11 / 2018

Dr. Christian Bochmann, LL.M. (Cambridge)

Novellierung der EU-Geldwäscherichtlinie: Verschärfung der Vorschriften zum Transparenzregister in Sicht

Kaum hat die Praxis das Inkrafttreten der auf der 4. Geldwäscherichtlinie (Richtlinie [EU] 2015/849) basierenden Vorschriften zum Transparenzregister (§§ 18 ff. GwG) „verarbeitet“ (dazu etwa Bochmann, DB 2017, 1310 ff.; Frese, ZEV 2017, 695 ff.; Schaub, DStR 2018, 871 ff.; Seibert, GmbHR 2017, R97 f.; Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128 ff.), stehen bereits europarechtlich induzierte Verschärfungen des noch jungen Regulierungsregimes an: Am 19.4.2018 hat das Europäische Parlament eine Richtlinie („5. Geldwäscherichtlinie“) zur Novellierung der 4. Geldwäscherichtlinie verabschiedet („“); die noch ausstehende Zustimmung des Rates gilt als sicher, da der Richtlinientext das Produkt eines Trilog-Kompromisses ist. Die Richtlinie wird 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union – d.h. zur Jahresmitte – in Kraft treten. Mit Blick auf die Umsetzungsfristen in Art. 67 Geldwäscherichtlinie n.F. ist somit Ende 2019 mit einem neuen Geldwäschegesetz zu rechnen, das im Hinblick auf das Transparenzregister insbesondere die folgenden Aspekte aufgreifen wird:


I. Einsichtnahme in Transparenzregister grundsätzlich für jedermann

Gegenwärtig ist das Transparenzregister ein nicht-öffentliches Register. Bestimmte Behörden dürfen stets Einsicht nehmen, „Verpflichtete“ im Sinne des Geldwäscherechts – also insbesondere Finanzdienstleistungsunternehmen –, soweit dies für die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten erforderlich ist, und im Übrigen nur solche Personen, die ein berechtigtes Interesse darlegen können (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 3 GwG).

Die contradictio in adiecto des nicht-öffentlichen Transparenzregisters wird aufgrund der Regelung in Art. 30 Abs. 5 Unterabs. 1 lit. c) Geldwäscherichtlinie n.F. zu beseitigen sein, da künftig „alle Mitglieder der Öffentlichkeit“ Zugang zu Namen, Monat und Jahr der Geburt, Wohnsitzland, Staatsangehörigkeit sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses eines wirtschaftlich Berechtigten erhalten sollen. Dies war bereits im deutschen Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie gefordert worden (vgl. Stellungnahme des Bundesrates zu RegE BT-Drucks. 18/11555, BT-Drucks. 18/11928, S. 15 ff.; vgl. auch Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 18/11928, S. 37 f.). Zur weiterhin beschränkbaren Einsichtnahme bzgl. Trusts und vergleichbaren Rechtsgestaltungen vgl. noch unter IV.


II. Beschränkung der Einsichtnahme auf Antrag

Die gegenwärtige Möglichkeit zur Beschränkung der Einsichtnahme auf Antrag der wirtschaftlich Berechtigten gemäß § 23 Abs. 3 GwG i.V.m. §§ 12 ff. TrEinV wird erhalten bleiben. Die insofern erfolgte ausdrückliche Aufnahme des Verhältnismäßigkeitsprinzips in Art. 30 Abs. 9 Geldwäscherichtlinie n.F. ist in § 12 TrEinV bereits reflektiert, die Erweiterung der Delikte, welche die Einsichtnahmebeschränkung rechtfertigen, um „Schutzgelderpressung“ und „Schikane“ könnte hingegen zu einer Erweiterung des Katalogs in § 23 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 GwG – etwa um das Delikt der Nachstellung gemäß § 238 StGB – führen.


