Dr. Ursula Kleinert / Dr. Jens Kleinert,
Rechtsanwälte, Düsseldorf

Neue Transparenzanforderungen für Unternehmen durch "EHUG" und "TUG"

Im Zuge ihrer Bemühungen, die Offenlegungsanforderungen für Unternehmen europaweit zu harmonisieren und die Neuen Medien zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Information und Publizität nutzbar zu machen, hat die EU im Dezember 2004 die Transparenzrichtlinie (Richtlinie 2004/109/EG) und im Juli 2003 die Publizitätsrichtlinie (Richtlinie 2003/58/EG) verabschiedet, die bis zum 20.1.2007 bzw. 31.12.2006 in nationales Recht umzusetzen waren. Die Umsetzung in Deutschland ist mit zwei Gesetzen erfolgt: Das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG), in Kraft getreten am 1.1.2007 (BGBl. I 2006, 2553), und das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG), in Kraft getreten am 20.1.2007 (BGBl. I 2007, 10). Während das TUG vor allem für Emittenten von Bedeutung ist, deren Wertpapiere an einem geregelten Markt zugelassen sind, hat das EHUG Auswirkungen auf nahezu alle Unternehmen.

I. Neuerungen durch das EHUG

1. Elektronisches Handelsregister

Mit dem EHUG erfährt das deutsche Handelsregistersystem eine grundlegende Modernisierung. Das Gesetz sieht vor, dass ab dem 1.1.2007 bundesweit sämtliche Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister zwingend elektronisch zu führen sind. Die Registerführung bleibt weiterhin den Amtsgerichten zugewiesen. Einreichung, Speicherung, Bekanntmachung und Abruf erfolgen grundsätzlich nur noch elektronisch. Die Landesregierungen können allerdings noch bis Ende 2009 die Einreichung in Papierform erlauben, um den Unternehmen den Übergang zu erleichtern. Aus Gründen der Rechtssicherheit bleibt für die Anmeldung zur Eintragung eine öffentliche Beglaubigung erforderlich. Zudem werden bis Ende 2008 die Bekanntmachungen nicht nur elektronisch, sondern zusätzlich noch in einer Tageszeitung erfolgen.

2. Einführung eines elektronischen "Unternehmensregisters"

Eine Neuheit ist das elektronische "Unternehmensregister". Auf der Internetseite "www.unternehmensregister.de" werden die wichtigsten veröffentlichungspflichtigen Daten über ein Unternehmen zentral zusammengeführt und für Interessierte elektronisch abrufbar vorgehalten. Das umfasst auch den Zugang zu den Handels-, Genossenschafs- und Partnerschaftsregistern und zu den zu veröffentlichenden Jahresabschlüssen. Welche Daten im Unternehmensregister im Einzelnen vorzuhalten sind, ist in § 8b HGB geregelt. Beliefert wird das Unternehmensregister einerseits von den Landesjustizverwaltungen, zum anderen vom Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers (der auch das Unternehmensregister führt) sowie den betroffenen Unternehmen selbst bzw. einen mit der Übermittlung beauftragten Dritten.

3. Änderungen bei der Offenlegung des Jahresabschlusses

Wichtige Änderungen gibt es weiterhin bei den Publizitätspflichten in Bezug auf die Rechnungslegung. Die Rechnungslegungsunterlagen sind nicht mehr beim Handelsregister einzureichen, sondern beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers. Die Einreichung hat ausschließlich in elektronischer Form zu erfolgen, wobei es auch hier eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2009 gibt. Für Kapitalgesellschaften, die Finanzinstrumente emittieren, die an einem geregelten Markt innerhalb der EU/EWR zugelassen sind, beträgt die Frist zur Veröffentlichung künftig nur noch 4 Monate. Zu beachten ist, dass bereits Jahres- und Konzernabschlüsse sowie Lageberichte und Konzernlageberichte für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2005 beginnen, von den neuen Offenlegungsregeln erfasst sind.

Anders als bisher das Amtsgericht prüft nun der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers, ob die einzureichenden Unterlagen fristgerecht und vollzählig eingereicht werden. Bei Verstößen wird vom Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeld (bis 50.000 €) verhängt (das bisherige Antragserfordernis entfällt), und zwar gegen die Geschäftsführer und Vorstände persönlich, fakultativ auch gegen die Gesellschaft selbst. Vor der Verhängung des Ordnungsgeldes ist dies anzudrohen und eine Frist von sechs Wochen zur Nachholung der Offenlegung zu setzen. Mit der Androhung sind den Beteiligten zugleich die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

II. Neuerungen durch das TUG

Das TUG erweitert die kapitalmarktrechtlichen Informationspflichten von bzw. betreffend Unternehmen, deren Aktien oder Schuldtitel an einem geregelten Markt innerhalb der EU notiert sind. Die wichtigsten Neuerungen sollen im Folgenden kurz dargestellt werden.

1. Beteiligungsmeldungen

Die Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten bei Veränderungen des Stimmrechtsanteils an börsennotierten Gesellschaften (§§ 21 ff. WpHG) werden in mehrfacher Hinsicht geändert.

Betraf die Meldepflicht bisher Stimmrechte an Gesellschaften, die in Deutschland notiert waren, so gilt sie nunmehr für Stimmrechte an Emittenten, für die Deutschland der Herkunftsstaat ist. Dies sind grundsätzlich Emittenten mit Sitz in Deutschland, eine genaue Definition findet sich in § 2b Abs. 6 WpHG.

Neben den bestehenden Schwellen für Stimmrechtsmitteilungen (5 %, 10 %, 25 %, 50 % und 75 %) werden zusätzliche Schwellen bei 3 %, 15 %, 20 % und 30 % eingeführt. Hierdurch soll ein unbemerktes "Anschleichen" von Investoren verhindert werden.

