Gesellschafter: Nachträgliche Anschaffungskosten bei wesentlicher Beteiligung und kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen

EStG § 17 Abs. 1, § 17 Abs. 2; GmbHG § 23 a

1. In der Frage nachträglicher Aufwendungen auf die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch Forderungsausfall kommt es für das Vorliegen eines durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßten bzw. eines eigenkapitalersetzenden Darlehen i.S.d. §32a GmbHG maßgeblich auf das Kriterium der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft an.

2. Ein lediglich in seiner Gesamthöhe aufgrund zu geringer Eigenkapitalausstattung von einem fremden Kreditgeber nicht zu marktüblichen Konditionen zu verlangendes Gesellschafterdarlehen kann in einem Anteil mit Fremdkapitalcharakter und einem weiteren Anteil mit materiellem Eigenkapitalcharakter aufgespalten werden, wenn durch die Zuführung dieses anteiligen Eigenkapitalbetrags die Fremdfinanzierung der überschießenden Darlehensvaluta ermöglicht würde.

3. Bei ungefährdeter Vermögenslage der Gesellschaft kann auch der in einer Nachrangabrede liegende Verzicht auf die ordentliche Kündigung des Darlehens dessen kapitalersetzenden Charakter nicht begründen.

4. Zur Frage der Ermittlung des werthaltigen Teils einer erst im Krisenzeitpunkt kapitalersetzend gewordenen Darlehensforderung.

FG Köln, Urt. v. 10.2.1999 – 10 K 862/95
(nicht rechtskräftig)

Aus dem Tatbestand:

Die Kl. war seit dem 31.1.1983 mit 50 % am Stammkapital der G-GmbH beteiligt. Das Gründungskapital betrug 50.000 DM und wurde durch Beschluß v. 15.12.1983 um ... DM erhöht. Die Erhöhung erfolgte durch Einbringung von Darlehensforderungen gegen die Gesellschaft. Gegenstand des Unternehmens war der Handel mit Papier- und Schreibwaren.

Das Gesellschafterdarlehen der Kl. (... DM) war mit Vertrag v. 1.8.1983 dadurch begeben worden, daß der GmbH die von ihr geschuldete Kaufpreissumme aus der Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen des früheren Einzelunternehmens der Kl. zum 31.5.1983 – zzgl. eines Guthabens lt. Verrechnungskonto i.H.v. ... DM – nunmehr darlehensweise zur Verfügung gestellt wurde. Das Darlehen sollte mit 3 % über dem Diskontsatz verzinst werden. Der jährliche Zinsbetrag sollte dabei jeweils dem Darlehensrestbetrag zugeschlagen werden. In Ziff. 3 der Darlehensvereinbarung wurde ausgeführt, daß die Kl. im Laufe des Jahres 1983 auf erhebliche Darlehensrückzahlungen angewiesen sei. Durch diese Darlehenstilgungen dürfe aber zum 31.12.1983 ein Darlehensrestsaldo i.H.v. ... DM nicht unterschritten werden. Ab 1984 dürften die Darlehenstilgungen sodann ... DM pro Monat nicht überschreiten. Eine Sicherheitsleistung wurde nicht vereinbart.

Am 7.11.1983 vereinbarten die Parteien in Abänderung des am 1.8.1983 geschlossenen Darlehensvertrags, daß die GmbH zwecks Erfüllung ihrer betrieblichen Verbindlichkeiten das ihr gewährte Darlehen nur zurückzahlen müsse, wenn und soweit dadurch ihre betrieblichen Belange nicht spürbar beeinträchtigt würden.

Gleichlautende Darlehensvereinbarungen wurden am 1.8. und 7.11.1983 zwischen der GmbH und dem weiteren zu 50 % beteiligten Gesellschafter A bezüglich der Kaufpreisforderung aus Einbringung des Betriebsvermögens seines Einzelunternehmens zzgl. Verrechnungsguthaben geschlossen (Darlehenssumme: ... DM).

Das Darlehen der Kl. valutierte per 31.12.1983 und 31.12.1984 mit ... DM bzw. ... DM, das Darlehen des Gesellschafters A mit ... DM bzw. ... DM. ...

Im Geschäftsjahr 1983 erzielte die GmbH einen Verlust i.H.v. ... DM. Im Zusammenhang mit diesem Verlust wurde in den Vorbemerkungen der im Oktober 1984 testierten Bilanz zum 31.12.1983 darauf hingewiesen, daß die unter Verbindlichkeiten ausgewiesenen Gesellschafterdarlehen Ñkapitalähnlichen Charakter" hätten. Eigenkapital (EK) und Gesellschafterdarlehen ergäben zusammen 23,47 % der Bilanzsumme. Der ausgewiesene Jahresfehlbetrag könne nicht überraschen, weil im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Unternehmens Kosten angefallen seien, die in den Folgejahren nicht mehr auftreten würden. Um künftig schwarze Zahlen schreiben zu können, seien allerdings Kosteneinsparungen erforderlich.

Im Wirtschaftsjahr 1984 erzielte die GmbH einen Verlust i.H.v. rd. ... DM, was zu einer buchtechnischen Überschuldung i.H.v. ... DM führte. In den Vorbemerkungen der im Oktober 1985 testierten Bilanz zum 31.12.1984 wird hierzu ausgeführt, daß sich eine positive EK-Basis nur ergebe, wenn man die Gesellschafterdarlehen als Ñkapitalersetzende" Darlehen ansehe. Die entscheidende Ursache für die schlechte Ertragslage sei in der sehr niedrigen Rohgewinnspanne zu sehen. Zur teilweisen Tilgung der Gesellschafterdarlehen und zur Finanzierung des Jahresfehlbetrags im Jahr 1984 sei zusätzlich Fremdkapital i.H.v. ... DM aufgenommen worden. Die hohe Fremdkapitalsaufnahme sei nur durch Bürgschaften verbundener Unternehmen und umfangreicher von den Gesellschaftern gestellter Sicherheiten in Form von Grundschulden, Lebensversicherungen und Bürgschaften möglich gewesen. Nennenswerte stille Reserven seien nicht vorhanden.

