GmbH-Gründung: EU-Rechtswidrigkeit der Gebühren für die Beurkundung eines Gesellschaftsvertrags als "Abgaben mit Gebührencharakter"?

Richtlinie 69/335/EWG des Rates v. 17.7.1969 (ABl. EG L 249, S. 25) i.d.F. der Richtlinie 85/303/EWG des Rates v. 10.6.1985 (ABl. EG L 156, S. 23) Art. 4 Abs. 3, Art. 10; EGV Art. 177; KostO § 36 Abs. 2, § 39 Abs. 1 S. 1, § 136 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 Ziff. 1, § 151 a

Der EuGH wird gemäß Art. 177 EGV i.V.m. Art. 20 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Vorabentscheidung über die folgende Rechtsfrage angerufen:

Sind die Gebühren für Beurkundungen und Beglaubigungen der Notare im Landesdienst des Landes Baden-Württemberg im OLG-Bezirk Karlsruhe bei Vorgängen, auf die sich Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie 69/335/EWG bezieht, von dem Verbot des Art. 10 dieser Richtlinie derart erfaßt, daß die Gebühren nur nach den konkreten Aufwendungen der Notare für die jeweilige Dienstleistung erhoben werden dürfen?

AmtsG Mülheim/Baden, Beschl. v. 20.6.2000 – UR II 42/99

Begründung:

Der EuGH hat am 29.9.1999 – Rs. C-56/98, GmbHR 1999, 1205 (Modelo SGPS SA gegen Director-Geral dos Registos e Notariedo) ein Urteil erlassen, dessen Anwendung auf das staatliche Notariat des Landes Baden-Württemberg von dem Justizministerium des Landes in Frage gestellt wird. In der Anlage (1) wird das diesbezügliche Schreiben des Justizministeriums Baden-Württemberg v. 14.10.1999 – 5656/0227 beigefügt (Volltext).

Die Entscheidung über die Erinnerung in dem o.g. vor dem AG anhängigen Verfahren hängt davon ab, ob die Grundsätze des Urteils des EuGH v. 29.9.1999 – Rs. C-56/98 auf die Verhältnisse der Notare im Landesdienst des Landes Baden-Württemberg, insbesondere im OLG-Bezirk Karlsruhe, anwendbar sind (Art. 177 Abs. 2 EGV). Das AG hat das Verfahren daher ausgesetzt und bittet den EuGH um eine Entscheidung, ggf. durch Beschluß gem. Art. 104 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften v. 19.6.1991.

Die Antragsteller machen -- ebenso wie in dem Verfahren C-56/98 (Modelo) -- geltend, die angefochtenen Notargebühren stellten in Wirklichkeit eine Steuer dar, der geforderte Betrag sei im Verhältnis zu der erbrachten Dienstleistung unverhältnismäßig und die Gebührenerhebung verstoße gegen die Richtlinie des Rates v. 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (Abl. EG v. 3.10.1969 Nr. L 249/25).

Das AG hat aus folgenden Gesichtspunkten Zweifel an der Vereinbarkeit der notariellen Gebührenordnung im Landesteil Baden des Landes Baden-Württemberg (OLG-Bezirk Karlsruhe) mit dem europäischen Recht:

Zur Qualifizierung als Steuer i.S. der Richtlinie:

Die Notare im Landesteil Baden des Landes Baden-Württemberg sind Beamte mit denselben Rechten und Pflichten wie sie bei den anderen Beamten bestehen. Ihre Bezüge setzen sich aus einem festen Betrag, der nach denselben Kriterien wie bei allen Beamten und Richtern festgesetzt wird, und einem veränderlichen Teil, der einen Anteil an den erhobenen Gebühren darstellt, zusammen.

Die Notare sind nicht Gläubiger der Gebühren, sondern die Gebühren werden direkt zur Landeskasse des Landes Baden-Württemberg erhoben. Sie werden im Haushalt des Landes Baden-Württemberg wie Steuern behandelt.

