Stephan Ziegler,
Dipl.-Rechtspfleger, Göppingen

Die Liste der GmbH-Gesellschafter -- ein Stiefkind im Registerwesen

Hinsichtlich der Gesellschafterlisten nach § 40 GmbHG gab es schon immer erhebliche Schwierigkeiten, insbesondere was den Zeitpunkt der Einreichung betrifft. Im Interesse des Ansehens der Registergerichte und aus Gründen der Rechtssicherheit sollen an dieser Stelle diese Probleme aufgezeigt werden, um ggf. Abhilfe zu schaffen.

Maßgebliche Vorschriften

Nach § 40 a. F. GmbHG hatte die Einreichung der Liste zu dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Jahresabschluß zum Handelsregister einzureichen ist (dazu §§ 325, 326 HGB). Sind Veränderungen nicht eingetreten, genügte eine entsprechende Erklärung. Sachlich hatte die Liste dem Stand am Tage der Absendung zu entsprechen (allg. M.), auch bei verspäteter Absendung, dann aber unter zusätzlicher Angabe inzwischen eingetretener Veränderungen (Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 40 Rn. 7 m.w.N.; Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 40 Rn. 4 m.w.N.).

Das Gebot des § 40 a. F. GmbHG war nach § 14 HGB durchsetzbar, auch wenn die Einreichung des Jahresabschlusses nur sehr eingeschränkt erzwungen werden konnte (Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 40 Rn. 2; Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 40 Rn. 9 m.w.N.; Ziegler, Rpfl. 1987, 354).

Durch das Handelsrechtsreformgesetz v. 26.6.1998 (BGBl. I 1998, 1474) ist u.a. § 40 a. F. GmbHG mit Wirkung vom 1.1.1999 neu gefaßt worden. Danach haben die Geschäftsführer nach jeder Veränderung im Personenkreis der Gesellschafter oder aber der Höhe ihrer Beteiligungen eine von ihnen unterzeichnete (Gesamt-)Liste unter Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum, Wohnort und Stammeinlage(n) zum Handelsregister einzureichen (§ 40 Abs. 1 S. 1 GmbHG). Notare, die einen Vertrag nach § 15 Abs. 3 GmbHG (Abtretung von Geschäftsanteilen als dingliches Rechtsgeschäft) beurkunden, haben nur diese dem Registergericht anzuzeigen (§ 40 Abs. 1 S. 2 GmbHG). Dagegen besteht keine Pflicht zur Angabe aller Gesellschafter mit ihren Beteiligungen. Bei Pflichtverletzung der Geschäftsführer besteht Haftung für Gläubiger der Gesellschaft für den daraus entstehenden Schaden (§ 40 Abs. 2 GmbHG).

Kritik

1. Zu § 40 a. F. GmbHG: Obwohl in den letzten Jahren Jahresabschlüsse mangels geeigneter Zwangsmittel nur noch in geringem Umfang eingereicht wurden, waren die Registergerichte trotzdem vielfach nicht in der Lage, für eine rechtzeitige Einreichung der Gesellschafterlisten Sorge zu tragen, entweder aus personellen Gründen oder mangels EDV-Einrichtungen. So waren und sind immer noch Listen nach altem Recht rückständig, z.T. bei kleineren und mittleren Firmen seit mehreren Jahren. Diese werden dann erst zusammen mit der Bearbeitung von Anmeldungen zum Register angefordert. Dadurch trat aber eine erhebliche Rechtsunsicherheit ein.

2. Zu § 40 n. F. GmbHG: Seit Inkrafttreten dieser Vorschrift ist die Situation auch nicht viel anders. So fehlen nach wie vor viele Listen nach der alten Vorschrift, auch wird die Änderung in § 40 GmbHG nicht im erforderlichen Umfang beachtet oder unterschiedlich beurteilt. Selbst bei den Notaren hat sich die Gesetzesänderung nach über einem Jahr noch nicht allgemein durchgesetzt. Diese mißliche Situation dürfte sich auch künftig nicht wesentlich ändern, zumal durch das "KapCoRiLiG" nunmehr auch die Offenlegung von Jahresabschlüssen erzwungen werden kann. Das wird nämlich zur Folge haben, daß u. U. weitere personelle Engpässe eintreten werden. Schließlich wird die Einrichtung der EDV nur zaghaft gestartet, wohl aus finanziellen Gründen.

Zwangsgeld-Mahnungen

Bislang war das Zwangsgeldverfahren, wie oben ausgeführt, ohne weitere Probleme. Nach einer stichprobenweise Umfrage gibt es aber zu diesem Punkt zwei widersprüchliche Meinungen:

Die eine Seite beruft sich auf § 40 Abs. 2 GmbHG, wonach Geschäftsführer bei Pflichtverletzung haften, wenn durch die fehlende Liste ein Schaden eintritt. Folglich bräuchte die Liste auch bei Kenntnis von erfolgten Abtretungen nicht angefordert zu werden oder Zwangsgeld erfolgen, zumal diese Sanktion diesen Umstand überlagere.