Mit Vertrag v. 23.4.1985 veräußerten die Kl. und ihr Mitgesellschafter ihre Anteile an der GmbH zum Kaufpreis von 1 DM ... . Diesem Veräußerungsgeschäft lagen die Vertragsangebote der Kl. und des Gesellschafters A. vom 17.4.1985 zugrunde. Zugleich erklärten die Gesellschafter am 17.4.1985 den Verzicht auf sämtliche Forderungen gegen die GmbH mit Ausnahme von Ansprüchen aus Anstellungs- und Geschäftsführerverträgen. Die Annahme des Forderungsverzichts war davon abhängig, daß die Gesellschaftsanteile der Kl. und ihres Mitgesellschafters an der GmbH von einem Dritten erworben wurden. Das Gesellschafterdarlehen der Kl. valutierte zum 23.4.1985 mit ... DM, das Darlehen des Gesellschafters A mit rd. ... DM.

Bei Durchführung der ESt.-Veranlagung der Kl. für 1985 wies das FA bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens antragsgemäß einen Verlust aus der Veräußerung der Beteiligung an der GmbH i.H.v. ... DM aus. Bei dieser Berechnung wurde der Verzicht auf das Gesellschafterdarlehen zum Nennwert berücksichtigt. Der sich bei der ESt.-Veranlagung 1985 ergebende negative Gesamtbetrag der Einkünfte wurde in den Folgejahren teilweise für Zwecke des Verlustvortrags berücksichtigt. In der ESt.-Veranlagung 1989 wurde nachrichtlich ein verbleibender Verlustabzug aus dem Jahre 1985 i.H.v. ... DM ausgewiesen.

Mit dem Bescheid zum 31.12.1990 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt. vom 8.12.1992 verminderte das FA den verbleibenden Verlust um den Betrag des Forderungsverzichts für das streitbefangene Gesellschafterdarlehen. Zur Begründung hatte es zuvor im ESt.-Bescheid 1990 v. 20.11.1992 darauf hingewiesen, daß zum Zeitpunkt des Verzichts die Uneinbringlichkeit der Forderung bereits festgestanden habe.

Mit ihrem hiergegen erhobenen Einspruch trug die Kl. vor, daß die Darlehensgewährung ab der Änderungsvereinbarung vom 7.11.1983 als verdeckte Einlage anzusehen sei und daher der spätere Forderungsverzicht zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung i.H. des Nennwerts führen müsse. Sie habe gerade mit Rücksicht auf die Gesellschaftsinteressen am 7.11.1983 auf Tilgungen verzichtet. Ein Gesellschaftsfremder hätte demgegenüber zu diesem Zeitpunkt gerade wegen der erkennbar werdenden Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH seine Tilgungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Ihre gegenteilige Entscheidung finde ihre Begründung einzig und allein im Gesellschaftsverhältnis. Genau hier setze das Urt. des BFH v. 7.7.1992 – VIII R 24/90 (BStBl. II 1993, 333 = GmbHR 1992, 761) an, wonach für die Bewertung des Forderungsverzichts auf den Tag abzustellen sei, an dem aus der Darlehensforderung gesellschaftsrechtlich eine verdeckte Einlage geworden sei. Im November 1983 sei eine Gesellschafterfinanzierung sinnvoll gewesen, weil eine akute Gefährdung des Unternehmens noch nicht gegeben gewesen sei. Mit dem Gesellschafterdarlehen habe sie die Existenz der GmbH sichern wollen. Wenn sich dann schließlich diese Bemühungen nicht als erfolgreich erwiesen hätten, dann lägen auch zwei Jahre wirtschaftlichen Mißerfolgs dazwischen, was im Jahre 1983 noch nicht vorhersehbar gewesen sei.

Mit Bescheid vom 8.2.1993 änderte das FA den streitbefangenen Verlustfeststellungsbescheid wegen der Höhe des Verlustabzugs im Jahre 1990. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.1.1995 wies es sodann den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, daß die Hingabe eines Darlehens nur dann zu nachträglichen Anschaffungskosten führen könne, wenn entweder die Rückzahlung bei Kapitalüberlassung bereits ernsthaft risikobehaftet sei oder der Gesellschafter das Darlehen in der Krise trotz der dazu bestehenden rechtlichen Möglichkeit nicht zurückfordere. Im Streitfall sei angesichts des positiven Kapitals zum 31.12.1983 davon auszugehen, daß die Darlehensforderung durch das Vermögen der GmbH gesichert gewesen sei. In Anbetracht der erheblichen Anfangstilgungen könne auch nicht davon ausgegangen werden, daß dem Darlehen materielle EK-Funktion im Rahmen eines sog. Finanzplankredits zugedacht gewesen sei. Etwas anderes ließe sich auch nicht aus dem Bilanzbericht für 1983 ableiten. Soweit die Kapitalersatzfunktion auch aus der Vereinbarung eines echten Rangrücktritts resultieren könne, fehle es hierfür bei der ƒnderungsvereinbarung vom 7.11.1983 an dem Verzicht auf das außerordentliche Kündigungsrecht der Kl. In der Vereinbarung vom 7.11.1983 sei demgemäß lediglich eine Nachrangabrede im Vorfeld einer Krise zu sehen. Die Liquidität der am Markt tätigen GmbH sollte – auch im Interesse der Zahlung von Geschäftsführervergütungen an die Kl. – nicht durch Tilgungsverpflichtungen belastet werden. Sobald aber mit dem Ende der Lebensfähigkeit der GmbH die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung vorgelegen hätten, habe diese Regelung einer weiteren Rechtfertigung entbehrt. Somit fehle es an einem endgültigen Rangrücktritt. Weiterhin sei das Darlehen bei Beginn der Krise zivilrechtlich nicht rückforderbar gewesen. Dem stehe bereits die in diesem Zeitpunkt wahrscheinliche Unterbilanz gemäß ß 30 GmbHG entgegen. Darüber hinaus habe die Kl. keine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung gehabt, weil die zeitlich gestaffelte Höchsttilgungsabrede im Vertrag v. 1.8.1983 gleichzeitig eine Beschränkung des Kündigungsrechts beinhalte. Wegen dieser fehlenden Kündigungsmöglichkeit könne auch in der Vertragsänderung vom 7.11.1983 keine willentliche Entscheidung der Kl. gesehen werden, die GmbH mit neuem EK auszustatten. In der Folgezeit habe die Kl. demgegenüber keine effektive Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer Forderung gehabt, weil die Vertragsänderung vom 7.11.1983 eine ordentliche Kündigung gerade in der Krise ausgeschlossen habe. Hinsichtlich der verbleibenden Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung des Darlehens bei absehbarem Ende der Lebensfähigkeit der GmbH sei schließlich der genaue Zeitpunkt nicht erkennbar. In diesem Falle könne auch nicht von nachträglichen Anschaffungskosten i.H. des Nennwerts der Restforderung ausgegangen werden, da bereits durch das Vorliegen der Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung der wirtschaftliche Wert der Forderung denknotwendig empfindlich gemindert sei. Eine weitere Wertminderung ergebe sich dadurch, daß notwendig ein gewisser Zeitraum bis zur Realisierung des Rückforderungsanspruchs verstreichen müsse. Zum Zeitpunkt des Forderungsverzichts am 17.4.1985 habe der gemeine Wert der Forderung aufgrund der wirtschaftlichen Lage der GmbH 0 DM betragen.

