Gleichlautende Erlasse zur Anwendung von § 1 Abs. 2a sowie §§ 5 und 6 GrEStG

Mit gleichlautenden Erlassen v. 12.11.2018 haben die obersten Finanzbehörden der Länder ausführlich zur Anwendung von § 1 Abs. 2a GrEStG sowie §§ 5 und 6 GrEStG Stellung genommen.

Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 12.11.2018

GrEStG § 1 Abs. 2a, §§ 5, 6

Bei einer Personengesellschaft, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, gilt nach § 1 Abs. 2a GrEStG die unmittelbare oder mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes dergestalt, dass innerhalb von fünf Jahren mindestens 95% der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Vorschrift fingiert die Übereignung eines zum Vermögen einer Personengesellschaft gehörenden Grundstücks auf eine fiktiv „neue“ Personengesellschaft, obwohl zivilrechtlich kein Rechtsträgerwechsel vorliegt. Mit gleich lautendem Ländererlass v. 12.11.2018 FM NRW S 4501 – 10 – V A 6 hat die Finanzverwaltung auf der Basis der aktuellen Rechtslage umfassend zur Anwendung der Vorschrift Stellung genommen. Der Erlass tritt an die Stelle der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung des § 1 Absatz 2a GrEStG v. 18. 2. 2014 (BStBl I 2014, 561, 764). Er ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.

Mit Urteil v. 9.7.2014 – II R 49/12 (BStBl. II 2016, 57) hat der BFH entschieden, dass die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG ausschließlich nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen ist. Schuldrechtliche Vereinbarungen können es rechtfertigen, einen Anteil am Gesellschaftsvermögen einer grundbesitzenden Gesellschaft abweichend von der zivilrechtlichen Zuordnung zum (Alt-) Gesellschafter einem Dritten (fiktiver Neugesellschafter) zuzurechnen. Für die Zurechnungsentscheidung kann unter Beachtung grunderwerbsteuerrechtlicher Besonderheiten auf die Grundsätze des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zurückgegriffen werden. Vor diesem Hintergrund haben die obersten Finanzbehörden der Länder daher mit gleich lautendem Erlass v. 12.11.2018 (FM NRW S 4501 – 10 – V A 6) den Nichtanwendungserlass v. 9.12.2015 8BStBl. I 2016, 136) mit sofortiger Anwendung auf alle noch offenen Fälle aufgehoben.
 

Gesamthandsgemeinschaften sind grunderwerbsteuerrechtlich selbständige Rechtsträger. Daher unterliegen auch Erwerbsvorgänge zwischen einer Gesamthandsgemeinschaft und den an ihr Beteiligten bzw. zwischen Gesamthandsgemeinschaften der GrESt. Anders als bei Kapitalgesellschaften tritt bei Gesamthandsgemeinschaften keine Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens in der Hand der Personengesellschaft ein. Jeder Gesellschafter ist allein kraft seines Mitgliedschaftsrechts sachenrechtlich am Gesamthandsvermögen beteiligt (gesamthänderische Mitberechtigung) Die Steuer für den Grundstücksübergang wird nach Maßgabe der §§ 5 und 6 GrEStG nicht erhoben, soweit der übertragende oder erwerbende Gesamthänder am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Dies gilt entsprechend beim Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand, soweit deren Gesamthänder identisch sind und ihre Beteiligungshöhe übereinstimmt.
 

Die Begünstigungsvorschriften erstrecken sich auf folgende Vorgänge:
 

Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern (§ 5 Absatz 1 GrEStG) oder von einem Alleineigentümer (§ 5 Absatz 2 GrEStG) auf eine Gesamthand.  Dem Rechtsgedanken des § 5 Absatz 2 und des § 7 Absatz 1 GrEStG folgend, bei ähnlichen Konstellationen nur echte Wertverschiebungen zwischen Rechtsträgern grunderwerbsteuerlich zu erfassen, ist Grunderwerbsteuer ebenso nicht zu erheben, wenn mit der Aufhebung von Sondereigentum an Wohnungen und anschließender Realteilung jeder Beteiligte Eigentum entsprechend der bisherigen Aufteilung in Wohnungseigentum erwirbt; - Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand in das Miteigentum mehrerer Gesamthänder (§ 6 Absatz 1 GrEStG) oder in das Alleineigentum eines Gesamthänders (§ 6 Absatz 2 GrEStG) und  - Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand (§ 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG); dies gilt auch für Fälle, in denen die eine Gesamthand an der anderen Gesamthand beteiligt ist.

Die Steuervergünstigung nach § 5 Absatz 1 und Absatz 2 bzw. nach § 6 Absatz 3 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der grundstücksübertragende Gesamthänder seine – auf der Gesellschafterstellung beruhende – (Mit-)Berechtigung an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück und die Höhe seines Anteils am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrechterhält (§ 5 Absatz 3 bzw. § 6 Absatz 3 Satz 2 GrEStG). Andernfalls ist die Vergünstigung rückwirkend ganz oder teilweise zu versagen. Zur verfahrensrechtlichen Behandlung wird auf Tz. 9 dieses Erlasses verwiesen.
Die Steuervergünstigung nach § 6 Absatz 1 bis 3 GrEStG gilt nicht, soweit ein Gesamthänder bzw. dessen Rechtsvorgänger seinen Anteil an der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren vor dem Grundstücksübergang durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat (§ 6 Absatz 4 Satz 1 GrEStG) und wenn eine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Auflösung der Gesamthand vereinbart worden ist (§ 6 Absatz 4 Satz 2 GrEStG).

Mit gleich lautendem Ländererlass v. 12.11.2018 (FM NRW S 4514 – 12 – V A 6) hat die Finanzverwaltung auf der Basis der aktuellen Rechtlage umfassend zu den Begünstigungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG Stellung genommen. Der Erlass tritt an die Stelle der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG vom 9. 12. 2015 (BStBl. I 2015, 1029) und ist auf alle offenen Fälle anzuwenden.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.12.2018 10:27
Quelle: BMF online

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