Vor-GmbH: Genehmigung der Prozeßführung durch die während des Prozesses entstandene Vorgesellschaft

GmbHG § 2, § 11; ZPO § 50

1. Auch die während des Prozesses entstandene Vorgesellschaft einer gegründeten, noch nicht eingetragenen GmbH kann den in ihrem Namen geführten bisherigen Prozeß genehmigen, mit der Folge, daß ihre Parteifähigkeit als von Anfang an bestehend zu behandeln ist.

2. Die Vor-GmbH ist im Vorgründungsstadium bereits als latent existent anzusehen, so daß in ihrem Namen vorgenommene Prozeßhandlungen grundsätzlich genehmigungsfähig sind.*

OLG Köln, Urt. v. 13.8.1999 -- 19 U 200/98

Aus dem Tatbestand:

Die Geschäftsführer der Kl. schlossen namens der Firma "H. Fachmärkte für Heimausstattung G. und K. GmbH i. G." Ende 1996 mit den Beklagten einen Mietvertrag über die Anmietung des Hausgrundstücks V. Strasse in K. zum Betrieb eines Heimtex-Fachmarktes. Zu diesem Zeitpunkt war die Kl. noch nicht gegründet.

In § 9 des Vertrags vereinbarten die Parteien:

"Alle behördlichen Auflagen sind vom Vermieter zu erfüllen, die aus den allgemeinen behördlichen Vorschriften für die Errichtung und Betreibung von Verbrauchermärkten etc. entstehen." In § 24 Abs 2 heißt es: "Der links vom Eingang zur Hauptstraße hin gelegene Baubereich ist vom Vermieter auf eigene Kosten abzureißen und in Parkplätze umzuwandeln." ... In der Folgezeit wurde die Genehmigung zur Nutzungsänderung von der Stadt K. nicht erteilt. Die Geschäftsführer der Kl. erklärten die Kündigung des Mietvertrags noch vor der vereinbarten Gebrauchsüberlassung mit Schr. v. 19.11.1997.

Mit notariellem Vertrag v. 28.5.1999 (...) gründeten die Geschäftsführer der Kl. gemeinsam mit der Firma "H." Fachmärkte für Heimausstattung GmbH als weiterem Gesellschafter die Kl.. Der Firmenname lautet wie im Rubrum angegeben.

Die Kl. begehrt mit ihrer Klage Schadenersatz wegen Nichterfüllung i.H.v. 115.488,28 DM wegen vergeblich aufgewandter Maklerkosten, Anzeigenkosten, Aufwendungen für eineWerbeanlage und ein Werbeschild sowie Feststellung, daß die Bekl. zur Erstattung auch weiterer Schäden wegen der Nichteinhaltung des Mietvertrages verpflichtet ist. ...

Das LG hat mit der angefochtenen Entscheidung der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruches stattgegeben. Es hat einen Schadensersatzanspruch der Kl. aus §325 Abs.1 BGB bejaht, da die Bekl. den in § 24 Ziff. 2 des Mietvertrags zugesicherten Zustand der Mietsache aufgrund einer fehlenden Nutzungsänderungsgenehmigung der Stadt nicht hätten herstellen können. ...

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Die Kl. ist zwar aktiv parteifähig, die von ihr mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche stehen ihr aber nicht zu.

1. Parteifähigkeit der Vor-GmbH

Bei der Kl. handelt es sich um eine Vor-GmbH deren Eintragung bis zur letzten mündlichen Verhandlung nicht erfogt war. Die aktive Parteifähigkeit der in Gründung befindlichen GmbH (Vor-GmbH) gemäß § 50 Abs. 1 ZPO ist höchstrichterlich anerkannt und entspricht überwiegend h. M. (BGH, NJW 1998, 1079 [1080] m.w.N. = MDR 1998, 338; Demuth, BB 1998, 966; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 50 Rn. 39; Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 11 Rn. 16). Sie ist eine Personenvereinigung eigener Art, die zwischen Errichtung der Gesellschaft durch Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages gem. § 2 GmbHG und der Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister gem. § 11 Abs. 1 GmbHG besteht (Baumbach/Hueck, aaO, Rn. 3).

Der Senat hat keine Veranlassung, den Gesellschaftsvertrag v. 28.5.1999 nicht als eine Vorgesellschaft begründend anzusehen. Zwar ist anerkannt, daß das Recht der Vorgesellschaft auf die Fälle keine Anwendung findet, in denen trotz formgerechten Gesellschaftsvertrages die Gründung einer GmbH von vornherein nicht beabsichtigt ist (Baumbach/Hueck, aaO, § 11, Rn. 28 m.w.N.). Auch könnte die Errichtung der Satzung am 28.5.1999, mithin knapp drei Wochen vor der letzten mündlichen Verhandlung, ein Zeichen dafür sein, daß die Gründung ursprünglich nicht beabsichtigt war, nun aber aus prozeßtaktischen Erwägungen vorgenommen wurde. Gleichzeitig ist jedoch nicht zu verkennen, daß die Geschäftsführer der Kl. bereits in erheblichem Umfang für die zukünftigen Geschäfte tätig waren, und die Kl. nach ihrem Gesellschaftszweck den Gegenstand des Unternehmens weit gefaßt hat :"Handel mit Farben, Tapeten, Bodenbelägen und Heimtextilien." Die Kl. versteht sich als Mitglied der "H. Heimtex-Fachmärkte", einer Unternehmensgruppe, die ein Einzelhandelskonzept verfolgt. Die Angabe, vor Fortsetzung der geschäftlichen Tätigkeit solle der Ausgang dieses Prozesses abgewartet werden, ist glaubhaft und nachvollziehbar, zumal die Anmietung des Objekts der Bekl. einen gezielten Geschäftswillen deutlich erkennen ließ.