Eine Kasse, die wie in Portugal die Zahlung des festen Teils der Bezüge der Notare und anderen Beamten, die Kosten für die Notarausbildung, die Kosten für den Erwerb der Geschäftsräume und die Einrichtung der Notariate trägt, existiert in Baden-Württemberg nicht. Sämtliche diesbezüglichen Ausgaben trägt das Land Baden-Württemberg nach Maßgabe des Landeshaushaltsplans.

Alle Gebühren, die durch die Dienstleistungen der Notariate veranlaßt und die aufgrund einer staatlichen Rechtsvorschrift geschuldet werden, entrichten also Privatpersonen an den Staat zur Finanzierung staatlicher Aufgaben.

Der portugiesische Notar haftet persönlich für Amtspflichtverletzungen. Diesen Umstand hatte der Generalanwalt Cosmas als ein Argument gegen die Annahme einer indirekten Steuer aufgeführt. Beim badischen Notar haftet primär das Land Baden-Württemberg, nur bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz kann Rückgriff beim Notar genommen werden.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß alle Argumente, die den EuGH zur Qualifizierung der portugiesischen Notargebühren als indirekte Steuern veranlaßt haben, in Baden verschärft zutreffen und nicht einmal einer der entlastenden Umstände gegeben ist, die der Generalanwalt als Argument gegen die Annahme einer Steuer vorgetragen hatte.

Das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg bestreitet diesen Sachverhalt nicht und geht auch davon aus, daß die Notargebühren der Notare im Landesdienst indirekte Steuern darstellen. Denn auf S. 4 unter Ziff. 2 des Schr. v. 14.10.1999 heißt es:

"Die Gebühren, die von Notaren im Landesdienst nach der KostO in Angelegenheiten erhoben werden, die unter die Richtlinie fallen, können nur dann europarechtskonform sein, wenn sie lediglich den Aufwand decken der mit den Geschäften zusammen hängt, für den sie erhoben werden."
 
 
Zum Verbot des Art. 10 der Richtlinie:

Nach Art. 4 Abs. 1 a der Richtlinie unterliegt die Gründung einer Kapitalgesellschaft (hier: GmbH) der Gesellschaftssteuer. Art. 10 c der Richtlinie verbietet die Erhebung weiterer Steuern oder Abgaben über die Gesellschaftssteuer hinaus für eine im Zusammenhang mit einer auf der Rechtsform einer Gesellschaft beruhenden Formalität. Die vorliegende Beurkundung des Gesellschaftsvertrags stellt grundsätzlich eine solche Formalität dar.

Folglich ist davon auszugehen, daß die Gebühren für die notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrags nach Art. 10 c der Richtlinie grundsätzlich verboten sind, wenn sie eine Abgabe i.S. der Richtlinie darstellen.

Zur Ausnahme des Art. 12 Abs. 1 e der Richtlinie:

Da zwischen den nach Art. 10 der Richtlinie verbotenen Abgaben und den Abgaben mit Gebührencharakter zu unterscheiden ist, sind zu den letztgenannten nur Abgaben zu rechnen, die sich nach den Anforderungen für die erbrachte Leistung richten. Eine Abgabe, die keinen Zusammenhang zu den tatsächlichen Aufwendungen für diese Leistung aufweist oder sich nicht nach den Aufwendungen, deren Entgelt sie ist, sondern nach den gesamten Verwaltungs- und Investitionskosten der zuständigen Dienststelle richtet, ist eine Abgabe, für die allein das Verbot des Art.10 der Richtlinie gilt (vgl. EuGH v. 20.4.1993 – Rs. C-71/91 und C-178/91, Ponente Carni und Cispadana Costruzioni Slg. 1993, I-1915, Rn.41 und 42).

