und sie selbst dadurch ihre früheren Vornamen offenbaren würde, führt das noch nicht zur Begründetheit des Begehrens. Denn der Anspruch, die früheren Vornamen nicht zu offenbaren bzw. nicht offenbaren zu müssen, besteht nicht schrankenlos. Ein solches Verlangen stößt auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht an seine Grenzen, wenn überwiegende Belange der Allgemeinheit dem entgegenstehen, die den Regelungszweck präzise gefasster und der Verhältnismäßigkeit entsprechender Normen bilden. Insofern erfordern der Schutz des Rechtsverkehrs und die besondere Integrität des Handelsregisters den Fortbestand der Erkennbarkeit ihrer ursprünglich geführten Vornamen im Handelsregister.

Da die Beteiligte ihr Begehren auf Nichterkennbarkeit ihrer früheren Vornamen wegen der Verweisungspflicht in § 21 Abs. 1 S. 3 HRV auch nicht durch die Anlegung eines neuen Registerblatts erreichen kann, ist es unerheblich, ob § 21 Abs. 1 S. 1 HRV auf den vorliegenden Fall überhaupt entsprechend anwendbar ist und ob das Beschwerdegericht diese Frage im Hinblick auf § 24 FamFG zu Unrecht nicht entschieden hat.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BGH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 18.05.2015 11:52
Quelle: BGH online

zurück zur vorherigen Seite