07 / 2017

Prof. Dr. Ulrich Seibert, Berlin

Die GmbH und das Transparenzregister

Ein ganz neues zentrales Register wird eingeführt

Am 22.2.2017 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen verabschiedet (BR-Drucks. 182/17). Geändert wird vor allem das Geldwäschegesetz (GWG). Betroffen sind Kreditinstitute, Händler, die Bargeschäfte abwickeln, Kasinos, überhaupt alle Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen, Auktionatoren, Immobilienmakler u.s.w. – all das soll uns hier nicht weiter interessieren.

Es geht aber auch um die Einrichtung eines Transparenzregisters (TPR) in Deutschland (§§ 18 ff. GWG-E), also ein völlig neues zentrales Register, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen des Privatrechts, rechtsfähigen Personengesellschaften, Trusts und vergleichbaren Rechtsgestaltungen gespeichert und zugänglich gemacht werden. Betroffen sind also auch sämtliche GmbHs und UG (haftungsbeschränkt) mit Satzungssitz in Deutschland. Betrachten wir im Folgenden vor allem diese.


Wer ist „wirtschaftlich Berechtigter”?

Nach der Definition in der Vierten Geldwäscherichtlinie (RL [EU] 2015/849) und ihrer Umsetzung in § 3 GWG-E ist wirtschaftlich Berechtigter jede natürliche (nicht auch juristische!) Person, die unmittelbar (also als Anteilsinhaberin) oder mittelbar (also vor allem über eine zwischengeschaltete Gesellschaft) mehr als 25 % der Kapitalanteile hält oder mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt. Haben mehrere Personen jeweils mehr als 25 %, hat die GmbH also mehrere wirtschaftlich Berechtigte. Bei mehrstufigen Beteiligungsstrukturen und Konzernverflechtungen ist nach dem GWG eine wirtschaftliche Berechtigung des Hintermanns als natürliche Person auf der zweiten oder höheren Ebene nur anzunehmen, wenn eine tatsächliche Kontrolle über die zwischengeschaltete Gesellschaft gegeben ist. Soweit sich diese nicht aus anderen Umständen ergibt, indiziert regelmäßig das Halten von > 50 % der Kapital-, oder Stimmrechtsanteile eine beherrschende Stellung über die zwischengeschaltete Gesellschaft. Also nicht > 25 % wie auf der ersten Ebene. Wenn auch nach Durchführung umfassender Prüfungen keine natürliche Person identifiziert worden ist, oder wenn Zweifel daran bestehen, dass die identifizierte Person wirtschaftlich Berechtigter ist, gilt als „Auffanglösung” der Geschäftsführer der GmbH als wirtschaftlich Berechtigter.


Wer muss was melden?

Nach Art. 30 Abs. 1 der RL müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass die in ihrem Gebiet eingetragenen Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen „angemessene, präzise und aktuelle Angaben” zu ihren wirtschaftlichen Eigentümern, einschließlich genauer Angaben zu deren wirtschaftlichem Interesse, einholen und aufbewahren und diese Daten unverzüglich an das zentrale Transparenzregister melden – und natürlich jede spätere Änderung. Und das Ganze bußgeldbewehrt bei Unterlassung oder Fehlerhaftigkeit. Zu jedem wirtschaftlich Berechtigten sind anzugeben: der Name, sein Geburtsdatum und sein Wohnort sowie Art und Umfang seines wirtschaftlichen Interesses. Ein schönes Beschäftigungsprogramm. Es geht der Richtlinie also immer um den Menschen hinter der juristischen Person, den will man kennen, niemand soll sich verstecken können hinter dem „corporate veil”. Hier gibt es sicher Fälle beklagenswerter Intransparenz, insbesondere bei Ketten von juristischen Personen, an deren Ende z.B. eine Ltd. in Panama liegt. Das ist auch bei Treuhandverhältnissen so, wenn hinter einem GmbH-Gesellschafter unerkannt ein Treugeber steht oder wenn mehrere unscheinbare Kleinbeteiligte eine Gesellschaft im Wege des acting in concert kontrollieren. Der Normalfall ist das aber nicht. Wir haben in Deutschland derzeit ca. 1,2 Mio. GmbHs (inkl. ca. 130.000 UG [haftungsbeschränkt]; s. zuletzt Kornblum, GmbHR 2016, 691 ff.). Stichproben in den Handelsregistern lassen sich dahin hochrechnen, dass die Zahl der GmbHs, die ausschließlich natürliche Personen als Gesellschafter haben, sehr hoch ist (ca. 80 %). Und diese Gesellschaften haben ganz überwiegend nicht viele, sondern meist nur einen (56 %), zwei (32 %) oder drei natürliche Personen als Gesellschafter (nur 2 % haben mehr als vier Gesellschafter). Diese sind nach der Definition zumeist „wirtschaftlich Berechtigte” und müssten von den Geschäftsführern der GmbH in das Transparenzregister gemeldet werden – und jede Änderung natürlich auch, bußgeldbewehrt. Da die Geschäftsführer es oft nicht wissen oder wissen können, ob einzelne Gesellschafter durch Poolverträge oder Stimmrechtsbindungen gemeinsam die Kontrollschwelle von 25 % überschreiten, oder ob jemand und wer hinter einem Anteilseigner steht und diesen kontrolliert, müssen die Gesellschafter verpflichtet werden, den Geschäftsführern stets aktuell Auskunft dazu zu geben – bußgeldbewehrt.


