Gesellschafter: Abfindungsanspruch nach Austritt aus der GmbH aus wichtigem Grund

GmbHG § 2, § 30, § 34, § 45

1. Ein Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil nach seinem Austritt eingezogen wird, bleibt bis zur Zahlung des Abfindungsentgelts Gesellschafter der GmbH. Der Einziehungsbeschluß der GmbH steht unter der aufschiebenden Wirkung der Zahlung der Abfindung.

2. Das Austrittsrecht des Gesellschafters aus wichtigem Grund gehört zu den zwingenden unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten des GmbH-Gesellschafters.

3. Eine zum "körperschaftlichen Bereich" gehörende Regelung in der Satzung der GmbH ist einer normenähnlichen Auslegung zu unterziehen.

4. Ein GmbH-Gesellschafter, der durch mißbräuchliches Verhalten des Mehrheitsgesellschafters zum Austritt aus wichtigem Grund (außerordentliche Kündigung) veranlaßt worden ist, hat einen Abfindungsanspruch in Höhe des vollen wirtschaftlichen Werts seines Geschäftsanteils.

5. Zu den Voraussetzungen von Vergleichsverkäufen.

6. Der volle wirtschaftliche Wert eines Geschäftsanteils ist – jedenfalls bei einem florierenden Unternehmen – nach der Ertragswertmethode zu ermitteln. Zusätzlich ist das nicht betriebsnotwendige Vermögen zum Liquidationswert zu berücksichtigen.

7. Zur Rechtskraftwirkung einer kassatorischen Klage.

8. Durch eine unbezifferte, einem zulässigen Antrag in einer Stufenklage entsprechenden Mahnung gegenüber der auskunftspflichtigen Gesellschaft kann Verzug eintreten.*

OLG Köln, Urt. v. 26.3.1999 – 19 U 108/96
(nicht rechtskräftig)

Aus dem Tatbestand:

Die Bekl., die 1981 gegründet wurde, ist eine GmbH mit einem Stammkapital von 50.000 DM. Entsprechend dem Gegenstand ihres Unternehmens betreibt sie drei Ladengeschäfte in K, D und Do, in denen im Zusammenhang mit einem Haarwebverfahren Haarteile und Haarpflege für Damen und Herren angeboten werden. Daneben ist bzw. war die Bekl. Eigentümerin von Immobilien in H (bis 1993) und Kanada.

Der Kl. ist mit einem Geschäftsanteil von nominell 10.000 DM zu 20 % an der Bekl. beteiligt. Mehrheitsgesellschafterin der Bekl. zu 80 % ist die Fa. Sch. Beteiligungs-GmbH, mit der die Bekl. einen Beratungsvertrag abgeschlossen hat.

Der Kl. begehrte zum 31.12.1991 den Austritt aus der Gesellschaft; auf der Gesellschafterversammlung v. 14.9.1992 wurde dieses Austrittsbegehren seitens der Mehrheitsgesellschafterin sowie der Bekl. zum 31.12.1991 angenommen. Auf der Gesellschafterversammlung v. 8.3.1993 wurde mit den Stimmen der Mehrheitsgesellschafterin die Einziehung des Geschäftsanteils des Kl. beschlossen.

Dem Kl. wurde ein Abfindungsentgelt von 240.000 DM angeboten. Dieses Angebot wurde vom Kl. als zu gering mit der Begründung abgelehnt, sein Geschäftsanteil sei ein Mehrfaches dieses Betrags wert.

Durch Urt. v. 25.4.1996 ... hat das LG die Bekl. ... zur Zahlung von 880.000 DM ... verurteilt und festgestellt, daß der Kl. bis zur Zahlung des Abfindungsentgelts weiterhin Gesellschafter der Bekl. ist. ... Den Feststellungsausspruch hat es damit begründet, daß der Einziehungsbeschluß der Bekl. vom 8.3.1993 unter der aufschiebenden gesetzlichen Bedingung der Zahlung des Abfindungsentgelts – ohne Beeinträchtigung des Stammkapitals – stehe mit der Folge, daß die Gesellschafterstellung des Kl. bis zur vollständigen Bezahlung des Abfindungsentgelts bestehen bleibe. ...

Aus den Entscheidungsgründen:

Die ... Berufung der Bekl. hat in der Sache keinen Erfolg. Hingegen war auf die unselbständige Anschlußberufung des Kl. hin das landgerichtliche Urteil teilweise abzuändern und dem Kl. ... ein über 880.000 DM hinausgehender weiterer Abfindungsanspruch i.H.v. 898.737,22 DM ... zuzuerkennen.

I. Kein Verlust der Gesellschafterstellung vor Abfindung

Gegen die Feststellung des LG, der Kl. sei weiterhin Gesellschafter der Bekl., wendet sich die Bekl. vergeblich.

1. Der Senat verkennt nicht, daß die Frage, ob ein Gesellschafter nach infolge seines Austritts erfolgter Einziehung seines Geschäftsanteils weiterhin Gesellschafter bleibt, in der Lit. durchaus umstritten ist (vgl. z. B. einerseits Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 24 f., Anh. zu § 34 Rn. 22; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 12 und 45; Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 58; Scholz/Winter, aaO, § 15 Rn. 126; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn. 27 und Rn. 57; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 26; andererseits Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 60 f. und Anh. zu § 34 Rn. 57 ff. sowie Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn. 15 ff., 19 f.). Der BGH hat bislang die Frage der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses bei Streit über die Höhe der Abfindung im Falle des Austritts eines Gesellschafters nicht entschieden. Er bejaht allerdings die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses trotz Streits über die Höhe des Abfindungsentgelts im Falle der Ausschließung eines Gesellschafters (BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, NJW 1975, 1835 = GmbHR 1975, 227; v. 19.9.1977 – II ZR 11/76, NJW 1977, 2316 = GmbHR 1978, 131; v. 20.6.1983 – II ZR 237/82, NJW 1983, 2880 f. = GmbHR 1984, 74; v. 9.7.1990 – II ZR 194/89, NJW 1990, 2622 ff. = GmbHR 1990, 449; anders jedoch bei der Ausschließungsklage: BGH v. 1.4.1953 – II ZR 235/52, NJW 1953, 780 = GmbHR 1953, 72; s. auch Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 145 ff.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 12 m.w.N.).

2. Der Senat folgt der überwiegend in der Literatur vertretenen Ansicht, daß die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung der Abfindung ohne Verstoß gegen § 30 GmbHG steht. Die damit, wie auch der vorliegende Fall zeigt, u. U. sehr lang andauernde Rechtsunsicherheit auf Seiten der Gesellschaft muß zum Schutz des austretenden Gesellschafters hingenommen werden (so auch Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 12 m.w.N.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 12 und 45; Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 53 ff.). Andernfalls würde der ausscheidende Gesellschafter nicht nur seine Mitgliedschaft verlieren, sondern auch deren Vermögenswert gegen eine im Hinblick auf § 30 GmbHG unsichere Forderung gegen die Gesellschaft eintauschen.

Nach Ansicht des Senats rechtfertigt die Unterschiedlichkeit der schützenswerten Interessenlagen im Falle der Ausschließung eines Gesellschafters aufgrund entsprechender Satzungsbestimmung einerseits und des Austritts des Gesellschafters aus wichtigem Grund andererseits auch eine – teilweise – unterschiedliche Behandlung der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses (wobei allerdings der BGH v. 20.6.1983 – II ZR 237/82, NJW 1983, 2880 f. = GmbHR 1984, 74 gerade auch ausdrücklich darauf abstellt, daß in dem dort entschiedenen Fall keine Gefährdung des ausgeschlossenen Gesellschafters im Hinblick auf § 30 GmbHG bestand; zur Unterschiedlichkeit der Interessenlage s. auch BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, NJW 1975, 1835 = GmbHR 1975, 227). Im Fall der Ausschließung überwiegen – worauf der BGH mehrfach abgestellt hat (BGH, NJW 1973, 1606; NJW 1973, 651; BGH v. 19.9.1977 – II ZR 11/76, NJW 1977, 2316 = GmbHR 1978, 131) – die Interessen der Gesellschaft gegenüber denen des Gesellschafters, da ja nur in dessen Person liegende wichtige Umstände die Ausschließung zu rechtfertigen vermögen (s. dazu Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 134; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 3). Anders ist die Situation jedoch in einem Fall wie hier, in dem der Gesellschafter durch ein unzumutbares Verhalten der Mehrheitsgesellschafterin (s. dazu noch ausführlich unten II.1.a) zum Austritt aus wichtigem Grund veranlaßt worden ist (so auch BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, NJW 1975, 1835 [1837] = GmbHR 1975, 227). In einem solchen Fall steht es nach Ansicht des Senats außer Frage, daß die Interessen der Gesellschaft an schneller Rechtssicherheit über die Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses hinter den Interessen des ausscheidenden Gesellschafters an der Sicherung seiner gesellschafts- und vermögensrechtlichen Position zurücktreten müssen.

3. Auch die von Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn. 20 vertretene Ansicht, der Einziehungsbeschluß sei immer dann wirksam, wenn nur über die Höhe der Abfindung gestritten werde, im übrigen aber zwischen den Parteien gar nicht streitig sei, daß die vom Betroffenen verlangte Abfindung aus ungebundenem Vermögen aufgebracht werden könne, was bei vermögenden Gesellschaften regelmäßig der Fall sei, überzeugt demgegenüber nicht. Gerade angesichts der Dauer von Abfindungsstreitigkeiten kann die Gefahr des Verstoßes gegen § 30 GmbHG, die sich im Zeitpunkt der Beschlußfassung möglicherweise für keine Partei abgezeichnet hat, im Laufe des mehrjährigen Abfindungsrechtsstreits auch bei im Zeitpunkt der Beschlußfassung vermögenden Gesellschaften eintreten –  diesen Fall aber bedarf der ausscheidende Gesellschafter des Schutzes, der ihm nur durch die Bindung der Wirksamkeit des Einziehungsbeschlusses an die Zahlung des Abfindungsentgelts ohne Beeinträchtigung des § 30 GmbHG garantiert werden kann.

Auch die von Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 61 bevorzugte Annahme einer auflösenden statt einer aufschiebenden Bedingung vermag letztlich nicht zu überzeugen. Zwar ist zuzugeben, daß für die Annahme einer auflösenden Bedingung sprechen könnte, daß sie sich nur im Falle des tatsächlichen Scheiterns der Abfindung an § 30 GmbHG auswirken würde, während der aufschiebenden Bedingung die Einziehungsbeschlüsse selbst dann unterliegen, wenn die – gemessen an § 30 GmbHG – wirksame Abfindung im Zeitpunkt der Beschlußfassung gesichert erscheint. Diesem praktischen Vorteil stehen jedoch die wesentlich schwerer wiegenden Rückabwicklungsprobleme beim Eintritt der auflösenden Bedingung gegenüber, die eine im Vergleich zu den Folgen der aufschiebenden Bedingung noch deutlich größere Rechtsunsicherheit bedingen (so auch ausführlich Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 56; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 24 a).

