Aktuell in der GmbHR

Mitbestimmung in der SPE 2.0 (Brandes, GmbHR 2018, 825)

Die Furcht vor einer Aushöhlung der deutschen Unternehmensmitbestimmung war einer der wesentlichen Gründe für das Scheitern der bisherigen Bemühungen, der SE in Gestalt der Societas Privata Europaea (SPE) eine weitere supranationale Rechtsform an die Seite zu stellen und damit die Bedürfnisse der Praxis nach einer „Europa-GmbH“ mit geschlossenem Gesellschafterkreis zu befriedigen. Ein erneute rechtspolitische Initiative kann nur Erfolg haben, wenn sie für das Thema Mitbestimmung eine konsensfähige Lösung anzubieten hat.

I. Einleitung

II. Grundzüge der europäischen Mitbestimmung

1. Rechtsquellen

2. Verhandlungsprinzip

3. Prinzip des Schutzes bestehender Rechte der Arbeitnehmer

4. Grenzüberschreitender Bezug

III. Gemeinschaftsrechtliche Gefahren für die deutsche Mitbestimmung

1. „Einfrieren“ der Mitbestimmung

2. Verkleinerung und Internationalisierung des Aufsichtsrats

3. Forum Shopping

IV. Schlussfolgerungen für die SPE 2.0

1. Verbot der Sitzaufspaltung

2. Obergrenze für die Belegschaftsgröße?

3. Weiterentwicklung des europäischen Mitbestimmungsmodells

V. Fazit
 

I. Einleitung
In der Diskussion über Rechtsangleichung und Rechtsvereinheitlichung im europäischen Gesellschaftsrecht führt am Thema Mitbestimmung kein Weg vorbei. Die deutschen Gewerkschaften haben die Mitbestimmung hart erkämpft. In Deutschland ist sie 40 Jahre nach ihrer Einführung weitgehend akzeptiert. Im Mittelstand freilich regt sich noch Widerstand.

Bemühungen, aus der Mitbestimmung einen Exportschlager mit dem Label „Made in Germany“ zu machen, sind gescheitert. In Europa ist Deutschland das einzige Land, das paritätische Mitbestimmung in den Unternehmensorganen an der Konzernspitze kennt. Dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern wird, ist nicht zu erwarten.

Für die Rechtsvereinheitlichung und Rechtsangleichung im europäischen Gesellschaftsrecht hat sich die deutsche Mitbestimmung als beachtliche Hürde erwiesen. Besonders von deutscher Seite gibt es Bestrebungen, Mauern zu errichten, um deutsche Belegschaften vor einer „Flucht“ deutscher Unternehmen aus der Mitbestimmung zu schützen. Namentlich der Verordnungsvorschlag zur Einführung der „SPE 1.0“ ist daran gescheitert.

Grund genug also, dem Thema Mitbestimmung bei einem Wiederbelebungsversuch der SPE besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Dieser Beitrag beleuchtet zunächst die Grundzüge des namentlich durch die SE bekannten europäischen Mitbestimmungsmodells. Der zweite Abschnitt ist den Gefahren gewidmet, die der traditionellen deutschen Unternehmensmitbestimmung durch die EU-Normsetzung und ihre Anwendung durch den EuGH drohen. Im Mittelpunkt des letzten Teiles stehen jüngste Erwägungen, wie den mitbestimmungsrechtlich motivierten rechtpolitischen Bedenken im weiteren Rechtssetzungsverfahren Rechnung getragen werden könnte.

II. Grundzüge der europäischen Mitbestimmung
1. Rechtsquellen

Rechtsquellen der europäischen Mitbestimmung sind die europäische Betriebsräterichtlinie, die SE-Richtlinie, die SCE-Richtlinie und Titel II Kapitel II der Gesellschaftsrechtsrichtlinie, mithin die Vorschriften betreffend grenzüberschreitende Verschmelzungen.

Gegenstand der EBR-Richtlinie ist ausschließlich die betriebliche Mitbestimmung. Sie sieht die Einrichtung eines konzernübergreifenden Gremiums zur grenzüberschreitenden Unterrichtung und Anhörung eines europäischen Betriebsrats vor. Demgegenüber beschäftigt sich die Gesellschaftsrechtsrichtlinie in Art. 133 ausschließlich mit ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.08.2018 14:22
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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