Geschäftsführer: Abtretung von Tantiemeansprüchen

GmbHG § 85 Abs. 1

Die in § 85 Abs. 1 GmbHG normierte Verschwiegenheitspflicht des GmbH-Geschäftsführers steht jedenfalls einer Abtretung erfolgsunanhängiger Tantiemeansprüche nicht entgegen.*

OLG Köln, Urt. v. 20.9.1999 -- 16 U 25/99
( rechtskräftig)
 

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; auch in der Sache hat sie zum Teil Erfolg.

Die Berufung ist teilweise begründet, denn die Kl. hat gegen die Bekl. lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 30.000 DM Zug um Zug gegen Herausgabe der Originalabtretungsurkunde v. 28.6.1996/3.7.1996. Wegen des weitergehenden Zahlungsanspruches sowie wegen der Zinsforderung war die Klage hingegen abzuweisen.

Die Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Zahlung von 30.000 DM aus abgetretenem Recht. Der Senat hat im Ergebnis keine Zweifel, daß Herr T als Vertreter des Zedenten WB dessen Garantietantiemeansprüche aus dem Geschäftsführerdienstvertrag v. 30.4.1996 mit der Bekl. wirksam an die Kl. abgetreten hat.

Dabei kann dahinstehen, ob sich bereits aus der "Vollmacht" vom 13.6.1996, ggf. i.V.m. dem Schreiben des Herrn B an die Kl. v. 17.6.1996 mit ausreichender Sicherheit entnehmen läßt, ob Herr B Herrn T gem. § 167 BGB bevollmächtigt hatte, ihn auch persönlich und nicht nur in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Firma CEC zu vertreten. Denn aus dem späteren, von der Bekl. nicht bestrittenen Verhalten des Herrn B ist zu schließen, daß B die Abtretung der Tantiemeansprüche durch Herrn T an die Kl. jedenfalls nach § 177 BGB genehmigt hatte. Eine solche Genehmigung folgt aus der Übersendung des Geschäftsführervertrages, den die Kl. mit Schreiben v. 12.9.1996 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Sicherungsabtretungen in der Vereinbarung v. 28.6.1996/3.7.1996 von B anforderte. Die darauf folgende Übersendung des Geschäftsführervertrags hatte damit offensichtlich nur den Sinn, die Pflichten des Herrn B als Zedenten aus § 402 BGB zu erfüllen. Ist B dieser Pflicht indessen widerspruchslos nachgekommen, folgte daraus weiterhin, daß er mit der Abtretung seiner Forderungen gegen die Bekl. durch T einverstanden war. Es kommt deshalb auch nicht darauf an, ob (nochmals) in dem Schreiben v. 19.9.1996, mit dem B den Geschäftsführervertrag an die Kl. übersandte, eine Genehmigung liegt, so daß das diesbezügliche Bestreiten der Bekl. unerheblich ist. Jedenfalls aber spricht nach dem Verhalten des Herrn B – Übersendung des Geschäftsführervertrags auf Anforderung der Kl. unter Bezugnahme auf die Sicherungsabtretungen – eine Vermutung für sein Einverständnis mit der Abtretung, so daß es der Bekl. oblegen hätte, diese Vermutung zu erschüttern.

Auch gegen die Wirksamkeit der Abtretung im Übrigen hat der Senat keine Bedenken.

Die abgetretene Forderung ist hinreichend bestimmt bzw. als künftige Forderung bestimmbar. Unter Berücksichtigung des Sicherungszweckes der Abtretung ist die Abtretung des Anspruches "auf Zahlung einer Garantietantieme von DM 40.000,00" bei objektiver Betrachtungsweise dahingehend auszulegen, daß B sämtliche künftig fällig werdenden Garantietantiemeansprüche gegen die Bekl. an die Kl. abgetreten hatte.