II. Abfindungszahlung nach Ertragswertmethode

Dem Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung i.H.v. insgesamt 1.778.737,22 DM zu. Dieser Betrag entspricht dem nach der Ertragwertmethode ermittelten, seinem Geschäftsanteil zukommenden quotalen Anteil am Unternehmenswert der Bekl. zuzüglich eines quotalen Anteils an einem Teil des nicht betriebsnotwendigen Vermögens.

1. Vergeblich wendet sich die Bekl. in der Berufungsinstanz unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags gegen die Anwendbarkeit der Ertragswertmethode und die Ermittlung des vollen wirtschaftlichen Werts des Geschäftsanteils des Kl. Die Regelung in § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags ist hier nämlich nach Ansicht des Senats nicht einschlägig, da dort nur der Abfindungsmaßstab für den Fall der Einziehung eines Geschäftsanteils mit Zustimmung des Gesellschafters bzw. im Falle der Zwangseinziehung geregelt ist. Hier geht es aber um die Höhe des Abfindungsentgelts nach einer im Anschluß an den Austritt des Gesellschafters erfolgten Einziehung. Dieser Fall, d.h. der Austritt und seine Folgen, sind im § 7 Abs. 4 ist auf diesen Fall auch nicht entsprechend anwendbar.

a) Nach völlig h. A. ist das Austrittsrecht des Gesellschafters aus wichtigem Grund ein dem GmbH-Recht innewohnendes, lediglich gesetzlich nicht geregeltes Recht (s. zu den Nachw. der h. M. Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 1; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 44). Der BGH (v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, NJW 1992, 892 = GmbHR 1992, 257) zählt das Recht des Gesellschafters bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus der Gesellschaft auszutreten, zu seinen zwingenden unverzichtbaren Mitgliedschaftsrechten. Hingegen ist dem GmbH-Recht ein ordentliches Kündigungsrecht des Gesellschafters ohne entsprechende satzungsrechtliche Regelung fremd (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 46 m.w.N.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 17 m.w.N.; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 13).

Der zum Austritt berechtigende wichtige Grund kann einerseits in der Person des betreffenden Gesellschafters oder in den Verhältnissen der Gesellschaft, andererseits aber auch im Verhalten der Mitgesellschafter, insb. der Mehrheit, liegen (s. dazu mit Beispielen Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 6 ff.). Nach Ansicht des Senats steht außer Frage, daß vorliegend das Verhalten der Mehrheitsgesellschafterin der Bekl. den Kl. – seiner Darstellung entsprechend – zur Kündigung/Austritt aus wichtigem Grund veranlaßt und berechtigt hat. Diese hat ohne Rücksicht auf die vermögensrechtlichen Belange des Kl. ihre eigenen Interessen durchgesetzt, indem sie z. B. ohne wirtschaftliche Notwendigkeit – was die insoweit erfolgreichen Anfechtungsklagen des Kl. belegen – durch Thesaurierungsbeschlüsse versucht hat, den Kl. als Minderheitsgesellschafter "auszuhungern", sich gegen dessen Interessen geweigert hat, einen überhöhten (s. dazu unten II.2.b), daher die Gewinnansprüche des Kl. schmälernden Beratungsvertrag, dessen Honorar allein ihrem Geschäftsführer (GF) zugute kam, zu kündigen bzw. anzupassen, und Darlehen zu ungewöhnlich niedrigen Zinsen (5 % !) und zudem ohne jede Sicherheit in ihrem alleinigen Interesse, nämlich an ihren GF, bewilligt hat. Dieser eindeutige Mißbrauch der Mehrheitsmacht berechtigte den Kl. zum Austritt aus wichtigem Grund (s. auch Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 52; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 16; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 119 m.w.N.).

b) Der Austritt des Gesellschafters vollzieht sich nach h. A. in der Lit. (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 55 f.; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 22 ff.; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn. 57; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 45), soweit er – wie hier – satzungsmäßig nicht geregelt ist, in zwei Schritten:

Zunächst erklärt der Gesellschafter gegenüber der GmbH den Austritt. Hierbei handelt es sich um eine einseitig empfangsbedürftige Willenserklärung (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 55; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 22). Die Austrittserklärung führt als solche nicht zum Ausscheiden des Gesellschafters. Die Wirkung der Austrittserklärung besteht vielmehr darin, dem Austrittsberechtigten einen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft zu gewähren. Zug-um-Zug gegen Zahlung der Abfindung steht der Gesellschaft sodann das Recht zu, nach ihrer Wahl den Anteil des Austrittsberechtigten einzuziehen oder dessen Abtretung zu verlangen (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 56; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 22; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl., § 34 Rn. 57 m.w.N.). Der Abfindungsanspruch des austretenden Gesellschafters wird dabei nach allgemeiner Ansicht, soweit keine abweichende Satzungsbestimmung besteht, nach dem vollen wirtschaftlichen Wert des Anteils bestimmt (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 61; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 44; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 21; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 126 m.w.N.).

c) Angesichts dessen wäre der Wert des Abfindungsanspruchs des Kl. vorliegend nur dann abweichend vom vollen wirtschaftlichen Wert zu bestimmen, wenn es im Gesellschaftsvertrag der Bekl. eine abweichende satzungsmäßige Bestimmung gäbe. Dabei kommt es hier auf die streitige Frage, inwieweit bei einem Austritt aus wichtigem Grund den Abfindungsanspruch einschränkende Abfindungsregelungen überhaupt zulässig sind (abl. z. B. Flume, Personengesellschaften, Bd. I, S. 186; Geßler, GmbHR 1984, 29 [32]; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 45; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29 Rn. 24; s. auch Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 28) nicht an. Denn § 7 Abs. 4 stellt nach Ansicht des Senats entgegen der vom LG vertretenen Auffassung keine das Abfindungsentgelt des Austretenden betreffende Abfindungsregelung dar.

Es ist nach den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung zu entscheiden, ob eine Satzungsregelung, die sich auf andere Ausscheidensfälle bezieht, darüber hinausgehend angewandt werden kann (Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 153; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 43, 69). Bei § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags handelt es sich um eine zum "körperschaftlichen Bereich" gehörende Satzungsregelung (BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, NJW 1992, 892 = GmbHR 1992, 257), nicht um eine individualrechtliche, d.h. die Beziehungen der Gesellschaft nur zu bestimmten Personen betreffende Regelung in der Satzung (s. dazu Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 142; Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 35 ff., beide kritisch zu dieser Unterscheidung). Nach st. Rspr. des BGH (s. die Nachw. bei Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 35 Fn. 68) sind körperschaftliche Satzungsbestimmungen mit Rücksicht auf ihre einheitliche und gleichmäßige Geltung für alle gegenwärtigen und zukünftigen Gesellschafter und für alle Gläubiger einer normenähnlichen, d. h. objektiven Auslegung zu unterziehen. Ausgangspunkt der Auslegung von Bestimmungen mit körperschaftlichem Charakter ist deren Wortlaut. Dieser ist jedoch nicht allein maßgebend; vielmehr müssen ergänzend der Sinnzusammenhang des Vertrages und der erkennbare Zweck der Regelung berücksichtigt werden. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung von Lücken im Gesellschaftsvertrag ist möglich, sofern damit nur der Zweck verfolgt wird, die schon in der Vertragsurkunde selbst angelegte Regelung zu einem sinnvollen Ganzen zu ergänzen (BGH v. 16.10.1989 – II ZR 2/89, NJW-RR 1990, 226 = GmbHR 1990, 77; OLG Düsseldorf v. 8.1.1982 – 6 W 61/81, BB 1982, 1574 f.; Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 37; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 146 m.w.N.). Ausgeschlossen ist ein Rückgriff auf nicht allgemein erkennbare Umstände wie die Entstehungsgeschichte der Satzung, etwaige Vorentwürfe sowie Vorstellungen und ƒußerungen von Personen, die an der Abfassung des Gesellschaftsvertrages mitgewirkt haben (Scholz/Emmerich, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 37; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 2 Rn. 146 jew. m.w.N.).

Gemessen hieran ist eine Auslegung dahingehend, daß die Abfindungsreglung in § 7 Abs. 4 der Satzung auch auf den Fall der Abfindung eines aus wichtigem Grund austretenden Gesellschafters anzuwenden ist, nach Ansicht des Senats ausgeschlossen. Der Wortlaut der Bestimmung bezieht sich eindeutig nur auf die Fälle der Einziehung (und des hier nicht interessierenden Ankaufs) des Geschäftsanteils mit Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bzw. im Fall der Zwangseinziehung. Es mag noch angehen, im Wege ergänzender Vertragsauslegung die Regelung auch für den Fall der Ausschließung eines Gesellschafters für anwendbar zu erklären. Zwar ist die Ausschließung im Gegensatz zur Einziehung des Geschäftsanteils gegen die Person des Gesellschafters gerichtet, sie betrifft nicht den Geschäftsanteil als solchen (BGH v. 1.4.1953 – II ZR 235/52, NJW 1953, 780 = GmbHR 1953, 72; BGH v. 19.9.1977 – II ZR 11/76, NJW 1977, 2316 = GmbHR 1978, 131; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 41; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 2 und Anh. § 34 Rn. 1). Die Ausschließung betrifft den Gesellschafter persönlich, führt aber nicht notwendig zum Untergang des Geschäftsanteils, dessen Einziehung ist nur eine der möglichen Folgen einer Ausschließung (Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 1). Die Einziehung richtet sich demgegenüber gegen den einzelnen Geschäftsanteil und vernichtet diesen (h.A., s. Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 2 und 15; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 146; Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 57). Jedoch liegt in einer in der Satzung vorgesehenen Einziehung aus wichtigem Grund regelmäßig auch die Ausschließung des Anteilsberechtigten (BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, NJW 1975, 1835 = GmbHR 1975, 227; BGH v. 19.9.1977 – II ZR 11/76, NJW 1977, 2316 = GmbHR 1978, 131). Die Einziehung ist in diesem Fall zugleich das Mittel der Ausschließung. Diese Verknüpfung mag es rechtfertigen, § 7 Abs. 4 auch im Fall der Ausschließung für anwendbar zu halten.