Mit der vorliegenden Klage macht die Kl. ergänzend geltend, allein ihr Verzicht auf die Gestellung von Sicherheiten verdeutliche, wie stark die Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis geprägt gewesen sei. Daß es sich bei den Darlehen beider Gesellschafter um sog. Finanzplandarlehen (entsprechend dem Anfang 1983 erstellten Finanzierungskonzept) handele, zeige zusätzlich, daß die GmbH ohne diese Darlehen und zusätzliche Fremdkredite von rd. ... DM, für die die Gesellschafter selbst Sicherheiten hätten stellen müssen, nicht lebensfähig gewesen sei. Ein außenstehender Kreditgeber hätte der GmbH bei einem Stammkapital von 50.000 DM keinesfalls einen Kreditrahmen von ... DM gewährt. Der im November 1983 vereinbarte Rangrückfritt bestätige den Finanzplancharakter der Darlehen. Auch der zeitliche Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung im Dezember 1983 belege schließlich, daß die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der GmbH durch eine geschlossene Kombination von Eigen- und Fremdkapital erreicht werden sollte.

Weiterhin sei zu berücksichtigen, daß sie stets über die wirtschaftliche Lage der GmbH informiert gewesen sei und gerade die schon Ende 1983 erkennbaren wirtschaftlichen Probleme durch den am 7.11.1983 vereinbarten Rangrücktritt aus Gesellschaftsinteresse kuriert werden sollten. Sie habe dabei jedes Kapitalanlageinteresse beiseite geschoben und dadurch ihrer Darlehensforderung den Charakter eines EK-Ersatzes gegeben. Am 7.11.1983 könne indessen von einer Wertlosigkeit des Darlehensanspruchs keine Rede sein. Vielmehr sei nur ein wertvoller Kapitaleinsatz in der Lage, einer wirtschaftlichen Krise beizukommen. Demgemäß hätten die Geschäftsverbindungen zu Lieferanten und Banken zunächst durch die Darlehensgewährung erhalten bleiben können. Für den Zeitpunkt eines außerordentlichen Kündigungsrechts sei entscheidend, wann ein Vertragspartner seine Vertragspflichten für den anderen erkennbar nicht mehr erfüllen könne. Für die im Rahmen eines laufenden Darlehensverhältnisses ungewöhnliche Abänderungsvereinbarung vom 7.11.1983 sei genau die Erkenntnis dieser tatsächlichen Voraussetzungen, nämlich der desolaten Liquiditätslage der GmbH, maßgebend gewesen. Also hätte zu diesem Zeitpunkt auch ein außerordentliches Kündigungsrecht bestanden. Die im Jahre 1984 vorgenommenen Tilgungen (... DM) schlössen den spätestens Ende 1983 bestehenden kapitalersetzenden Charakter ihres Gesellschafterdarlehens nicht aus. Sie müßten vielmehr im Zusammenhang mit der Rückzahlung von irrtümlich per 30.6.1984 auf die Konten der GmbH eingezahlten ÑBonusansprüchen" ihres früheren Einzelunternehmens gesehen werden.

Zum Wert der Darlehensforderungen sei schließlich anzumerken, daß die Gesellschafter im Jahre 1985 gemeinsam mit Fremdgläubigern zu Sanierungszwecken auf ihre Darlehensforderungen verzichtet hätten. Der Sanierungserlaß habe sich auf insgesamt ... DM beziffert. Es hätte dem Unternehmen wenig geholfen, einen Sanierungserlaß mit wertlosen Forderungen zu betreiben. Die Darlehensforderungen der Gesellschafter seien also nicht ausgefallen, sondern zur Stärkung des EK im Rahmen einer Sanierung der GmbH erlassen worden.

Der Senat möge im Unterliegensfall die Revision zulassen. ...

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klage ist teilweise begründet.

Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur ESt. auf den 31.12.1990 gem. ß 10 d Abs. 3 EStG 1990 ist ein gem. § 17 Abs. 2 S. 1 EStG in die Ermittlung des streitbefangenen Veräußerungsgewinns und damit des negativen Gesamtbetrags der Einkünfte des Jahres 1985 eingehender werthaltiger Teil der Darlehensforderung der Kl. i.H.v. ... DM (30 % der Darlehensvaluta zum 31.12.1984 i.H.v. ... DM) zu berücksichtigen. Nach Überzeugung des Senats hat das Darlehen der Kl. jedenfalls zum Bilanzstichtag des Jahres 1984 durch Stehenlassen in der Krise kapitalersetzenden Charakter erlangt. Der werthaltige Anteil des Darlehens zu diesem Zeitpunkt war gem. § 96 Abs. 1 S. 1, Halbs. 2 FGO i.V.m. § 162 AO durch Schätzung zu bestimmen.

