Liquidator: Bemessung der Vergütung nach Abberufung und Kündigung vor Abschluß der Liquidation

GmbHG §§ 66 ff.; BGB §§ 627, 628 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 2

1. Der Liquidator einer GmbH ist nach zwingendem Recht ohne Einschränkung jederzeit abrufbar; in seiner vorzeitigen Abberufung ist darüber hinaus die konkludente Kündigung seines Anstellungsverhältnisses enthalten, die ohne Angaben von Gründen erolgen kann.

2. Der Liquidator kann nicht wie ein Konkursverwalter trotz vorzeitiger Abberufung die volle gesetzliche Vergütung beanspruchen; er hat lediglich einen vertraglichen Anspruch auf eine pauschale Dienstvergütung.*

KG Berlin, Urt. v. 26.11.1997 -- 23 U 5873/95

Aus dem Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Bemessung der Vergütung, die der Kl. nach seiner Abberufung als Liquidator der Bekl. beanspruchen kann.

Der Kl. wurde durch Gesellschafterbeschluß der Treuhandanstalt vom 20.9.1991 zum Liquidator der Bekl. bestellt. Mit Gesellschafterbeschluß vom 15.1.1992 wurde er als Liquidator abberufen.

Der Kl. hatte vor seiner Bestellung zum Liquidator für die Treuhandanstalt ein Liquidationsgutachten erstellt und ist dafür gesondert nach Stundensätzen honoriert worden. Mit Schreiben vom 19.6.1991 hatte der Kl. der Treuhandanstalt seine Dienste als Liquidator angeboten. Einen schriftlichen Liquidatorvertrag haben die Parteien nicht geschlossen.

Mit Rundschreiben vom 28.10.1991 teilte die Treuhandanstalt den für ihre Gesellschaften tätigen Liquidatoren mit, daß sie mit sofortiger Wirkung die Vergütung nach dem zweifachen Regelsatz der VergVO abrechnen werde, und bat zwecks Übersendung der geänderten Verträge um Mitteilung der voraussichtlichen Teilungsmasse. Der Kl. erklärte hierauf mit Fax vom 8.11.1991 sein Einverständnis mit dieser Vergütungsregelung; er bat um eine klarstellende Änderung der Haftungsvereinbarungen in dem ihm vorliegenden Vertragsentwurf und brachte seine Bereitschaft zur Unterzeichnung des geänderten Vertrags zum Ausdruck.

Im Dezember 1991 forderte der Kl. bei der Treuhandanstalt einen unterschriftsreifen Vertragsentwurf an, der ihm per Fax am 8.1.1992 zugegangen ist. Dieser -- unausgefüllte -- Vertragsentwurf sieht in der anliegenden Honorarvereinbarung eine Vergütung auf der Grundlage der VergVO vor.

Mit Rundschreiben vom 19.2.1992 übersandte die Treuhandanstalt dem Kl. ein teilweise ausgefülltes Vertragsformular, das eine Vergütung nach dem zweifachen Regelsatz der VergVO vorsieht. Der Kl., der zu diesem Zeitpunkt bereits abberufen war, hat dieses Formular nicht mehr unterschrieben.

Jetzt streiten die Parteien darum, ob der Kl. nach dem zweifachen Regelsatz der VergVO abrechnen kann oder ob er nach Stunden abrechnen muß. Ferner sind sich die Parteien über die Höhe der zugrundezulegenden Teilungsmasse und die Einschätzung der vom Kl. erbrachten Teilleistungen uneinig. ...

Der Kl. hat in 1. Instanz gemäß Teilrechnung vom 12.8.1993 lediglich 66 % der von ihm auf der Grundlage der VergVO beanspruchten Vergütung geltend gemacht und diese, ausgehend von einer Teilungsmasse von 149.540.000 DM, mit insgesamt 1.151.172 DM einschließlich 14 % USt. beziffert. Er hat ferner Erstattung von Auslagen i.H.v. brutto 5.299,33 DM begehrt. ...

Das LG hat dem Kl. ... gemäß §§ 628 Abs. 1 S. 1 BGB, 287 Abs. 2 ZPO eine anteilige Vergütung von 30 % des zweifachen Regelsatzes der VergVO nach einer Teilungsmasse von 149.540.00 DM zuerkannt und die Bekl. zur Zahlung von 459.000 ... verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. ...

