Dipl.-Kfm. Richard Hempe,
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater,
Dachau

"KapCoRiLiG": Beim GmbH-Jahresabschluß 1999 an die Offenlegung denken

Nun ist es also -- endlich -- in Kraft getreten: Das Kapitalgesellschaften- und Co-Richtlinie-Gesetz (KapCoRiLiG) wurde am 4.2.2000 vom Bundesrat gebilligt und am 8.3.2000 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I 2000, 154) veröffentlicht. Daß dieses Gesetz teilweise erst weit nach Ende des Jahres 1999 in Kraft tritt, für das es erstmals anzuwenden ist und für das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens schon eine ganze Reihe von Jahresabschlüssen aufgestellt und testiert sind, zeigt in bedauerlicher Weise das Übergreifen der steuerlich bereits wohlbekannten "Hau-Ruck-Gesetzgebung" auf das Handelsrecht. Auch inhaltlich ist es sicher kein Glanzpunkt deutscher Gesetzgebung, wenn die Gesetzesvorlage nach fast zehnjähriger Diskussion mit der EG-Kommission in der letzten Bundestagssitzung vor Weihnachten nochmals "mit heißer Nadel" nachgebessert werden muß, weil die Länder berechtigterweise gravierende Konstruktionsmängel reklamieren. Den dankenswerten Beitrag des Föderalismus in diesem Fall, aber auch grundsätzliche Qualitätsanforderungen an die Gesetzgebung zeigt der Beitrag von NRW-Justizminister Jochen Dieckmann (GmbHR 2000, 353 -- in diesem Heft). Allerdings sollten wir über alle Diskussionen zum Gesetzgebungsverfahren des KapCoRiLiG hinweg den Blick nun nach vorne wenden, denn es drängt -- gerade wegen der vorher aufgezeigten Rückwirkung -- die Zeit, sich mit den praktischen Konsequenzen der im KapCoRiLiG neugeregelten Offenlegung auseinanderzusetzen.

Das Risiko, offenlegen zu müssen, ist hoch

Die GmbH-Jahresabschlüsse zum 31.12.1999, die sich derzeit gerade im Entstehen befinden, fallen erstmals ausnahmslos unter die neuen Offenlegungsbestimmungen (für GmbH & Co. KG kommen die Bestimmungen erst ein Jahr später erstmals zur Anwendung, d.h. für alle nach dem 31.12.1999 beginnenden Geschäftsjahre, Art. 48 Abs. 1 EGHBG i.d.F. des KapCoRiLiG). Nachdem ohne Antrag einer dritten Person die Registergerichte die Offenlegung nicht durch Androhung eines Ordnungsgeldes "einfordern" können, werden diejenigen, die bis jetzt nicht freiwillig offengelegt haben, dies -- zunächst einmal -- wohl auch in Zukunft nicht freiwillig in Betracht ziehen. Allerdings dürfte durch die neuen Ordnungsgeldvorschriften nunmehr das "Risiko", seinen Jahresabschluß beim Handelsregister einreichen zu müssen, eine ganz beträchtliche Größenordnung erreicht haben. Zum einen warten zahlreiche Auskunfteien bereits seit langem auf diesen Tag, an dem sie sich verläßliche Unternehmensdaten nicht mehr auf mühsamen Umwegen beschaffen müssen, sondern diese Daten kostengünstig und komfortabel per Post beim Registergericht anfordern können. Zum anderen hat auch bereits eine Reihe von mittelständischen Unternehmen, die selbst von der Offenlegung betroffen sind und sich damit auseinandersetzen, die Kehrseite der Offenlegungspflicht entdeckt, nämlich die Möglichkeit, sich die Zahlen der Wettbewerber beschaffen zu können. Nimmt man als grundsätzlich am Unternehmensgeschehen Interessierte auch noch bestimmte Kunden und Lieferanten sowie -- nicht zu vergessen -- die Mitarbeiter hinzu, so kann sich kaum ein GmbH-Unternehmen mehr sicher sein, nicht ab Anfang 2001 -- nach Ablauf der nunmehr einheitlichen zwölfmonatigen Offenlegungsfrist -- eine mit einer Ordnungsgeldandrohung verbundene Offenlegungsaufforderung vom Registergericht zu erhalten.