Der Senat konnte ungeachtet der dem Bekl. erst am Tag vor der mündlichen Verhandlung zugegangenen Schriftsätze der Kl. v. 4.2.1999 ohne Vertagung zur Sache entscheiden. Denn mangels Entscheidungserheblichkeit des Inhalts dieser Schriftsätze für die Urteilsfindung kann hierin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen.

Veräußerungsgewinn oder -verlust eines wesentlich beteiligten Gesellschafters i.S.d. § 17 Abs. 1 und 2 EStG ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Nach gefestigter Rspr. des BFH (v. 24.4.1997 – VIII R 16/94, DB 1997, 2408 = GmbHR 1997, 1159 und v. 4.11.1997 – VIII R 18/94, DB 1998, 113 = GmbHR 1998, 198, jew. m.w.N.) gehören zu den Anschaffungskosten einer Beteiligung auch nachträgliche Aufwendungen auf die Beteiligung, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungskosten sind. Unter diesen Umständen zählt zu diesen Aufwendungen auch die Wertminderung des Rückzahlungsanspruchs aus einem der Gesellschaft gewährten Darlehen.

Die Darlehensgewährung ist durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns das Darlehen der Gesellschaft nicht gewährt hätte (BGH v. 13.7.1981 – II ZR 256/79, DB 1981, 2066 = GmbHR 1982, 19). Dies ist dann anzunehmen, wenn angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft die Rückzahlung des Darlehens in einem Maße gefährdet war, daß ein ordentlicher Kaufmann dieses Risiko jedenfalls zu marktüblichen Bedingungen nicht eingegangen wäre (sog. Krise; BFH v. 24.4.1997 – VIII R 16/94, DB 1997, 2408 = GmbHR 1997, 1159 und v. 4.11.1997 – VIII R 18/94, DB 1998, 113 = GmbHR 1998, 198, jew. m.w.N.). Bei der Beurteilung des Risikos können alle Umstände berücksichtigt werden, z. B. auch der Mangel an Sicherheiten (BFH v. 7.7.1992 – VIII R 24/90, BStBl. II 1993, 333 = GmbHR 1992, 761).

Statt auf die Sicht eines gesellschaftsfremden Darlehensgebers stellt § 32 a GmbHG hinsichtlich der EK-ersetzenden Funktion eines Darlehens auf die Sicht der Gesellschafter ab. Nach Abs. 1 der Vorschrift liegt dann ein kapitalersetzendes Darlehen vor, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft in einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute EK zugeführt hätten, statt dessen ein Darlehen gewährt hat. Maßgebend für die Frage, ob eine Gesellschafterleistung unter die Kapitalersatzregeln fällt, ist grundsätzlich die objektive Beurteilung nach allgemeinen Grundsätzen kaufmännisch ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung. Allerdings kommt es weder allein auf das in der Praxis gebräuchliche Finanzierungsverhalten noch auf die schematische Anwendung allgemeiner betriebswirtschaftlicher Regeln für die Relation von Eigen- und Fremdkapital an. Vielmehr ist eine Gesamtwertung der Verhältnisse im konkreten Fall vorzunehmen, für die wiederum das Kriterium der Kreditwürdigkeit maßgebliche Bedeutung erlangt. Die Unterkapitalisierung der Gesellschaft ist für sich allein nicht entscheidend (BGH v. 14.12.1992 – II ZR 298/91, DB 1993, 318 = GmbHR 1993, 87; Ulmer in Hachenburg, GmbHG, 8. Aufl., § 32 a, Rn. 42 f.; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl., § 32 a, Rn. 41 ff.; jew. m.w.N.).

Unabhängig von der Frage, ob ein EK-ersetzendes Darlehen i.S.d. § 32 a GmbHG auch steuerrechtlich als EK zu behandeln ist, rechtfertigt es die gesellschaftliche Veranlassung des Darlehens jedenfalls, die Hingabe des Darlehens in der Frage der Anschaffungskosten der Beteiligung des darlehensgewährenden Gesellschafters den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (BFH v. 7.7.1992 – VIII R 24/90, BStBl. II 1993, 333 = GmbHR 1992, 761; v. 16.4.1991 – VIII R 100/87, BStBl. II 1992, 234 = GmbHR 1991, 537, Tz. 3). Hat ein Darlehen kapitalersetzenden Charakter erlangt, mindern sich deshalb die Anschaffungskosten gem. § 17 Abs. 2 EStG nicht dadurch, daß der Gesellschafter später noch auf die wertlos gewordene Darlehensforderung verzichtet, also eine nicht werthaltige Einlage tätigt (BFH v. 7.7.1992 – VIII R 24/90, BStBl. II 1993, 333 = GmbHR 1992, 761; vgl. dazu aber nunmehr auch BFH v. 9.6.1997 – GrS 1/94, BStBl. II 1998, 307 = GmbHR 1997, 851 und BFH v. 22.6.1998 – VIII B 26/98, BFH/NV 1999, 33).

Was im Falle der Hingabe des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gilt, gilt auch bei einem der Gesellschaft vor der Krise gewährten Darlehen, wenn der Gesellschafter das Darlehen stehen läßt, obwohl er es hätte abziehen können und es angesichts der veränderten finanziellen Situation der Gesellschaft absehbar war, daß die Rückzahlung gefährdet war.

Maßgeblich für die Höhe der Anschaffungskosten ist im Fall der Hingabe des Darlehens in der Krise dessen Nennwert, im Fall eines stehengelassenen Darlehens grundsätzlich der Wert in dem Zeitpunkt, in dem es der Gesellschafter mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis nicht abzieht. Diese Beurteilung beruht auf der Erwägung, daß Wertverluste bis zu diesem Zeitpunkt die Privatsphäre des Gesellschafters belasten (a. A. Weber-Grellet, DStR 1998, 617 [622]).