Überwiegend wird aber die Meinung vertreten, daß nach Kenntnis von Geschäftsanteilsabtretungen ohne weiteres die Listen anzufordern sind, ggf. mittels Zwangsgeld. Hinsichtlich der Möglichkeit von Zwangsgeld seien keine Änderungen eingetreten.

Ich vertrete die Auffassung, daß letzterer Meinung beizutreten ist. Schon nach bisheriger überwiegender Meinung war § 40 GmbHG Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Gläubiger (Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 40 Rn.10 m.w.N. [str.]). Und wenn jetzt die Haftung zur Klarstellung in § 40 Abs. 2 GmbHG festgeschrieben ist, so ändert dies nichts an der Tatsache, daß Zwangsgeld nach § 14 HGB weiterhin möglich ist. Gegenteilige gesetzliche Bestimmungen fehlen. Somit kann es keinerlei Bedenken geben, nach erfolgter Anzeige des Notars über Abtretungen sofort oder nach kurzer Zeit die Liste anzufordern. Ob die Gesellschafter einen Anspruch auf eine richtige Liste haben, ist umstritten, aber wohl zu bejahen (Rowedder/Koppensteiner, GmbHG, 3. Aufl., § 40 Rn. 5 m.w.N.).

Fazit mit Vorschlägen

Zusammenfassend erachte ich die Gesellschafterliste nach wie vor als ein Stiefkind im Registerwesen, wenn nicht dafür gesorgt wird, daß die nach altem Recht rückständigen Listen angemahnt werden, notfalls mittels Zwangsgeld. Dann könnte nämlich gem. der neuen Vorschrift darauf aufgebaut werden. Davon könnte allerdings Abstand genommen werden, wenn eine Gesamtliste vorliegt. Zudem sind nach meinen Überlegungen bei Kenntnis von Abtretungen umgehend Listen anzufordern, ggf. mittels Zwangsgeld. Es kann doch nicht richtig sein, bei Anforderung einer Liste oder bei Einsicht in den Registersonderband Rechtssuchende mit einer veralteten Liste oder mit dem Hinweis auf die Haftung der Geschäftsführer abzuspeisen.

Bei der Neufassung des § 40 GmbHG konnten Notare nicht verpflichtet werden, zugleich für die Einreichung der Liste zu sorgen, denn die verpflichteten Geschäftsführer sind bekanntlich nicht immer bei Abtretungen zugegen, besonders nicht bei größeren Gesellschaften. So ist der Erwerb von Geschäftsanteilen unter Nachweis des Übergangs gem. § 16 GmbHG bei der Gesellschaft anzumelden. Anmeldeberechtigt sind Veräußerer und Erwerber, und zwar jeder für sich allein (Baumbach/Hueck, GmbHG, 15. Aufl., § 16 Rn. 5).

Allerdings könnten Notare durch entsprechende Hinweise auf die Verpflichtung zur Einreichung der Gesellschafterliste Hilfe leisten. Im Falle des Entwurfs wäre aber auf die Kostenfrage einzugehen.

Die Mitteilungen betr. die Abtretungen gehören in den Hauptband, denn in den Sonderband gehören nur alle zum Register eingereichten Schriftstücke, deren Einsicht jedermann gestattet ist (§ 24 AktO, § 9 Abs. 1 HGB; Keidel/Schmatz/Stöber, Reg.Recht, 5. Aufl., 1. Teil, III.5.). In Abtretungsurkunden sind nämlich oft Ausführungen über Kaufsumme und sonstige Nebenabreden enthalten, die nicht der Einsicht unterliegen. Im Hinblick auf eine Arbeitserleichterung wäre dann ein entspr. Vermerk auf der letzten Gesellschafterliste ratsam. Durch eine baldige Einführung der EDV könnte zudem die Bewältigung dieser Materie erheblich erleichtert werden. Schon 1985 gab es mangels Übergangsregelung zu § 40 GmbHG durch das BiRiLiG enorme Schwierigkeiten (BiRiLiG v. 19.12.1985, BGBl. I 1985, 2355, Art. 13 i.V.m. Art. 3; dazu insbesondere Ziegler, Rpfl. 1987, 354). Bleibt zu hoffen, daß die Rechtssicherheit künftig gestärkt wird, denn viele sind auf zeitgemäße Gesellschafterlisten dringend angewiesen, vor allem Banken, Sparkassen und Auskunfteien.

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