Prof. Dr. Peter Ries, Berlin*

Neue Anmeldepflichten für das Handelsregister

Fast unbemerkt in der Gesetzesflut der letzten Monate hat der Gesetzgeber auch Bestimmungen des HGB und des AktG geändert, die für die gesellschaftsrechtliche Praxis von Bedeutung sind. Die Änderungen finden sich im Gesetz über elektronische Register und Justizkosten für Telekommunikation (ERJuKoG), BGBl. I 2001, 3422, das bezüglich der hier besprochenen Vorschriften am 11.12.2001 in Kraft getreten ist.

Eintragung der Vertretungsmacht bei Personengesellschaften

Die Änderungen betreffen zunächst das Handelsgesetzbuch. Nach dem neu eingefügten § 106 Abs. 2 Nr. 4 HGB muß die gesetzliche Vertretungsmacht der Organe von Personenhandelsgesellschaften ab sofort zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Gleiches gilt für Änderungen der Vertretungsmacht (vgl. Neufassung des § 107 HGB) und die Vertretungsmacht der Liquidatoren (vgl. Neufassung des § 148 Abs. 1 HGB). Die alten gesetzlichen Regelungen, wonach nur eine von der gesetzlichen Vertretungsmacht (= Einzelvertretungsmacht der persönlich haftenden Gesellschafter, Gesamtvertretungsmacht der Liquidatoren) abweichende Vertretungsregelung zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden mußte (§ 125 Abs. 4, § 150 Abs. 1 letzter Halbsatz HGB), wurden ersatzlos gestrichen. Für die Praxis bedeutet dies, daß nicht mehr die Abweichung von der gesetzlichen Vertretungsmacht, sondern jegliche Art von Vertretungsmacht -- also auch der gesetzliche Regelfall (= jeder persönlich haftende Gesellschafter vertritt die Gesellschaft allein, mehrere Liquidatoren vertreten die Gesellschaft gemeinschaftlich) zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet und eingetragen werden muß. Der zwingende Ausschluß der Kommanditisten von der gesetzlichen Vertretung (§ 170 HGB) muß allerdings nicht zur Eintragung angemeldet werden (vgl. Regierungsbegründung BT-Drucks. 14/6855, S. 19). Für Altgesellschaften sieht der neu eingefügte Art. 52 EGHGB und die Neufassung des § 71 Abs. 3 S. 2 der Handelsregisterverfügung eine Anmelde- und Eintragungspflicht bezüglich der gesetzlichen Vertretungsmacht erst bei Anmeldung einer vom gesetzlichen Regelfall abweichenden Vertretungsmacht oder bei Erstanmeldung von Liquidatoren vor; zusätzlich wird dem Registergericht die Möglichkeit der Eintragung der gesetzlichen Vertretungsmacht von Amts wegen eingeräumt.

Eintragung einer Kommanditisten-GbR

Weiter wurde § 162 Abs. 1 HGB um einen Satz ergänzt und die BGH-Rechtsprechung (vgl. BGH v. 16.7.2001 – II ZB 23/00, BGHReport 2001, 827) zur Kommanditistenfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – nachfolgend "GbR" – kodifiziert. Der Gesetzgeber differenziert allerdings nicht wie der BGH zwischen Außen-GbR und Innen-GbR – letztere wird wohl automatisch durch Beteiligung an einer KG zur Außen-GbR –, sondern regelt allgemein, daß neben der "GbR" (vgl. BT-Drucks. 14/7348, S. 29) auch die persönlichen Daten (= Namen, Vornamen, Wohnort und Geburtsdatum) der Gesellschafter der GbR mit zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden müssen, wenn eine GbR Kommanditistin einer KG ist. Gleiches gilt bei Veränderungen in der Zusammensetzung der Gesellschafter der GbR – auch hier wurde die oben zitierte BGH-Rechtsprechung kodifiziert. Ungeklärt und ungeregelt ist die Frage, was angemeldet und eingetragen werden muß, wenn an der GbR wiederum eine andere GbR beteiligt ist. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn der Gesetzgeber bei dieser Gelegenheit auch die Frage der Komplementärfähigkeit der GbR geklärt hätte. Nach dem oben zitierten Urt. des BGH und der Rechtsprechung des BGH zur Rechtsfähigkeit der Außen-GbR (BGH v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, BGHReport 2001, 237 = GmbHR 2001, R 67 ) wird man dies zumindest für die Außen-GbR bejahen müssen. Eine gesetzliche Regelung in den §§ 105 ff. HGB findet man aber nicht. Es ließe sich sogar aus der ausdrücklichen Aufnahme der GbR in den Vorschriften zur KG und dem gesetzgeberischen Schweigen zu den oHG-Vorschriften der (Umkehr-)Schluß ziehen, daß der Gesetzgeber die Komplementärfähigkeit der (Außen-)GbR verneint.