Anders liegt dies jedoch im Falle des Austritts aus wichtigem Grund. Hier verbietet die Unterschiedlichkeit der Interessenlagen eine Auslegung des § 7 Abs. 4 dahin, daß die dortige Abfindungsregelung auch auf die Einziehung des Geschäftsanteils als Folge des Austritts des Gesellschafters aus wichtigem Grund anwendbar ist. Auch der BGH (v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, NJW 1975, 1835 = GmbHR 1975, 227, 1837) hat darauf hingewiesen, daß es unangemessen sei und u.U. sogar auf rechtiche Bedenken stoßen könnte, einen Gesellschafter, der aus einem in den Verhältnissen der Gesellschaft liegenden Grund (etwa durch Austritt) aus ihr ausscheiden will, ebenso zu behandeln wie einen Gesellschafter, der sein Ausscheiden selbst zu vertreten hat. Dem schließt sich der Senat im hier zu entscheidenden Fall des Austritts aus wichtigem Grund wegen Verhaltens der Mehrheitsgesellschafterin an. § 7 Abs. 4 ist eine Regelung, die anwendbar ist bei Zustimmung des Gesellschafters, also in einem Fall, in dem der Gesellschafter es selbst in der Hand hat, zu entscheiden, ob – und dann auch mit welchen Abfindungsfolgen – er auf den Geschäftsanteil verzichtet. Im Fall der Zwangseinziehung dient die Abfindungsregelung dem – in dieser Situation – vorrangigen Schutz der Gesellschaftsinteressen. Beide Situationen sind mit dem Fall des Austritts aus wichtigem Grund nicht vergleichbar. In diesem Fall ist eine Abfindungsregelung vorrangig an den Interessen des Ausscheidenden auszurichten (s. hierzu auch Geßler, GmbHR 1984, 28 ff., ähnlich auch BGH v. 26.10.1983 – II ZR 87/83, BGHZ 88, 320 [325] = GmbHR 1984, 93). Dann entspricht aber die Auslegung einer dem Schutz der Gesellschaftsinteressen dienenden Abfindungsregelungen dahingehend, daß sie in allen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters gelten soll, objektiv nicht dem Sinn und Zweck der Regelung. Auch eine ergänzende Vertragsauslegung kommt insoweit nicht in Betracht, da dies über die – zulässige – "Ergänzung" der im Vertrag vorhandenen Satzungsregelung "zu einem sinnvollen Ganzen" angesichts der Unterschiedlichkeit der Interessenlagen hinausgeht. Es kann nach dem Sinn und Zweck des Vertrages nicht davon ausgegangen werden, daß die Gesellschaftsgründer, sofern sie bei der Aufstellung der Satzung die hier erörterte Lücke bedacht hätten, die Abfindungsregelung auf alle Fälle des Ausscheidens eines Gesellschafters bezogen hätten. Eine dahingehende Auslegung würde die Interessen der Gesellschaft – möglicherweise – einseitig bevorzugen.

d) Im übrigen ist aber zudem äußerst zweifelhaft, ob die entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 4 hier überhaupt dazu führen würde, daß der Kl. anteilig nach dem Substanzwert der Bekl. abzufinden wäre, wie diese meint. Dabei kommt es auf den – bestrittenen – Vortrag der Bekl. zu der Meinung der Beteiligten bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags nicht an, da diese keinen Niederschlag in zugänglichen Unterlagen gefunden hat (s. dazu oben II.1.c). Ebensowenig ist die abweichende Beurteilung durch die Bekl. selbst im vorgerichtlichen Bereich und in erster Instanz von Bedeutung. Vielmehr ist auch insoweit die Regelung des § 7 Abs. 4 objektiv auszulegen. Dabei besteht die objektive Rechtslage unabhängig davon, ob die streitenden Parteien sie in ihre rechtlichen Erwägungen mit einbezogen haben. Das gilt selbst dann, wenn – wie hier – beide Parteien ursprünglich übereinstimmend selbst von einer bestimmten Auslegung ausgegangen sind (OLG Düsseldorf v. 8.1.1982 – 6 W 61/81, BB 1982, 1574).

Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 4 allein ergibt sich nichts dafür, daß die Abfindung auf den Substanzanteilswert beschränkt sein soll. Denn das Wort "Teilwert" ist für sich genommen objektiv nicht eindeutig: Es kann sowohl im Sinne des steuerrechtlichen Teilwerts verstanden werden, als auch schlicht als der anteilige Wert, der dem Geschäftsanteil entspricht (...).

Aber selbst wenn man aus Sinn und Zweck der Abfindungsregelung ableiten wollte, daß damit eine Beschränkung auf den Teilwert i.S. d. steuerrechtlichen Teilwertbegriffs des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG als vereinbart gelten sollte, muß dies nach Ansicht des Senats hier nicht zwingend zur Anwendung der Substanzwertmethode führen. Der Bekl. ist zwar zuzugeben, daß heute überwiegend für die steuerrechtliche Bestimmung des Teilwerts eines Wirtschaftsguts maßgeblich auf den Substanzwert abgestellt wird. Der steuerrechtliche Teilwert einer Beteiligung ist jedoch nach Ansicht des BFH (v. 7.11.1990 – I R 116/86, BStBl. II 1991, 342 ff.) der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für die Beteiligung ansetzen wüde. Der BFH führt dann weiter aus: "Für die Bestimmung des Teilwerts einer Beteiligung hat die Rechtsprechung einige Vermutungssätze entwickelt. Dazu gehört, daß die Aufwendungen, die ein Kaufmann für den Erwerb einer Beteiligung macht, im Zeitpunkt der Anschaffung im Zweifel dem Teilwert entsprechen. Diese Vermutung beruht auf der Erfahrung des Wirtschaftslebens, daß ein Kaufmann für den Erwerb einer Beteiligung keinen höheren Preis zu zahlen bereit ist, als diese ihm wert ist." Hieraus folgt entgegen der Ansicht der Bekl. gerade nicht, daß der "Wert" für den Kaufmann sich nur als Quote an den einzelnen Substanzwerten des Unternehmens ermitteln läßt. Der BFH stellt vielmehr in den weiteren Ausführungen selbst auch auf den Ertragswert ab. Auch in der steuerrechtlichen Lit. wird für die Bewertung von Gesellschaftsanteilen – abweichend von abnutzbaren Wirtschaftsgütern – auf den Ertragswert abgestellt (Schmidt, EStG, 16. Aufl., § 6 Rn. 239; Herrman/Heuer/Raupach, EStG, § 6 Rn. 809). Anders als der Teilwert eines abnutzbaren Wirtschaftsguts läßt sich nämlich der Wert einer Beteiligung sehr wohl in eine Beziehung zu dem ertragsabhängigen Gesamtwert des Unternehmens setzen, was im übrigen ursprünglich allgemein das Ziel des steuerrechtlichen Teilwertbegriffs i.S. d. klassischen Teilwertlehre war. Lediglich die Tatsache, daß sich die Umsetzung des ertragsorientierten Teilwerts in der Praxis bei den meisten Wirtschaftsgütern als undurchführbar erwiesen hat, wurde für diese das Konzept des ertragsorientierten Teilwerts zugunsten einer preis- und kostenorientierten Substanzbewertung aufgegeben (Knobbe-Keuck, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 4. Aufl., S. 119 f.).

e) Letztlich greift hier noch ein weiterer Gesichtspunkt ein, der dazu führt, daß der Kl. vorliegend nach dem vollen wirtschaftlichen Wert seiner Beteiligung abzufinden ist. Selbst wenn man der Bekl. darin folgen wollte, daß durch § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrags die Abfindung auf den anteiligen Substanzwert einer Beteiligung beschränkt ist und diese Regelung entsprechend auch auf den Fall des Austritts für anwendbar erklären wollte, führt dies vorliegend nicht zu einer Einschränkung des Abfindungsanspruchs des Kl. Die Berufung auf eine derartige ... erhebliche Abfindungsbeschränkung durch die Bekl. wäre dann nämlich rechtsmißbräuchlich. Nach h. A. in der Lit. (Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 128; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 45; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 29, Rn. 24; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 95; Geßler, GmbHR 1984, 28 [32]) ist in einem Fall wie dem vorliegenden, wo der Minderheitsgesellschafter durch mißbräuchliches Verhalten des Mehrheitsgesellschafters zum Austritt aus wichtigem Grund veranlaßt worden ist, ein Berufen auf eine erhebliche Abfindungsbeschränkung ausgeschlossen, weil andernfalls das Fehlverhalten des Mehrheitsgesellschafters noch belohnt würde (s. dazu auch BGH v. 24.9.1984 – II ZR 256/83, NJW 1985, 192 = GmbHR 1985, 113 m.w.N.).

f) Als Ergebnis insoweit ist festzuhalten, daß der Kl. gegen die Bekl. einen Anspruch auf Abfindung i.H.d. vollen wirtschaftlichen Werts seines Geschäftsanteils hat, sei es, weil es hier an einer satzungsrechtlichen Regelung fehlt (s. oben II.1.a–c, sowie für die Zugrundelegung des vollen wirtschaftlichen Werts in diesem Fall BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, NJW 1992, 892 = GmbHR 1992, 257; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., Anh. § 34 Rn. 21 und § 34 Rn. 17 a; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 45; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 34 Rn. 56; Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 126, jeweils m.w.N.), sei es, weil sich die Bekl., soweit man ihrer Auslegung überhaupt folgen wollte, auf eine Beschränkung der Abfindung nicht berufen kann.