Der Wirksamkeit der Abtretung steht kein Abtretungsverbot i.S.d. § 399 2. Alt. BGB entgegen. Zwar kann die Vereinbarung einer Verschwiegenheitspflicht im Einzelfall ein konkludentes Abtretungsverbot enthalten (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 438f). Für den Regelfall gilt dies jedoch nicht und besondere Umstände, die hier auf die konkludente Vereinbarung eines Abtretungsverbotes hinweisen, bestehen nicht. Aus dem Gebot zur Verschwiegenheit nach § 85 Abs. 1 GmbHG folgt in Verbindung mit § 134 BGB kein Abtretungsverbot, da die Geltendmachung des abgetretenen Gehaltsanspruchs, der auf ein vereinbartes Festgeld und nicht auf eine erfolgsbezogene Vergütung gerichtet ist, regelmäßig ohne Rückgriff auf Geschäftsgeheimnisse möglich ist. Es ist bei dieser Sachlage nicht gerechtfertigt, die Erfüllung der Informationspflicht nach § 402 BGB zumindest für den typischen Fall mit der Verpflichtung zur Preisgabe der Schweigepflicht unterliegender Daten des geschützten Unternehmens gleichzusetzen und unter diesem Gesichtspunkt Gehaltsansprüche des GmbH-Geschäftsführers nach § 134 BGB grundsätzlich als unantastbar anzusehen (vgl. dazu BGH NJW 1996, 2576 f). Eine Ausnahme von diesem Regelfall besteht hier nicht schon deswegen, weil die Bekl. und Herr B die Pflicht zur Verschwiegenheit ausdrücklich im Vertrag geregelt haben. Die Verschwiegenheitspflicht nach Ziff. 6 des Vertrags geht ihrem Inhalt nach nämlich nicht über das in § 85 Abs. 1 GmbHG normierte Verschwiegenheitsgebot hinaus, so daß, wenn aus § 85 Abs. 1 GmbHG i.d.R. kein gesetzliches Verbot folgt, aus Ziff. 6 des Vertrags auf ein konkludent vereinbartes Abtretungsverbot nicht ohne weitere Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der Vertragsschließenden geschlossen werden kann. Ein Abtretungsverbot ist im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise anzunehmen, weil es sich bei der abgetretenen Forderung um Tantiemeansprüche handelt. Anders als die ebenfalls im Vertrag zugesagte erfolgsabhängige Tantieme ist der hier abgetretene Tantiemeanspruch der Höhe nach garantiert. Er ist damit unabhängig vom Unternehmensgewinn und hängt ebenso wie das Festgehalt nicht von bestimmten innerbetrieblichen Interna ab, die der Geheimhaltungspflicht unterliegen könnten. Für die Garantietantiemeansprüche muß deshalb das Gleiche gelten wie für den sonstigen (Fest-) Gehaltsanspruch.

Der Garantietantiemeanspruch des Herrn WB gegen die Bekl. ist für das Jahr 1996 jedoch lediglich i.H.v. 30.000 DM entstanden und nur in diesem Umfange auf die Kl. übergegangen. Denn Herr B war frühestens ab April 1996 bei der Bekl. beschäftigt, so daß der Garantietantiemeanspruch für dieses Jahr auch nur anteilig entsprechend der von B geleisteten Dienstzeit entstanden ist. Dagegen spricht nicht bereits, daß die Zahlung der Tantieme i.H.v. 40.000 DM garantiert, also anders als die zusätzlich vereinbarte erfolgsabhängige Tantieme nicht von einem bestimmten Leistungserfolg abhängig war. Vielmehr gilt mangels entgegenstehender Anhaltspunkte der Grundsatz, daß eine Tantieme als Beteiligung am Unternehmensgewinn nur anteilig zu zahlen ist, wenn der Dienstverpflichtete oder Arbeitnehmer im Laufe des Jahres ausscheidet (vgl. BAGZ 5, 317; Palandt/Putzo, 58. Aufl. 1999, § 611 Rn. 78) bzw. erst im Laufe des Jahres seine Tätigkeit aufnimmt. Denn stellt die Tantieme eine Art der Beteiligung am Unternehmensgewinn dar, ist sie grundsätzlich nur für den Zeitraum gerechtfertigt, in dem der Dienstverpflichtete oder Arbeitnehmer für diesen Unternehmensgewinn auch verantwortlich ist und an dessen Erzielung mitwirkt. Anhaltspunkte für eine andere Beurteilung der hier getroffenen Vereinbarung bestehen nicht. Sowohl die Garantietantieme als auch die hier zugesagten Jahresfestbezüge i.H.v. 180.000 DM jährlich sind Vergütung i.S.d. § 611 BGB. Da aber die Jahresfestbezüge offenbar nur (zeit-) anteilig gezahlt wurden, nämlich in gleichen Monatsraten von 15.000 DM und damit insgesamt für 1996 i.H.v. nur 135.000 DM, ist i.S. der o.g. Zweifelsregelung davon auszugehen, daß das gleiche auch für die weiter zugesagte Vergütung in Form der Garantietantieme gelten sollte.

Gegen den wirksam von Herrn B an die Kl. abgetretenen Anspruch i.H.v. 30.000 DM stehen der Bekl. keine Einwendungen gem. §§ 404, 407 Abs. 1 BGB zu.