Auf die Prüfung, wann die Krise eingetreten ist und wann der Gesellschafter hiervon Kenntnis erlangt hat, kann verzichtet werden, wenn der Gesellschafter schon in einem früheren Zeitpunkt mit bindender Wirkung gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftsgläubigern zu erkennen gegeben hat, daß er das Darlehen auch in der Krise stehenlassen werde. Denn zu einer solchen Erklärung wäre ein Darlehensgeber, der nicht auch Gesellschafter ist, mit Rücksicht auf das ihm bei Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs regelmäßig zustehende außerordentliche Kündigungsrecht im allgemeinen nicht bereit. Dementsprechend geht auch die zivilrechtliche Rspr. (BGH v. 9.3.1992 – II ZR 168/91, DB 1992, 981 = GmbHR 1992, 367; v. 9.10.1986 – II ZR 58/86, DB 1987, 159 = GmbHR 1987, 55) davon aus, daß Darlehen oder andere Finanzierungsmaßnahmen stets als kapitalersetzend anzusehen sind, wenn sie von vornherein (auch) auf eine Krisenfinanzierung hin angelegt sind. Zu diesen Finanzierungsmaßnahmen zählen z.B. die Gewährung einer Bürgschaft für den Fall einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft, ein Garantieversprechen oder eine Erklärung der Gesellschafter, daß die Darlehensforderung im Rang hinter die Forderungen der übrigen Gesellschaftsgläubiger zurücktreten solle. In diesen Fällen ist nach dem Urt. des BFH v. 7.7.1992 – VIII R 24/90, BStBl. II 1993, 333 = GmbHR 1992, 761 für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten vom Nennwert des Darlehens auszugehen, wenn der Gesellschafter über die Entwicklung des Unternehmens unterrichtet ist und von vornherein keine Anzeichen dafür sprechen, daß er beabsichtigte, daß Darlehen abzuziehen.

Der Zeitpunkt des Kriseneintritts und der Kenntniserlangung des Gesellschafters hiervon ist schließlich auch dann unerheblich, wenn ein Darlehen von vornherein in die Finanzplanung der Gesellschaft in der Weise einbezogen ist, daß die zur Aufnahme der Geschäfte erforderliche Kapitalausstattung der Gesellschaft durch eine Kombination von Eigen- und Fremdfinanzierung ("gesplittete" Pflichteinlage) erreicht werden soll. Solche von den Gesellschaftern gewährten finanzplanmäßigen Kredite zur Finanzierung des Unternehmenszwecks werden nach Gesellschaftsrecht den Einlagen gleichgestellt (BGH v. 21.3.1988 – II ZR 238/87, DB 1988, 1262 = GmbHR 1988, 301). Dies gilt unabhängig davon, ob die kapitalersetzende Finanzierung im Gesellschaftsvertrag niedergelegt ist; entscheidend ist, ob sich die planmäßige Gesellschafterfinanzierung als echte gesellschaftsvertragliche Pflicht aus einer Gesamtwürdigung des Gesellschaftsvertrags und/oder des Darlehensvertrags und der im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Verträge vorliegenden Umstände ergibt. Die als Gesellschafterdarlehen ausgewiesenen Mittel müssen den außenstehenden Gläubigern im Konkurs ungehindert durch eine Konkurrenz der Gesellschafter zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt und damit die erforderliche innere Rechtfertigung für die Außerachtlassung der rechtlichen Formwahl im Hinblick auf die materielle EK-Funktion gegeben, wenn die Gesellschafter die Gesellschafterdarlehen im übrigen in der Sache wie Einlagen behandelt haben. Wichtige Indizien für eine materielle EK-Funktion innerhalb dieser Gesamtwürdigung sind neben möglicherweise besonders günstigen Kreditkonditionen vor allem die Pflicht zur langfristigen Belassung oder das Fehlen einseitiger Kündigungsmöglichkeiten, die eine Rückforderung regelmäßig nur als Abfindungs- oder Liquidationsguthaben ermöglichen, sowie die mindestens nach Einschätzung der Gesellschafter gegebene Unentbehrlichkeit der Gesellschafterdarlehen für die Verwirklichung der gesellschaftsvertraglichen Ziele.

Für die Annahme, daß es sich bei den von der Kl. und ihrem Mitgesellschafter A am 1.8.l983 gewährten Darlehen um finanzplanmäßige Kredite i.S. einer gesplitteten Pflichteinlage der Gesellschafter gehandelt haben könnte, fehlt es im Streitfall an hinreichenden Anzeichen dafür, daß diese Darlehensgewährung den Gesellschaftern als echte gesellschaftsvertragliche Pflicht auferlegt war. Zudem sprechen aber auch die hohen Tilgungsleistungen der GmbH auf diese Darlehen (...) deutlich dagegen, daß die Gesellschafter die gewährten Darlehen ihrer materiellen Funktion nach wie Einlagen behandeln wollten.

Auch die Hingabe des Darlehens der Kl. am 1.8.1983 hatte jedenfalls insoweit noch keinen kapitalersetzenden Charakter, als es die am 15.12.1983 aus der Darlehensforderung gewährte Kapitaleinlage i.H.v. ... DM überstieg.

Für das eine marktgängige Kapitalverzinsung gewährleistende Investitionsdarlehen konnte die GmbH zunächst in Gestalt der mit dem finanzierten Kaufpreis erworbenen Vermögenswerte Sicherheit bieten. Eine nachteilige Entwicklung der Vermögenssituation der GmbH zum Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Daß ein Nichtgesellschafter sich aller Wahrscheinlichkeit nach bei Gewährung des Darlehens Pfandsicherheit hätte gewähren lassen, kann für die Beurteilung des EK-ersetzenden Charakters des Darlehens allein nicht entscheidend sein. Insoweit muß vielmehr berücksichtigt werden, daß die Kl. und ihr Mitgesellschafter A als weiterer Darlehensgeber bei der Verfolgung ihres gleichgerichteten Tilgungsinteresses unmittelbaren Zugriff auf die als Sicherheit in Betracht kommenden Aktiva hatten, ohne hierzu wie ein außenstehender Dritter vorher einen vollstreckungsfähigen Titel erstreiten zu müssen. Bei einer Kredithöhe von ... DM gibt auch die Vereinbarung einer tilgungsfreien Summe i.H.v. ... DM im Jahre 1983 und eines Höchsttilgungsbetrags von ... DM im Jahre 1984 noch keinen Anlaß, ein mögliches Kapitalanlageinteresse eines gesellschaftsfremden Dritten bei dem Darlehensgeschäft zu verneinen.