Ausnahmen von der Meldepflicht

Manchem Leser mag jetzt schon der Kamm anschwellen vor Zorn über solche Zumutung und überbordende Bürokratie. Das haben die Entwurfsverfasser im Bundesministerium der Justiz natürlich gesehen. In manchen Ländern mag es ja so sein, dass nicht zuverlässig zu ermitteln ist, wer hinter einer juristischen Person steht. Das Britische Company House z.B. mag unter fake and bogus firms leiden. In Deutschland ist das aber nicht so: Wir haben jedenfalls für die Anteilseigner bereits zahlreiche sehr gut funktionierende und aktuelle Register von hoher Datenqualität: so für die GmbH die Handelsregister. Nach § 20 Abs. 2 GWG-E soll daher die Meldepflicht der Geschäftsführer der GmbH immer dann entfallen, wenn sich der wirtschaftlich Berechtigte bereits aus einem öffentlichen elektronischen Register ergibt. Eine nochmalige Meldung an das Transparenzregister von Daten, die bereits im Handelsregister stehen, wäre redundant, manche würden auch absurd sagen. Eine Doppelbelastung der Unternehmen durch Mehrfachmeldungen wird vermieden. Die RL zwingt nicht zu einem „Volldatenregister”, die Daten müssen nur über das TPR erreichbar sein. Man wird also eine Verlinkungslösung einbauen: Aus dem TPR wird man – über die Eingabe des Namens der betreffenden Gesellschaft in eine Maske – weiterverlinkt in das jeweilige Handelsregister und landet dort bei der Gesellschafterliste. Dasselbe gilt natürlich für das Partnerschaftsregister, das Genossenschaftsregister, das Vereinsregister und das Unternehmensregister (bezüglich der Beteiligungsdatenbank börsennotierter Gesellschaften). Steht jemand in der Gesellschafterliste als Anteilseigner, erübrigen sich auch Ausführungen zu seinem „wirtschaftlichen Interesse”, das versteht sich von selbst; das wirtschaftliche Interesse erklärt sich aus der Beteiligung.


Was bleibt danach noch zu melden?

Das öffentliche Register muss freilich elektronisch sein, da ansonsten eine benutzerfreundliche Verlinkung der Daten aus dem Transparenzregister heraus nicht möglich wäre, was der RL nicht genügen würde. Das bedeutet, dass für Fälle, in denen die GmbH-Gesellschafterliste noch nicht elektronisch einsehbar ist, sondern nur in Papier in der Register-Akte liegt, die Meldepflicht nicht entfallen kann. Solche Altfälle gibt es noch, sie sollten ohnehin bald abgestellt werden. Der Gesetzentwurf nimmt zudem mit einer Änderung in §§ 8 u. 40 GmbHG das Vorhaben zum Anlass, die Gesellschafterlisten der GmbH zu modernisieren, was längst überfällig ist: Es werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass man sie leichter auffindet, dass die Listen gleichförmiger strukturiert sind, dass zu Gesellschaftern, die juristische Personen sind, die Registernummer angegeben wird, zu BGB-Gesellschaften, die Anteilseigner einer GmbH sind, die Gesellschafter genannt werden (bis künftig vielleicht einmal die GbR auch registerfähig wird) und dass die Prozentzahl des Anteilsbesitzes jedes Gesellschafters ausgewiesen wird. Damit wird einerseits eine bislang schon bestehende Best Practice im Umgang mit der Gesellschafterliste festgeschrieben. Dafür wird künftig gelegentlich einer ohnehin anstehenden Änderung der Liste der Notar automatisch sorgen – kein nennenswerter Extraaufwand. In einem weiteren Schritt sollte auch der Atavismus aufhören, die Listen als pdf-Datei einzureichen; es müssen natürlich elektronisch verarbeitbare Daten (genauso wie im elektronischen Handelsverkehr, z.B. XML-Dateien) verwendet werden – aber das wird erst nach und nach kommen, das ist noch ein bisschen Zukunft.

