Kapitalerhöhung: Übertragung eines Grundstücks und Gebühren für Eigentumsumschreibung

KostO § 19, § 20; EG-Gesellschaftsteuerrichtlinie v. 17.7.1969 i.d.F. v. 10.6.1985

Wird zum Zwecke der Kapitalerhöhung ein Grundstück übertragen, so bestimmt sich der Wert für die Gebühren der Eigentumsumschreibung nach dem Grundstückswert. Die EG-Gesellschaftsteuerrichtlinie findet keine Anwendung.

OLG Hamm, Beschl. v. 9.10.2000 – 15 W 350/00

Gründe:

I.

Die frühere Eigentümerin des im eingangs genannten Grundbuch eingetragenen Grundstücks, Frau M, übertrug mit Vertrag v. 9.7.1997 (Urk.-Nr. ... des Notars ...) diesen Grundbesitz gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten der Firma ... GmbH & Co. KG in .... Diese Firma übertrug sodann -- u.a. -- diesen Grundbesitz mit notarieller Urkunde des genannten Notars vom gleichen Tage (Urk.-Nr. ...) auf die Beschwerdeführerin, und zwar zum Zwecke der Erhöhung ihrer Kommanditeinlage im Wege der Sacheinlage. Die Erhöhung der Kommanditeinlage der Veräußerin (...) ist im Handelsregister des AG Dorsten ... 1997 eingetragen worden, die Beschwerdeführerin wurde im Grundbuch als neue Eigentümerin des übertragenen Grundbesitzes eingetragen.

Der Kostenbeamte des Grundbuchamts hat für die Eigentumsumschreibung eine volle Gebühr nach einem Wert von 3.453.800 DM i.H.v. 5.300 DM erhoben. Gegen diesen Kostenansatz hat die Beteiligte zu 1) Erinnerung eingelegt, die der Rechtspfleger des AG am 23.7.1999 zurückgewiesen hat. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das LG mit Beschl. v. 27.3.2000 zurückgewiesen. Das LG ließ die weitere Beschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zu.

Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) .

II.

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist nach § 14 Abs. 3 S. 2 KostO statthaft, weil das LG sie zugelassen hat.

Das Rechtsmittel ist aber sachlich unbegründet, weil die Entscheidung des LG im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes beruht, § 14 Abs. 3 S. 3 KostO i.V.m. § 563 ZPO.

Entgegen der Auffassung des LG handelt es sich bei der Gebühr für die Eigentumsumschreibung nicht um eine Abgabe auf eine Einlage in eine Kapitalgesellschaft im Rahmen der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens. Denn die Gebühr ist nicht wegen der Erhöhung des Gesellschaftsvermögens angeordnet worden, sondern allein deswegen, weil das Grundbuchamt auf den Antrag der Beteiligten zu 1) eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch vorgenommen hat. Es war daher -- nur -- zu prüfen, ob dieser Vorgang unter Art. 10 lit. c der GesStRL des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/335/EWG i.d.F. der Richtlinie vom 10.6.1985 -- 85/303/EWG -- abgedruckt bei Lutter, Europäisches Unternehmensrecht, 4. Aufl., S. 791) fällt. Diese Frage hat der Senat im Parallelverfahren 15 W 3/00 mit Beschluß vom heutigen Tage verneint, so daß das LG die Beschwerde im Ergebnis richtig entschieden hat. Der Senat hat in dem genannten Beschluß ausgeführt:

