Dr. Klaus J. Müller, Rechtsanwalt /
Bernd Nelißen, LL.M., Rechtsreferendar,
Frankfurt a. M.*

Das Namensaktiengesetz – Einstieg von Gesellschaften in das Internetzeitalter

I. Einführung

Am 25.1.2001 ist das "Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG)" in Kraft getreten (BGBl. I 2001, 123). Dieses Gesetz modernisiert zum einen die Vorschriften über die Namensaktie grundlegend. Das geschieht vor allem im Hinblick auf die jüngst wieder gestiegene Bedeutung dieser Aktienform (hierzu nachfolgend unter II.). Zum anderen lockert es die für die Hauptversammlung geltenden Formvorschriften. Das trägt dem Einfluß der neuen Medien Rechnung und bereitet somit das Aktienrecht auf das Internetzeitalter vor (hierzu nachfolgend unter III.).

Anders als sein Name vermuten läßt, enthält das Gesetz darüber hinaus aber noch praktisch bedeutsame Änderungen in anderen Bereichen. Die wichtigste dieser Änderungen betrifft § 52 AktG. Dort sind Beschränkungen für sog. Nachgründungsgeschäfte niedergelegt. § 52 AktG wird rückwirkend zum 1.1.2000 dahingehend geändert, daß nur noch diejenigen Verträge der Zustimmung der Hauptversammlung bedürfen, die mit Gründern oder mit mehr als 10 % am Grundkapital der Gesellschaft beteiligten Aktionären geschlossen werden. In § 11 EGAktG n.F. findet sich ergänzend hierzu eine Heilungsvorschrift für nach altem Recht unwirksame Nachgründungsverträge. Ferner vereinfacht das Gesetz die Bekanntmachung von Handelsregistereintragungen, soweit diese Zweigniederlassungen oder Kommanditisten betreffen. Schließlich enthält es auch noch Änderungen des GmbHG, des HGB, des UmwG und des EWIV-Ausführungsgesetzes im Hinblick auf die Euro-Umstellung.

II. Regelungen zur Namensaktie

Die Namensaktie ist in letzter Zeit wieder in Mode gekommen. Sie ermöglicht – insbesondere wenn sie mit einer Vinkulierung verbunden ist – eine bessere Kontrolle des Aktionärkreises und damit etwa auch einen besseren Schutz vor feindlichen Übernahmen. Weiter sind vor allem Großunternehmen – Stichwort: Globalisierung – angesichts der internationalen Verbreitung von Namensaktien und der Tatsache, daß nur mit diesen eine unmittelbare Notierung an US-amerikanischen Börsen möglich ist, an dieser Aktiengattung interessiert. Dem somit gestiegenen wirtschaftlichen Bedürfnis, Namensaktien auszugeben, kommt das NaStraG insbesondere durch die im folgenden beschriebenen Änderungen entgegen.

Neben der – rein terminologischen – Umbenennung des Aktienbuchs in Aktienregister werden die dort einzutragenden Daten des Aktionärs neu geregelt (§ 67 Abs. 1 AktG n.F.). Da es in erster Linie auf die sichere Identifikation des Aktionärs ankommt, ist künftig nicht mehr die Angabe des Berufs, dafür aber die des Geburtsdatums erforderlich. Die Angabe des Wohnortes ist nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Vielmehr reicht künftig die Eintragung (irgend-) einer Adresse aus. Nach der Regierungsbegründung genügt eine Büroanschrift oder sogar eine e-Mail-Adresse. Denn auch damit wird der Zweck dieser Regelung erfüllt, einen Informationsweg zum Aktionär zu gewährleisten. Eine Änderung von bisher bestehenden Eintragungen ist – da § 67 AktG den Eintragungsvorgang betrifft – nicht notwendig. Die entsprechenden Anpassungen werden somit sukzessive erfolgen. Das umfassende Einsichtsrecht bezüglich der Daten aller übrigen Aktionäre ist gestrichen worden; nach § 67 Abs. 6 AktG n.F. kann nur noch Auskunft über die Daten zur eigenen Person begehrt werden. Geht die Namensaktie auf einen anderen über, so ist – anders als nach § 68 Abs. 3 S. 2 AktG a.F. – die Vorlage der Aktien zum Nachweis des Übergangs nicht mehr erforderlich. Damit wird die elektronische Registerführung und -aktualisierung erleichtert.