III. EU-weite Transparenzregistervernetzung

Art. 30 Abs. 10, Art. 31 Abs. 9 Geldwäscherichtlinie n.F. ordnen die Vernetzung der jeweiligen Transparenzregister in den EU-Mitgliedstaaten über das auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2017/1132 eingerichtete sog. „Europäische Unternehmensregister“ (dazu Bock, GmbHR 2018, 281 ff.) an. Wie genau diese Vernetzung aussehen wird, geht aus der Geldwäscherichtlinie n.F. allerdings nicht hervor. Nicht zuletzt mit Blick auf die komplexen technischen Herausforderungen der Zusammenschaltung extrem heterogener nationaler Systeme sind als Umsetzungsfrist hierfür immerhin 32 Monate ab Inkrafttreten der Richtlinie (Art. 67 Abs. 1 Unterabs. 4 Geldwäscherichtlinie n.F.) vorgesehen. Die Kommission ist im Übrigen zum Erlass von Durchführungsrechtsakten ermächtigt.


IV. Verschärfung der Vorschriften für Trusts und vergleichbare Rechtsgestaltungen

Bereits Art. 31 Abs. 4 der 4. Geldwäscherichtlinie sah die Erfassung der wirtschaftlich Berechtigten von Trusts in einem Register vor. Im deutschen GwG wurde – zulässigerweise – kein separates „Trust-Transparenzregister“ neben dem Transparenzregister, in dem die wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen und eingetragenen Personengesellschaften zu erfassen sind, vorgesehen (vgl. § 21 GwG), vielmehr ein einheitliches Register für „Vereinigungen“ (§ 20 Abs. 1 S. 1 GwG) und „bestimmte Rechtsgestaltungen“ (§ 21 GwG) geschaffen. Die Regelung in § 21 Abs. 1 GwG zu Trusts betrifft ohnehin in keinem Falle deutsche Rechtskonstrukte (vgl. etwa Bochmann, DB 2017, 1310 [1315 f.]; Schiffer/Schürmann, BB 2017, 2626 [2627]), da Trusts im Sinne des Common Law unter deutschem Recht nicht errichtet werden können (BGH v. 13.6.1984 – IVa ZR 196/82, DB 1984, 2192; vgl. auch Begr. RegE Geldwäscherichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 18/11555, S. 130 f.). Der Anwendungsbereich von § 21 GwG beschränkt sich daher auf die in § 21 Abs. 2 GwG ausdrücklich erfassten eigennützigen nichtrechtsfähigen Stiftungen sowie „Rechtsgestaltungen, die solchen Stiftungen in ihrer Struktur und Funktion entsprechen“, und zwar aufgrund ihrer nach Dafürhalten des deutschen Gesetzgebers gegebenen Vergleichbarkeit mit Trusts im Sinne des Common Law (vgl. Begr. RegE Geldwäscherichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 18/11555, S. 131).

Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 der Geldwäscherichtlinie n.F. sieht erhebliche Erweiterungen gegenüber der bisherigen Richtlinienlage vor, die den nationalen Gesetzgebern vermutlich noch Kopfzerbrechen bereiten werden. Denn nunmehr wird verlangt, dass die Mitgliedstaaten dafür Sorge tragen, „dass dieser Artikel auf Trusts und andere Rechtsvereinbarungen wie beispielsweise ‘fiducie‘, bestimmte Arten von Treuhand oder ‚fideicomisio‘ Anwendung findet, sofern diese Rechtsvereinbarungen in ihrer Struktur oder ihren Funktionen Trusts ähneln“; dass mit dem Begriff „Treuhand“ der entsprechende deutsche Begriff gemeint ist, geht zweifelsfrei aus der englischen Fassung hervor, die diesen ebenfalls verwendet. Ferner ist in Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 2 der Geldwäscherichtlinie n.F. bestimmt: „Die Mitgliedstaaten legen die Merkmale fest, durch die festgestellt werden kann, ob solche Rechtsvereinbarungen, die unter ihr Recht fallen, in ihrer Struktur oder ihren Funktionen Trusts ähneln.“ Gemäß Art. 31 Abs. 10 Geldwäscherichtlinie n.F. haben die Mitgliedstaaten überdies bis zwölf Monate nach Inkrafttreten der Geldwäscherichtlinie n.F. der Kommission „die Kategorien, eine Beschreibung der Merkmale, die Namen und sofern angezeigt die geltende Rechtsgrundlage der in Absatz 1 genannten Trusts und ähnliche[n] Rechtsvereinbarungen“ zu übermitteln; eine aus diesen Meldungen erstellte Liste wird von der Kommission sodann im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.

