SEHR GEEHRTE LESERIN,
SEHR GEEHRTER LESER,

zum eigentlichen Beginn des neuen Jahrtausends meldet sich die Redaktion wieder einmal mit einem Editorial. Auslöser ist, daß dieser neue Jahrgang 2001 auf S. 1 ff. nicht mehr mit einem Jahresbericht der Herausgeberin dieser Zeitschrift, der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt, beginnt, der erstmals in GmbHR 1960, 1 ff. zu lesen war. Ausschlaggebend dafür war, daß die "Centrale" inzwischen weitere Kommunikationsmittel etabliert hat, die eine ständige Information der angeschlossenen Unternehmen und Berater gewährleisten, so z.B. der monatliche Mitgliederrundbrief, der seit dem vergangenen Jahr in einem Umfang von 8 Seiten erscheint, der einen zusammenfassender Jahresbericht künftig entbehrlich macht.

Ganz gebrochen werden sollte mit der ca. 40-jährigen Tradition jedoch nicht; dazu ist auf die Drucksache "GmbH-Beratung und Interessenvertretung im Jahre 2001" zu verweisen, die in der Mitte dieser Ausgabe zu finden ist und einen Überblick über die für GmbH-Unternehmen und Berater für 2001 anstehenden Aufgaben sowie Leistungen der "Centrale" zu deren Bewältigung gibt. Reaktionen von Seiten der verehrten Leserschaft sind herzlich willkommen.

Zur Entwicklung in Rechts- und Steuerpolitik für GmbH bzw. GmbH & Co. sei an dieser Stelle nur noch folgendes ergänzt: Während der Steuergesetzgeber mit dem Steuersenkungsgesetz (BGBl. I 2000, 1433) bereits einen "Meilenstein" im Bereich der Unternehmensbesteuerung gesetzt hat (s. dazu u.a. den Beitrag von Johanna Hey, GmbHR 2001, 1 ff. – in diesem Heft) und auch im Jahre 2001 weitere Aktivitäten erwartet werden, hat sich im Bereich des Gesellschaftsrechts nur wenig ereignet.

1. Erfolgt ist nur die vom EuGH erzwungene Umsetzung der GmbH & Co.-Richtlinie, sowie die Verschärfung der Sanktionsvorschriften bei Nichtoffenlegung von Jahresabschlüssen durch das "Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz – KapCoRiLiG" (BGBl. I 2000, 154). Danach sind die Jahresabschlüsse für alle nach dem 31.12.1999 beginnenden Geschäftsjahre nunmehr auch von GmbH & Co. nach dem 3. Buch des HGB aufzustellen und offenzulegen. Bei Nichtoffenlegung kann ein Zwangsgeld (maximal 5.000 Euro) für Pflichtversäumnisse bezüglich Aufstellung und der Prüfung sowie ein Ordnungsgeld (mindestens 2.500 Euro, maximal 25.000 Euro) auf Antrag von "jedermann" verhängt werden. Um die Verfolgung von "Offenlegungssündern" zu erleichtern, wird die Offenlegungsfrist einheitlich, d.h. nicht nur für kleine Gesellschaften, auf 12 Monate verlängert (Einzelheiten s. zuletzt bei Theile, GmbHR 2000, 1135 m.w.N.).

2. Ein neues Gesetzesprojekt, das auch die GmbH berührt, ist der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 6.9.2000 (Volltext), mit dem durch Änderung von § 47, § 49 GmbHG eine Abhaltung von Gesellschafterversammlungen unter Einsatz neuer Medien ermöglicht werden soll (zum Referentenentwurf bereits M. Hohlfeld, GmbHR 2000, R 53). Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 20.10.2000 dazu eine kritische Stellungnahme abgegeben (BR-Drucks. 535/00 – Beschluß).

3. Der Stand hinsichtlich der sich in Vorbereitung befindlichen "14. EU-Sitzverlegungs-Richtlinie" hat sich dagegen seit 1997 nicht geändert, obwohl das Thema "Sitzverlegung" derzeit ganz aktuell ist: Durch Beschl. des BGH v. 30.3.2000 – VII ZR 370/98, GmbHR 2000, 715 wurde dem EuGH erneut die Frage vorgelegt, ob die "Sitztheorie" im Widerspruch zur EU-Niederlassungsfreiheit steht, was der BGH verneint. Er ist der Ansicht, daß diese Frage durch die "Centros"-Entscheidung des EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 (GmbHR 1999, 474) nicht entschieden und daher eine erneute Vorlage erforderlich sei (dazu Meilicke, GmbHR 2000, 693 und Stieb, GmbHR 2000, R 213). Ferner wurde auch in einem Urt. des OLG Brandenburg v. 31.5.2000 – 14 U 144/99, ZIP 2000, 1616 die Vereinbarkeit der "Sitztheorie" mit der Niederlassungsfreiheit – ohne Vorlage an den EuGH – bejaht, schließlich aber durch weiteren Vorlagebeschl. des AmtsG Heidelberg v. 3.3.2000 – HRB 831 - SNH, ZIP 2000, 1617 verneint (zu beiden Entscheidungen – vom Abdruck in GmbHR wurde abgesehen – s. Roth, ZIP 2000, 1597). Mit Spannung darf daher ein erneuter Spruch des EuGH erwartet werden, mit dem ab März 2001 zu rechnen sein soll.

Obwohl aufgrund dieser uneinheitlichen Rechtsprechung deutlich wird, daß im Interesse der Rechtssicherheit für im Binnenmarkt tätige Unternehmen dringend eine Klärung herbeigeführt werden muß, gibt es in Sachen 14. EU-Sitzverlegungs-Richtlinie keine Neuerungen zu berichten (s. zuletzt Neye, GmbHR 1997, R 181), d.h. ein Richtlinienvorschlag liegt noch nicht vor. Ein Hoffnungsschimmer hat sich aber auf dem EU-Gipfel von Nizza vom 7. – 9.12.2000 ergeben: Im Rahmen der Beratungen über das Schicksal der "Europa-AG" (dazu zuletzt Wiesner, GmbHR 1999, R 301) wurde dem Vernehmen nach ein Kompromiß über die das Projekt bislang blockierende Mitbestimmungsproblematik erzielt. Es wird erwartet, daß dieser Kompromiß auch auf die 10. Fusions- und 14. Sitzverlegungs-Richtlinie übertragen werden kann, wodurch der Fortgang auch dieser Richtlinienprojekte gewährleistet werden könnte.

RA Werner G. Driesen

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