Mit der Entstehung der Vorgesellschaft am 28.5.1999 war die Kl. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch parteifähig. Da die Parteifähigkeit Sachentscheidungs- und Prozeßvoraussetzung ist, muß sie grundsätzlich zur Zeit der Klageerhebung bestehen und während des ganzen Prozesses fortdauern . Wird sie allerdings – wie hier – erst während des Prozesses erworben, so wird der Mangel geheilt, wenn der Prozeß von Anfang für die jetzt parteifähige Partei geführt wurde und diese die bisherige Prozeßführung genehmigt (BGH, NJW 1972, 1714; BGH, NJW 1969, 188; Münch.Komm./Lindacher, BGB, 3. Aufl., § 50 Rn. 57; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 50 Rn. 40). Dem steht auch nicht entgegen, daß die Vorgesellschaft vor Errichtung des Gesellschaftsvertrags nicht als solche existierte. Sie befand sich nämlich im Zeitpunkt der Klageerhebung bereits in einem Vorgründungsstadium. Mit der Vorgründungsgesellschaft wird aber, da sie auf die Errichtung der GmbH zielt, diese bereits in der Anlage so konkretisiert, daß sie als latent existent angesehen werden kann (vgl. zum "latenten" Fortbestand einer gelöschten GmbH bei späterer Wiedereintragung ins Handelsregister: BGH, NJW 1969, 188 [189]). Auch dem Umstand, daß die Firma der Vorgründungsgesellschaft "H. Fachmärkte für Heimausstattung G. und K. GmbH" leicht von der letztlich durch den Gesellschaftsvertrag festgelegten Firmierung " "H." Fachmärkte für Heim-Ausstattung G. & K. GmbH" abweicht, kommt keine entscheidende Bedeutung zu, da der Unterschied unwesentlich ist.

2. Keine Aktivlegitimation

Die Kl. ist aber nicht aktivlegitimiert, Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung des Mietvertrages geltend zu machen. Sie ist nämlich nicht Vertragspartnerin der Beklagten geworden. Der Mietvertrag ist Ende 1996 abgeschlossen worden, zu einem Zeitpunkt also, in dem die Kl. als Vorgesellschaft noch nicht bestand. Die Geschäftsführer der Kl. haben den Rechtsträger, für den sie gehandelt haben, falsch bezeichnet. In einem solchen Fall wird der wahre Rechtsträger aus dem betriebsbezogenen Geschäft berechtigt und verpflichtet (BGH v. 9.3.1998 – II ZR 366/96; BGHZ 91, 148 [152]). Damaliger Träger des Unternehmens waren die zeichnenden Geschäftsführer in Form einer BGB-Gesellschaft. Es kann keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß die Geschäftsführer der Kl. sich im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen und des Abschlusses des Mietvertrags zu einer BGB- Gesellschaft zusammengeschlossen hatten, zumal deren Entstehen an keine formalen Wirksamkeitsvoraussetzungen geknüpft ist. Nur diese hätte daher Schadensersatzansprüche aus dem gescheiterten Mietverhältnis erwerben können. Nach herrschender Meinung ist die Vorgründungsgesellschaft aber nicht Rechtsvorgänger der zu gründenden GmbH und geht daher auch nicht automatisch in dieser oder der Vorgesellschaft auf (BGH, aaO). Soll daher die Vorgesellschaft Inhaberin von Forderungen der Vorgründungsgesellschaft werden, ist eine gesonderte Einzelübertragung erforderlich (Baumbach/Hueck, aaO, § 11 Rn. 33 m.w.N.; BGH, aaO). Eine solche Forderungsübertragung ist von der Kl. nicht vorgetragen worden.

3. Keine Abtretung der Forderung

Die Forderung ist von der BGB-Gesellschaft auch nicht nach dem 28.5.1999 konkludent an die Kl. abgetreten worden. Dies ergibt sich ohne weitere Anhaltspunkte nicht aus der bloßen Fortführung des Prozesses durch die Kl., da sich hieraus allenfalls eigene Erklärungen der Kl. ableiten lassen. Die Kl. ist in ihrem Gesellschafterbestand nicht identisch mit der Vorgründungs-BGB-Gesellschaft. ...

Einsender: Vor. RiOLG Lothar Jaeger, Köln
 
 

* Leitsätze des Einsenders.
 
 

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