Während die Zurechnungstatbestände des § 22 WpHG im Wesentlichen unverändert bleiben, wird die (bisher auf Antrag) zulässige Nichtberücksichtigung des Handelsbestands von Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf maximal 5 % der jeweiligen Stimmrechte begrenzt.

Komplett neu eingeführt wird eine Meldepflicht in Bezug auf Finanzinstrumente, die ihrem Inhaber das Recht verleihen, einseitig im Rahmen einer rechtlich bindenden Vereinbarung mit Stimmrechten verbundene und bereits ausgegebene Aktien zu erwerben (§ 25 WpHG). Davon erfasst sind dingliche und vertragliche Erwerbsoptionen, Fest- und Termingeschäfte. Es gelten dieselben Meldeschwellen wie bei den Stimmrechtmitteilungen mit Ausnahme der 3 %-Schwelle.

Die Meldefrist wird von 7 Kalendertagen auf 4 Handelstage verkürzt.

Bestandsmeldungen zum Stichtag 20.1.2007 sind nur dann abzugeben, wenn noch aus keiner vorherigen Mitteilung ersichtlich ist, dass eine durch die Transparenzrichtlinie neu eingeführte Schwelle berührt wird oder sich aufgrund einer Änderung der materiellen Rechtslage der Stimmrechtsanteil ändert, dies die Berührung einer Schwelle auslöst und die Öffentlichkeit hiervon noch keine Kenntnis hat oder bisher nicht mitteilungspflichtige und nicht gemeldete Finanzinstrumente in schwellenrelevanter Höhe gehalten werden. Da die 3%-Schwelle nicht aufgrund der Transparenzrichtlinie, sondern auf eigene Initiative des deutschen Gesetzgebers eingeführt wurde, ist hierfür eine Bestandsmeldung nicht erforderlich. Sofern eine Bestandmeldung erforderlich ist, hat diese bis zum 20.3.2007 zu erfolgen.

2. Offenlegung von Finanzberichten

Inlandsemittenten (§ 2 Abs. 7 WpHG) von Wertpapieren (§ 2 Abs. 1 WpHG) haben nunmehr Jahresfinanzberichte zu erstellen und spätestens vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wenn sie nicht schon nach HGB zur Offenlegung verpflichtet sind.

Emittiert das Unternehmen Aktien oder Schuldtitel i.S.d. § 2 Abs. 1 S. 1 WpHG, hat es zusätzlich einen Halbjahresfinanzbericht zu erstellen und diesen unverzüglich, spätestens zwei Monate nach Ablaufs des Berichtszeitraums der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf ist die prüferische Durchsicht durch einen Abschlussprüfer nicht mehr obligatorisch, sondern liegt im Ermessen des Unternehmens. Hat eine Prüfung nicht stattgefunden, ist dies allerdings im Halbjahresfinanzbericht anzugeben.

Werden von einem Inlandsemittenten Aktien begeben, hat dieser darüber hinaus Zwischenmitteilungen der Geschäftsführung zu veröffentlichen, sofern nicht bereits ein Quartalsfinanzbericht erstellt und veröffentlicht wurde.

3. Zulassungsfolgepflichten

Die Transparenzrichtlinie sieht für Emittenten zugelassener Wertpapiere eine Reihe von Informations- und Publikationspflichten vor (z.B. Veröffentlichung der Mitteilung über die Ausübung von Umtausch-, Zeichnungs- oder Kündigungsrechten, Mitteilung beabsichtigter Änderungen der Satzung etc.). Diese entsprachen teilweise Verpflichtungen, wie sie in der Vergangenheit schon in § 39 BörsG bzw. §§ 63 ff. BörsZulV geregelt waren. Die betreffenden Regelungen wurden angepasst und in §§ 30a -- e WpHG überführt. Einige Informationspflichten, die ebenfalls in §§ 30a -- e WpHG enthalten sind, gehen jedoch über die bisherigen Pflichten hinaus. Sie betreffen insbesondere Informationspflichten hinsichtlich der Wahrnehmung und Änderung von Rechten aus Wertpapieren und im Zusammenhang mit der Einberufung von Hauptversammlungen. Wichtig ist, dass nunmehr auch alle Informationen zu veröffentlichen sind, die das Unternehmen in einem Drittstaat veröffentlicht hat und die für die Öffentlichkeit in der EU/EWR Bedeutung haben können.

4. Geänderte Mitteilungs- und Veröffentlichungsmodalitäten

Um wichtige Informationen künftig europaweit zugänglich zu machen sind Beteiligungsmeldungen, Insiderinformationen, directors´ dealings, Finanzberichte etc. nun grundsätzlich (kumulativ) auf drei Wegen zu kommunizieren: Übermittlung an das Unternehmensregister, Mitteilung an die Aufsichtsbehörde und "europaweite Veröffentlichung". Für letzteres ist die Nutzung eines "Medienbündels" erforderlich (§ 3a Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV).

III. Fazit

Die Neuregelungen, insbesondere die Einführung des elektronischen Unternehmensregisters, erleichtern die Informationsbeschaffung über ein Unternehmen sowohl in zeitlicher als auch finanzieller Hinsicht erheblich. Als Kehrseite entsteht den veröffentlichungspflichtigen Unternehmen ein massiver Mehraufwand. Abgesehen von der 3 %-Meldeschwelle für Stimmrechte hat der deutsche Gesetzgeber sich allerdings im Wesentlichen auf eine Eins-zu-Eins Umsetzung der EU-Richtlinien beschränkt und damit die Mehrbelastung auf das aufgrund der EU-Vorgaben nicht vermeidbare Ausmaß beschränkt.

 



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