2. Der Wert des Geschäftsanteils des Kl. beläuft sich auf 1.778,737,22 DM.

Dieser volle wirtschaftliche Wert der Beteiligung des Kl. ergibt sich aus dem Preis, der anteilig bei einer Veräußerung des Unternehmens als Einheit erzielt würde (BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, NJW 1992, 892 = GmbHR 1992, 257; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 28 Rn. 17; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 17a m.w.N.). Soweit –wie regelmäßig – kein funktionsfähiger Markt für das Unternehmen bzw. den Geschäftsanteil vorhanden ist, wird der Wert des Unternehmens nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelt und sodann der auf den Geschäftsanteil des ausscheidenden Gesellschafters entfallende Anteil errechnet (sog. indirekte Methode: BGH, NJW 1982, aaO; v. 24.5.1993 – II ZR 36/92, NJW 1993, 2101 = GmbHR 1993, 505; v. 24.9.1984 – II ZR 256/83, NJW 1985, 192 = GmbHR 1985, 113; NJW 1980, 229; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 32; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 17 b; Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2680; ausführlich Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 18 f.). Dabei weist Grossfeld (aaO, S. 5 ff., 14) zu Recht darauf hin, daß sich die Höhe der Abfindung zwar an dem betriebswirtschaftlich ermittelten "objektiven" Unternehmenswert i.H.d. "Verkehrswerts" auszurichten hat, daß darüber hinaus aber die Abfindung "für ein Gesellschaftsverhältnis zwischen bestimmten Personen" zu ermitteln sei. Es gehe darum, i.S.  eines Einigungs-/Normwerts den Wert zu ermitteln, den das Unternehmen und damit die Beteiligung zwischen den Gesellschaftern wert sei (ebenso Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2675 "Bewertung im Rechtsverhältnis").

a) Soweit die Bekl. meint, daß es vorliegend einer betriebswirtschaftlichen Bewertung nicht bedurft hätte, da es Vergleichsverkäufe und damit einen Marktpreis für die Beteiligung des Kl. gäbe, kann dem nicht gefolgt werden. Die von ihr als Vergleichsfälle vorgetragenen Beispiele erfüllen nicht die Voraussetzungen, die an das Bestehen eines "Markts" für den Geschäftsanteil des Kl. zu stellen sind. Eine solche Vergleichbarkeit wird nämlich nur dann bejaht, wenn der Anteil desselben Unternehmens kurz vor oder kurz nach dem Stichtag veräußert worden ist (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 39; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 17 a; so hat auch der BGH v. 17.3.1982 – V ZR 27/81, NJW 1982, 2497, einen konkreten Kaufpreis für ein ganzes Unternehmen nur deshalb als zutreffende Bewertungsgrundlage bejaht, weil der Verkauf dieses Unternehmens ca. 1 Jahr nach dem Stichtag erfolgte). Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2677 und Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 106 f. weisen zudem zutreffend ausdrücklich darauf hin, daß Kaufpreise für vergleichbare andere Unternehmen (hier also für vergleichbare andere Anteilsverkäufe) nicht im Sinne eines Marktwertes als Bewertungsmaßstab herangezogen werden können, da kein Unternehmen dem anderen so gleicht, daß nicht die Unsicherheiten des Vergleichs den (unbestreitbar vorhandenen) Unsicherheiten der betriebswirtschaftlichen Schätzung gleichkommen bzw. diese sogar noch überwiegen.

So liegt der Fall auch hier. Die Tatsache, daß es sich um die Verkäufe von Anteilen branchengleicher Unternehmen handelt, stellt keine im Vergleichswege heranziehbare Bewertungsgrundlage dar. Gerade im Fall der Anteilsveräußerung sind eine Vielzahl von Gründen denkbar, die zur Erzielung des jeweiligen Preises geführt haben können. So ist bei den von der Bekl. genannten Fällen schon nicht erkennbar, daß der Preisgestaltung eine Bewertung des jeweiligen Unternehmens vorangegangen ist. Die "vergleichbare" Ertragssituation ist in diesem Zusammenhang alleine nicht aussagefähig. Zudem hat in den genannten Fällen der Anteilsveräußerung jeweils der Mehrheitsgesellschafter den Anteil des Minderheitsgesellschafters aufgekauft, und es ist nicht erkennbar, was innerhalb der Rechtsbeziehungen der ehemaligen Partner den einen zum Verkauf an den anderen gerade zu dem festgelegten Preis veranlaßt hat.

b) Für die Bewertung des Anteils des Kl. mußte der Senat somit unter Zuhilfenahme des Sachverständigengutachtens den auf den Geschäftsanteil des Kl. quotal entfallenden Wert des gesamten Unternehmens ermitteln.

Der Senat folgt dem Sachverständigen (SV) in dessen Ansatz, den Unternehmenswert nach der sog. Ertragswertmethode zu ermitteln. Diese in der Betriebswirtschaftslehre mittlerweile vorherrschende Bewertungsmethode (WP-Hdb. II Rn. 3 ff.; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 23 m.w.N.), der auch die Rspr. und die zivilrechtliche Kommentarlit. zuneigen (BGH, NZG 1999, 70; BGH v. 16.12.1991 – II ZR 58/91, NJW 1992, 892 = GmbHR 1992, 257; v. 24.5.1993 – II ZR 36/92, NJW 1993, 2101 = GmbHR 1993, 505; v. 10.10.1979 – IV ZR 79/78, JZ 1980, 105 =GmbHR 1980, 200; OLG Düsseldorf v. 13.4.1988 – 19 W 5/88, DB 1988, 1108; v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; OLG Zweibrücken v. 9.3.1995 – 3 W 133/92, 3 W 145/92, WM 1995, 980; BayObLG v. 19.10.1995 – BReg. 3 Z 17/90, BB 1996, 259; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 28 Rn. 17; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 34 Rn. 32), ist nach Ansicht des Senats – jedenfalls bei einem florierenden Unternehmen wie der Bekl – am ehesten geeignet, den Wert des Unternehmens zu ermitteln. Wertbestimmender Faktor eines Unternehmens ist nämlich nicht die Substanz, d.h. die Summe der Werte der zum Unternehmen gehörenden Wirtschaftsgüter, sondern der Unternehmenswert bestimmt sich in erster Linie danach, welche Erfolge es in Zukunft erwirtschaften kann. Zu ermitteln sind daher die zukünftig ausschüttbaren Ertragsüberschüsse. Die zukünftigen Entwicklungen und damit die zukünftige Ertragslage werden aus der Sicht eines objektiven Dritten beurteilt. Dabei sind nur die betrieblich bedingten Erträge und Aufwendungen zu erfassen (Müller, JuS 1974, 558; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 40; WP-Hdb. II Rn. 132). Die so ermittelten zukunftsorientierten Ertragswerte werden bei der Ertragswertmethode auf den Bewertungsstichtag abgezinst und dadurch zum Ertragswert kapitalisiert (BayObLG v. 19.10.1995 – BReg.3 Z 17/90, BB 1996, 259; OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282). Zusätzlich hat in der Regel eine gesonderte Berücksichtigung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zum Liquidationswert zu erfolgen (BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, DB 1978, 974; v. 24.5.1993 – II ZR 36/92, NJW 1993, 2101 = GmbHR 1993, 505; OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; v. 11.4.1988 – 19 W 32/86, DB 1988, 1109; BayObLG v. 19.10.1995 – BReg. 3 Z 17/90, BB 1996, 259; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 84; WP-Hdb. II Rn. 132 ff., 230, 267 ff.).

Die Ertragswertmethode beruht dementsprechend auf dem Grundsatz der Bewertung der wirtschaftlichen Unternehmens-einheit, dem Stichtagsprinzip, dem Grundsatz der Bewertung künftiger finanzieller ‹berschüsse sowie dem Grundsatz der gesonderten Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens.

Dem ist der SV im wesentlichen im ersten Bewertungsteil seines Gutachtens gefolgt. Daß er daneben auch den Substanzwert ermittelt hat, ist unschädlich, begründet vor allem nicht, wie die Bekl. meint, Mängel hinsichtlich der Erfüllung des dem Gutachter gestellten Auftrags. Denn es ist Sache des Gerichts und nicht des Gutachters, zu entscheiden, nach welcher Methode es den Wert des Anteils ermittelt.

Obwohl der Ertragswert ein zukunftsbezogener Wert ist, hat zunächst eine Vergangenheitsanalyse zu erfolgen, denn die Vergangenheitserfolge haben Maßstabsfunktion. Dementsprechend hat der SV die Vergangenheitsergebnisse (= Ertragsüberschüsse) der letzten 5 Jahre (s. hierzu BGH, BB 1975, 1083; v. 10.10.1979, JZ 1980, 105; OLG Zweibrücken v. 9.3.1995 – 3 W 133/92 u. 145/92, WM 1995, 980) analysiert und bereinigt. Die Bereinigung ist erforderlich, um auf diese Weise ein dem normalen Geschäftsverlauf entsprechendes Ergebnis zu ermitteln, das als Ausgangsbasis für die Ermittlung der am Bewertungsstichtag vorhandenen Ertragskraft dienen kann.

Der SV hat dementsprechend alle einmaligen und außerordentlichen Einflüsse (Erträge und Aufwendungen) zutreffend als solche gewertet und herausgenommen. Sodann hat er die Abschreibungen korrigiert, indem er sie auf die Wiederbeschaffungswerte berechnet und die "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer" zugrundegelegt hat (OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 42; WP-Hdb. II Rn. 248–250).

Vergeblich wendet sich die Bekl. dagegen, daß der SV den Aufwand für die von Herrn Sch. für die Bekl. entfaltete Tätigkeit auf ein dem Leistungsumfang entsprechendes, angemessenes Honorar gekürzt hat. Auch der Senat ist der Ansicht, daß das sog. Beraterhonorar erheblich überhöht war und deshalb die Aufwendungen hierfür zu kürzen waren (s. dazu auch Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 45 "Vetterleswirtschaft"). Es kommt bei der hier vorzunehmenden Bewertung nicht, was die Bekl. verkennt, darauf an, ob die Bekl. den Beratervertrag kündigen würde, sondern, da es um die Ermittlung der Erträge geht, die als Grundlage der Zukunftsprognose dienen sollen, darauf, wie ein am Nutzen des Unternehmens interessierter außenstehender Dritter sich verhalten würde. Ein solcher wäre aber nicht bereit, ein überhöhtes Beraterentgelt zu zahlen. Ebenso verfehlt ist die Ansicht des Bekl., es sei allenfalls auf einen frühestmöglichen Kündigungszeitpunkt 31.12.1993 abzustellen. Auch hier verkennt die Bekl., daß es nicht auf den Zeitpunkt der Einziehung des Geschäftsanteils, sondern – auch insoweit – auf die Bewertung zum Stichtag 31.12.1991 ankommt.

Hinsichtlich der Höhe des tatsächlich für einen GF zu berücksichtigenden Aufwands folgt der Senat dem SV. Soweit die Bekl. hiergegen einwendet, der SV habe noch Aufwendungen für "externe Berater" berücksichtigen müssen, folgt der Senat dem ebenfalls nicht. Zum einen hat der SV zu Recht darauf hingewiesen, daß die dem Beratervertrag zugrundeliegenden Leistungen durchaus alle von einem einzigen GF erbracht werden können. Zum anderen muß sich die Bekl. insoweit an ihrem eigenen Vortrag festhalten lassen. Bis zur Problematisierung des Beratungshonorars im Gutachten des SV hat die Bekl. stets vorgetragen bzw. – insoweit unwidersprochen – gegenüber dem SV erklärt, daß alle Leistungen durch Sch. erbracht worden seien (...). Zudem hat die Mehrheitsgesellschafterin das Beratungshonorar ausweislich der Rechnungen (...) durchgängig, d. h. ohne Ausnahme, "für die Tätigkeit unseres Herrn Sch." abgerechnet und nur Sch. hat Spesen, Telefon und Fahrtkosten in Rechnung gestellt. Angesichts dessen ist der neue, ganz offenbar durch die für die Bekl. überraschende Kürzung durch den SV "verursachte" Vortrag, der zudem durch keinerlei Unterlagen oder gar Benennung der anderen angeblich tätig gewordenen Personen belegt ist, unsubstantiiert und daher unbeachtlich.