Dabei lassen sich insbesondere bei kleinen, aber auch bei mittelgroßen Gesellschaften die letztendlich offenzulegenden Unternehmensdaten zumindest auf ein Mindestmaß reduzieren: Das HGB räumt diesen Unternehmen eine Reihe von Aufstellungs- und Offenlegungserleichterungen ein, die bislang nur selten konsequent genutzt werden. Das Wissen um diese Möglichkeiten -- beispielhaft sei hier nur die Befreiung der kleinen GmbH genannt, die GuV offenzulegen oder die Möglichkeit der mittelgroßen GmbH, Umsatz, Bestandsveränderung, sonstige betriebliche Erträge und Materialaufwand zu einem GuV-Posten "Rohertrag" zusammenzufassen -- ist allerdings vielfach selbst auf Beraterseite nur eingeschränkt vorhanden, da es bisher einfach nicht benötigt wurde.

Vorbeugen schon bei Aufstellung der "Jahresabschlüsse 1999"

Offenlegungsaufforderungen für die "Jahresabschlüsse 1999", d.h. für die nach dem 31.12.1998 beginnenden Geschäftsjahre, werden den Unternehmen wegen der nunmehr zwölfmonatigen Offenlegungsfrist frühestens Anfang 2001 zugehen, je nachdem, wie sich die Abwicklung des Offenlegungsverfahrens in der Praxis gestalten wird. In jedem Fall müssen zu diesem Zeitpunkt bei den betroffenen Unternehmen die Jahresabschlußarbeiten 1999 längst abgeschlossen sein. Wenn dann die Offenlegungsunterlagen erst aufbereitet werden müssen -- gerade der Anhang enthält vielfach auf der einen Seite zu viele Angaben, auf der anderen Seite fehlen Pflichtangaben --, erfordert das erheblichen Zusatzaufwand, einschließlich der erneuten Hinzuziehung des beteiligten Beraters; bei prüfungspflichtigen Gesellschaften kommen u.U. weitere Probleme hinzu, wenn der testierte Anhang eigentlich nicht offenlegungspflichtige Daten enthält, die nicht unter Nutzung der Offenlegungserleichterungen weggelassen werden können. In diesen Fällen besteht dann die große Gefahr, daß in der vom Registergericht gesetzten 6-Wochen-Frist einfach der vorhandene, für Offenlegungszwecke nicht vorgesehene Jahresabschluß 1999 an das Registergericht gegeben wird und dadurch vielfach Informationen offengelegt werden, die eigentlich gar nicht offenlegungspflichtig sind. Gerade kleine und mittelgroße Gesellschaften sollten in Hinblick auf die Unsicherheiten der erstmaligen Offenlegung deshalb bereits jetzt bei der Jahresabschlußerstellung 1999 die Ausarbeitung eines speziellen Offenlegungsexemplars des Jahresabschlusses in Betracht ziehen, so daß man die Tragweite der Offenlegung absehen und einer möglichen Aufforderung des Registergerichts gelassen entgegensehen kann. Man sollte dies auch insbesondere unter dem Aspekt bedenken, daß einmal zum Handelsregister eingereichte Informationen für jeden beliebigen Interessenten leicht zugreifbar und dort auch nie wieder wegzubekommen sind. Erfahrungen aus anderen EU-Ländern, insbesondere Frankreich, lassen weiterhin erwarten, daß Auskunfteien versuchen werden, sich flächendeckend Jahresabschlüsse zu beschaffen, diese standardisiert auszuwerten und an potentielle Interessenten zu verkaufen. Zudem ist damit zu rechnen, daß möglicherweise in nicht allzu ferner Zukunft die Registerbehörden die Jahresabschlußunterlagen in maschinenlesbarer Form verlangen werden und sie dann eventuell auch für einen elektronischen Zugriff wieder zur Verfügung stellen, der geänderte § 8 a HGB hat hierfür zumindest eine Grundlage geschaffen. Auch unter diesem Aspekt sollte man sich von Anfang an überlegen, was man zum Handelsregister einreicht, da insbesondere bei intensiveren Recherchen immer zuerst auf das Handelsregister und dabei gerne auch auf ältere Informationen zurückgegriffen wird.

Sicherlich wird sich erst im Laufe der Zeit erweisen, in welchem Umfang Anträge auf Offenlegung gestellt werden und welche Folgen die neue Offenlegung bringen wird. Nachdem die Zahl der potentiellen Interessenten ganz erheblich ist und zudem Daten mit modernen Informationstechniken (CD, Internet) rasch aufbereitet und weiträumig verbreitet werden können, erscheint rechtzeitige Vorsorge unbedingt geraten.


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