Marcel Grobys,
Rechtsanwalt, München*

Steuerrechtliche Neuerungen bei der Nutzung moderner Kommunikationsmittel im Arbeitsverhältnis

Die Schröder-Regierung bricht ins Internet-Zeitalter auf! Rückwirkend für den Veranlagungszeitraum 2000 sind zu Beginn des Jahres verschiedene Änderungen des Einkommensteuerrechts in Kraft getreten, die Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanzielle Vorteile im Zusammenhang mit der Bereitstellung und Nutzung bestimmter Kommunikationsmittel gewähren. Der Gesetzgeber fördert und subventioniert damit gezielt den Einsatz moderner Technik im Arbeitsverhältnis und eröffnet den Parteien Spielräume bei Vergütungsvereinbarungen. Der von Fachleuten und Wirtschaft viel kritisierte "Surf-Erlaß" v. 24.5.2000 (BStBl. I 2000, 613) ist damit hinfällig. Darin hatte die Regierung noch umfangreiche Aufzeichnungs- und Nachweispflichten im Zusammenhang mit der privaten Nutzung betrieblicher Telekommunikationsmittel am Arbeitsplatz vorgesehen (dazu Seifert, INF 2000, 426 ff.). Die darauf einsetzenden massiven Proteste der Öffentlichkeit und von Datenschützern führten schließlich zu einer steuerpolitischen Kehrtwende: das ursprüngliche Vorhaben, die Erfassung und Besteuerung privater Vorteile des Arbeitnehmers aus der Internetnutzung zu verschärfen, wurde zugunsten von weitreichenden Steuerbefreiungen und -vergünstigungen aufgegeben (Handelsblatt v. 18.9.2000). In zwei ungewöhnlichen Gesetzesvorhaben erweiterte der Gesetzgeber den Katalog steuerfreier Einnahmen (vgl. § 3 Nr. 45 EStG, eingeführt durch Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 v. 20.12.2000, BGBl. I 2000, 1850) sowie die Vorschriften zur Pauschalierung der Lohnsteuer in besonderen Fällen (vgl. § 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG, eingeführt durch Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes v. 21.12.2000, BGBl. I 2000, 1857). Der umstrittene Surf-Erlaß wurde mit BMF-Schreiben v. 16.10.2000 (BStBl. I 2000, 1421) aufgehoben. Im Hinblick auf eine einheitliche Umsetzung in der betrieblichen Praxis ist mit einem eigenen Rundschreiben für die Anwendung der neuen Einkommensteuervorschriften zu rechnen, die zahlreiche Zweifelsfragen aufwerfen.

