Werner G. Driesen / Tobias Freudenberg,    
Rechtsanwälte, GmbHR-Redaktion, Köln

 

Die GmbH im Jahre 2008

Ausblick auf neues Gesellschafts-, Bilanz- und Steuerrecht

Die GmbH, das Flaggschiff der deutschen Unternehmensformen, segelt auf Reformkurs. Nachdem der in die Jahre gekommene Kreuzer auf europäischer See in unruhiges Fahrwasser geraten war -- Konkurrenz unter britischer Flagge hatte ihm kräftig Wind gemacht --, befindet er sich nun zur Generalüberholung auf dem Trockendock in Berlin. Dort soll die einst so stolze Yacht mit Hochdruck fit gemacht werden für die Zukunft.

So steht der vom Gesetzgeber jahrelang vernachlässigten GmbH also ein ereignisreiches Jahr bevor. Allen voran das "MoMiG" wird Gesellschafter, Geschäftsführer und ihre Berater beschäftigen. Auch im Bilanzrecht tut sich einiges. Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) liegt als Referentenentwurf vor. Und im Steuerrecht setzt sich der Reformwahnsinn auch in 2008 nahtlos fort. Nach UntStRefG 2008 und JStG 2008 beschäftigt nun das ErbStRG die Praxis.

 

I. "MoMiG"

Über das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG), das seit dem 23.5.2007 als Regierungsentwurf vorliegt (letzter Stand nach wie vor BT-Drucks. 16/6140--vorab v. 25.7.2007), ist in dieser Zeitschrift schon viel berichtet worden. Derzeit wird es im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages beraten, der für den 23.1.2008 zu einer öffentlichen Anhörung eingeladen hat. Dem Vernehmen nach besteht weitgehend Einigkeit darüber und Diskussionsbedarf nur noch bei folgenden Punkten:

 

II. "BilMoG"

Auch über den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes -- BilMoG -- Volltext (PDF-Dokument)), den das Bundesjustizministerium am 9.11.2007 veröffentlicht hat, wurde bereits berichtet (Theile, GmbHR 2007, 1296 ff.; Driesen, GmbHR 2007, R 353 [R 354]). Deswegen hier nur kurz: Verbunden mit der Reform soll eine moderate Heranführung des Handelsbilanzrechts an die IFRS sein: Anstelle des handelsrechtlichen Jahresabschlusses kann dann auch ein solcher nach den IFRS aufgestellt werden, dessen Anhang aber um eine HGB-Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung zu ergänzen ist. Durch das modernisierte HGB-Bilanzrecht soll aber auch eine gleichwertige, jedoch einfachere und kostengünstigere Alternative zu den IFRS geboten werden. Durch eine erneute Erhöhung der Schwellenwerte für kleine bzw. mittelgroße Gesellschaften (§ 267 HGB) werden weitere Gesellschaften "klein" im Sinne des Bilanzrechts und können größenabhängige Erleichterungen bei Aufstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses in Anspruch nehmen. Kaufleute und Personengesellschaften, die nicht mehr als 50.000 € Jahresüberschuss und nicht mehr als 500.000 € Umsatzerlöse erzielen, sollen gänzlich von der handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzpflicht befreit werden (§ 241a HGB-E). Angestrebt wird also eine gewisse Entlastung des Mittelstands, die uneingeschränkt zu begrüßen ist.

 

III. "UntStRefG 2008"

Mit Erscheinen dieser Ausgabe tritt das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) in Kraft. Über seine Auswirkungen auf die GmbH ist bereits umfassend berichtet worden. Verbunden damit sind im Wesentlichen

 

IV. "JStG 2008"

Nachdem das Jahressteuergesetz 2008 vom Bundestag am 8.11.2007 verabschiedet worden ist, hat ihm der Bundesrat am 30.11.2007 zugestimmt. Während der Drucklegung dieser Ausgabe wird es ausgefertigt und verkündet (eine BGBl.-Fundstelle lag daher bei Redaktionsschluss noch nicht vor), mit Erscheinen dieses Hefts trifft es in Kraft. Bemerkenswert ist, dass damit bereits wieder Änderungen vorgenommen worden sind, die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 erst eingeführt wurden (also zum Zeitpunkt der Verabschiedung noch gar nicht in Kraft waren). Was das JStG 2008 alles bringt, ist im Überblick durch Levedag, GmbHR 2007, R 358 dargestellt worden, Einzelheiten erfolgen durch Neumann/Stimpel in der nächsten Ausgabe.

