Aktuell in der GmbHR

Der Generalbereinigungsvertrag zwischen der GmbH und ihrem Geschäftsführer (Dicke, GmbHR 2019, 572)

Die Geschäftsführerhaftung in der GmbH ist immer wieder Gegenstand facettenreicher Diskussionen in Rechtsprechung und Literatur. Neben der Entlastung der Organwalter der Gesellschaft mbH im Anschluss an ein Geschäftsjahr ist die Generalbereinigung vor allem von ausgeschiedenen Geschäftsführern ein Instrument mit weitreichenden haftungsrechtlichen Folgen. Insbesondere in der Insolvenz der Gesellschaft ist daher wegen den oft damit einhergehenden Nachteilen für die Insolvenzgläubiger zu prüfen, ob ein geschlossener Generalbereinigungsvertrag angefochten werden kann.


I. Einleitung

II. Dogmatisches Korsett

III. Zuständigkeit

IV. Verfahren

1. Zweistufiges Verfahren

a) Gesellschafterbeschluss

b) Generalbereinigungsvertrag

2. Beschlussfassung bei Anwesenheit des Geschäftsführers

a) Kein zwingendes Umsetzungserfordernis

b) Keine konstitutive Wirkung der Umsetzung

3. Umsetzungserfordernis bei Abwesenheit des Geschäftsführers

4. In praxi

5. Stimmverbote

V. Inhalt

VI. Beschlussmängel

1. Mangel im Generalbereinigungsvertrag

2. Mangel im Gesellschafterbeschluss

a) Im zweistufigen Verfahren

b) Mangel bei fehlendem Ausführungsakt

VII. Im Insolvenzverfahren

1. Insolvenzanfechtung

2. Vertragsschluss während des Insolvenzverfahrens

a) Generalbereinigung

b) Vergleichsvertrag

VIII. Fazit
 

I. Einleitung

Der Generalbereinigungsvertrag dient im Anschluss an das Ausscheiden eines Geschäftsführers aus der Gesellschaft als finaler Akt zwischen Organwalter und Gesellschaft. Gehen die Gesellschaft und der Geschäftsführer „im Guten“ auseinander, so dient die geschlossene Vereinbarung als Schlussstrich gemeinsamer Tätigkeit. Der Gesellschaft soll damit (präventiv) die Möglichkeit genommen werden, zukünftig Ansprüche aus dem Organschaftsverhältnis gegen den ausgeschiedenen Geschäftsführer geltend zu machen. Der Geschäftsführer soll die Sicherheit haben, keine Inanspruchnahme mehr befürchten zu müssen. Denkbar ist die Vereinbarung eines Generalbereinigungsvertrages indes auch im Rahmen von Unternehmensverkäufen. Dem neuen Gesellschafter wird damit die Möglichkeit genommen, nach dem Erwerb der Gesellschaft Ansprüche gegen den Geschäftsführer geltend zu machen und verhindert, dass ad acta gelegte Altlasten wieder aufgerollt werden.

II. Dogmatisches Korsett

Der Vertrag ist als Verzichts- bzw. als Erlassvertrag i.S.v. § 397 Abs. 1 BGB zu klassifizieren. In Abgrenzung zur Entlastung, bei der es sich um eine (periodische) einseitige körperschaftliche Erklärung handelt, ist die Generalbereinigung als „schuldbereinigender Vertrag“ einzuordnen. Hintergrund ist, dass der Generalbereinigungsvertrag regelmäßig von der Vorstellung getragen ist, dass (potentielle) Ansprüche bestehen, auf die sodann verzichtet wird. Gleichwohl handelt es sich dabei nicht um ein notwendiges Kriterium, so dass dem Generalbereinigungsvertrag auch präventive Bedeutung zukommen kann. In diesem Fall handelt es sich um ein negatives Schuldanerkenntnis i.S.v. § 397 Abs. 2 BGB. Die Entlastung hingegen dient der Billigung der Geschäftsführung für die Entlastungsperiode sowie der Vertrauensaussprache für die zukünftige Tätigkeit des handelnden Geschäftsführers. Diese Billigung wird für gewöhnlich nur dann erteilt, wenn keine Ansprüche gegen den zu entlastenden Organwalter bestehen. Die Intention beider Rechtsinstitute unterscheidet sich somit, weil die Generalbereinigung nicht über die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung befindet.

III. Zuständigkeit

Für den Abschluss des Generalbereinigungsvertrages mit dem (ausgeschiedenen) Geschäftsführer sind die Gesellschafter zuständig. Gestützt wird diese Zuständigkeit auf § 46 Nr. 5 GmbHG respektive § 46 Nr. 8 GmbHG. Beide Ansätze stehen jedoch nach zutreffender Ansicht in keinem Exklusivitätsverhältnis, sondern ergänzen sich. Beim Ausführungsgeschäft vertreten die Geschäftsführer die Gesellschaft im Rahmen der organschaftlichen Vertretungsbefugnis der Geschäftsführung gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG. Handelt es sich hingegen um einen Sozialakt, obliegt die Ausführung den Gesellschaftern. Die Zuständigkeit für die Vereinbarung und den Entschluss über etwaige Generalbereinigungsvereinbarungen zwischen der Gesellschaft und den Geschäftsführern resultiert aus den §§ 46 Nr. 5, 8 GmbHG als Annexkompetenz (argumentum a minori ad maius). Die dort statuierten Maßnahmen obliegen der Umsetzung der Gesellschafterversammlung. Gleiches gilt daher auch für die Generalbereinigung. Somit fällt sowohl die Zuständigkeit über die Entscheidung der Generalbereinigung als auch die Umsetzung durch Abschluss des Generalbereinigungsvertrages in den Kompetenzkatalog der Gesellschafterversammlung.

Diese Zuständigkeit ist darüber hinaus disponibel, so dass auch ein Aufsichtsrat, Beirat oder einzelne Gesellschafter respektive Mitgeschäftsführer mit der Aufgabe des Abschlusses eines solchen Vertrages betraut werden können. Es handelt sich hierbei um eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung zum Abschluss des Generalbereinigungsvertrages. Diese wird im Zusammenhang mit dem Gesellschafterbeschluss über den Abschluss eines solchen Generalbereinigungsvertrages erteilt.

IV. Verfahren

Der Generalbereinigungsvertrag wird zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer in einem mehrstufigen Verfahren geschlossen. In praxi kann dies gleichwohl auf zweierlei Art und Weise geschehen. Möglich ist neben dem zweistufigen Verfahren auch die Beschlussfassung bei Anwesenheit des betroffenen Geschäftsführers.

1. Zweistufiges Verfahren

Grundsätzlich ist bei der Generalbereinigung zwischen zwei Akten zu differenzieren. Zum einen wird ein (...)
 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.06.2019 14:14

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