Die Abgabe steigt nach der Gebührenordnung der Bundesrepublik Deutschland proportional zu dem Geschäftswert. Allerdings ist – im Gegensatz zu der portugiesischen Gebührenordung – in Deutschland seit dem Erlaß des Gesetzes zur Änderung kostenrechtlicher Vorschriften v. 18.6.1997 (BGBl. I 1997, 1430) folgendes bestimmt:

"Bei der Beurkundung von Gesellschaftsverträgen, Satzungen und Statuten sowie von Plänen und Verträgen nach dem Umwandlungsgesetz ist der Wert höchstens auf 10 Millionen Deutsche Mark, in den Fällen des § 38 Abs. 2 Nr. 7, auch wenn mehrere Anmeldungen in derselben Verhandlung beurkundet werden, auf höchstens 1Million Deutsche Mark anzunehmen." Das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg meint, daß diese Bestimmung wegen des Unterschieds zum portugiesischen Recht die Anwendung der Leitsätze des Urt. des EuGH v. 29.9.1999 (Modelo) generell ausschließe. Denn die Begrenzung der Gebühren mit einem Höchstbetrag von 30.220 DM zzgl. MwSt. verhindere – anders als im portugiesischen Recht – eine unbegrenzte Steigerung der Gebühren.

Die Antragsteller widersprechen dieser vom Land Baden-Württemberg getroffenen Auslegung des Urteils des EuGH v. 29.9.1999 (Modelo).

Sie meinen, die Richtlinie könne auf diese Weise mit jeder Begrenzung durch eine Höchstgebühr, einer sog. "Deckelung", sei sie auch noch so hoch, unterlaufen werden. So sage der EuGH auch nicht, daß die fehlende Obergrenze das einzige Argument für die Annahme einer indirekten Steuer sei, vielmehr hebe der EuGH darauf ab, daß eine Abgabe ohne Deckelung "schon ihrer Natur nach" keine Gebühr i.S. der Richtlinie sein könne, und er stelle im folgenden Satz unter Berufung auf das EuGH-Urt. v. 2.12.1997 – Rs. C-188/95 Fantask A/S – Handelsregistergebühren) fest, daß wesentliches Kriterium der Vergleich zwischen der Höhe der Abgabe und dem konkreten Aufwand der Verwaltung für die spezielle Leistung sei. Daher komme es auf den jeweiligen Einzelfall an.

Aufgrund des EuGH-Urt. v. 2.12.1997 (Fantask) plant der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland in Handelsregisterangelegenheiten anstelle der bisherigen Wertgebühren (§ 26, § 79 KostO) aufwandsbezogene Festgebühren einzuführen. Auch die Justizverwaltung des Landes Baden-Württemberg hat durch Runderlaß v. 27.4.1998 – 5642/0015, ZIP 1998, 1246/1248; Mathias, JurBüro 1998, 566, dem Urteil des EuGH durch die Festlegung aufwandsbezogener vorläufiger Gebühren Rechnung getragen.

Hätten der Bundesgesetzgeber und das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg generell die Deckelung der Gebühren als maßgebliches Kriterium betrachtet, wären diese Maßnahmen unverständlich, denn es müßte eine einfache Deckelung ausreichen. Auch die Rechtsprechung hat sich hinsichtlich der Handelsregister gebührender Beurteilung angeschlossen (BayObLG v. 25.11.1998 – 3Z BR 164/98), daß eine kostenbezogene Gebührenerhebung indiziert ist.

Im übrigen erzielte das Land Baden-Württemberg aus den Handelsregistern Überschüsse von nur drei bis vier Mio. DM (Minister Prof. Dr. Goll in 35. Sitzung des Landtags), während die Überschüsse aus notarieller Tätigkeit dreistellige Millionenbeträge erreichen. Der Rechnungshof des Landes Baden-Württemberg hat in einer "Beratenden Äußerung" vom Mai 2000 festgestellt, daß das Land Baden-Württemberg aus den Beurkundungen der staatlichen Notare im Landesteil Baden einen Gewinn von 60 % erzielt.