Da es auch künftig darauf ankommt, ob Rechtsgestaltungen „in ihrer Struktur oder ihren Funktionen Trusts“ ähneln, könnte man weiterhin – entsprechend der Begr. zum Geldwäscherichtlinie-Umsetzungsgesetz (BT-Drucks. 18/11555, S. 130 f.) – den Standpunkt einnehmen, Treuhandgestaltungen deutschen Rechts seien von Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 der Geldwäscherichtlinie n.F. nicht betroffen. Indem der europäische Gesetzgeber ausdrücklich auf den deutschen Begriff der „Treuhand“ abhebt, lässt er aber erkennen, dass er hierzu möglicherweise andere Vorstellungen hat. Jedenfalls ist die Begründungslast für den deutschen Gesetzgeber damit erheblich größer geworden. Der Hinweis auf die „dogmatischen Grundlagen des deutschen Rechts“ (Begr. RegE Geldwäscherichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 18/11555, S. 131, unter Zitierung der entsprechenden Urteilspassage aus BGH v. 13.6.1984 – IVa ZR 196/82, DB 1984, 2192) – womit die deutsche Zivilrechtsdogmatik gemeint ist – wird der Kommission vor dem Hintergrund des geldwäscherechtlichen Regelungszusammenhangs der Regelung in Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 der Geldwäscherichtlinie n.F. voraussichtlich nicht genügen.

Das Recht zur Einsichtnahme in Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten von Trusts ist in Art. 31 Abs. 4 Geldwäscherichtlinie n.F. differenzierter – und restriktiver – geregelt als hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen und Gesellschaften. Nur „in Bezug auf einen Trust oder eine ähnliche Rechtsvereinbarung …, die direkt oder indirekt eine Kontrolle verleihende Beteiligung an einer Gesellschaft oder einer anderen juristischen Person mit Ausnahme der in Artikel 30 Abs. 1 genannten hält oder besitzt“, ist jedermann auf Antrag zur Einsichtnahme berechtigt, im Übrigen nur bei berechtigtem Interesse.


V. Keine Absenkung der Schwellenwerte zur Ermittlung wirtschaftlich Berechtigter

In dem Kommissionsvorschlag zur Novellierung der 4. Geldwäscherichtlinie war noch vorgesehen, den Schwellenwert zur Ermittlung der wirtschaftlich Berechtigten für bestimmte Arten von Unternehmen mit erhöhten Geldwäscherisiken von gegenwärtig 25 % auf 10 % abzusenken (COM[2016] 450 final v. 5.7.2016, 5.F.i.). Dies sollte für sogenannte „passive Nichtfinanzunternehmen“ gelten, d.h. für zwischengeschaltete Unternehmen ohne wirtschaftliche Tätigkeit, die ausschließlich dazu dienen, Distanz zwischen dem tatsächlichen Eigentümer und seinem Vermögen zu schaffen (COM[2016]450 final v. 5.7.2016, 5.F.i.).