Aus den Entscheidungsgründen:

... Die Berufung des Kl. ist ... hinsichtlich der vom LG nicht zuerkannten, auf die zuerkannte Vergütung entfallenden USt. und hinsichtlich der geltend gemachten Auslagenerstattung begründet. Im übrigen ist sie unbegründet.

1. Wirksame Kündigung des Liquidator-Dienstverhältnisses

Der Kl. hat gemäß § 628 Abs. 1 S. 1 BGB Anspruch auf Zahlung eines seinen erbrachten Leistungen entsprechenden Teils der Vergütung.

a) Der Kl. stand als Liquidator in einem Dienstverhältnis (§ 611 BGB) zu der Bekl. Das Vertragsverhältnis der Parteien wurde konkludent dadurch begründet, daß der Kl. nach seiner Bestellung zum Liquidator diese Tätigkeit aufnahm. Daß das Schuldverhältnis zwischen Liquidator und Gesellschaft regelmäßig als Dienstvertrag zu qualifizieren ist, entspricht allgemeiner Ansicht und wird auch von den Parteien nicht in Frage gestellt.

b) Die Bekl. hat das Dienstverhältnis mit der Bekanntgabe des Abberufungsbeschlusses und mit dem Schreiben ihrer Gesellschafterin vom 16.1.1992 gekündigt. Dazu war sie gemäß §627 Abs.1 BGB berechtigt.

aa) Dem Kl. ist darin beizupflichten, daß die dienstrechtliche Anstellung des Liquidators von seiner gesellschaftsrechtlichen Bestellung zu unterscheiden ist und daß beide Rechtsverhältnisse eigenen Regelungen unterliegen.

Soweit es um das Anstellungsverhältnis von Geschäftsführern geht, ist dem Kl. auch zuzugeben, daß in der Niederlegung der gesellschaftsrechtlichen Organstellung nicht ohne weiteres stets auch die Kündigung des Anstellungsvertrags gesehen werden kann und daß umgekehrt die Abberufung vom Amt des Geschäftsführers nicht schon per se auch die Auflösung des Anstellungsverhältnisses nach sich zieht. Das entspricht allgemeiner Ansicht und ist vom BGH wiederholt ... so entschieden worden.

Die Rspr. zur Kündigung von Geschäftsführern, auf die sich der Kl. beruft, läßt sich aber nicht unbesehen und ohne jede Differenzierung auf Liquidatoren übertragen. Die Stellung von Geschäftsführern und Liquidatoren ist sowohl rechtlich als auch tatsächlich sehr verschieden. Der Geschäftsführer ist Organ eines i.d.R. auf unbestimmte Zeit gegründeten Verbands. Dagegen hat der Liquidator stets eine der Natur der Sache nach nur befristete Aufgabe, deren Inhalt und Endziel darin besteht, den Verband aufzulösen. Der Liquidator ist nach zwingendem Recht ohne Einschränkung jederzeit abrufbar (§ 66 Abs. 3 S. 2 GmbHG). Bei Geschäftsführern kann die Abberufung gesellschaftsvertraglich an bestimmte Voraussetzungen geknüpft werden (§ 38 Abs. 2 GmbHG). Für den Anstellungsvertrag des Geschäftsführers enthält § 38 Abs. 1 Halbs. 2 GmbHG eine besondere Schutzbestimmung. Eine entsprechende Bestimmung enthält § 66 GmbHG nicht.

Die Rechtsstellung des Liquidators ist, seiner nur vorübergehenden und auf Beendigung abzielenden Aufgabe entsprechend, insgesamt schwächer ausgestaltet als die des Geschäftsführers. Bei der Frage, welche Anforderungen an die Beendigung des Dienstverhältnisses eines Liquidators zu stellen sind, muß die Besonderheit seiner gesellschaftsrechtlichen Funktion und Rechtsstellung mitberücksichtigt werden. Im Hinblick auf die spezifische Aufgabenstellung des Liquidators wird man annehmen müssen, daß das Anstellungsverhältnis bereits seinem Wesen nach stets auf den Abschluß des Liquidationsverfahrens befristet ist, ohne daß es einer ausdrücklichen Kündigung des Dienstvertrags nach Beendigung der Liquidation bedarf. Darüber hinaus wird i.d.R. in der vorzeitigen Abberufung des Liquidators die konkludente Kündigung seines Anstellungsverhältnisses enthalten sein. Denn die Zurückhaltung von Rspr. und Schrifttum gegenüber der Annahme konkludenter Kündigungserklärungen bei der Abberufung von Geschäftsführern beruht darauf, daß gegenüber Geschäftsführern ein außerordentliches Kündigungsrecht oft nicht besteht. Für die Annahme konkludent erklärter unzulässiger Kündigungen ist aber kein Bedürfnis vorhanden. Bei Liquidatoren verhält es sich anders. Diese sind in aller Regel gemäß § 627 Abs. 1 BGB jederzeit kündbar. In diesen Fällen ist es daher nicht nur sinnvoll, sondern sogar geboten, die Abberufung zugleich als Kündigung des Dienstverhältnisses zu verstehen. Denn wenn eine Kündigung gemäß § 627 Abs. 1 BGB zulässig ist, wäre es lebensfremd anzunehmen, daß die Gesellschafter den Liquidator zwar als Organ entlassen, aber als Bediensteten weiter beschäftigen wollen.