Die Antragsteller räumen ein, daß die Gebühren der badischen Notariate dann dem Aufwand entsprechen könnten, wenn die Notariate in Baden so gut in personeller und sächlicher Hinsicht ausgestattet wären, wie dies im Bereich der freiberuflich tätigen Notare der Fall ist (siehe Stellungnahme des Justizministeriums Baden-Württemberg v. 4.11.1998, LT-Drucks. 12/3410, wo ein Gewinn von 171.212.000 DM bezogen auf das Haushaltsjahr 1998 genannt ist). Die Landesregierung verwendet jedoch die aus den Notariaten erwirtschafteten Gebühren zum größten Teil nicht für die Ausstattung der Notariate, sondern für andere staatliche Zwecke. Für die Beurteilung der zurückliegenden Beurkundungsfälle und der gegenwärtigen Situation sei nicht von dem Zustand auszugehen, der rechtmäßigerweise sein müßte, sondern in die Betrachtung einzubeziehen seien die tatsächliche gegenwärtige (mangelhafte) Ausstattung der badischen Notariate und die hierdurch auf Kosten der Rechtssuchenden erzielten Gewinne.

Die Antragsteller meinen, es sei nicht anzunehmen, daß diese Gewinne nur aus der Beurkundung anderer Rechtsgeschäfte resultieren und ausgerechnet die hier fraglichen Gebühren lediglich kostendeckend sein sollten. Die Ausführungen des Justizministeriums auf S. 5 oben des Schr. v. 14.10.1999 seien ohne konkrete Nachweise. Wenn jedoch behauptet werde, daß gerade ausschließlich diese Gebühren nur den Arbeitsaufwand und das Haftungsrisiko deckten, müsse das Land Baden-Württemberg hierfür den Beweis antreten (vgl. hierzu Schlußanträge des Generalanwalts Jacobs Nr. 48 in der Rechtssache des EuGH C-188/95 Fantask).

Zur unmittelbaren Wirkung des Art.10 der Richtlinie:

Nach st. Rspr. des EuGH kann sich der einzelne in all den Fällen, in denen Bestimmungen einer Richtlinie Inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor dem nationalen Gericht gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unrichtig in nationales Recht umgesetzt hat (vgl. insbesondere EuGH v. 23.2.1994 – Rs. C-236/92, Comitatio di coordinamento per la difesa della cava u.a" Slg. 1994, I-483, Rn. 8).

Wie der EuGH bereits festgestellt hat, ist das Verbot des Art. 10 der Richtlinie hinreichend genau und unbedingt, damit der einzelne es vor den nationalen Gerichten gegenüber einer gegen diese Richtlinie verstoßenden Bestimmung des nationalen Rechts geltend machen kann (Urt. v. 5.3.1998 – Rs. C-347/96, Solred Slg. 1998, I-937, Rn. 29).

Daher ist festzustellen, daß Art. 10 der Richtlinie Rechte begründet, auf die sich der einzelne vor den nationalen Gerichten berufen kann.

Die Berechnung der Notariatsgebühren in dem dem AG vorliegenden Fall ohne eine Anknüpfung an die Höhe des Kapitalbetrags hätte folgende Ergebnisse:

Im Fall der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags war ein zeitlicher Arbeitsaufwand des Notars von einer Stunde erforderlich, wie der Antragsteller und der Notar übereinstimmend dem AG mitgeteilt haben. Hieraus folgt ein Betrag von 108 DM. Hinzu kommt eine Arbeitsstunde des Unterstützungspersonals mit einem Betrag von 65 DM. Die Raumkosten betragen 2 mal 2,90 DM. Als weitere Ausgaben kommen hinzu die Kosten des Verwaltungsaufwands mit 2 mal 3,75 DM und die Gebührenanteile des Notars mit 190 DM. Die Summe dieser Beträge ergibt einen Endbetrag, der deutlich unter der nach der am Wert ausgerichteten Gebühr der Kostenordnung liegt.

Die hier genannten Betrage für Personalkosten und Sachkosten beruhen auf der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands bei der Festlegung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren und von sonstigen Entgelten für die Inanspruchnahme der Landesverwaltung v. 18.9.1995 (Baden-Württ. GABl. v. 18.10.1995, S. 567), die zu einer möglichst einheitlichen und einfachen Ermittlung des Verwaltungsaufwands beitragen soll.

