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Der Gesellschafterstreit in der paritätischen Zwei-Personen-GmbH (Teil I) - Allgemeiner Teil: Die Gesellschafterversammlung (Koehler, GmbHR 2019, 809)

Die Zwei-Personen-GmbH hat eine hohe Praxisrelevanz, macht sie doch den Großteil der GmbHs in Deutschland aus. Gerade Gesellschafterstreitigkeiten bei paritätisch geführten Zwei-Personen-GmbHs, also solchen, bei der die einzigen zwei Gesellschafter(stämme) je zur Hälfte am Stammkapital beteiligt sind, sind hoch praxisrelevant. Der Beitrag widmet sich dem schon eskalierten Streit der Gesellschafter in der paritätischen GmbH und richtet sich vornehmlich an Gesellschafter-Geschäftsführer und an deren rechtliche Berater. Er gliedert sich in zwei Teile. Im hier vorliegenden Teil I werden die Besonderheiten der paritätischen GmbH für die generellen Regeln der Gesellschafterversammlung beleuchtet. In Teil II legt der Beitrag besonderes Augenmerk auf die (gegenseitige) Abberufung als Geschäftsführer und die (wechselseitige) Einziehung der Geschäftsanteile.

I. Einleitung

II. Die Gesellschafterversammlung

1. Einberufung der Versammlung

2. Absage der Versammlung

3. Abhaltung der Versammlung

a) Der Versammlungsleiter

b) Die Beschlussfähigkeit

c) Abhandlung der Tagesordnung und Beschlussfeststellung

III. Ergebnisse
 

I. Einleitung
Bei paritätisch geführten GmbHs liegt wegen der Pattsituation in der Gesellschafterversammlung („Deadlock“) auf der Hand, dass sich nicht nur Probleme bei der Führung der Gesellschaft ergeben können, sondern auch, dass Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern zu einer Lähmung der Gesellschaft führen können. Die Literatur bietet hierzu verschiedene Lösungen zur Vermeidung oder Auflösung eines Deadlocks an, insbesondere Letztentscheidungsrechte sowie Schiedsgerichts- und Exitklauseln. Diese Maßnahmen müssen jedoch zwischen den Gesellschaftern vereinbart werden und sind daher an jene adressiert, die sich bereits vor der Gründung für eine Konfliktlösung entscheiden. Eskaliert der Streit zwischen den Gesellschaftern, kommt es darauf an, die Besonderheiten der paritätischen GmbH bei den allgemeinen Regeln der Gesellschafterversammlung zu beachten. Eine saubere Prüfung und eine dezidierte Auseinandersetzung mit der konkreten Situation sind unerlässlich, um das Ziel eines der beiden Gesellschafter möglichst reibungslos zu erreichen.

II. Die Gesellschafterversammlung
Die Gesellschafterversammlung ist der „Bottleneck“ der paritätisch geführten GmbH. Denn hier treffen die Gesellschafter die wesentlichen Entscheidungen, die jenseits des Einflussbereichs der Geschäftsführung stehen. Grundsätzlich richten sich die Stimmen der Gesellschafter nach ihrer Beteiligung am Stammkapital. Da § 47 Abs. 1 GmbHG für Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung die Mehrheit der abgegebenen Stimmen verlangt, also mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen, gelten bei einer Pattsituation die jeweiligen Beschlussanträge als abgelehnt. Da bei einem Gesellschafterstreit angesichts dieser Pattsituation keiner der Gesellschafter darauf vertrauen kann, der jeweils andere werde derselben Meinung sein, ist es umso wichtiger, keine Fehler bei der Einberufung, Ladung und Abhaltung der Versammlung sowie bei der Beschlussfassung und der gegebenenfalls späteren Anfechtung der gefassten Beschlüsse zu machen.

Gerade bei der Einberufung der Versammlung und der Feststellung der Beschlüsse können kleine Unachtsamkeiten Zeit und Geld kosten. Im Folgenden wird der Gang der Versammlung chronologisch aufbereitet und dabei auf die Besonderheiten des Deadlocks aus Sicht des „angreifenden“ und des „verteidigenden“ Gesellschafters eingegangen.

1. Einberufung der Versammlung
Zuständig für die Einberufung der Gesellschafterversammlung sind grundsätzlich die Geschäftsführer (§ 49 Abs. 1 GmbHG), die aber auch einen Dritten (z.B. einen Rechtsanwalt) zur Ladung bevollmächtigen können. Ist nur einer der beiden Gesellschafter auch Geschäftsführer der Gesellschaft, erfolgt eine Einberufung allein durch ihn in dieser Eigenschaft. Ein jederzeitiges Eintrittsrecht des anderen Gesellschafters besteht nicht. Verständigen sich die Gesellschafter einvernehmlich auf eine Versammlung, ist eine förmliche Einberufung überflüssig. Kommt es zwischenzeitlich zum Streit, darf der Geschäftsführer diese Versammlung nicht durch eine zeitlich zuvor einberufene Versammlung konterkarieren. Sind beide Gesellschafter zugleich Geschäftsführer, was bei einer paritätischen GmbH die Regel ist, kann jeder eine Versammlung gesondert einberufen, auch wenn nur Gesamtvertretungsbefugnis besteht.

Ist der einberufende Gesellschafter selbst nicht Geschäftsführer, kann er eine Einberufung nur über den Umweg des § 50 Abs. 1 bzw. Abs. 3 GmbHG erzwingen. Nach § 50 Abs. 1 GmbHG haben die Gesellschafter das Recht, von dem Geschäftsführer die Einberufung einer Versammlung zu verlangen. Dieser Anspruch ist kein ...


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.07.2019 13:37
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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