Die Bekl. kann der Kl. nicht die Nichtigkeit des Geschäftsführervertrages mit B gem. § 404 BGB i.V.m. § 142 BGB entgegensetzen, denn sie ist für die von der Kl. bestrittenen Anfechtung des Dienstvertrags mit B beweisfällig geblieben. Angesichts des Bestreitens der gesamten Vorgänge um die behauptete Anfechtung hätte die Bekl. sich nicht allein auf Beweisantritte für die behauptete Täuschung beschränken dürfen. Beweisantritte für die sonstigen Voraussetzungen einer wirksamen Anfechtung, wie etwa den Zugang der Anfechtungserklärung nach § 143 BGB waren auch nicht im Hinblick auf den weiteren Sachvortrag der Bekl. entbehrlich. Insbesondere folgt der Zugang der Anfechtungserklärung nicht daraus, daß die Bekl. und B noch am gleichen Tage den Geschäftsführerdienstvertrag v. 30.4.1996 rückwirkend aufgehoben und darüber neue Vereinbarungen getroffen haben. Denn beide Rechtsgeschäfte bestehen unabhängig voneinander, wobei der Abschluß eines Aufhebungsvertrags vielmehr noch gegen eine wirksame Anfechtung sprechen könnte, was hier aus den zuvor dargelegten Gründen aber nicht weiter aufgeklärt werden muß.

Auch die rückwirkende Aufhebung des Vertrags in der Vereinbarung v. 16.1.1997 braucht die Kl. nicht gegen sich gelten zu lassen. Bei der rückwirkenden Aufhebung handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, daß nach der Abtretung zwischen dem Schuldner, der Bekl. und dem bisherigen Gläubiger, Herrn B in Ansehung der Forderung vorgenommen wurde. Nach § 407 Abs. 1 BGB muß die Kl. dieses Rechtsgeschäft nur dann gegen sich gelten lassen, wenn die Bekl. die Abtretung bei der Vornahme des Rechtsgeschäftes nicht kannte. Zwar bestehen begründete Zweifel daran, ob die Kl. der Bekl. mit dem Schreiben v. 21.12.1996 und der Übersendung einer fragmentarischen Kopie der Abtretungsurkunde die nötige Kenntnis i.S.d. § 407 Abs. 1 BGB verschafft hatte (vgl. dazu RGZ 88, 4 [8]; BGHZ 102, 68 [74]). Selbst wenn aber die Bekl. dadurch in rechtlich bedeutsamer Weise keine Kenntnis erlangt hatte, ist es ihr verwehrt, sich auf dieses unzureichende Verhalten der Kl. zu berufen. Denn die Bekl. muß sich die Kenntnis ihres Geschäftsführers B als einen von mehreren Geschäftsführern und damit als ihr Vertretungsorgan gem. § 167 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Dem steht nicht die Anfechtung oder spätere Aufhebung des Geschäftsführervertrags entgegen, da es sich bei der Kenntnisnahme um einen tatsächlichen Vorgang handelt, der nicht rückwirkend durch die Änderung der Vertragsverhältnisse beseitigt werden kann. Außerdem ist Herr B durch die Vereinbarung v. 16.1.1997 erneut rückwirkend zum Geschäftsführer bestellt worden, so daß auch aus diesem Grunde gegen seine Kenntnis als Vertretungsorgan der Bekl. keine Bedenken bestehen. Die Bekl. konnte deshalb für die gesamte Dauer der Beschäftigung des B als Geschäftsführer nicht mehr wirksam über die abgetretenen Garantietantiemeansprüche verfügen.

Der Bekl. steht indessen ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 410 Abs. 1 BGB zu, so daß die Kl. Zahlung nur Zug um Zug gegen Herausgabe der Originalabtretungsurkunde verlangen kann.

Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 410 Abs. 1 BGB reicht entgegen der Auffassung des LG die Herausgabe einer Fotokopie der Abtretungsurkunde nicht aus; der Meinung des BAG (NJW 1968, 2078 = AP Nr. 3 zu § 398 BGB) folgt der Senat nicht. Die Vorschrift des § 410 BGB verlangt die Aushändigung einer Urkunde, d. h. einer verkörperten Gedankenerklärung, die geeignet und bestimmt ist, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen, und den Aussteller (§ 126 BGB) erkennen läßt. Das ist bei einer Fotokopie nicht der Fall, auch wenn das Original vorgelegen hat. Außerdem hat § 410 BGB den Zweck, dem Schuldner ein Beweismittel an die Hand zu geben, um die Rechtsposition, die er nach § 409 BGB erlangt hat, auch leicht beweisen zu können. Diesem Zweck genügt aber ebenfalls nur die Aushändigung des Originals (vgl. § 420 ZPO; Staudinger/Kaduk, 12. Aufl. 1994, § 410 Rn. 8 f).