Beschränkung der konstitutiven Eintragung von Unternehmensverträgen

Begrüßenswert ist die Entscheidung des Gesetzgebers zur Neufassung des § 294 Abs. 1 S. 1 AktG. Danach entfällt bei Teilgewinnabführungsverträgen die Anmeldung und Eintragung der Berechnung über die Höhe des abzuführenden Gewinns (s. dazu Schulte/Waechter, GmbHR 2002, 189 – in diesem Heft). Gerade die Anmeldung eines ganzen Bündels von Teilgewinnabführungsverträgen mit bisweilen unterschiedlich und kompliziert zu berechnenden Beteiligungsquoten führte vor der gesetzlichen Neuregelung bei den Registergerichten zu kaum mehr zu bewältigenden Problemen, bei den anmeldenden Gesellschaften zu immensen Bekanntmachungskosten und zu unübersichtlichen Registereintragungen (vgl. Schulte/Ries, GmbHR 2001 R 269). Allerdings hat der Gesetzgeber sich nicht zur Abschaffung der materiellen Prüfungspflicht (vgl. Schulte/Ries, aaO) durchringen können, so daß es für die Registergerichte diesbezüglich keine Arbeitsersparnis gibt.

Offene Wünsche der Praxis

Wünschenswert wäre auch eine Ergänzung bei der Anmeldung und Eintragung der gesetzlichen Vertretungsorgane von Kapitalgesellschaften (Geschäftsführer, Liquidatoren, Vorstandsmitglieder, Abwickler) und der Prokuristen gewesen. Bekanntlich wird bei den gesetzlichen Vertretungsorganen der Tag der Bestellung, Abberufung oder Niederlegung und bei den Prokuristen der Tag der Erteilung bzw. des Erlöschens der Prokura nicht angemeldet und nicht eingetragen (vgl. § 53 HGB, § 8, § 39, § 67 GmbHG, § 37 Abs. 3, § 81, § 266 AktG, § 40 Nr. 4, § 43 Nr. 5 u. 6 Handelsregisterverfügung). Die Eintragung ist in diesen Fällen nur deklaratorisch. Die gesetzlichen Vertretungsorgane haben schon vor ihrer Eintragung mit dem Tag der Bestellung bzw. der Erteilung der Prokura die damit verbundene Vertretungsmacht und können die Gesellschaft schon entsprechend verpflichten. Für den Rechtsverkehr ist es wichtig zu erfahren, ab wann das gesetzliche Vertretungsorgan als solches bestellt oder die Prokura wirksam erteilt ist bzw. mit welchem Zeitpunkt die gesetzliche Vertretungsmacht endet oder die Prokura erlischt. Daher sollte gesetzlich geregelt werden, daß das jeweilige Datum des Beginns und des Endes der gesetzlichen Vertretungsmacht und der Prokura angemeldet und in das Handelsregister eingetragen werden muß.

 

* Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg und Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, Berlin.


Zurück