Betriebliche Kommunikationsmittel

Gemäß § 3 Nr. 45 EStG sind "die Vorteile des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzung von betrieblichen Personalcomputern und Telekommunikationsgeräten" steuerfrei. Zu den Personalcomputern sind sicher auch Peripheriegeräte wie Drucker und Scanner zu zählen. Nach richtiger aber umstrittener Auffassung ist auch der Begriff Telekommunikationsgerät weit auszulegen. Darunter fallen demnach z.B. Festnetztelefone, Faxgeräte und Handys (ebenso Harder-Buschner, NWB, Fach 6, S. 4207 [4208]; s. auch Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/4626, S. 6). Die Steuerfreiheit betrifft nicht nur Vorteile aus der Zurverfügungstellung der Geräte selbst, sondern auch Verbindungsentgelte. Unerheblich ist, ob sich das Gerät im Besitz des Arbeitgebers oder – wie beim Telearbeitsplatz – im Besitz des Arbeitnehmers befindet (vgl. Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/4626, S. 6). Es muß sich lediglich um Eigentum des Arbeitgebers handeln, das als Betriebsvermögen bilanziert wird. Wenn in ersten Stellungnahmen die Auffassung vertreten wird, daß die Vorschrift nur solche Geräte privilegiere, die dem Arbeitnehmer eine Internutzung ermöglichen (z.B. WAP-Handys; so Fischer, DStR 2001, 201), kann dem nicht gefolgt werden. Eine solche Auslegung widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Sie übersieht zudem, daß die Einführung der Steuerfreiheit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Aufhebung des "Surf-Erlasses" zu sehen ist, der gerade auch für die Privatnutzung herkömmlicher Telefon-/Telefaxgeräte eine verschärfte Besteuerung vorsah. Auch die Gesetzesbegründung stellt entscheidend auf den mit der Vorschrift bezweckten Vereinfachungseffekt ab (Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/4626, S. 6). Es wäre dagegen nicht gerechtfertigt, alleine die Verbindungsentgelte bestimmter Mobiltelefone steuerfrei zu stellen. Der Gesetzgeber würde damit in unzulässiger Weise in den Wettbewerb am Mobilfunkmarkt eingreifen. Bis zu einer vorläufigen Klärung der Frage durch die Finanzbehörden verbleibt allerdings eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Fraglich ist weiterhin, welchem Personenkreis der Arbeitgeber die steuerprivilegierten Kommunikationsmittel zur Verfügung stellen darf. Der Gesetzeswortlaut "betrieblich" läßt insoweit vermuten, daß das Gerät nicht nur im Eigentum des Arbeitgebers stehen, sondern dem Arbeitnehmer jedenfalls auch im betrieblichen Interesse überlassen werden muß. Bei Festnetzanschlüssen des Arbeitgebers ist dies unproblematisch. Darf aber ein Unternehmen künftig allen seinen Beschäftigten zu Weihnachten ein Handy spendieren? Auch hier werden die Hinweise des BMF zu einer Klärung der Rechtslage beitragen müssen.

Soweit man die Steuerfreiheit bejaht, unterliegen entsprechende Vorteile nicht der Sozialversicherungspflicht (§ 1 ArbeitsentgeltVO). Der Gesetzgeber hat aber offensichtlich übersehen, daß die Vorteile aus der Privatnutzung gemäß § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG umsatzsteuerpflichtig sein können. Dadurch würde eine getrennte Erfassung von betrieblichem und privatem Gebrauch erforderlich, die mit der Gesetzesänderung gerade vermieden werden soll. Aus diesem Grunde liegt bereits ein Antrag der Wirtschaftsverbände beim BMF zur Harmonisierung der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften vor (Handelsblatt v. 28.2.2001).

Kommunikationsmittel des Arbeitnehmers

Unklar sind auch Bedeutung und Reichweite von § 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG. Danach kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer pauschal mit 25 % erheben, wenn er seinen Arbeitnehmern zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn unentgeltlich oder verbilligt Personalcomputer (einschließlich Zubehör und Internetzugang) übereignet. Das gleiche gilt für Zuschüsse, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu seinen Aufwendungen für die Internetnutzung zahlt. Im Gegensatz zu § 3 Nr. 45 EStG setzt die Vorschrift voraus, daß die betroffenen Geräte in das Eigentum des Arbeitnehmers übergehen bzw. der bezuschußte Telefonanschluß vom Arbeitnehmer selbst unterhalten wird. Als zuschußfähige Nutzungsart definiert das Gesetz lediglich die "Internetnutzung". Damit scheiden pauschalversteuerte (und sozialversicherungsfreie, vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 ArbeitsentgeltVO) Zuschüsse zu sonstigen Verbindungsentgelten aus. Da ein steuerprivilegierter Zuschuß die Höhe der tatsächlichen Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Internetnutzung nicht übersteigen darf, entsteht insoweit ein Dokumentationsbedarf, der die bezweckte Vereinfachung im Ergebnis wieder aufhebt. Daneben stellt sich die Frage, ob die Vorschrift auch Zuschüsse erfaßt, die der Herstellung eines Internetzugangs dienen. Unklar ist auch, wie ein Anschluß zu behandeln ist, den der Arbeitgeber auf eigene Rechnung (für den Arbeitnehmer) einrichten läßt. Handelt es sich hierbei um die vom Gesetz erwähnte "Übereignung von Internetzugang"? Die Gesetzesbegründung ist unergiebig, da sie sich praktisch in einer bloßen Wiederholung des Gesetzeswortlauts erschöpft (Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 14/4921, S. 50 f.) Auch hier wird daher das BMF für die notwendige Klarheit sorgen müssen.