Im vorliegenden Falle hat die Bekl. darüber hinaus mit Schreiben vom 16.1.1992 unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß sie in dem fraglichen Liquidationsverfahren nicht mehr mit dem Kl. zusammenarbeiten wolle. Diese Mitteilung reicht als dienstvertragliche Kündigungserklärung aus.

bb) Das Dienstverhältnis des Kl. war gemäß § 627 Abs. 1 BGB jederzeit ohne Begründung kündbar. Denn es handelt sich um ein Dienstverhältnis höherer Art, das auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegt und das dem Kl. nicht dauerhaft feste Bezüge sicherte.

Über die erste Voraussetzung, daß der Liquidator Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens vergeben zu werden pflegen, sind sich die Parteien einig. Die Bekl. räumt auch ein, daß es sich um ein dauerndes Dienstverhältnis handle. Sie will lediglich -- von ihrem Standpunkt aus konsequent -- in Abrede stellen, daß dem Kl. feste Bezüge zugesagt waren.

Das Dienstverhältnis des Kl. war kein dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen i.S.v. § 627 Abs. 1 BGB. Die beiden Tatbestandsmerkmale "dauernd" und "feste Bezüge" lassen sich nicht voneinander isoliert betrachten. Mit der Kennzeichnung "dauerndes Dienstverhältnis mit festen Bezügen" ist ein Typus von Dienstverhältnissen charakterisiert, bei dem das grundsätzlich anzuerkennende Interesse des Dienstherrn, sich von Mitarbeitern in Vertrauensstellungen jederzeit trennen zu können, wegen besonderer Schutzbedürftigkeit des Bediensteten zurückstehen muß. Der BGH hat hierzu ausgeführt (BGH, NJW-RR 1993, 505 [506]):

Bei derartigen, ganz auf persönliches Vertrauen ausgerichteten Dienstverhältnissen soll die Freiheit der persönlichen Entschließung eines jeden Teils im weitesten Ausmaß gewährleistet werden (BGH, NJW 1986, 373 = LM § 627 BGB Nr. 6). Eine Ausnahme hat der Gesetzgeber nur für den Fall vorgesehen, daß der Dienstverpflichtete auf längere Sicht eine ständige Tätigkeit zu entfalten hat und dafür eine auf Dauer vereinbarte bestimmte Entlohnung erhält (Staudinger/Neumann, BGB, 12. Aufl., § 627 Rn. 12; Erman/Hanau, BGB, 8. Aufl., § 627 Rn. 6; Corts, in: RGRK, 12. Aufl., § 627 Rn. 10). Nur in diesen Fällen ist es gerechtfertigt, dem Vertrauen des Dienstverpflichteten auf seine Existenzsicherung Vorrang vor dem Schutz der Entschließungsfreiheit des Dienstberechtigten einzuräumen (vgl. Schwerdtner, in: Münch.Komm., 2. Aufl., § 627 Rn. 1). Entscheidend für die Annahme fester Bezüge i.S.d. § 627 Abs. 1 BGB ist damit, ob der Dienstberechtigte sich darauf verlassen kann, daß ihm auf längere Sicht bestimmte, von vornherein festgelegte Beträge als Dienstbezüge in einem Umfang zufließen werden, daß sie die Grundlage seines wirtschaftlichen Daseins bilden können (vgl. RGZ 146, 116 [117]).

Entscheidend für die Annahme eines dauernden Dienstverhältnisses mit festen Bezügen ist also nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht so sehr die abstrakte Frage, auf welche konkrete Dauer der Tätigkeit und auf welche bestimmten Bezüge sich der Dienstverpflichtete einrichten konnte, sondern vielmehr die Überlegung, ob das Dienstverhältnis aus der Sicht des Dienstverpflichteten in dem konkreten Falle wenigstens für absehbare Zeit und jedenfalls zu einem nennenswerten Anteil die Grundlage seines wirtschaftlichen Daseins bildet.