Weiter sind die Vorschriften über Namens- und Inhaberaktien in weitem Umfang angeglichen worden. So beträgt im Hinblick auf die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts die Anmeldefrist für die Inhaber von Namensaktien und die Frist für die Hinterlegung von Inhaberaktien jetzt einheitlich sieben Tage (§ 123 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 AktG n.F.). Ferner kann das Stimmrecht nun auch bei Namensaktien durch Kreditinstitute ausgeübt werden (§ 135 Abs. 1 AktG n.F.), und eine Stellvertretung "für den, den es angeht" ist ebenfalls möglich (§ 135 Abs. 4 S. 2 AktG n.F.). Schließlich wurde der alte § 135 Abs. 4 S. 3 AktG ersatzlos gestrichen. Daher ist künftig nicht mehr zwingend die Vollmachtsurkunde vorzulegen und zu verwahren. Vielmehr sind gemäß § 135 Abs. 4 S. 3 AktG n. F. sowohl bei Inhaberaktien als auch bei Namensaktien zum Nachweis der Stimmberechtigung nur noch die jeweiligen Satzungserfordernisse einzuhalten. Das gilt gleichermaßen bei einem Auftreten im Namen des Aktionärs wie bei einer Vertretung für den, den es angeht.

III. Regelungen zur Öffnung des Aktienrechts für neue Medien

Die Beschlußfassung durch den Aufsichtsrat wird vereinfacht. Neben fernmündlichen sind künftig auch andere vergleichbare Formen der Beschlußfassung zulässig. Damit wird etwa auch die Abhaltung von Videokonferenzen ermöglicht. Die Zulässigkeit derartiger Formen der Beschlußfassung kann künftig in der Satzung oder Geschäftsordnung des Aufsichtsrats geregelt werden (§ 108 Abs. 4 AktG n.F.). In diesem Fall müssen nicht mehr alle Aufsichtsratsmitglieder im betreffenden Einzelfall mit diesem Verfahren einverstanden sein.

Durch die Änderung des Wortlauts von § 125 Abs. 2 AktG ("machen" statt "übersenden") wird klargestellt, daß die nach § 125 Abs. 1 AktG erforderlichen Mitteilungen an Aktionäre im Rahmen der Einberufung der Hauptversammlung (insbesondere hinsichtlich der Tagesordnung, der Anträge etc.) nicht zwingend mit der Post erfolgen müssen, sondern etwa auch durch e-Mail erfolgen können. Nach § 128 Abs. 2 S. 5 AktG n.F. ist den Aktionären die Erteilung von Weisungen an Kreditinstitute für die Stimmrechtsausübung zu erleichtern. Außer auf den schon bisher erwähnten Formblättern dürfen die Weisungen jetzt auch auf einem Bildschirmformular erfolgen. Dieses kann etwa auf der Homepage der Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden.

Für die Bevollmächtigung von Kreditinstituten zur Stimmrechtsausübung ist künftig keine gesetzliche Form mehr vorgeschrieben (§ 135 Abs. 1 S. 1 AktG n.F.). Insbesondere die grenzüberschreitende Bevollmächtigung, etwa durch elektronische Vollmachten, wird dadurch erheblich vereinfacht. Darüber hinaus ist die Geltungsdauer der Vollmacht künftig nicht mehr wie bisher auf längstens 15 Monate beschränkt. Allerdings muß der Aktionär jährlich auf die jederzeitige Möglichkeit des Widerrufs und auf andere Vertretungsmöglichkeiten hingewiesen werden (§ 135 Abs. 2 AktG n.F.). Überhaupt müssen Stimmrechtsvollmachten jetzt nur noch dann schriftlich erteilt werden, wenn die Satzung insoweit keine Erleichterung vorsieht (§ 134 Abs. 3 S. 2 AktG n.F.). Eine bedeutende Änderung findet sich darüber hinaus im neuen § 134 Abs. 3 S. 3 AktG. Dort ist geregelt, daß künftig auch von der Gesellschaft benannte Stimmrechtsvertreter bevollmächtigt werden können. Dieses sog. Proxy-Stimmrecht wurde – anders als im US-amerikanischen Recht – in Deutschland bislang überwiegend für unzulässig gehalten.

IV. Fazit

Das NaStraG trägt der gestiegenen Bedeutung der Namensaktie Rechnung. Insbesondere hat der Gesetzgeber die Vorschriften über Namens- und Inhaberaktien in vielen Punkten einander angeglichen. Dadurch wird freier Wettbewerb für die Wahl der jeweils bevorzugten Aktienform geschaffen. Weiter hat er das Aktienrecht für neue Medien geöffnet. Zahlreiche, für sich gesehen kleinere Änderungen ermöglichen in ihrer Summe den Einstieg der Aktiengesellschaft in das Internetzeitalter. Wie viele Aktiengesellschaften hiervon Gebrauch machen und wie schnell sie das tun, bleibt abzuwarten. Das Aktienrecht ist bereit.
 
 
 

* Sozietät GAEDERTZ, Frankfurt a. M.
 
 
 

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