Entgegen der insoweit vom Kl. geäußerten Ansicht hat der SV den Aufwand für den GF K zu Recht mit berücksichtigt. Der Senat folgt dem SV darin, daß dessen, vom SV zu Recht als untergeordnete Tätigkeit dargestellten Leistungen neben der Position eines GF ihre Berechtigung haben, so daß der auf ihn entfallende Gehaltsaufwand neben dem GF-Gehalt zu berücksichigen ist. Auf die Einwendungen des Kl. gegen den Beratungsvertrag als solchen kommt es nicht mehr an, nachdem der SV, wie ausgeführt, insoweit lediglich die vertretbaren Kosten angesetzt hat.

Zu Recht hat der SV schließlich auch die Körperschaftssteuerbelastung mit zutreffender Begründung aus den Aufwendungen herausgerechnet (Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 52 m.w.N.; WP-Hdb. II Rn. 265).

c) Nicht in vollem Umfang folgen kann der Senat dem SV jedoch darin, daß dieser die Erträge und Aufwendungen für das von ihm – zu Recht – als nicht betriebsnotwendig bezeichnete Vermögen in vollem Umfang in der Ergebnisberechnung für die Jahre 1987–1991 belassen hat.

Die finanziellen ‹berschüsse werden nur auf der Grundlage des betriebsnotwendigen Vermögens ermittelt. Nur diese betriebsnotwendige Substanz soll Erträge erwirtschaften und geht damit im Zukunftserfolgswert auf (WP-Hdb. II Rn. 132; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 84). Die nicht betriebsnotwendige Substanz ist hingegen ‹berschuß- oder Ergänzungssubstanz, die außerhalb des funktionalen Zusammenhangs des Werts im Betriebsgeschehen steht. Da es um die Bewertung des Unternehmens geht und dem ausscheidenden Gesellschafter der volle Wert zusteht, kann zu dessen Ermittlung – von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen – nicht der gegenüber dem Liquidationswert erheblich niederigere Ertragswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens herangezogen werden (BayObLG v. 19.10.1995 – BReg.3 Z 17/90, BB 1996, 259 [260]).

Der Gesamtwert des Unternehmens setzt sich somit aus dem Wert der künftigen finanziellen ‹berschüsse aus dem betriebsnotwendigen Vermögen und dem Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zusammen. Daher müssen die mit dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen in der Vergangenheit verbundenen Erträge und Aufwendungen bei der Prognose der künftigen finanziellen ‹berschüsse (aus dem betriebsnotwendigen Vermögen) außer Ansatz bleiben (WP-Hdb. II Rn. 135, 250; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 85).

Zum "neutralen" Vermögen eines Unternehmens zählen alle Gegenstände, deren Vorhandensein den Ertragswert nicht oder nicht wesentlich beeinflußt, deren Vermögenswert jedoch bedeutsam ist. Der Begriff, der nach allgemeiner Ansicht nicht eng auszulegen ist, umfaßt alle Vermögensgegenstände, die frei veräußert werden könnten, ohne daß dadurch die eigentliche Unternehmensaufgabe berührt würde (BayObLG v. 19.10.1995 – BReg. 3 Z 17/90, BB 1996, 259 [260]; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 85; WP Hdb. II Rn. 133 f., jew. m.w.N.).

aa) Gemessen hieran hat der SV zu Recht die Grundstücke, die Beteiligung an der GbR B, die Wertpapiere, das Gold sowie den Kassenbestand als nicht betriebsnotwendig eingestuft. Soweit er meint, gleichwohl keine gesonderte Bewertung durchführen zu sollen, kann dem nicht in vollem Umfang gefolgt werden. Zwar trifft es zu und insoweit folgt der Senat dem SV, daß die Bekl. über Kundenanzahlungen i.H.v. 4.889.411 DM verfügte, für die sie noch keinerlei Leistungen erbracht hatte, denen aber auch weder Erträge noch Aufwendungen zurechenbar sind, so daß sie in die Ertragswertberechnung des betriebsnotwendigen Vermögens keinen Eingang gefunden haben. Wegen dieser Bilanzposition war die Bekl. – und auch insoweit folgt der Senat dem SV – gehalten, in entsprechender Höhe Kapital vorzuhalten. Es ist daher nach Ansicht des Senats nicht möglich, das gesamte nicht betriebsnotwendige Vermögen ohne Schaden für das Unternehmen aus diesem herauszulösen. Herauslösbar ist aber – entgegen der Ansicht des SV – der Teil dieses Vermögens, der die Kundenanzahlungen wertmäßig übersteigt. Dies ist ein Wert von 1.105.166,55 DM, der sich wie folgt errechnet:

Vorliegend ist mit dem SV von einem Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens i.H.v. 5.994.577,55 DM auszugehen, und zwar
 
Grundstücke 288.942,75 DM
Beteiligungen  2.099.895,93 DM
Wertpapiere 750.417 DM
Ausleihungen 970.000 DM
Goldbestand 62.982 DM
Scheck,Kostenbestand, Bank 1.822.339,87 DM
  5.994.577,55 DM.

Diese Werte hat der SV im Rahmen der Substanz-ermittlung mit den zutreffenden Werten auf den Stichtag 31.12.1991 bilanziert. Vergeblich wendet sich die Bekl. gegen den Ansatz der Beteiligung GbR-B mit den Anschaffungskosten i.H.v. 1,8 Mio DM mit dem Hinweis auf ein Wertgutachten der D-Bank v. 27.10.1995 (...), wonach sich deren Wert – schon 1991 – nur noch auf 1.425.000 DM belaufen soll. Dieses Gutachten hat der SV zu Recht nicht zugrundegelegt. Es handelte sich hierbei unstreitig um die Festlegung des Beleihungswerts seitens der Bank, wobei der Beleihungswert – wie allgemein und auch gerichtsbekannt – i.d.R. bei 75–80% des tatsächlichen Wertes liegt. Legt man dies hier zugrunde, so kommt man bei einem Beleihungswert von 4.550.000 DM auf einen tatsächlichen Wert von 5,6 bis 6 Mio DM; allein dies entspricht nahezu dem Anschaffungspreis der Beteiligung von 1,8 Mio DM (= 30% von 6 Mio). Darüber hinaus handelt es sich bei dem "Gutachten" der Bank um eine ohne Begründung erfolgte Fortschreibung von Werten aus dem Jahre 1993, so daß es auch insoweit keinen gegenüber der Bewertung des SV aussagekräftigen Inhalt hat. Letztlich hat der SV zudem zutreffend darauf hingewiesen, daß die Tatsache, daß in den Jahren 1989, 1990 und 1991 für die Beteiligung keine Wertminderung angesetzt wurde, was aber hätte geschehen müssen, wenn bereits in diesen Jahren eine dauerhafte Wertminderung vorgelegen hätte, dafür spricht, daß die Anschaffungskosten dem Wert der Beteiligung am Stichtag entsprachen.

bb) Dem somit der Höhe nach in vollem Umfang vom SV zutreffend ermittelten Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens stehen Kundenanzahlungen i.H.v. 4.889.411 DM gegenüber. Der Kl. kann nicht mehr damit gehört werden, daß diese Position überhöht sei. Diesem Einwand steht die Rechtskraft der Entscheidung des Senats v. 8.11.1996 – 19 U 181/93 entgegen. Bei der dort erhobenen Klage handelte es sich um eine kassatorische Klage, deren Streitgegenstand begrenzt ist durch Antrag und Lebenssachverhalt (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rn. 152 m.w.N.). Wird bei einer derartigen Klage, wie vorliegend geschehen, die Rechtswidrigkeit des Beschlusses rechtskräftig verneint, so schafft diese sachliche Klageabweisung unter den Parteien, hier zwischen Kl. und Bekl., Rechtsgewißheit darüber, daß der Gesellschafterbeschluß nicht aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts rechtswidrig und (nichtig) vernichtbar ist. Ein klageabweisendes Sachurteil schafft materielle Rechtskraft bezüglich der geltend gemachten Mängel. Im Verfahren 19 U 181/93 OLG Köln hatte der Kl. aber genau den Sachverhalt, den er auch im vorliegenden Verfahren gegen die Berücksichtigung der Höhe der Anzahlungen vorbringt, als Mangel hinsichtlich des Gesellschafterbeschlusses vorgetragen. Dem jetzigen Vortrag steht deshalb der Einwand der Rechtskraft entgegen (so auch Hachenburg/Raiser, GmbHG, 8. Aufl., Anh. zu § 47 Rn. 234; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 8. Aufl., § 45 Rn. 177 m.w.N.).

Demgemäß ist hier i.H. eines Betrags von 1.105.166,55 DM von nicht betriebsnotwendigem Vermögen auszugehen, das weder ertragswirksam noch beim Aufwand berücksichtigt werden durfte. Herauszunehmen waren daher zusätzlich zu den von dem SV errechneten Erträgen die Beträge und Aufwendungen, die auf
 
die Wertpapiere 750.417,– DM
die Grundstücke 288.942,75 DM
den Goldbestand 62.892,– DM
den anteiligen Kassenbestand  2.914,80 DM
  1.105.166,55 DM

entfallen sind.