Das streitbefangene Darlehen kann auch nicht bereits deshalb in voller Höhe als EK-ersetzend gewertet werden, weil zum Zeitpunkt seiner Gewährung das EK der GmbH nicht ausreichte, um einen marktgängigen Beleihungsabschlag von rd. 20 % der Darlehenssumme abzudecken. Denn dieses aus der Sicht eines gesellschaftsfremden Dritten der Kreditvergabe zu marktüblichen Bedingungen evt. entgegenstehende Hindernis hätten die beiden darlehensgebenden Gesellschafter bereits durch eine entsprechende Erhöhung der Kapitaleinlage und eine gleichhohe Ermäßigung der Darlehensaumme beseitigen können, so daß eine Veranlassung der Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis auch nur i.H. dieses Kapitalfehlbetrages bestehen konnte. Gleiches gilt für das Handeln eines ordentlichen Kaufmanns i.S.d. § 32 a Abs. 1 GmbHG. Allein der Umstand, daß die Gesellschafter die ggf. erforderliche EK- und Fremdkapitalzufuhr in einem Darlehensgeschäft zusammengefaßt haben, also die im Belieben der Gesellschafter stehende zivilrechtliche Formenwahl, kann demgegenüber nach Auffassung des Senats nicht der Differenzierung zwischen Darlehensanteilen mit materieller EK-Funktion und solchen mit Fremdkapitalcharakter entgegenstehen. Der danach möglicherweise kapitalersetzende Anteil des klägerischen Darlehens ist indessen bereits am 15.12.1983 als Einlage ausgewiesen worden, so daß ihm keine streiterhebliche Bedeutung mehr zukommen kann.

Schließlich kann auch der Umstand, daß (ausweislich des Bilanzberichts zum 31.12.1983) die EK-Quote der GmbH unterhalb der nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Regeln für den ordentlichen Geschäftsgang notwendigen Größenordnung lag, noch nicht die Feststellung des kapitalersetzenden Charakters der Restdarlehenssumme i.S.d. § 32 a Abs. 1 GmbHG rechtfertigen. Eine solche Beurteilung würde bereits mit dem Ergebnis der Prüfung der Kreditwürdigkeit der Gesellschaft und der für sie danach bestehenden Möglichkeiten zur Aufnahme von Fremdkapital kollidieren. Denn soweit die Gesellschaft über ausreichende Bonität für die Aufnahme von Fremdkapital verfügt, kann allein dies nach ordentlichem Kaufmannsbrauch ausreichender Anlaß sein, auf eine üblichen Relationen folgende EK-Ausstattung zu verzichten. Aus diesem Grunde vermag der Senat auch dem im Bericht zur Bilanz auf den 31.12.1983 gegebenen Hinweis, daß das streitbefangene Gesellschafterdarlehen wegen der außerordentlich geringen EK-Ausstattung Ñkapitalähnlichen Charakter" habe, keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen.

Aber auch in der am 7.11.1983 getroffenen Nachrangabrede gegenüber anderen Verbindlichkeiten der GmbH im Falle der Beeinträchtigung ihrer betrieblichen Belange kann keine einlageähnliche Handlung der Kl. gesehen werden, aufgrund deren dem zu diesem Zeitpunkt mit ... DM valutierenden Darlehen nunmehr kapitalersetzender Charakter zukäme.

Mit dieser Nachrangabrede haben die Kl. und ihr Mitgesellschafter A sowie die von ihnen beherrschte GmbH zwar die bisherige Höchsttilgungsabrede in zeitlicher und – für den Fall des Fehlens ausreichender liquider Mittel – auch in sachlicher Hinsicht erweitert. Der hierin zum Ausdruck kommende Wille der Vertragsparteien, daß der Gesellschaft das Darlehenskapital erforderlichenfalls zeitlich unbegrenzt zur Verfügung stehen sollte, schließt auch eine diese Vereinbarung unterlaufende ordentliche Kündigung des Darlehens nach § 609 Abs. 2 BGB aus. Anders liegt es hingegen bezüglich des der Kl. bei Gefährdung ihres Rückzahlungsanspruchs im Krisenfalle zustehenden außerordentlichen Kündigungsrechts in entsprechender Anwendung der §§ 626, 554 a BGB (vgl. dazu Palandt/Putzo, BGB, 58. Aufl., § 609, Rn. 13 ff.). Der Vereinbarung vom 7.11.1983 kann nicht entnommen werden, daß die Kl. auch für den Fall des sich abzeichnenden Endes der Lebensfähigkeit der GmbH, in dem aus Sicht der Gesellschafter gerade nicht mehr das betriebliche Interesse der Gesellschaft, sondern das Interesse am Liquidationsergebnis im Vordergrund steht, ihren Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen nicht geltend machen wollte. Eine solche allein den Gesellschaftsgläubigern zugutekommende und ihrem Gesellschafterinteresse grundsätzlich zuwiderlaufende Verpflichtung hätte die Kl. vielmehr unzweideutig zum Ausdruck bringen müssen. Damit fehlt es an einer essentiellen Voraussetzung für ein auf Krisenfinanzierung angelegtes und damit im Krisenfalle ohne weiteres kapitalersetzend werdendes Darlehen i.S.d. höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Weiterhin ist auch nicht erkennbar, daß die GmbH am 7.11.1983 bereits kreditunwürdig gewesen wäre und die Kl. ihr daher mit der Nachrangabrede und der Weitergewährung des Darlehens einen nur durch ihr Gesellschafterinteresse veranlaßten Vorteil gewährt hätte. Zwar hatte die GmbH im Jahre 1983 ein negatives Jahresergebnis erzielt, das mit rd. ... DM erheblich über dem anfänglichen Stammkapital lag und in dieser Höhe möglicherweise für die Gesellschafter bereits Anfang November 1983 absehbar war. Dieses negative Jahresergebnis bedeutete indessen keine Existenzgefährdung für die Gesellschaft. Nach dem Bilanzbericht waren vielmehr einmalig anfallende Gründungskosten wesentliche Mitursache für den Verlust im ersten Wirtschaftsjahr und konnte bei Verbesserung der Kostenstruktur durchaus für die Zukunft eine gute Ertragsprognose gestellt werden. Entsprechend dieser Erwartung haben auch die Gesellschafter das bislang im Verhältnis zur Bilanzsumme marginale EK am 15.12.1983 um ... DM aufgestockt und damit eine zu diesem Zeitpunkt den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht gerecht werdende Überschuldung der GmbH abgewandt. Gegen eine Kreditunwürdigkeit der GmbH am 7.11.1983 sprechen zudem die auch in der Folgezeit hohen Tilgungen auf die gewährten Gesellschafterdarlehen. Für die von der Kl. behauptete desolate Liquiditätslage der GmbH zum Ende des Jahres 1983 sind demgegenüber keine Beweisanzeichen erkennbar. Bei ungefährdeter Vermögenslage der GmbH kann aber der in der Nachrangabrede liegende Verzicht auf die ordentliche Kündigung der Darlehen für sich allein nicht deren kapitalersetzenden Charakter begründen. Bei dem Vergleich zu einem mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelnden Gesellschaftsfremden muß vielmehr berlicksichtigt werden, daß die beiden die GmbH beherrschenden darlehensgewährenden Gesellschafter im Rahmen ihrer gleichlaufenden Interessen über die Höhe der freiwilligen Tilgungen der GmbH selbst entscheiden konnten.