 

V. "ErbStRG"

Erst am 21.11.2007 hat das Bundesfinanzministerium den Referentenentwurf zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (ErbStRG) vorgelegt (Volltext (PDF-Dokument); Überblick bereits durch Levedag, GmbHR 2007, R 374). Während der Durcklegungsarbeiten zu dieser Ausgabe ist auch bereits der Regierungsentwurf vorgelegt worden (BR-Drucks. lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor). Nach dem Zweck dieses Gesetzesprojekts soll die Unternehmensnachfolge bei Erbschaften oder Schenkungen insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen erleichtert werden; dies v.a. durch

 

IV. EU-Recht

Ein schon lange auf der Agenda befindliches Projekt scheint nun in die Realisierungs-Phase zu gelangen: Die EU-Kommission hat die Arbeiten an einer "Europäischen Privatgesellschaft" (EPG) aufgenommen (s. schon Fietz, GmbHR 2007, R 321 f.). Kleinen und mittleren Unternehmen in Europa soll eine Unternehmensform angeboten werden, die ihnen eine grenzüberschreitende Tätigkeit erleichtert und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Die EPG könnte als eine tendenziell von einem kleineren Gesellschafterkreis gehaltene, nicht börsennotierte Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und beschränkter Haftung für ihre Gesellschafter gestaltet werden.

Ein anderes Projekt, die EU-Sitzverlegungs-Richtlinie, scheint hingegen vorerst vom Tisch. Die Kommission war der Meinung, in Gestalt der "Societas Europaea -- SE" und der Verschmelzungs-Richtlinie seien hinreichend Alternativen vorhanden, um dem Bedürfnis grenzüberschreitender Mobilität von Gesellschaften zu genügen (Einzelheiten bei Grohmann/Gruschinske, GmbHR 2008, 27 ff. -- in diesem Heft). Eine kostengünstige identitätswahrende grenzüberschreitende Sitzverlegung ohne Auflösung und Neugründung ist damit aber nicht möglich. Trotz bestehender Bedenken unter dem Gesichtspunkt der EU-Niederlassungsfreiheit -- durch EuGH-"Centros/Überseering/Inspire Art" wurde zwar die Anerkennung von Zuzugsfällen durchgesetzt, aber wer sich einmal niedergelassen hat, ist de facto "gefangen" -- ist von Seiten deutscher Gerichte eine Anerkennung des Wegzugs nicht zu erwarten; diese halten auch eine Vorlage an den EuGH nach wie vor nicht für erforderlich (s. zuletzt wieder OLG München v. 4.10.2007 -- 31 Wx 36/07, GmbHR 2007, 1273). Von daher hätte die Sitzverlegungs-Richtlinie für eine gewisse Rechtssicherheit gesorgt. Deswegen richten sich nun alle Hoffnungen auf das vor dem EuGH anhängige Verfahren "Cartesio" (dazu Kleinert/Schwarz, GmbHR 2006, R 365 f.).

Wachsenden Einfluss nimmt das EU-Recht auch auf das nationale Steuerrecht, was insbesondere in der zunehmenden Rechtsprechung des EuGH auf dem Gebiet des Steuerrechts zum Ausdruck kommt. Diese Entscheidungen des EuGH haben nachhaltige Auswirkungen auch auf die Besteuerung deutscher GmbHs sowie ihrer Gesellschafter und Geschäftsführer(s. dazu i.E. Rehm/Nagler, GmbHR 2008, 11 ff. -- in diesem Heft).