Ist die Gesellschafterliste ausnahmsweise nicht à jour, muss ins TPR gemeldet oder – was sinnvoller wäre – die Gesellschafterliste korrigiert werden. Bei Treuhandverhältnissen oder Stimmbindungsverträgen ergibt sich der wirtschaftlich Berechtigte der GmbH nicht aus dem Handelsregister, auch hier muss gemeldet werden. Aber das ist ja der Sinn der ganzen Maßnahme – gerade diese verborgenen „Hintermänner” der juristischen Personen zu kennen. Ob sie sich in Scharen melden werden, ist eine andere Sache. Aber immerhin: Für die Masse völlig unbescholtener GmbH-Gesellschafter, die mit Geldwäsche und Terrorfinanzierung nichts im Sinn haben und die möglichst unbehelligt ihrem Gewerbe nachgehen wollen, bringt der Entwurf Entwarnung: Sie müssen nichts melden – und wo die Meldepflicht der GmbH entfällt, entfällt natürlich auch die Auskunftspflicht der Gesellschafter.


Wer führt das Register und ist die Einsicht kostenlos?

Die Registerführung ist staatliche Aufgabe, die im Wege der Beleihung (befristet) auf ein Unternehmen in privater Rechtform übertragen werden kann. Dazu enthält der Entwurf eine Verordnungsermächtigung. Das Transparenzregister kann Kosten verlangen, wie ja auch die Einsicht in die (verlinkte) Gesellschafterliste beim Handelsregister kostenpflichtig ist. Die Aufsicht über den Beliehenen soll das Bundesverwaltungsamt führen.


Wer darf in das Transparenzregister hineinsehen?

Das ist eine höchst umstrittene Frage. Während der Bundesjustizminister für öffentlichen Zugang eintrat, hat sich der Gesetzentwurf für eine beschränkte Einsichtsmöglichkeit entschieden und verlangt die Geltendmachung eines allgemeinen „berechtigten Interesses” – nicht gerade ein Beitrag zum Bürokratieabbau. Auch Journalisten und NGOs können ein berechtigtes Interesse haben. Wird die Einsicht abgelehnt, kann Widerspruch beim Bundesverwaltungsamt eingelegt werden. Gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsamts ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Hintergrund sind Datenschutzüberlegungen – obwohl man ja einwenden könnte, dass das Gros der wirtschaftlich Berechtigten sich schon im Handelsregister und anderen komplett öffentlichen Registern findet. Sehr viele originäre Eintragungen von wirtschaftlich Berechtigten (Treugeber etc.) darüber hinaus wird es im Transparenzregister vermutlich gar nicht geben.


Wie geht es weiter?

Die RL ist bis zum 27.6.2017 umzusetzen – viel Beratungszeit bleibt also nicht – und die parlamentarische Sommerpause ab 1.7.2017 sowie die Bundestagswahl im September geben nach hinten auch keinen zeitlichen Spielraum. Der Erste Durchgang im Bundesrat ist für den 31.3.2017 angesetzt. Bayern versucht in Treue zu einigen Lobby-Interessen die Modernisierung der GmbH-Gesellschafterliste zu verhindern. Dieses Vorhaben ist allerdings für die RL-Umsetzung essentiell und ohnehin überfällig. Die 2./3. Lesung könnte Mitte-Ende Mai sein. Die ersten öffentlichen Reaktionen auf den Entwurf waren bisher verhalten positiv – zumal unnötige Bürokratie vermieden wird. Dass der Einblick in das Register beschränkt ist, verlockte freilich zu der schönen contradictio in adiecto: „Geheimes Transparenzregister”.

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Ministerialrat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Honorarprofessor an der Juristischen Fakultät der Universität Düsseldorf.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 23.03.2017 15:07