"Die GesStRL vom 17.07.19969 hatte zum Ziel, zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen in den Mitgliedsstaaten die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital zu harmonisieren. Sie wendet sich an Kapitalgesellschaften (Art. 3 Abs. 1), denen Gesellschaften, Personenvereinigungen oder juristische Personen gleichgestellt werden, die einen Erwerbszweck verfolgen (Art. 3 Abs. 2) und zu denen auch die deutsche GmbH & Co. KG zählt (vgl. BayObLG EWIR l999, 221 = JurBüro l999, 205 = WM 1999, 1625 = ZIP l999, 363), und bestimmt, soweit es um Eintragungen geht -- und nur darum geht es vorliegend --, in Art. 10 lit. c), daß -- abgesehen von der Gesellschaftsteuer -- die Mitgliedsstaaten von Kapitalgesellschaften keine anderen Steuern oder Abgaben auf die der Ausübung einer Tätigkeit vorangehenden Eintragung oder sonstige Formalität erheben, denen die Gesellschaft aufgrund ihrer Rechtsform unterworfen werden kann. Einschränkend hierzu ist es nach Art. 12 Abs. 1 lit. e) gestattet, Abgaben mit Gebührencharakter zu erheben. Danach fallen aber die Gebühren für die vom Grundbuchamt hier vorgenommenen Eintragungen schon deshalb nicht unter Art. 10 lit. c) der GesStRL, weil diese Gebühren von jedermann erhoben werden, also gleichermaßen juristische und natürliche Personen treffen können, und demnach nicht durch die Rechtsform der Beteiligten zu 1) bedingt sind (ebenso: OLG Düsseldorf, JMBl. NW 2000, 281). Nur die Eintragung oder sonstige Formalität, die an einen für die Betätigung einer Gesellschaft und ihre Struktur typischen Vorgang anknüpft, wird von Art. 10 der GesStRL erfaßt (OLG Köln, Rpfleger 2000, 186). Die Gebühr für die Eigentumsumschreibung im Grundbuch knüpft aber nicht an die Erhöhung der Kommanditeinlage an, sondern an die Grundstücksübertragung. Sie hat daher keinerlei Bezug zur Gesellschaftsform.

Bei dieser Sach- und Rechtslage bedarf es keiner Entscheidung mehr darüber, ob es sich bei der vorgenommenen Eigentumsumschreibung um eine einer Tätigkeit vorangehende Eintragung oder sonstige Formalität i.S.d. Art. 10 lit. c) handelt, da die Tätigkeit der Beschwerdeführerin von der Erhöhung der Kommanditeinlage durch Einbringung der Grundstücke als Sacheinlage unabhängig war. Ebenso kann offen bleiben, ob es auch deshalb an einem sachlichen Hintergrund für die Anwendung der GesStRL fehlt, weil die Voreigentümerin ihren Grundbesitz als Sacheinlage in die Firma der Zwischenerwerberin, die Fa. ... GmbH & Co. KG und nicht in die Firma der Beschwerdeführerin eingebracht hat.

Der EuGH hat in seinen Entscheidungen, die sich mit der Auslegung der GesStRL befassen, keinen allgemeinen Grundsatz dahin aufgestellt, daß die Mitgliedstaaten generell keine Gebühren für staatliche Leistungen erheben dürfen, die über die Kosten für die jeweilige Leistung hinausgehen (so zutreffend BayObLG, Rpfleger 2000, 128 m. Nachw.). Zwar hat der EuGH solche Abgaben als Steuern qualifiziert und verboten, weil Art. 10 der GesStRL die Erhebung von Steuern -- ausgenommen die Gesellschaftsteuer -- verbietet. Die Entscheidungen (ZIP 1998, 206 = WM 1998, 2193; ZIP 1999, 1681, 1683) beschränken sich aber auf die Auslegung der GesStRL Auf von dieser Richtlinie nicht erfaßte Sachverhalte ist die Entscheidung nicht anzuwenden; die Gründe der genannten Entscheidungen enthalten keine Anhaltspunkte dafür, daß der EuGH die staatlichen Gebühren auch in von der Richtlinie nicht geregelten Bereichen beschränken will (BayObLG, aaO). Zu einer Vorlage der Sache an den EuGH nach Art. 234 EGV sieht sich der Senat daher nicht veranlaßt.

Soweit die Beteiligte zu 1) die Verfassungsmäßigkeit der Gebühren im Hinblick darauf in Zweifel zieht, daß der Personal- und Kostenaufwand geringer als die berechneten Gebühren sei, sieht der Senat keine Veranlassung, die Sache dem BVerfG vorzulegen angesichts des -- ohne Begründung ergangenen -- Beschl. des BVerfG v. 1.2.1999 (Kammer Report Hamm 1999, 34).

Eine Aussetzung dieses Beschwerdeverfahrens kam nicht in Betracht, weil kein Fall der Vorgreiflichkeit gegeben ist und Gerichtsgebühren ohnehin nicht anfallen (§ 14 Abs. 5 KostO), so daß auch unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinsparung für die Beteiligte zu 1) eine Aussetzung nicht veranlaßt war.

Einsender: RiOLG Helmut Engelhardt, Hamm
 

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