Dies ergibt folgende – korrigierte – Ergebnisberechnung:
 
1987
DM
DM
korrigierter Ertrag lt. Gutachten 3.231.964,85  
./. Erträge Wertpapiere 24.805,69  
  3.207.159,16  
korrigierter Aufwand lt. Gutachten 2.497.138,78  
./. Buchverlust Wertpapiere 170.826,08  
./. Abschreibung Grundstück Kanada 5.249,81  
  2.321.062,89  
    3.207.159,16
  2.321.062,89
Jahresergebnis:   886.096,27
1988    
korrigierter Ertrag lt. Gutachten 3.355.359,38  
./. Erträge Wertpapiere 21.297,80  
./. Erträge Finanzanlagenabgang 280,–  
  3.333.781,58  
korrigierter Aufwand lt. Gutachten 2.572.677,10  
./. Kursverlust Gold 3.680,03  
./. Buchverlust Wertpapiere 1.410,41  
./. Abschreibung Grundstück Kanada 5.249,81  
  2.562.336,85  
    3.333.781,58
  - 2.562,336,85
Jahresergebnis:   771.444,73
1989    
korrigierter Ertrag lt. Gutachten 3.486.547,13  
./. Erträge Wertpapiere 23.782,79  
  3.462.764,34  
korrigierter Aufwand lt. Gutachten 2.690.213,80  
./. Kursverlust Gold 6.531,57  
./. Buchverlust Wertpapiere 8.087,16  
./. Abschreibung Grundstück Kanada 5.249,81  
./. Verlust Anlagenabgang 320,–  
  2.670.025,26  
    3.462.764,34 
  - 2.670.025,26
Jahresergebnis:   792.739,08
1990    
korrigierter Ertrag lt. Gutachten 3.944.364,13  
./. Erträge Wertpapiere 24.606,71  
./. Erträge Finanzanlagenabgang 2.230,69  
  3.917.526,73  
korrigierter Aufwand lt. Gutachten 3.003.678,67  
./. Kursverlust Gold 10.481,60  
./. Buchverlust Wertpapiere 8.443,96  
./. Abschreibung Grundstück Kanada 5.249,81  
  2.979.503,30  
    3.917.526,73
  - 2.979.503,30
Jahresergebnis:   938.023,43
1991    
korrigierter Ertrag lt. Gutachten 4.032.326,91  
./. Erträge Wertpapiere 31.156,10  
./. Erträge Finanzanlagenabgang 1.250.–  
  3.999.920,81  
korrigierter Aufwand lt. Gutachten 2.991.034,78  
./. Kursverlust Gold 6.117,35  
./. Buchverlust Wertpapiere 7.510,00  
./. Abschreibung Grundstück Kanada 5.249,81  
  2.972.157,62  
    3.999.920,81
  - 2.972.157,62
Jahresergebnis:   1.027.763,19

Die ebenfalls abzuziehende Grundsteuer für das Grundstück in H, die in der Aufwandsposition "sonstige Steuern" enthalten und für den Senat betragsmäßig nicht erkennbar ist, konnte hier angesichts der geringen Höhe und der damit kaum spürbaren Auswirkungen auf die Jahresergebnisse vernachlässigt werden.

d) Diese korrigierten Jahresergebnisse waren um die – notwendigerweise auch korrigierte – Gewerbesteuer zu reduzieren. Diese von der Bekl. gerügte Unterlassung hat der SV eingeräumt und seine Berechnung um den von der Bekl. genannten Gewerbesteuersatz von 20 %, den der Kl. in der mündlichen Verhandlung nach der entsprechenden Stellungnahme des SV nicht mehr angegriffen hat, korrigiert. Unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer ergeben sich somit folgende Jahresergebnisse:
 
1987  
886.096,27  
+ 3.591 (= bereits berücksichtigte GewSt)   
889.687,27 ./. 20 % GewSt = 711.749,81 DM
   
1988  
771.444,73 ./. wo % GewSt = 617.155,78 DM
   
1989  
792.739,08 ./. 20 % GewSt = 634.191,26 DM
   
1990  
938.023,43  
+ 128.400 (= bereits berücksichtigte GewSt)  
1.066.423,43 ./. 20 % GewSt = 853.138,72 DM
   
1991  
1.027.763,19  
+ 136.200 (= bereits berücksichtigte GewSt)  
1.163.963,19 ./. 20 % GewSt = 931.170,56 DM

e) Diese aus der Vergangenheit ermittelten Ergebnisse können nur dann Grundlage der zukunftsorientierten Ertragsberechnung sein, d.h. nach einer noch zu erfolgenden Gewichtung (s. dazu unten II.2.f) in die Zukunft projiziert werden, wenn es keine zum Bewertungsstichtag, dem 31.12.1991, nach der sog. Wurzeltheorie des BGH (v. 17.1.1973 – IV ZR 142/70, NJW 1973, 509, s. dazu auch OLG Düsseldorf v. 11.4.1988 – 19 W 32/86, DB 1988, 1109; OLG Zweibrücken v. 9.3.1995 – 3 W 133/92, 3 W 145/92, WM 1995, 980; Müller, JuS 1975, 557 f.; WP-Hdb. II Rn. 70 ff.; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 28 m.w.N.) in die Prognose einzubeziehenden positiven oder negativen Ertragsentwicklungen gibt, die zu berücksichtigen wären. In die Prognose sind daher neben – hier nicht vorhandenen bzw. vorgetragenen – Planungsrechnungen des Unternehmens spezielle (unternehmensspezifische, quantifizierbare) Unsicherheitsfaktoren einzubeziehen, soweit ihre Entwicklung am Bewertungsstichtag schon mit hinreichender Wahrscheinlichkeit absehbar war (OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; BayObLG v. 19.10.1995 – BReg. 3 Z 17/90, BB 1996, 259; OLG Zweibrücken v. 9.3.1995 – 3 W 133/92, 3 W 145/92, WM 1995, 980; Müller, JuS 1975, 428; Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2673 Fn. 69; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 28 f. und 81 m.w.N.; a.A. WP-Hdb. II Rn. 86 ff., demzufolge auch die speziellen Unternehmensrisiken im Rahmen des Risikozuschlags beim Kapitalisierungszins berücksichtigt werden sollen).

Der SV sieht mögliche Ertragsschwankungen zu Recht schon als durch die Betrachtung des fünfjährigen Vorjahreszeitraums mit bereinigten Jahresergebnissen als ausreichend berücksichtigt an (so auch OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282) und hat daneben weitere spezielle ertragsmindernde Unternehmensrisiken nicht berücksichtigt. Hiergegen wendet sich die Bekl. ohne Erfolg. Soweit sie auf die – angeblich – immer schlechter gewordene Ertragslage verweist, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, daß es in ihrer Hand gelegen hat, die mit einer Schätzung zwangsläufig verbundenen Unsicherheiten der künftigen Unternehmensentwicklung zu minimieren bzw. sogar auszuschalten, indem sie, was ohne weiteres möglich gewesen wäre, dem Gutachter die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 1992 ff. zugänglich gemacht hätte. Denn den Parteien steht es frei, abweichend von dem Stichtagsprinzip und der damit verbundenen Fiktion/Schätzung die Berücksichtigung von Entwicklungen und Erkenntnissen nach dem Bewertungsstichtag zu vereinbaren (WP-Hdb. II Rn. 71; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 29, jew. m.w.N.). Dies hat die Bekl. ausdrücklich verweigert. Dann ist aber entsprechend der Wurzeltheorie selbst bei langfristigem Auseinanderfallen von Bewertungsstichtag und Durchführung der Bewertung nur der Informationsstand zu berücksichtigen, den ein objektiver Dritter bei angemessener Sorgfalt zum Bewertungsstichtag hätte haben können.

Die von der Bekl. angeführte Konkurrenzsituation durch andere Haarersatzmittel und -verfahren bzw. vergleichbare Unternehmen gab es schon, wie die Bekl. selbst einräumt und wie die von ihr vorgelegten Anzeigen (...) belegen, in den Jahren 1988 ff., ohne daß sich dies nachhaltig auf die Ertragssituation der Bekl. ausgewirkt hätte. Selbst in der Bilanz 1992 wurde – völlig gleichlautend mit den entsprechenden Ausführungen in den Vorjahren – festgestellt: "Das Geschäftsjahr 1992 ist gekennzeichnet durch eine kontinuierliche Umsatzentwicklung und ein unverändert positives betriebliches Ergebnis. Das Geschäftsergebnis ist als zufriedenstellend zu bezeichnen. Für das Folgejahr wird trotz der sich verschärfenden Konkurrenzsituation mit einem ähnlichen Jahresergebnis gerechnet".

Ebensowenig stellt das von der Bekl. praktizierte Zahlungssystem ein spezielles Unternehmensrisiko in Form einer gesteigerten Inflationsanfälligkeit dar, das hier zukunftsorientiert ergebnismindernd zu berücksichtigen wäre. Dieses System hat die Bekl. schon in den Jahren 1987 bis 1991 praktiziert. Gleichwohl sind die Ergebnisse kontinuierlich gestiegen. Ein ungewöhnlicher Anstieg der Inflationsrate zeichnete sich 1991 aber weder ab, noch ist er tatsächlich eingetreten. Zudem gibt die Bekl., wie die aus den Kundenkarte ersichtliche Steigerung der "Behandlungskosten" belegt, durchaus die inflationsbedingte Kostensteigerung zum Teil an die Kunden weiter, sobald nämlich der Zeitraum eines Pflegeabonnements, der ja nicht immer 3–4 Jahre beträgt, abgelaufen ist.

Eine Verschlechterung der Ertragslage durch die von der Bekl. behauptete ƒnderung der modischen Einstellung ("Glatze ist in") war nach Ansicht des Senats Ende 1991 wenn überhaupt allenfalls ansatzweise, jedenfalls aber nicht im Sinne eines nachhaltigen Ertragsrisikos, das bei der Prognose zu berücksichtigen wäre, absehbar. Der Senat bezweifelt, daß diese Entwicklung bei der Bekl. nachhaltig ergebnismindernd gewirkt hat. Der Personenkreis, bei dem "Glatze in ist", dürfte kaum zum potentiellen Kundenkreis der Bekl. gehören. Die Anzahl derer, die wegen der Akzeptanz der Glatze bei Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen auch im Alter eher zur Glatze steht als früher, dürfte ebenfalls gering sein, was nicht zuletzt dadurch belegt wird, daß 50 % der Kunden des Jahres 1989 auch noch im Jahre 1998 Kunden der Bekl. waren. Hinzu kommt, daß bei Frauen, die jedenfalls auch zu einem nicht ganz unbedeutenden Anteil zum Kundenkreis der Bekl. gehören, Glatze unstreitig nicht "in" ist. Zudem hatte die Bekl. jedenfalls bis Ende 1994 keinen Rückgang an Neukunden gegenüber z.B. 1989–1991 zu verzeichnen (...). Daß dem Neukundenerwerb ein größerer Aufwand gegenüberstand, muß sich, wie das Jahr 1992 zeigt, nicht zwingend ergebnismindernd auswirken. Der Senat ist nicht daran gehindert, diese – nachträglichen – tatsächlichen Entwicklungen zu berücksichtigen. Zwar ist, wie ausgeführt, grundsätzlich die Kenntnis zum Bewertungsstichtag maßgebend. Neuere Erkenntnisse nach dem Stichtag sind jedoch gleichwohl bedeutsam, wenn sie die Informationen über den Sachstand am Bewertungsstichtag aufhellen und daraus Rückschlüsse auf den Ertragswert am Stichtag gezogen werden können. Insoweit ist die spätere Entwicklung des Unternehmens durchaus in Grenzen heranzuziehen (Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 29 m.w.N.).

f) Mangels weiterer berücksichtigungsfähiger Prognosefaktoren ist somit von den oben II.2.d ermittelten Jahresergebnissen als zukunftsorientierten Ertragswerten auszugehen. Die einzelnen Jahresergebnisse sind vor ihrer Abzinsung zu gewichten (Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 44 ; Müller, JuS 1975, 425).

