Aktuell in der GmbHR

Beschlussfeststellung, Stimmrecht und Klageobliegenheit in der GmbH (Altmeppen, GmbHR 2018, 225)

Neuere Urteile und Beiträge bestätigen die fortdauernde Unsicherheit darüber, was die Gesellschafterversammlung einer GmbH im Fall des Streits ihrer Gesellschafter über Stimmrechte beschlossen, insbesondere welche Bedeutung die Beschlussfeststellung in diesem Zusammenhang hat. Der Autor legt dar, dass sich die Lösung aus der Dogmatik eines Gesellschafterbeschlusses ergibt, der zu seiner Wirksamkeit als Organakt der Beschlussfeststellung bedarf. Die Befugnisse eines Versammlungsleiters sind auf dieser – von der h.M. bisher nicht beachteten – dogmatischen Grundlage des Gesellschafterbeschlusses einzuordnen.

I. Zum Stand der Entwicklung
1. Analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH
2. Die praktische Bedeutung der Analogie
3. Bestimmung der Person und Befugnisse des Versammlungsleiters
4. Unstreitige Stimmverbote
5. Streitbare Fälle eines Stimmverbots
6. „Subjektive“ und „objektive“ Lehre zum Stimmverbot
7. Befund
II. Die Feststellung des Beschlussergebnisses als konstitutiver Akt des organschaftlichen Rechtsgeschäfts
1. Die Beschlussfeststellung in der Alltagspraxis
2. Gültiger Gesellschafterbeschluss ohne Feststellung eines Beschlussergebnisses?
3. Beschlussfeststellungskompetenz nur des Versammlungsleiters?
III. Das oberste Organ Gesellschafterversammlung und seine Beschlussfeststellungskompetenz
1. Grundlagen
2. Die Delegation der konstitutiven Beschlussfeststellungskompetenz
3. Beschlussfeststellungskompetenz und Stimmverbote
4. Identische Beweislast in der Gesellschafterversammlung und im anschließenden Rechtsstreit
5. Überstimmung des Versammlungsleiters
IV. Ergebnisse

I. Zum Stand der Entwicklung
1. Analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG auf Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH
Das GmbH-Gesetz kennt keine besonderen Regeln zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Schon das Reichsgericht hat aber unter Bezugnahme auf gesetzliche Regelungen zu fehlerhaften Beschlüssen der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft entschieden, auch in der GmbH führe die Rechtswidrigkeit eines Gesellschafterbeschlusses nicht stets zu seiner Nichtigkeit. Die Folge eines Rechtsverstoßes sei im Regelfall nur die Anfechtbarkeit des Beschlusses.  Die analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG zu Beschlussmängeln in der AG auf Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH hat sich in der Nachkriegszeit in einer Weise etabliert,  die einen Widerstand dagegen für die Praxis als aussichtslos erscheinen lässt.  Aus diesem Grund kann es nicht Aufgabe dieses Beitrags sein, diese Rechtsfortbildung anzugreifen: Wir müssen uns mit ihr abfinden.  Sie hat eine Reihe von ungelösten Problemen hervorgebracht, die sich für Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH stellen.

2. Die praktische Bedeutung der Analogie
In der Publikumsgesellschaft AG ist das Beschlussverfahren der Hauptversammlung streng formalisiert. Ihr gesetzlich zwingend vorgeschriebener Versammlungsleiter muss nach der Abstimmung in einer Niederschrift das Beschlussergebnis festhalten (§ 130 Abs. 1 u. 2 S. 1 AktG), anderenfalls ist der Hauptversammlungsbeschluss nichtig (§ 241 Nr. 2 AktG). Das protokollierte Beschlussergebnis ist, wenn kein Nichtigkeitsgrund (§§ 241, 250 AktG) vorliegt, Gegenstand einer innerhalb der Monatsfrist (§ 246 Abs. 1 AktG) zu erhebenden Anfechtungsklage, die den Beschluss bei Erfolg mit inter-omnes-Wirkung rückwirkend beseitigt (§ 241 Nr. 5, § 248 AktG). Ein materiellrechtlicher Fehler des Versammlungsleiters bei dem konstitutiven Akt der Beschlussfeststellung kann zwar vom Gericht mit rückwirkender Kraft korrigiert werden. Doch der obsiegende Anfechtungskläger muss oftmals über Jahre hinweg die Wirkung der Beschlussfeststellung des Versammlungsleiters hinnehmen.

Die konstitutive Wirkung der Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter soll nach so gut wie einhelliger Meinung auch für Gesellschafterbeschlüsse in der GmbH gelten, aber nur, wenn die Gesellschafterversammlung einen – stets fakultativen – Versammlungsleiter mit entsprechender Beschlussfeststellungskompetenz bestimmt hat. Das GmbH-Gesetz kennt nämlich – grundlegend anders als das Aktiengesetz – keinen Versammlungsleiter. Überhaupt soll die Beschlussfeststellung als Wirksamkeitsvoraussetzung des Organaktes eine Besonderheit allein des Aktienrechts sein, nicht etwa einen zivil- bzw. gesellschaftsrechtlichen Grundsatz zum Ausdruck bringen.  Ihr Sinn sei es, das Beschlussmängelverfahren in der AG zu formalisieren und  ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.02.2018 15:42
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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