Unschädlich ist hingegen und steht der Erfüllung der Herausgabeverpflichtung nicht entgegen, daß die Abtretungsurkunde nicht von dem Zedenten B, sondern in dessen Vertretung von Herrn T unterschrieben worden ist. Die Schriftform, die § 410 BGB voraussetzt, ist nämlich auch durch die Unterzeichnung des Schriftstücks durch einen Vertreter gewahrt, wenn sich wie hier die Vertreterstellung aus der Urkunde selbst ergibt (vgl. RGZ 96, 286 [289]; Münch.Komm./Fröschler, 3. Aufl., § 126 Rn. 21). Sinn und Zweck des § 410 BGB erfordern ebenfalls nicht, daß der Zedent die Urkunde selbst unterschrieben hat. § 410 BGB ist insoweit wiederum im Zusammenhang mit § 409 BGB zu sehen. Die Vorschrift des § 410 BGB soll für den Schuldner die Rechtswirkungen des § 409 BGB durch die Verschaffung von Beweismitteln absichern. Dafür reicht aber auch eine von einem Vertreter unterzeichnete Originalurkunde aus. Nach § 409 Abs. 1 BGB muß der Zedent die Abtretung gegen sich gelten lassen, wenn er sie dem Schuldner angezeigt hat, auch wenn sie nicht erfolgt oder unwirksam ist. Das gleiche gilt, wenn der Zessionar dem Schuldner eine von dem Zedenten ausgestellte Abtretungsurkunde vorlegt. Da sowohl bei der Abtretung als Rechtsgeschäft als auch bei der Ausstellung der Urkunde nach § 126 BGB eine Stellvertretung nach allgemeinen Regeln zulässig ist, ist die Abtretung auch bei Vorlage einer von einem Stellvertreter für den Zedenten unterzeichneten Abtretungsurkunde gegenüber dem Altgläubiger als wirksam anzusehen; der Schuldner wird durch Leistung an den (angeblichen) neuen Gläubiger frei. Dabei kommt es nach § 409 Abs. 1 BGB nicht darauf an, ob die Vollmacht überhaupt oder in wirksamer Weise erteilt wurde und die Abtretung wirksam ist. Ist die Abtretung nämlich tatsächlich nicht erfolgt oder nichtig (vgl. dazu Staudinger/Kaduk, aaO, § 409 Rn. 11) oder auch schwebend unwirksam, § 177 BGB, wirkt die Anzeige durch den Zedenten oder die Vorlegung der Abtretungsurkunde durch den Zessionar rechtsgestaltend. Durch die Vorlage der Originalabtretungsurkunde gilt die Abtretung als wirksam erfolgt. Die Bekl. kann also mit befreiender Wirkung an die Kl. leisten; WB ist nicht mehr aktiv legitimiert. Zum Schutz der Bekl. reicht es daher aus, wenn ihr die von dem Vertreter T unterzeichnete Originalabtretungsurkunde ausgehändigt wird.

Der Verurteilung der Bekl. zur Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung der Originalabtretungsurkunde steht schließlich nicht entgegen, daß die Kl. eine Abtretungsurkunde bereits zur Gerichtsakte gereicht hat. Zur Beseitigung des Leistungsverweigerungsrechtes der Bekl. nach § 410 BGB ist vielmehr eine Aushändigung erforderlich. Ein entsprechendes Angebot der Kl. i.S.d. § 293 BGB war ihrem Sachvortrag nicht zu entnehmen.

Hingegen hat die Bekl. Zweifel an der Echtheit der von der Kl. zur Akte gereichten Urkunde nicht substantiiert dargelegt. Gemäß § 440 Abs. 2 ZPO besteht für die Echtheit der Urkunde eine gesetzliche Vermutung (§ 292 ZPO), denn die Echtheit der Unterschriften ist zwischen den Parteien nicht streitig. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 419 ZPO, denen das Vorbringen der Bekl. insoweit nicht genügt, hätte die Bekl. sich nicht darauf beschränken dürfen, die Echtheit der Urkunde zu bestreiten; sie trägt vielmehr die Last des Gegenbeweises.

Eine Verzinsung des Zahlungsanspruchs entfällt wegen der Einrede des Zurückbehaltungsrechts. ...
 
 

* Leitsatz des Einsenders.
 
 

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