Unter diesem Gesichtspunkt ist die Annahme eines dauerndes Dienstverhältnisses mit festen Bezügen in diesem Fall ausgeschlossen. Denn der Kl. erklärt selbst, daß er von der Bekl. stets wirtschaftlich unabhängig gewesen sei und auch ohne die Anstellung bei der Bekl. ein standesgemäßes auskömmliches Einkommen gehabt habe; die Übernahme des Liquidatorenamts sei für ihn nur eine Betätigung neben vielen anderen gewesen. Bei dieser Sachlage ist ein besonderes wirtschaftliches Schutzbedürfnis des Kl., hinter dem die Entschließungsfreiheit des Dienstberechtigten zurücktreten müßte, nicht erkennbar.

2. Bemessung der (Teil-)Vergütung

Der vom Kl. gemäß § 628 Abs. 1 S. 1 BGB zu beanspruchende Teil der Vergütung ist mit 30 % des doppelten Regelsatzes nach § 3 VergVo bei der vom Kl. angesetzten Verteilungsmasse zu bemessen.

a) Das LG hat zutreffend festgestellt, daß zwischen dem Kl. und der Treuhandanstalt als Gesellschafterin der Bekl. eine Vereinbarung über die Vergütung i.H.d. doppelten Regelsatzes der VergVO zustandegekommen ist (wird ausgeführt).

b) Da das Dienstverhältnis des Kl. gemäß § 627 Abs. 1 BGB wirksam gekündigt worden ist, kann er nur einen seinen erbrachten Leistungen entsprechenden Teil der vereinbarten Pauschalvergütung verlangen (§ 628 Abs. 1 S. 1 BGB).

Die Ansicht des Kl., er könne wie ein Konkursverwalter trotz vorzeitiger Abberufung die volle gesetzliche Vergütung beanspruchen, ist unzutreffend. Der Kl. hat keinen Anspruch auf die gesetzliche Konkursverwaltervergütung. Er hat lediglich einen vertraglichen Anspruch auf eine pauschale Dienstvergütung, die der Höhe nach dem zweifachen Regelsatz der VergVO entspricht

Ein vereinbartes Pauschalhonorar, das nicht schrittweise mit der Ausführung bestimmter Tätigkeiten anwächst, sondern von vornherein die gesamte Tätigkeit abgilt, ist etwas anderes als eine gesetzliche Gebühr. Eine Gleichsetzung des Gesamthonorars mit einer Gebühr, die bereits bei der ersten noch so geringfügigen Tätigkeit entsteht, hätte die unbillige Folge, daß der Liquidator die gesamte, für eine umfassende Tätigkeit vereinbarte Vergütung fordern könnte, auch wenn er nur einen geringen Teil der vereinbarten Leistung erbracht hat. Dies wäre jedoch mit der gesetzlichen Ausgestaltung des dienstvertraglichen Vergütungsanspruchs, wie er sich aus der Regelung des § 628 BGB ergibt, nicht vereinbar (so für den Fall eines anwaltlichen Pauschalhonorars BGH, NJW 1987, 315 [316 f.])

c) Der den erbrachten Leistungen entsprechende Teil der vereinbarten Pauschalvergütung ist in diesem Falle mit 30 % zu bemessen.

Bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags ist -- ausgehend von dem vereinbarten Honorar und der insgesamt vorgesehenen Tätigkeit -- zu bewerten, welcher Anteil des vereinbarten Honorars auf die bereits erbrachte Leistung entfällt (BGH, NJW 1987, 315 [316]).

aa) Vorgesehene Leistung war die vollständige Liquidation der Bekl. Dieses Ziel hat der Kl. bis zu seiner Abberufung nicht erreicht. Ebenso unstreitig hat er jedoch von Anfang an energische Schritte unternommen, die Liquidation der Bekl. voranzutreiben und zügig abzuschließen. Er hat u.a. auf der Grundlage seines Liquidationsgutachtens einen Liquidationsstatus erstellt, einen Liquiditätsplan aufgestellt und die Liquidationseröffnungsbilanz in Auftrag gegeben. Er hat die Kündigung der Arbeitsverhältnisse veranlaßt und einen Sozialplan vereinbart. Er hat ferner vermögensrechtliche Ansprüche geprüft, Mietverträge geschlossen und mit der Verwertung des Grund- und Anlagevermögens sowie der Vorräte begonnen. ...

