BFH v. 6.8.2019 - VIII R 18/16

Berücksichtigung des Forderungsverzichts eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft nach Einführung der Abgeltungsteuer

Der Verzicht eines Gesellschafters auf eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft kann nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führen. Damit setzt der VIII. Senat seine Rechtsprechung fort, nach der seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt.

Der Sachverhalt:
Der Kläger war im Streitjahr 2010 zu mehr als 10 % an einer GmbH beteiligt. Er hatte Forderungen gegen die GmbH im Nennwert von 801.768,78 € für einen Kaufpreis von 364.154,60 € erworben. Der Kläger verzichtete gegenüber der GmbH auf einen Teilbetrag seiner Darlehensforderung i.H.v. 275.000 €. Im Hinblick auf einen teilentgeltlichen Erwerb zu 43,5 % ging er davon aus, dass er einen Veräußerungsverlust i.H.v. 119.625 € erlitten habe.

Dem folgte das Finanzamt nicht. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der vom Kläger geltend gemachte Verlust aus dem Forderungsverzicht sei weder gem. § 17 EStG noch gem. § 20 EStG steuerlich zu berücksichtigen. Die Revision des Klägers vor dem BFH blieb erfolglos.

Gründe:
Das FG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger mit dem teilweisen Verzicht auf die Darlehensforderung keinen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust erzielt hat.

Zwar steht der Verzicht des Gesellschafters auf den nicht werthaltigen Teil seiner Forderung gegen die Kapitalgesellschaft einer Abtretung gleich und führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Forderungsausfall. Es liegt insoweit auch keine Einlage vor.

Ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasster, unbedingter Verzicht eines Gesellschafters auf einen Teil der ihm gegen die Kapitalgesellschaft zustehende Darlehensforderung führt nur insoweit zu einer Einlage i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG , als der Gesellschafter auf den werthaltigen Teil der Forderung verzichtet. Die Einlage setzt dabei voraus, dass der Verzichtsbetrag den Nennwert des nicht werthaltigen Teils der Forderung übersteigt. Stehen dem durch die Einlage bewirkten Zufluss Anschaffungskosten in gleicher Höhe gegenüber, fällt somit kein Gewinn i.S.d. § 20 Abs. 4 EStG an.

Gleichwohl erwies sich die Klageabweisung durch das FG im Ergebnis als zutreffend. Denn steuerliche Auswirkungen hätte der Forderungsverzicht nur gehabt, wenn der Steuerpflichtige für den nicht werthaltigen Teil der Forderung Anschaffungskosten getragen hätte. Hieran fehlte es im vorliegenden Fall allerdings. Denn der Kläger hatte die Forderung im Nennwert von 801.768 € zum Kaufpreis von 364.154 € erworben. Der Kaufpreis wurde bei wirtschaftlicher Betrachtung für den werthaltigen Teil der Forderung aufgewandt. Der Verzicht i.H.v. 275.000 € bezog sich somit auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung, für den dem Kläger keine Anschaffungskosten entstanden waren. Seine Leistungsfähigkeit wurde durch den Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung folglich nicht gemindert.

Mit diesem Urteil setzt der VIII. Senat seine Rechtsprechung fort, nach der seit Einführung der Abgeltungsteuer grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen sind und dies gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt (vgl. Urteil vom 24.10 2017, VIII R 13/15 zum insolvenzbedingten Ausfall einer privaten Darlehensforderung).

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 14.11.2019 16:38
Quelle: BFH PM Nr. 74 vom 14.11.2019

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