In dem Hinweis auf den "kapitalähnlichen Charakter" der Gesellschafterdarlehen im Bilanzbericht auf den 31.12.1983 kann mangels inhaltlicher Klarheit auch keinesfalls eine für die Zukunft (ab Oktober 1984) bindende Erklärung des Inhalts gesehen werden, daß die Gesellschafterdarlehen auch in der Krise nicht abgezogen würden.

Das demnach ursprünglich nicht kapitalersetzende Darlehen der Kl. hat indessen jedenfalls zum 31.12.1984 materielle EK-Funktion erlangt, indem die – i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG wesentlich beteiligte – Kl. auch zu diesem Zeitpunkt, für den der Senat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von der subjektiven Erkennbarkeit der Gefährdung der Darlehensrückzahlung ausgeht, von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht keinen Gebrauch gemacht hat.

Zum 31.12.1984 war die GmbH nominell mit ... DM überschuldet. Mangels wesentlicher in einer Liquidationsbilanz anzusetzender stiller Reserven und der ausweislich des Bilanzberichts 1984 ohne durchgreifende ƒnderung der Kostenstruktur negativen Fortbestehensprognose war zu diesem Zeitpunkt Konkurereife i.S.d. § 63 Abs. 1 GmbHG eingetreten. Wegen der nicht mehr ausreichenden Vermögensgrundlage konnte die GmbH in dieser Situation ihren Kapitalbedarf nicht mehr durch Kredite von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen decken, so daß ohne Finanzierungshilfe der Gesellschafter Konkursantragspflicht i.S.d. §64 Abs.1 GmbHG bestanden hätte. Diese Finanzierungshilfe ist der GmbH – nach zutreffender Würdigung im Bilanzbericht für das Jahr 1984 – durch das Stehenlassen der Gesellschafterdarlehen in annähernd vollem Umfang über den 31.12.1984 hinaus gewährt worden.

Nach Überzeugung des Senats war diese in der Bilanz zum 31.12.1984 ausgewiesene Vermögenslage den Gesellschaftern auch spätestens zum Bilanzstichtag erkennbar. Dafür spricht zunächst die Erfahrungsregel, daß bei der hier feststellbaren fachgerechten Betreuung der Buchführung und der Bilanzerstellung durch einen Steuerberater spätestens zum Jahresende eine betriebswirtschaftliche Auswertung verfügbar ist, aus der ein Jahresfehlbetrag von über ... DM und die daraus folgende Kapitalunterdeckung ersichtlich gewesen sein muß. Für die Erkennbarkeit der Krise zum 31.12.1984 spricht weiterhin die Anteilsübertragung im April 1985, die nach dem Kl.-Vortrag erst nach langen Verhandlungen zustande gekommen ist, jedenfalls aber nicht ad hoc erfolgt sein kann.

Ob die erst aufgrund der Gestellung von Sicherheiten der Gesellschafter ermöglichte Fremdkapitalaufnahme im Jahre 1984 für einen früheren Krisenzeitpunkt spricht, also die GmbH ohne die darin liegende Finanzierungshilfe ihrer Gesellschafter vor dem 31.12.1984 hätte liquidiert werden müssen, vermag der Senat aufgrund des von der Kl. mitgeteilten Tatsachenstoffs nicht mit ausreichender Sicherheit festzustellen. Vielmehr bleibt unklar, zu welchem früheren Zeitpunkt das EK der GmbH gänzlich aufgebraucht und aufgrund welcher Umstände dies der Kl. möglicherweise erkennbar geworden sein könnte. Die auf den Hinweis des Gerichts vom 2.2.1999 erfolgten Ausführungen der Kl. beschränken sich insoweit auf die Vermögenslage zum Ende des Jahres 1983, also einem Zeitpunkt, zu dem nach Würdigung des Senats die Kreditunwürdigkeit der GmbH noch nicht feststellbar war. Die Absicherung von Fremdkrediten durch Sicherheiten der Gesellschafter ist zudem kein zwingender Beleg für die Kreditunwürdigkeit der GmbH. Derartige Vereinbarungen können vielmehr auch im Interesse günstigerer Darlehenskonditionen oder schnellerer Bereitstellung der Darlehenssumme getroffen werden. Daß die Gesellschafter ein Interesse an der kurzfristigen Erhöhung der Liquidität der GmbH hatten, ergibt sich bereits daraus, daß das aufgenommene Fremdkapital im wesentlichen Umfang zur Tilgung der Gesellschafterdarlehen verwandt werden sollte. Inwieweit demgegenüber bereits vor dem 31.12.1984 Fremdkapital zur Finanzierung des Jahresfehlbetrags aufgenommen worden ist, hat die Kl. nicht nachvollziehbar substantiiert. Die danach bestehenden Zweifel an der Möglichkeit eines früheren für die Gesellschafter erkennbaren Kriseneintritts müssen nach der gesetzlichen Verteilung der Feststellungslast zum Nachteil der Kl. gehen.