Hier hat der SV das schlechteste und das beste Vergleichsjahr weggelassen – letzteres mit der Begründung, daß sich eine sprungartige Ergebnissteigerung, wie in 1991 gegenüber 1990 erfolgt, in Zukunft nicht fortsetzen dürfte – und sodann die verbleibenden Jahre in aufsteigender Reihe mit 1,2,3 gewichtet. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Die Jahresergebnisse zeigen vielmehr, wie auch der SV an anderer Stelle (...) ausgeführt hat, nicht nur eine gleichbleibende, sondern eine steigende Tendenz. Von daher hält es der Senat nicht für vertretbar, das Jahresergebnis 1991 völlig unberücksichtigt zu lassen, die Gewichtung ist vielmehr wie folgt vorzunehmen:
 
1987: 711.749,81 x 1 = 711.749,81
1988: 617.155,78 x 2 = 1.234.311,56
1989: 634.191,26 x 2 = 1.268.382,52
1990: 853.138,72 x 3 = 2.559.416,16
1991: 931.170,56 x 3 = 2.793.511,68
    8.567.371,73

Bei dieser Gewichtung hat der Senat dadurch, daß er die beiden ergebnisschwächeren Jahre mit 2 bewertet hat, dem Umstand Rechnung getragen, daß es auch in Zukunft leicht rückläufige Jahre geben kann, andererseits durch die höchste Gewichtung der Jahresergebnisse 1990 und 1991 dem Umstand einer eher zu erwartenden positiven Geschäftsentwicklung Rechnung getragen, durch deren gleichhohe Bewertung jedoch zum Ausdruck gebracht, daß sprunghafte Entwicklungen nicht als sehr wahrscheinlich angesehen werden können.

Das gewichtete Durchschnittsergebnis berechnet sich demnach wie folgt:

8.567.371,73 DM : 11 = 778.851,98 DM.

Soweit der Kl. die Ansicht vertritt, auch das Ergebnis des Jahres 1992 sei in die Ergebnisberechnung und -gewichtung mit einzubeziehen, verkennt er das Stichtagsprinzip.

g) Dieses Jahresergebnis ist auf den Stichtag 31.12.1991 abzuzinsen. Der Senat folgt dem SV darin, daß vorliegend ein Kapitalisierungszins von 10 % zugrundezulegen ist.

Die Funktion des Kapitalisierungszinses besteht darin, mit seiner Hilfe die Beziehung zwischen dem bewerteten Unternehmen und anderen Kapitalanlagemöglichkeiten herzustellen (OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; Müller, JuS 1975, 426). Abgeleitet wird der Kapitalisierungszinssatz nach überwiegender Meinung in Rspr. und Lit. aus dem "Basiszins" genannten landesüblichen Zins, einem evtl. Abschlag davon im Hinblick auf ein geringeres Inflationsrisiko bei einer Kapitalbeteiligung (sog. Geldentwertungsabschlag oder Wachstumsrate) und einem möglichen Zuschlag für das Risiko der Beteiligung an einem Unternehmen (Unternehmensrisikozuschlag) (s. hierzu BGH v. 13.3.1978 – II ZR 142/76, DB 1978, 974; OLG Düsseldorf v. 13.4.1988 – 19 W 5/88, DB 1988, 1108; OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; BayObLG v. 19.10.1995 – BReg. 3 Z 17/90, BB 1996, 259; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 66 ff.; Müller, JuS 1975, 426 ff.; WP-Hdb. II Rn. 271 ff.).

aa) Als Basiszinsfuß wird der sog. landesübliche Zinssatz herangezogen, unter dem der SV den Zins der Staatsanleihen und anderer vergleichbarer Kapitalanlagen verstanden hat. Dem schließt sich der Senat an. Auch der BGH v. 30.9.1981 – IV a ZR 127/80 (DB 1982, 106) hat die Ansicht vertreten, daß es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden sei, wenn bei der Bestimmung des Zinssatzes von der üblichen Effektivverzinsung inländischer öffentlicher Anleihen ausgegangen werde, da sich ihr Zinssatz leicht ermitteln ließe und die herrschenden Kapitalmarktverhältnisse zuverlässig wiederspiegele. Der vom SV angenommene Basiszins von 8,5 % ist den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank für den Stichtag 31.12.1991 entnommen und erfüllt damit diese Vorgaben. Einwendungen der Parteien hiergegen liegen nicht vor.

bb) Einen Geldentwertungsabschlag hat der SV nicht vorgenommen. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden; auch der Kl. ist dem nicht entgegengetreten.

Der Geldentwertungsabschlag soll dem Umstand Rechnung tragen, daß eine Geldentwertung bei der Anlage in einem Unternehmen nicht im selben Umfang eintritt wie bei Kapitalanlagen in festverzinslichen Werten, bei denen der Zins bereits eine Geldentwertungsprämie enthält (OLG Düsseldorf v. 11.4.1988 – 19 W 32/86, DB 1988, 1109; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 71; Müller, JuS 1975, 427). Diese Annahme ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn in dem zu bewertenden Unternehmen negative Inflationseffekte durch Preisgestaltung (‹berwälzung) vermieden bzw. wegen hoher Sachwertanlagen ausgeglichen werden können (OLG Düsseldorf v. 11.4.1988 – 19 W 32/86, DB 1988, 1109; OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 72 f.; Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2673). Hier hat der SV nachvollziehbar mit im Unternehmen der Bekl. liegenden Umständen den Abzug eines Inflationsabschlags abgelehnt. Dem kann nicht zuletzt angesichts der Besonderheit der längerfristigen Pflegeverträge, die eine Weitergabe durch Preiserhöhungen erschwert, zugestimmt werden.

cc) Soweit der SV den Basiszins (nur) um einen Risikozuschlag von 1,5 % erhöht hat, wendet die Bekl. sich hiergegen vergeblich. Die Rspr. schwankt zwischen völliger Ablehnung eines Risikozuschlags (OLG Celle v. 4.4.1979 – 9 Wx 2/77, DB 1979, 1031; OLG Zweibrücken v. 9.3.1995 – 3 W 133/92, 3 W 145/92, WM 1995, 980) und Risikozuschlägen, die sich früher zwischen 2 % und 4 % und jetzt eher zwischen 0,5 % und 2,5 % bewegen (Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 76 sowie die Nachw. WP-Hdb. II, S. 100 Fn. 490). Der BGH hat einen Risikozuschlag von 2 % unbeanstandet gelassen (BGH v. 30.9.1981 – IVa ZR 127/80, DB 1982, 106).

Nach überwiegender Ansicht in Lit. und Rspr. soll mit der Berücksichtigung eines Risikozuschlags der Erfahrungstatsache Rechnung getragen werden, daß die Anlage von Kapital in einem Untenehmen mit einem größeren Risiko verbunden ist als die Anlage in Staatspapieren oder anderen öffentlichen Emissionen (BGH v. 30.9.1981 – IVa ZR 127/80, DB 1982, 106; OLG Düsseldorf v. 11.4.1988 – 19 W 32/86, DB 1988, 1109; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 74 ff. m.w.N.). ‹bereinstimmung besteht aber dahingehend, daß im Risikozuschlag nur allgemeine, außergewöhnliche Ereignisse berücksichtigt werden können, da die spezifischen Unternehmensrisiken ebenso wie die entsprechenden Chancen bereits bei der Ermittlung des Unternehmensertrages zu berücksichtigen sind (OLG Düsseldorf v. 11.1.1990 – 19 W 6/86, WM 1990, 1282; BayObLG v. 19.10.1995 – BReg. 3 Z 17/90, BB 1996, 259; Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 74 ff.; Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2673 Fn.69; Müller, JuS 1975, 428; a. A. WP-Hdb. II Rn. 186).

Alle Argumente, die die Bekl. zur Erhöhung des Risikozuschlags anführt, beziehen sich aber auf die genannten speziellen Unternehmensrisiken, die der SV bereits bewertet und, soweit gerechtfertigt (s. oben II.2.e), bei der Ermittlung der Jahresergebnisse berücksichtigt hat.

Als außergewöhnliche Ereignisse, die nicht schon in der Ergebnisplanung berücksichtigt werden können, kommen Störungen durch höhere Gewalt, Substanzverlust infolge Betriebsstillegungen, Aufwendungen für Umstrukturierungsmaßnahmen, Insolvenzen wichtiger Abnehmer etc. in Betracht. Außerdem ist eine Unternehmensbeteiligung stets mit der konkreten Gefahr des völligen Verlustes infolge Konkurses belastet. Diesen Unternehmensrisiken stehen keine vergleichbaren Chancen gegenüber. Dieses Risiko hat der SV mit 1,5 % und damit jedenfalls nicht zu niedrig bewertet.

Der Senat hat erwogen, den Risikozuschlag gar nicht zu berücksichtigen, wie es von Teilen der Literatur für den Fall bejaht wird, daß ein Minderheitsgesellschafter – wie hier – zum Austritt aus der Gesellschaft durch das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters gezwungen wird (so etwa Geßler, zitiert nach Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 78; ebenso Müller, JuS 1975, 428). Der Senat hat davon jedoch letztlich Abstand genommen im Hinblick darauf, daß die Abfindung von ihrem Zweck her dem Ausscheidenden (nur) eine äquivalente Ersatzanlage in einem anderen Unternehmen ermöglichen soll. Der Preis dafür bildet sich aber auch dort nach dem Unternehmenswagnis (so auch Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 80).

dd) Soweit die Bekl. den vom SV angenommenen Kapitalisierungszinssatz zudem mit der Begründung angreift, es sei neben dem allgemeinen noch ein erhöhter Risikozuschlag sowie ein Inflations- und Immobilitätszuschlag vorzunehmen, ist dem ebenfalls nicht zu folgen.

Die zur Begründung sowohl des spezifischen Risikozuschlags als auch des – in der betriebswirtschaftlichen Bewertungslehre unbekannten – Inflationszuschlags angeführten Umstände stellen sämtlich spezielle Unternehmensrisiken dar, die der SV, soweit überhaupt einschlägig, bereits zutreffend bei der Prognose des Zukunftserfolges berücksichtigt hat. Die Anerkennung eines besonderen Risikozuschlags für derartige Umstände würde zu dem nicht vertretbaren Ergebnis führen, daß das Risiko zweimal, nämlich einmal beim Zukunfterfolg und einmal beim Zinsfuß, erfaßt würde (s. insoweit auch Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 81).

Die Frage, ob ein Immobilitätszuschlag überhaupt berücksichtigungsfähig ist, kann hier dahingestellt bleiben. Diesem Gedanken kann jedenfalls für die gesellschaftsrechtliche Abfindung eines zum Austritt aus wichtigem Grund veranlaßten Gesellschafters wie des Kl.s nicht gefolgt werden. Die Berücksichtigung einer – möglicherweise – geminderten Mobilität würde in einem solchen Fall den Mehrheitsgesellschafter völlig ungerechtfertigt einseitig bevorzugen (Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 81 m.w.N.; Müller, JuS 1975, 428).

h) Der Ertragswert des Unternehmens der Bekl. errechnet sich nach alledem wie folgt:

E =  = 7.788.519,80 DM.