Dieser Vorschlag hat sich im Gesetzgebungsverfahren nicht durchgesetzt. Seine Konsequenzen wären im Übrigen wesentlich gravierender gewesen, als es die Absenkung um 15 Prozentpunkte auf den ersten Blick erahnen lässt. Denn gerade für zwischengeschaltete (Holding-)Gesellschaften, welche die Beteiligung an einer wirtschaftlich aktiven Gesellschaft vermitteln, ist nach allgemeiner Lesart des deutschen GwG nicht maßgeblich, ob eine Beteiligung von über 25 % besteht. Vielmehr wird § 3 Abs. 2 S. 2 GwG überwiegend in der Weise interpretiert, dass eine von einer natürlichen Person mittelbar gehaltene Beteiligung von über 25 % an einer bestimmten Gesellschaft dieser Person nur dann „zuzurechnen“ ist, wenn sie sämtliche Zwischenglieder der Beteiligungskette, die zu der ultimativ in Rede stehenden Beteiligung von über 25 % hinführt, im konzernrechtlichen Sinne beherrscht (vgl. Assmann/Hütten, AG 2017, 449 [455]; Seibert/Bochmann/Cziupka, GmbHR 2017, 1128 [1131]; hiervon geht offenkundig auch das Bundesverwaltungsamt aus: vgl. die Fallbeispiele unter Ziffern II.8. und II.9. der „Fragen und Antworten“ zum Transparenzregister, abrufbar unter www.bva.bund.de). Letzteres aber setzt im Regelfall eine stimm- oder kapitalmäßige Beteiligung von über 50 % (auf sämtlichen Stufenstufen) voraus, so dass der Kommissionsvorschlag de facto zu einer Absenkung des insofern relevanten Schwellenwerts um 40 Prozentpunkte geführt hätte.


VI. Ausblick

Die EU-Kommission hatte ihren Vorschlag für eine Novellierung der Geldwäscherichtlinie bereits im Juli 2016 – vor dem Hintergrund jüngerer Terroranschläge in der EU sowie der Enthüllungen durch die „Panama Papers“ – vorgelegt. Praktisch noch zur Gänze unberücksichtigt geblieben sind in der Geldwäscherichtlinie n.F. deshalb die Erfahrungen mit der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie, mit der das Konzept für Register über wirtschaftliche Eigentümer/Transparenzregister überhaupt erst geschaffen wurde. Es würde nicht überraschen, wenn aus diesen Erfahrungen sowie aus denjenigen mit den zahlreichen Vertragsverletzungsverfahren, die laut Pressemitteilungen der Kommission hinsichtlich der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie anhängig sind, zeitnah eine weitere Novelle der Geldwäscherichtlinie hervorgeht. In Bezug auf die gegenwärtige deutsche Rechtslage könnte insbesondere die unter V. dargelegte Handhabung mittelbarer Beteiligungen – „Zurechnung“ nur bei Beherrschung der Zwischenglieder einer Beteiligungskette – bei der Kommission Fragen aufwerfen, da der ursprüngliche Vorschlag zur Geldwäscherichtlinie n.F. zeigt, dass die Kommission diesbezüglich offenbar davon ausgeht, dass der maßgebliche Schwellenwert 25 % ist. Auch die Nichteinbeziehung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (dazu Bochmann, DB 2017, 1310 [1311 f.]) in das deutsche Transparenzregisterregime ist möglicherweise nicht im Sinne der Kommission. Zwar bezieht sich Art. 30 Abs. 1 Unterabs. 1 der 4. Geldwäscherichtlinie nur auf „eingetragene[] Gesellschaften oder sonstige juristische[] Personen“, weshalb der deutsche Gesetzgeber die GbR konsequenterweise nicht in § 20 Abs. 1 S. 1 GwG aufgenommen hat. Die Geldwäscherichtlinie n.F. behält jene Formulierung zwar bei – in den Erwägungsgründen fehlt das einschränkende Attribut „eingetragen“ im Zusammenhang mit Gesellschaften jedoch durchweg (vgl. etwa Erwägungsgründe 4, 25 [„in ihrem Gebiet niedergelassene Gesellschaften und sonstige juristische Personen“], 27, 28). Überdies steht die Exklusion der GbR in einem gewissen Wertungswiderspruch zur Erweiterung der Tatbestände der Trusts ähnelnden Rechtsvereinbarungen in Art. 31 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 1 der Geldwäscherichtlinie n.F.

Verlag Dr. Otto-Schmidt vom 24.05.2018 15:41