Der nach Abberufung des Kl. eingesetzte Liquidator hat die vom Kl. begonnenen Maßnahmen im wesentlichen fortgesetzt und auftretende Komplikationen, wie sie bei der Abwicklung zahlreicher Geschäfte mit einer Vielzahl von Kontrahenten immer wieder auftreten, ausgeräumt. Er hat, um auch hier einzelne Beispiele seiner Tätigkeit zu nennen, den Liquiditätsplan angepaßt, die Schlußbilanz und die Liquiditätseröffnungsbilanz abgestimmt, weitere Miet- und Pachtverträge geschlossen oder geändert, die bereits vom Kl. abgeschlossenen Grundstückskaufverträge abgewickelt und weitere Grundstücke veräußert, bewegliches Anlagevermögen verwertet und für die Räumung des Betriebsgeländes gesorgt. Er hat den Personalabbau weitergeführt und die dabei auftretenden Streitigkeiten begleitet, die Steuer- und Versicherungsangelegenheiten der Bekl. betreut, den Zahlungsverkehr überwacht und, worum sich der Kl. nicht vorrangig bemüht hatte, die Forderungseinziehung betrieben. ...

Der vom LG als Sachverständiger bestellte Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. M hat die von den beiden Liquidatoren erbrachten Leistungen in seinem Gutachten vom 24.4.1995 nach dem damaligen Stand gegeneinander abgewogen und den Anteil des Kl. mit 49 % bewertet. Er hat dabei einleitend darauf hingewiesen, daß über die Abgrenzung von Leistungsanteilen stets unendlich lange gestritten werden könne und seine Einschätzung eine Basis für eine Einigung der Parteien bilden solle.

Gegen dieses Gutachten haben beide Parteien Einwendungen erhoben. Der Kl. beanstandet im wesentlichen, daß die Leistungen seines Nachfolgers überschätzt worden seien, da sie bei Durchführung des von ihm erarbeiteten und schon beinahe abgeschlossenen Liquidationskonzepts in diesem Umfang gar nicht erforderlich gewesen wären. Die Bekl. hält das Gutachten ebenfalls für im Ansatz verfehlt. Sie meint, der Anteil des Kl. an den Gesamtleistungen könne vor Abschluß des Liquidationsverfahrens, an dessen Ende erst der Gesamtumfang aller erforderlichen Leistungen feststehe, gar nicht bestimmt werden.

Das LG hat sich im letzten Punkt der Ansicht der Bekl. angeschlossen und den Anteil des Kl. abweichend vom Gutachten des Sachverständigen auf 30 % geschätzt.

bb) Die vom LG vorgenommene Einschätzung der erbrachten Leistungen mit 30 % ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die von den Parteien hiergegen erhobenen Einwendungen sind unbegründet (wird ausgeführt).

cc) Gemessen an dem vereinbarten Gesamtziel der Vollbeendigung der Bekl. erscheint die von dem Sachverständigen vorgenommene Einschätzung der Leistungsanteile des Kl. zu hoch. Auf dem Wege zur vollständigen Liquidation der Bekl. ist der Kl. über einleitende Maßnahmen nicht hinausgelangt, was bei der Liquidation einer Gesellschaft mit einer Teilungsmasse von knapp 150 Mio. DM in nicht einmal vier Monaten auch nicht anders zu erwarten ist. Den Beginn der Liquidation hat der Kl. allerdings energisch und umfassend in Angriff genommen. Gleichwohl ist nicht zu bestreiten, daß für seinen Nachfolger gerade der besonders arbeitsintensive Teil der Liquidation, nämlich die vollständige Abwicklung jedes einzelnen Schuldverhältnisses und die Verwertung jedes einzelnen Vermögensgegenstands einschließlich der dazu erforderlichen rein tatsächlichen Vorkehrungen, ferner die umfassende Dokumentation aller Vorgänge und die abschließende Berichterstattung noch zu erledigen übrig geblieben ist. Die Leistung des Kl. hat sich, vereinfacht gesagt, darauf beschränkt, die Dinge auf den Weg zu bringen. Sein Nachfolger muß sie zum Ende führen.