20% hiervon betragen 1.557.703,90 DM.

Von diesem Betrag ist im Gegensatz zu der von der Bekl. vertretenen Ansicht kein Abzug dafür vorzunehmen, daß der Gesellschaftsanteil des Kl. einen Minderheitengesellschafteranteil darstellt und daher angesichts der konkreten Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages der Bekl. praktisch überhaupt nicht veräußerbar sei. Zwar trifft es zu, daß bei der rein betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung die unterschiedlichen Herrschaftsrechte von Anteilen deren Bewertung beeinflussen. Dort führt das mindere Herrschaftsrecht zu einem Abschlag von dem nach der indirekten Methode entwickelten quotalen Anteilswert (Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2673 m.w.N.). Für die Abfindung ausscheidender Gesellschafter von Kapital- und Personengesellschaften ist die h. M., der sich der Senat anschließt, allerdings der Ansicht, daß unterschiedliche Herrschaftsrechte den Anteilswert nicht beeinflussen. Dies wird begründet mit dem gesellschaftsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz, der für Aktiengesellschaften in § 53 a AktG geregelt ist, aber gleichermaßen für die GmbH und Personengesellschaften Geltung hat. Wie schon oben (II.2.) ausgeführt, kommt es für die rechtlich zutreffende Einordnung des Anteilswerts nicht auf den marktüblichen Verkehrswert, sondern auf den sog. Einigungs- oder Normwert an, d.h. also auf die Ermittlung des richtigen Wertes für das zugrundeliegende Rechtsverhältnis (ausführlich Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 5 ff., 112 f. m.w.N.; s. auch Piltz/Wißmann, NJW 1985, 2673). Vor allem ein Gesellschafter, der, wie der Kl., unfreiwillig aus einem Unternehmen ausscheidet, braucht sich einen derartigen aus betriebswirtschaftlicher Sicht wertmindernden Umstand nicht entgegenhalten zu lassen. Vielmehr würde eine wertmindernde Berücksichtigung des minderen Herrschaftsrechts im Verhältnis des Kl. zu der Mehrheitsgesellschafterin zu einer durch nichts zu rechtfertigenden Bereicherung der – hinausdrängenden – Mehrheitsgesellschafterin führen.

Auch der SV hebt zwar – ausgehend von der Betriebswirtschaftslehre – immer wieder auf die tatsächliche Veräußerlichkeit des Anteils des Kl. ab. Dies ändert aber nichts an der Verwertbarkeit seines Gutachtens, da er all die ‹berlegungen, die der Senat zur Ermittlung des wirklichen (Norm-) Werts des Anteils des Kl. benötigt, in den Wert eingebracht hat, den er für den Fall des Ankaufs/der ‹bernahme des Anteils des Kl. durch die Mehrheitsgesellschafterin berechnet hat. Die rechtliche Bewertung oblag aber nicht dem SV, sondern dem Senat.

3. Zu dem quotalen Anteilswert nach der Ertragswertmethode i.H.v. 1.557.703,90 DM ist sodann – wie bereits oben unter II.2.c angeführt – noch der 20 %ige Anteil des Kl. an dem ‹berschuß des nicht betriebsnotwendigen Vermögens i.H.v. 1.105.166,55 DM, mithin ein Betrag von 221.033,32 DM hinzuzurechnen, so daß der Abfindungsanspruch insgesamt

1.557.703,90 DM

+ 221.033,32 DM

1.778.737,22 DM

beträgt.

Der Senat hat den Betrag von 1.105.166,55 DM weder um Vertragskosten noch um latente Ertragssteuern gekürzt und den 20 %igen Anteil des Kl. auch nicht abgezinst.

Eine Kürzung kam nach Ansicht des Senats deshalb nicht in Betracht, weil angesichts der vermögensrechtlichen Situation der Bekl. nicht damit zu rechnen ist, daß es tatsächlich zu einem Verkauf kommen wird, Kosten somit nicht entstehen werden und die Auflösung stiller Reserven nicht erfolgen wird, jedenfalls nicht absehbar ist (s. hierzu Grossfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., S. 86 m. zahlr. Nachw. in Fn. 24–26). Eine Abzinsung wäre nur bei unterstelltem Verkauf und dann auch nur hinsichtlich des auf den Verkauf des Grundstücks in Kanada entfallenden Teils des 20%igen Anspruchs des Kl. in Betracht zu ziehen gewesen. Aber auch dann käme sie nach Ansicht des Senats nicht in Betracht, weil eine größere Zeitspanne bis zur Verkaufsrealisierung nicht erkennbar ist (s. hierzu WP-Hdb. II, Rn. 137).

III. Verzinsung

Auf die Anschlußberufung des Kl. hin waren die Beträge von 240.000 DM und 640.000 DM wie erkannt zu verzinsen.

1. Da der Abfindungsanspruch mit Zugang der Einziehungserklärung entsteht, ist er grundsätzlich gem. § 271 Abs. 1 BGB sofort fällig (Scholz/Winter, GmbHG, 8. Aufl., § 15 Rn. 126; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rn. 21; Kort in MünchHdb.GesR. III, § 28 Rn. 20). Dagegen wird allerdings eingewandt, daß dann, wenn ein Bewertungsgutachten zur Ermittlung der Forderungshöhe erforderlich sei, darin besondere Umstände i.S.d. § 271 Abs. 1 BGB zu sehen seien, und die Fälligkeit daher erst eintrete, wenn das Gutachten vorliegt bzw. frühestens hätte vorliegen können (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 34 Rn. 76; ebenso Münch.Komm./Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 738 Rn. 15 m.w.N.). Auf diesen Meinungsstreit kommt es jedoch vorliegend nicht an. Denn selbst wenn man letzterer Meinung folgt, war der Abfindungsanspruch des Kl. am 8.3.1993 fällig. Zu diesem Zeitpunkt lag nämlich schon ein – wenn auch unzutreffendes – Bewertungsgutachten vor. Auf den Umstand, daß das Gutachten unzutreffend war, kommt es vorliegend jedoch nicht an. Allein die Tatsache, daß ein Gutachten vorlag, zeigt, daß seine Erstellung, und damit auch die Erstellung eines zutreffenden Bewertungsgutachtens, vor dem 8.3.1993 möglich war. Dann war aber, selbst wenn man den Gedanken der "besonderen Umstände" folgt, der Abfindungsanspruch des Kl. am 8.3.1993 fällig.

2. Hieraus folgt zunächst, daß der gesamte Abfindungsanspruch jedenfalls ab Klageerhebung, d. h. ab 26.5.1993, gem. § 291 BGB zu verzinsen war. Denn auch die Geltendmachung eines unbezifferten Anspruchs im Rahmen einer Stufenklage reicht zur Rechtshängigkeit der Geldschuld aus (BGH v. 6.5.1981 – IV a ZR 170/80, BGHZ 80, 269 [277] zu § 284 Abs. 1 S. 2 BGB; BGH v. 18.1.1995 – XII ARZ 36/94, NJW-RR 1995, 513; Zöller/Greger, ZPO, 20. Aufl. § 254 Rn. 1 m.w.N.). Darauf, daß sich die Bekl. ab Klageerhebung auch in Verzug befand (BGH v. 6.5.1981 – IVa ZR 170/80, BGHZ 80, 269 [277] zu § 284 Abs. 1 S. 2 BGB) kommt es hier, da nur 4 % Zinsen verlangt werden, nicht an.

3. Für den Betrag von 240.000 DM schuldet die Bekl. Zinsen gem. §§ 284, 286, 288 BGB seit dem 8.3.1993.

Zwar sind im Grundsatz Zinsen nicht schon ab Entstehung bzw. Fälligkeit des Abfindungsanspruchs, sondern erst dann zu zahlen, wenn die Gesellschaft nach Eintritt der Fälligkeit auf eine Mahnung des Ausscheidenden nicht leistet (Münch.Komm./Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 738 Rn. 17 m.w.N.). Andererseits wird aber für den hier vorliegenden Fall, daß für die Anteilsbewertung ein vor der Einziehung liegender Stichtag maßgeblich sein soll, vertreten, daß die Abfindung ohne Mahnung rückwirkend analog §§ 352 HGB, 63 Abs. 2 AktG zu verzinsen sei (Kort in MünchHdb.GesR. III, § 28 Rn. 19; Stötter, BB 1977, 1219). Letztlich kann dahingestellt bleiben, welcher Ansicht man folgt, da sich die Bekl. – jedenfalls – mit dem Betrag i.H.v. 240.000 DM ab dem 8.3.1993 in Verzug befand und nicht mehr als 4 % Zinsen verlangt werden. Der Kl. hatte sie nämlich unmißverständlich zur Zahlung einer angemessenen Abfindung aufgefordert. Darin liegt eine verzugsbegründende Mahnung. Durch eine unbezifferte, einem zulässigen Antrag in einer Stufenklage entsprechenden Mahnung gegenüber dem auskunftspflichtigen Schuldner kommt dieser grundsätzlich in Verzug (BGH v. 6.5.1981 – IVa ZR 170/80, BGHZ 80, 269 [277]).

Zwar ist hinsichtlich der Leistung eines von einer Wertermittlung abhängigen Betrags eine Verzögerung häufig vom Schuldner nicht zu vertreten. Hier liegt aber das gem. § 285 BGB erforderliche Verschulden auf Seiten der Bekl. vor. Wie schon oben III.1. ausgeführt, wäre die Bekl. durchaus in der Lage gewesen, vor dem 8.3.1993 ein den wahren Wert des Anteils des Kl. feststellendes Bewertungsgutachten einzuholen. Dafür, daß sie am 8.3.1993 zur Zahlung der Abfindung aus sonstigen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, hat die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Bekl. nichts vorgetragen. Gründe für ein mangelndes Verschulden sind angesichts der finanziellen Situation der Bekl. – etwa im Hinblick auf § 30 GmbHG – nicht ersichtlich.

Auch die Tatsache, daß die Bekl. dem Kl. an diesem Tag, dem 8.3.1993, die Zahlung von 240.000 DM angeboten hat, vermochte den Verzug nicht zu heilen. Dazu ist notwendig, daß die Leistung, hier also die Zahlung des fälligen Abfindungsanspruchs, vollständig angeboten wird. Angesichts der Folgen, die die Bekl. an ihre Zahlung anknüpfen wollte, war der Kl. auch nicht etwa nach Treu und Glauben gehalten, eine Teilleistung anzunehmen. ...

Einsender: Vors. RiOLG Lothar Jaeger, Köln
 
 
 
 

* Leitsätze des Einsenders.

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