Nach der Anweisung des Justizministeriums Baden-Württemberg v. 2.6.1998 – 5642/0015 soll in Handelsregisterverfahren nur ein vorläufiger Kostenansatz in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 4 KostVfG erfolgen. Endgültige Gebühren sollen erst festgesetzt werden, wenn durch eine neue gesetzliche Regelung Pauschalgebühren festgesetzt sind. Fraglich ist, ob dieses Verfahren zulässig ist, da der EuGH eine spätere pauschalierte Kostenerhebung nach dem Wortlaut des Urt. v. 2.12.1997 Fantask Rn.31 nicht ins Auge faßt, sondern davon spricht, diese Pauschalgebühren "im voraus" festzusetzen.

Nach der Meinung des AG ist – sofern die Vorlagefrage vom EuGH bejaht wird – die genannte Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums Baden-Württemberg v. 18.9.1995 (GABl. v. 18.10.1995, S. 567 ff.) eine geeignete und ausreichende Grundlage zur Erhebung der Notariatsgebühren im Landesteil Baden des Landes Baden-Württemberg.

Der Bezirksrevisor II beim LG Freiburg hat als Vertreter der Staatskasse zu dem vorliegenden Verfahren am 17.4.2000 – 2 M 68/00 eine Stellungnahme abgegeben. Er beruft sich – ebenso wie das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg – auf den Umstand, daß im deutschen Kostenrecht Höchstgebühren festgelegt seien, was die Anwendung des Modelo-Urteils ausschließe. Hierzu wurde bereits oben die entgegenstehende Meinung des Antragstellers dargelegt.

Außerdem trägt der Bezirksrevisor vor, daß in der Bundesrepublik Deutschland neben den im OLG-Bezirk Karlsruhe amtierenden staatlichen Notaren in anderen Bundesländern und in Württemberg freiberufliche Notare tätig seien. Daher sei es für den Kunden möglich, sich zu den gleichen Gebühren an einen freiberuflichen Notar zu wenden. Der hier betroffene OLG-Bezirk Karlsruhe, der mit dem Landesteil Baden identisch ist, hat eine Flächengröße von ca. 1500 qm. In diesem Bereich sind ausschließlich staatliche Notare tätig und keine freiberuflichen Notare. Das Land Baden-Württemberg hält mit seinen beamteten Notaren das Beurkundungsmonopol in Baden. Z.B. würde die Entfernung von Müllheim zum nächsten freiberuflichen Notar eine Reise von weit über 100 km in eine Richtung erforderlich machen, was die Kunden nicht ohne Not auf sich nehmen. Daher kann wohl nicht von einer freien Wahl des Kunden zwischen einem staatlichen Notar und einem freiberuflichen Notar gesprochen werden, vielmehr ist in weiten Bereichen des OLG-Bezirks Karlsruhe der Kunde faktisch gezwungen, den Dienst eines staatlichen Notars in Anspruch zu nehmen. Hierdurch werden die rechtsuchende Bevölkerung und damit auch Kapitalgesellschaften benachteiligt, denn unter den Gewinnabschöpfungen des Landes Baden-Württemberg i.H.v. 60 % leidet das staatliche Notariat in personeller und materieller Hinsicht, was sich auf die zu erbringenden Dienstleistungen entsprechend auswirkt.

Im übrigen vertritt der Bezirksrevisor generell die Meinung, daß es dem Staat erlaubt sein müsse, ein Gebührensystem aufrecht zu erhalten, das die Höhe der Gebühren nicht am tatsächlichen Aufwand (Kostendeckungsprinzip), sondern am Wert des Geschäfts bemißt. Hierdurch würde ein sozialverträgliches Wertgebührensystem geschaffen, durch das der sozial Stärkere den Schwächeren unterstütze. Sollte dieser Gedanke auch für notarielle Dienstleistungen zutreffen, die der Richtlinie des Rates v. 17.7.1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital (ABl. EG v. 3.10.1969 Nr. L 249/25) unterliegen, so wäre die oben gestellte Frage zu verneinen.
 

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