Arbeitsrechtliche Aspekte

Das Steuerrecht läßt den Inhalt des Arbeitsvertrags grundsätzlich unberührt. Aus den neuen Vorschriften folgt daher kein Anspruch des Arbeitnehmers, Kommunikationsmittel seines Arbeitgebers auch für private Zwecke nutzen zu dürfen. Der Arbeitgeber kann insbesondere die Privatnutzung ohne seine vorherige Zustimmung vertraglich vollständig ausschließen und ein entsprechendes Verbot auch kontrollieren. Abgesehen von Ausnahmefällen (z.B. Anruf beim Notarzt) hat ein Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine Förderung seiner Privatinteressen im Arbeitsverhältnis. Die neuen Steuervorschriften enthalten auch keine Bestimmung darüber, wer bei einer erlaubten Privatnutzung die Kosten des privaten Gebrauchs zu tragen hat. Es ist daher denkbar, daß sich der Arbeitgeber einen Rückgriff für Verbindungsentgelte, die auf den privaten Gebrauch von Internet, Telefon oder Telefax entfallen, beim Arbeitnehmer vorbehält. Dies wird freilich der Intention der neuen Gesetze nicht gerecht, da der Arbeitgeber in einem solchen Fall Aufzeichnungen führen und seine Beschäftigten unter Umständen mit erheblichem administrativem Aufwand kontrollieren muß. Der Reiz der Neuregelung liegt gerade darin, daß Unternehmen künftig Einmalkosten, die mit der Anschaffung steuerlich förderungsfähiger Kommunikationsmittel verbunden sind, faktisch in steuer- und sozialversicherungsfreie Gehaltssteigerungen ihrer Beschäftigten in Höhe des geldwerten Vorteils einer (erlaubten) Privatnutzung umsetzen können. Im Falle von § 40 Abs. 2 Nr. 5 EStG ist eine Umwandlung des laufenden Gehalts in pauschalversteuerte Zuschüsse allerdings nicht möglich, da solche Zuschüsse nach dem Gesetzeswortlaut "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erbracht werden müssen (vgl. dazu Thomas, DStR 1997, 1841 [1842]).

Ausblick

Mit ihrem unerwarteten steuerrechtlichen Vorstoß kommt die Bundesregierung den Bedürfnissen der modernen Arbeitswelt entgegen. Sie trägt damit der Bedeutung neuer Formen von Technik und Kommunikation in unserer Gesellschaft Rechnung. Ein bitterer Beigeschmack verbleibt dennoch. Die Neuregelung ist nicht eingebettet in ein Gesamtkonzept zur Modernisierung und Entbürokratisierung der Arbeitswelt, sie kam vielmehr nur sporadisch und auf Druck der Öffentlichkeit zustande. Ebenso wie einigen anderen Gesetzesvorhaben der Schröder-Regierung (vgl. zum Teilzeit- und Befristungsgesetz etwa Grobys, INF 2001, 113 ff.) haften ihr vermeidbare handwerkliche Mängel an. Die zur Zeit geführte Diskussion um eine Reform des Betriebsverfassungsrechts macht deutlich, daß ein Weitblick der politisch Verantwortlichen für wirtschaftliche Impulse noch fehlt. Es bleibt zu hoffen, daß die erwarteten Hinweise des BMF eine praxisgerechte und einfache Handhabung der Neuregelung ermöglichen.
 

* Lovells Boesebeck Droste.

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