Gesellschafter-Geschäftsführer: Anwendung des Verbraucherschutzgesetzes bei Haftungsübernahme für Leasingvertrag der GmbH

VerbrKrG § 7

Übernimmt der Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter einer GmbH vertraglich die gesamtschuldnerische Haftung für alle Verpflichtungen der Gesellschaft aus einem Leasingvertrag, so findet auf diesen Vertrag das VerbrKrG entsprechend Anwendung (Anlehnung an BGH v. 5.6.1996 – VIII ZR 151/95, NJW 1996, 2156). Dem Geschäftsführer steht deshalb ein Widerrufsrecht gem. § 7 VerbrKrG zu.

OLG Köln, Urt. v. 1.10.1999 –19 U 14/99
(rechtskräftig)

Aus dem Tatbestand.

Die Kl. begehrt von dem Bekl. Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus einem Leasingvertrag, den sie am 6.12.1991 mit der Fa. B GmbH abgeschlossen hatte; der Vertrag hatte eine Laufzeit von 48 Monaten, beginnend mit dem 1.1.1992. Der Bekl., damals Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer der GmbH hatte durch Vertrag vom 4.12.1991 die gesamtschuldnerische Haftung für alle Verpflichtungen der GmbH aus dem Leasingvertrag übernommen. Am 31.3.1992 wurde der Konkurs über das Vermögen der GmbH eröffnet, unter dem 10.4.1992 kündigte die Kl. den Leasingvertrag fristlos. Durch Versäumnisurteil v. 7.9.1995 hat das LG die Klage abgewiesen. Dagegen hat die Kl. Einspruch eingelegt. ...

Das LG hat unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils den Bekl. verurteilt, an die Kl. 88.657,45 DM ... zu zahlen. ...

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Bekl. hat Erfolg.

Der Ansicht des Bekl., der Leasingvertrag unterfalle dem VerbrKrG und der Bekl. falle in den persönlichen Geltungsbereich desselben, ist zuzustimmen. Für die Praxis ist inzwischen durch den BGH abschließend im Rahmen von § 1 Abs. 1 VerbrKrG geklärt, daß es nicht auf den "Inhalt" des jeweiligen Kreditvertrags ankommt, um einen mitverpflichteten Dritten als "natürliche Person" in den Schutzbereich des VerbrKrG einzubeziehen. Maßgebend ist ausschließlich, ob der mitverpflichtete Dritte eine natürliche Person ist, den die Eigenschaften des "Verbrauchers" charakterisieren. Mithin kommt es auf den Verwendungszweck des Kredits in keiner Weise an. Selbst wenn dieser einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dient, ist die Mitverpflichtung des Dritten grundsätzlich ein selbständiges Schuldverhältnis, das dem Kreditgeber einen zusätzlichen Schuldner verschafft. Wenn daher ein Dritter sich im Rahmen eines Kreditvertrags mitverpflichtet, dann sind zu seinen Gunsten die Schutzbestimmungen des VerbrKrG anzuwenden, und zwar selbst dann, wenn dieser Kredit in die berufliche oder gewerblichen Sphäre des Kreditnehmers fällt. Allerdings ist der Schuldbeitritt selbst kein Kreditvertrag i.S.d. § 1 Abs. 2 VerbrKrG; insbesondere ist er keine 'sonstige Finanzierungshilfe' i.S. dieser Vorschrift. Denn der Beitretende übernimmt lediglich die Mithaftung für die Verpflichtungen des Kreditnehmers aus diesem Vertrag, ohne jedoch dessen Anspruch gegen den Kreditgeber auf Auszahlung des Kredits zu erlangen. Insoweit unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der Vertragsübernahme, bei der der Übernehmende nicht nur die Pflichten des Übertragenden übernimmt, sondern auch in dessen Rechte eintritt. Der Schuldbeitritt ist jedoch einem Kreditvertrag i.S.d. § 1 Abs. 2 VerbrKrG gleichzustellen, wenn es sich bei dem Vertrag, zu dem der Beitritt erfolgt, um einen Kreditvertrag handelt. Danach ist hier auf den Schuldbeitritt des Bekl. zu den Verpflichtungen der GmbH aus dem Leasingvertrag mit der Kl. das Verbraucherkreditgesetz entsprechend anzuwenden, weil der Leasingvertrag ein Kreditvertrag i.S.d. § 1 Abs. 2 VerbrKrG ist. Hierzu gehören, wie sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 VerbrKrG ergibt, insbesondere Finanzierungsleasingverträge. Um einen solchen handelt es sich nicht nur bei einem Vollamortisationsvertrag, sondern auch bei dem – hier vorliegenden – Teilamortisationsvertrag (BGH MDR 1999 (16), 982 f.; BGH NJW 1996, 2156 ff.). Falls ein Dritter in seiner Eigenschaft als "Verbraucher" einen selbständigen Schuldbeitritt vollzieht, dann gelten die Schutzbestimmungen des VerbrKrG analog, sofern die jeweilige Mitverpflichtung nicht beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient. Gleiches gilt dann, wenn der mitverpflichtete Dritte Gesellschafter oder auch Geschäftsführer in dem vom Kreditnehmer betriebenen Unternehmen ist. Denn das Halten eines GmbH-Geschäftsanteils ist keine gewerbliche Tätigkeit, sondern Vermögensverwaltung; die Geschäftsführung einer GmbH ist ebenfalls keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit (BGH NJW 1996, 2158; v. Westfalen, Verbraucherkreditverträge und die Beteiligung Dritter, MDR 1997, 307). Die die Anwendbarkeit des VerbrKrG verneinende Entscheidung des OLG Köln (OLGR 1996, 128), auf die die Kl. sich beruft, liegt zeitlich vor der des BGH; die später ergangene Entscheidung des Hans. OLG Hamburg (OLGR 1998, 413) hält zwar ebenfalls den GmbH-Geschäftsführer als nicht zum durch das VerbrKrG geschützten Personenkreis gehörig, wenn er Alleingesellschafter ist; sie ist aber schon deshalb nicht vergleichbar, weil das weder der "Dritte" in dem vom BGH entschiedenen Fall war noch der Bekl. hier ist; im übrigen beschäftigen sich diese und weitere Entscheidungen (OLG Brandenburg OLGR 1998, 181) vordringlich mit der Frage, ob die Bürgschaft den Bestimmungen des VerbrKrG unterfällt, was verneint wird. Jedenfalls läßt sich aus diesen Entscheidungen entgegen der Ansicht der Kl. nicht herleiten, daß sie der Auffassung des BGH zum Schuldbeitritt des GmbH-Geschäftsführers nicht folgen wollen. Der Senat sieht hierzu auch unter Berücksichtigung der von der Kl. zitierten Ausführungen von Wackerbarth (Die Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes auf die persönliche Mitverpflichtung ders GmbH-Gesellschafters, DB 1998, 1950 ff.), der zwar nicht verkennt, daß das Unternehmen einer GmbH ausschließlich der juristischen Person zugeordnet ist, den Gesellschafter gleichwohl aber als Unternehmer behandelt wissen will, wenn er das Unternehmen der GmbH als sein eigenes betrachten müsse, ebenfalls keine Veranlassung; auch hier gilt, daß der Bekl. nicht Alleingesellschafter war. Die Konsequenz dieser Ansicht ist auch nicht untragbar für die Kreditfähigkeit einer GmbH; wie schon der BGH (aaO) ausgeführt hat, schließt die (entsprechende) Anwendung des Verbraucherkreditgesetzes einen Schuldbeitritt des Gesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH zu deren Kreditvertrag nicht aus; er muß lediglich gemäß dem Gesetz behandelt, insbesondere ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt werden.

