Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 29)

Hier finden Sie die Leitsätze ausgewählter aktueller Entscheidungen aus dem Unternehmensrecht.

OLG Braunschweig 8.4.2019, 1 Ss 5/19
Anforderungen an Feststellung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge, Möglichkeit der Pflichterfüllung bei Verletzung der Buchführungspflicht

1. Bei der Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt ist es – sofern das Urteil nicht auf Beitragsnachweisen (§ 28f Abs. 3 Satz 1 SGB IV) beruht – regelmäßig erforderlich, für die einzelnen Fälligkeitszeitpunkte (§ 23 Abs. 1 Satz 2 oder Satz 3 SGB IV) Feststellungen zu der vom Arbeitgeber zu zahlenden Vergütung der jeweiligen sozialversicherungspflichtig Beschäftigen und zu den Beitragssätzen der einzelnen Krankenkassen zu treffen.

2. Bei § 283b Abs. 1 Nr. 3b StGB (Verletzung der Buchführungspflicht) handelt es sich um ein echtes Unterlassungsdelikt, so dass die Strafbarkeit entfällt, wenn der zur fristgerechten Bilanzierung Verpflichtete die Liquidität für die Einschaltung eines sachkundigen Dritten nicht aufbringen kann, sofern er selbst nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügt.

3. Allerdings ist der für die Erstellung der Bilanz Verantwortliche gehalten, bereits zum Ende des Geschäftsjahres eine Rückstellung für die Erstellung des Jahresabschlusses zu bilden und sachkundige Dritte dann so rechtzeitig zu beauftragen, dass die Bilanz fristgerecht erstellt werden kann. Um einem Buchführungspflichtigen die Unmöglichkeit der Pflichterfüllung nach den Grundsätzen der omissio libera in causa zuzurechnen, bedarf es dann aber Feststellungen dazu, wann sachkundige Dritte – angesichts der Verhältnisse der konkreten Gesellschaft – spätestens hätten beauftragt werden müssen, um die rechtzeitige Erstellung der Bilanz sicherzustellen.
(alle amtl.)

 

OLG Stuttgart 21.3.2019, 14 U 26/16
Gesellschaftsvertragliches Konkurrenzverbot für Minderheitsgesellschafter, Abwägung mit Berufsausübungsfreiheit

1. Auch ein umfassendes gesellschaftsvertragliches Konkurrenzverbot für einen Minderheitsgesellschafter unterliegt einer Abwägung mit der grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit. Es ist jedenfalls dann unwirksam, wenn der Minderheitsgesellschafter sein Anstellungsverhältnis als leitender Mitarbeiter der Gesellschaft vor Ablauf der für das Gesellschaftsverhältnis satzungsrechtlich vorgesehenen Kündigungsfrist wirksam beendet hat und eine fortbestehende Gefahr der „Aushöhlung“ der Gesellschaft nicht feststellbar ist.

2. Für einen Schadensersatzanspruch nach den Grundsätzen der sog. „Geschäftschancenlehre“ bei Planungsleistungen für öffentliche Auf-traggeber bedarf es besonderer Darlegungen, um die behaupteten Folgeprojekte als der Gesellschaft zugeordnet schlüssig annehmen zu können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beauftragung (bislang) nur auf einzelne Leistungsphasen beschränkt erfolgte und (Folge-)Aufträge in Anwendung öffentlicher Vergaberegeln zur Erhaltung des Wettbewerbs vergeben wurden.
(alle amtl.)

 

OLG Stuttgart 25.10.2018, 20 W 6/18
Gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers, Erwerb eigener Aktien, Verhinderungsverbot

1. Die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers gem. § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG setzt insb. voraus, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind. Eine grobe Pflichtverletzung setzt voraus, dass der Handelnde nicht nur unbedeutend, sondern erheblich und schuldhaft von seinen Pflichten abgewichen ist.

2. Hängt die Zulässigkeit einer beanstandeten Maßnahme von der Beantwortung einer in Rechtsprechung und/oder Literatur streitig diskutierten und noch nicht höchstrichterlich geklärten Rechtsfrage ab, so scheidet die Annahme einer groben Pflichtverletzung jedenfalls dann aus, wenn die Maßnahme in Anwendung der für die AG günstigen Auffassung als rechtmäßig zu werten ist.

3. Zur Stellungnahme des Vorstands und des Aufsichtsrats der Zielgesellschaft gem. § 27 Abs. 1 WpÜG.

4. Bei der (Wieder-)veräußerung eigener Aktien, die gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG auf der Grundlage einer allgemeinen Ermächtigung der Hauptversammlung erworben wurden, sind die in § 71 Abs. 1 Nr. 8 Satz 3 bis 5 AktG normierten gesetzlichen Anforderungen zu beachten. Insb. sind gem. § 71 Abs. 1 Nr. 8 S. 5 AktG die §§ 186 Abs. 3, Abs. 4 AktG auch dann einschlägig, wenn der Vorstand die eigenen Aktien unter Ausschluss der Aktionäre außerhalb der Börse an Dritte ausgibt, die bislang nicht Aktionäre waren.

5. Ist bei der (Wieder-)veräußerung eigener Aktien das Recht der Aktionäre zum Erwerb der eigenen Aktien ausgeschlossen, ist im Ausgangspunkt die Wertung des § 255 Abs. 2 AktG zu berücksichtigen, wonach die Aktien nicht zu einer unangemessen niedrigen Gegenleistung veräußert werden dürfen. Veräußert die AG die eigenen Aktien nicht zum höchstmöglichen Preis, kann darin jedoch für sich allein betrachtet jedenfalls dann keine grobe Pflichtverletzung gesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines vereinfachten Bezugsrechtsausschlusses gem. § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorliegen.
(alle amtl.)

 

BFH 28.11.2018, I R 56/16
Keine Gewinnerhöhung durch Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens nach formwechselnder Umwandlung in Personengesellschaft

§ 37 Abs. 7 KStG ist nach formwechselnder Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft auf Erträge aus der Aufzinsung des Körperschaftsteuerguthabens bei der Personengesellschaft anzuwenden, wenn an ihr entweder unmittelbar oder über eine Personengesellschaft mittelbar ausschließlich Körperschaften beteiligt sind (entgegen BMF, Schr. v. 14.1.2008, BStBl. I 2008, 280).
(amtl.)

 


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 16.07.2019 09:15
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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