Wie der weitere Gang des langwierigen Liquidationsverfahrens zeigt, ist der dem Nachfolger des Kl. hinterlassene Arbeitsaufwand beträchtlich und überwiegt deutlich den Leistungsanteil des Kl. Der Anteil des Kl. kann schon in Anbetracht der zeitlichen Ausdehnung des Liquidationsverfahrens und der Fülle der abzuwickelnden Einzelgeschäfte nicht mit mehr als 30 % angesetzt werden. Insoweit sind die Ansätze des Sachverständigen Dr. M, der dem Kl. in fast allen Leistungskomplexen eine Quote von mindestens 50 %, oft sogar wesentlich mehr zubilligt, nicht nachzuvollziehen.

Daß dem Kl. gleichwohl ein Leistungsanteil von 30 % zuerkannt wird, beruht auf der bereits vom LG angestellten Erwägung, daß der Beginn einer Liquidation stets mit besonderem Arbeitsaufwand verbunden ist, weil zunächst ein Überblick über den Vermögensstatus des Unternehmens gewonnen, umständlich Informationen beschafft und die weitere Verfahrensweise gründlich bedacht werden müssen. Diese besonders umfangreichen Anfangsarbeiten müssen auch dann besonders honoriert werden, wenn der Liquidator auf bereits von ihm selbst erstellte Gutachten zurückgreifen kann.

Der Senat vermag sich andererseits nicht der Auffassung des Kl. anzuschließen, daß die Liquidation zum Zeitpunkt seiner Abberufung so gut wie vollendet gewesen sei (wird ausgeführt).

Eine Schätzung kann naturgemäß keinen Anspruch auf vollständige Richtigkeit erheben. Unter Berücksichtigung aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Falles, von denen im Rahmen der notwendig knappen Urteilsbegründung (§ 313 Abs. 3 ZPO) nur einzelne Aspekte hervorgehoben werden konnten, scheint die Bewertung der Leistungsanteile des Kl. und seines Nachfolgers mit 30 % zu 70 % den Gegebenheiten jedoch am ehesten gerecht zu werden.

d) Der Kl. hat Anspruch auf Zahlung von 30 % des zweifachen Regelsatzes. Als maßgebliche Teilungsmasse ist der Betrag von 149.540.000 DM zugrundezulegen, den der Kl. in seiner Teilrechnung vom 12.8.1993 in Ansatz gebracht hat. Er kann also Zahlung von netto 459.000 DM verlangen.

Maßgeblicher Wert der Teilungsmasse ist der zuletzt vom Kl. mitgeteilte und damals unbeanstandet gebliebene Betrag. Es mag zutreffen, daß sich der Wert der Teilungsmasse im Laufe des weiteren Liquidationsverfahrens auf 125 Mio. DM verringert hat. Diese Veränderungen berühren den Kl. aber nicht. Denn die Vergütung des Liquidators muß sich, wenn ein Pauschalhonorar nach Maßgabe der Teilungsmasse vereinbart ist, auf diejenige Masse beziehen, die der jeweilige Liquidator tatsächlich zu verwalten hatte (vgl. Eickmann, VergVO, 2. Aufl. 1997, § 1 Rn. 10). Zeitbedingte Wertminderungen, die sich nach Beendigung der Verwaltungstätigkeit einstellen, können dem ausgeschiedenen Liquidator nicht entgegengehalten werden.

3. Erstattung von Kosten

Über den bereits vom LG zuerkannten Betrag von 459.000 DM hinaus kann der Kl. Zahlung von 14 % USt., also insgesamt 523.260 DM verlangen.

Der Kl. kann ferner Erstattung seiner Auslagen, also der von ihm verauslagten Bruttobeträge verlangen. Das sind weitere 5.299,34 DM. Gegen die Erstattung dieser Beträge hat die Bekl. keine Einwendungen erhoben.

Das Rundschreiben vom 28.10.1991 sah eine Erstattung von Fahrtkosten und Spesen ausdrücklich vor. Die Zahlung von USt. auf das Pauschalhonorar wird in dem Rundschreiben nicht eigens erwähnt. Daß die USt. zusätzlich zu zahlen sein sollte, ergibt sich jedoch aus den dem Kl. am 8.1.1992 und mit Rundschreiben vom 19.2.1992 übersandten Vertragsformularen, wo ihre Berechnung ausdrücklich vorgesehen ist.

Insgesamt ergibt sich damit eine Forderung des Kl. i.H.v. 528.559,34 DM. ...

Einsender: Rechtsanwalt Dr. Klaus Zimmermann, München

 
 

* Leitsätze der Redaktion.