Die analoge Anwendung des VerbrKrG bewirkt, daß dem Bekl. als "Verbraucher" im Rahmen seines Schuldbeitritts ein eigenes Widerrufsrecht gem. § 7 VerbrKrG einzuräumen ist. Der Vertrag über den Schuldbeitritt enthält keine entsprechende Belehrung, was zur Folge hat, daß das Widerrufsrecht des Bekl. erst 1 Jahr nach Abschluß des Leasingvertrages, also am 4.12.1992 erloschen wäre (§ 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG). Diese Frist war im Zeitpunkt der Kündigung (10.4.1992) noch nicht abgelaufen. Solange die Widerrufsmöglichkeit bestand, befand sich der Vertrag in einem der Vorschrift des § 177 BGB entsprechenden Schwebezustand (BGH NJW 1996, 2367 [2368] m.w.N.). Aus einem solchen schwebend unwirksamen Vertrag kann weder Erfüllung noch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt werden (BGH NJW 1996, aaO; BGHZ 119, 283 = NJW 1993, 64 = LM H. 2/1993 § 34 GWB Nr. 29).

Die Kl. kann auch keinen Erfolg mit ihrer erstmals im Berufungsverfahren aufgestellten Behauptung haben, der Bekl. habe in den Räumen der GmbH ein Ingenieurbüro betrieben, weshalb anzunehmen sei, daß er die Anlage für seine selbständige berufliche Tätigkeit benutzt habe. Das ist, wie sich schon dem Vortrag entnehmen läßt, eine auf Spekulationen beruhende Behauptung ins Blaue, die der Bekl. bestritten hat; auch aus dem Leasingvertrag läßt sich nichts hierfür herleiten, der Schuldbeitritt des Bekl. erfolgte nur zur Kreditsicherung und nicht etwa, weil er als unabhängig von der GmbH das Leasinggut nutzen wollte. ...

Einsender: Vors. RiOLG Lothar Jaeger, Köln
 

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