Für die Ermittlung des werthaltigen Teils der Darlehensforderung im Schätzungswege ist der Betrag maßgeblich, den die Kl. bei fiktiver Veräußerung der Darlehensforderung von einem fremden Dritten erhalten hätte (Reis, DStR 1998, 1669). Demnach ist die voraussichtlich zum 31.12.1984 realisierbare Quote der Darlehensforderung unter Berücksichtigung von Sicherheitsabschlägen für mögliche Risiken zu ermitteln. Ist eine Kapitalgesellschaft erst kurz vor Beginn des Liquidationsverfahrens in die Krise eingetreten und der darlehensgebende Gesellschafter dabei mit seiner Forderung ausgefallen, so liegt es nahe, die Darlehensforderung mit 0 DM zu bewerten (BFH v. 4.11.1997 – VIII R 43/96, BFH/NV 1998, 1076 = GmbHR 1998, 1093 [LS]). Im Streitfall ist allerdings ungeachtet des kurzen Zeitraums zwischen Kriseneintritt und Darlehensverzicht die Besonderheit zu berücksichtigen, daß die Liquidation der GmbH durch Anteilsveräußerung vermieden worden ist und die dadurch um den Preis des Verzichts auf die Gesellschafterdarlehen ermöglichte Fortführung der GmbH deshalb im Interesse der Gesellschafter lag, weil sie für die Gesellschaftsschulden umfangreiche Sicherheiten aus ihrem Privatvermögen gestellt hatten. Aus diesem Grunde stand der Forderungsverzicht auch unter der Bedingung des Dritterwerbs der GmbH-Anteile. Der Umstand, daß die Gesellschafter nicht den Versuch unternommen haben, im Wege der Liquidation der GmbH eine quotale Befriedigung ihrer Forderungen zu erzielen, ist deshalb chne ausschlaggebende indizielle Bedeutung. In die gleiche Richtung weist der bereits im Bilanzbericht auf den 31.12.1985 enthaltene Vortrag der Kl. zu dem gemeinsam mit Frendgläubigern gewährten Sanierungserlaß i.H.v. ... DM anläßlich der Übertragung der GmbH-Anteile.

Bei der Ermittlung des mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erzielbaren Liquidationsergebnisses der GmbH zum 31.12.1984 ist zunächst ein Anteil der Aktiva von rd. ... DM auszuscheiden, der den üblicherweise kraft Sicherungsrechten abgesondert zu befriedigenden Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und Warenlieferanten entspricht. Die Plausibilität dieser Schätzung bestätigt, daß die Bilanz zum 31.12.1984 Sachanlagen von rd. ... DM und einen Warenbestand von rd. ... DM ausweist. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß Anlagegüter und Waren im Konkursfalle regelmäßig nicht zum Marktwert verwertet werden können. Angesichts der kurzen Betriebsdauer können in dem bilanzierten Sachanlagen auch keine nennenswerten stillen Reserven vermutet werden. Dies bestätigt der Bilanzbericht auf den 31.12.1984. Über Grundstücke verfügte die GmbH überdies nicht. Der Senat schätzt den Ausfall bei der Verwertung von Sachanlagen und Waren einschließlich der Verfahrenskosten auf 50 % des Buchwerts. Mit diesem Ausfall rehmen die gesicherten Gläubiger an der allgemeinen Verteilung teil, was den Betrag der zu bedienenden Passiva erhöht. Bei der Bewertung der verbleibenden Aktiva ist schließlich ein geschätztes Verwertungsrisiko auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen und sonstige Wirtschaftsgüter (...) i.H.v. 30 % zu berücksichtigen, was die Summe der zu verteilenden Aktiva schmälert.

Nach diesen Grundsätzen berechnet sich die aus Sicht eines Forderungskäufers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erzielende Realisierungsquote wie folgt:
 
Aktiva insgesamt ca.     ... DM
abzüglich mit Sicherungsrechten belastete Aktiva ./. ... DM
verbleibende Aktiva ca.     ... DM
abzüglich Ausfall Forderungen LuL (30%) ./. ... DM
abzüglich Ausfall sonstige Wirtschaftsgüter  ./. ... DM
Verteilungsmasse     ... DM
   
Passiva insgesamt     ... DM
abzüglich gesicherte Verbindlichkeiten  ./. ... DM
verbleibende Passiva     ... DM
zuzüglich Ausfall Sachanlagen  ./. ... DM
zuzüglich Ausfall Waren  ./. ... DM
zu bedienende Verbindlichkeiten     ... DM

Das Verhältnis von Verteilungsmasse und zu bedienenden Verbindlichkeiten entspricht folglich einer Realisierungsquote von 30 %, was die teilweise Klagestattgabe rechtfertigt.

Der festzustellende Betrag des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1990 berechnet sich daher wie folgt:
 
Verbleibender Verlustabzug lt. Bescheid v. 8.2.1993   ... DM
zzgl. 30% von ... DM  + ... DM
Verbleibender Verlustabzug lt. Urteil   ... DM

Im Hinblick auf seine Rechtsauffassung, daß ein lediglich in seiner Gesamthöhe von einem fremden Kreditgeber nicht zu marktüblichen Konditionen zu erlangendes Gesellschafterdarlehen in einen Anteil mit Fremdkapitalcharakter und einen weiteren Anteil mit materiellem EK-Charakter aufgespalten werden kann und deshalb das streitbefangene Gesellschafterdarlehen im Zeitpunkt seiner Hingabe keinen EK-ersetzenden Charakter hatte, läßt der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. ...

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