Ausländische GmbH: Keine Abhängigkeit der Anerkennung als eigene Rechtspersönlichkeit von einer Mindestkapitalausstattung nach dem Recht des Zuzugsstaats

EG Art.43, Art.48 EG

1. Art. 43 EG und 48 EG sind dahin gehend auszulegen, daß sie der Anwendung nationaler Bestimmungen entgegenstehen, die auf die Errichtung von Zweigniederlassungen einer Gesellschaft, die wegen der Vorteile in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden ist, die sich im Verhältnis zu einer Unternehmung ergeben, die nach dem Recht des Staats errichtet worden ist, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, das für die Errichtung und Volleinzahlung strengere Bestimmungen enthält als das Recht des Gründungsstaats, und deren Zielsetzung aus der Tatsache abgeleitet wird, daß die Gesellschaft ihre Tätigkeit vollständig oder nahezu vollständig im Staat der Zweigniederlassung ausübt und zudem keine tatsächliche Bindung zum Gründungsstaat hat das strengere Recht des Staats anwenden, in dem die Zweigniederlassung errichtet wird.

2. Weder Art. 46 EG noch die Bekämpfung der Mißbrauchsgefahr noch zwingende Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, wie sie in den Art. 2 bis 5 der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen verankert sind.

EuGH, Schlußanträge des Generalanwalts Siegbert Alber v. 30.1.2003 – Rs. C-167/01 – Inspire Art Ltd

I. Einführung

1. Das Kantongerecht Amsterdam hat dem Gerichtshof zwei Fragen über die Auslegung der Art. 43 EG und 48 EG sowie des Rechtfertigungstatbestands des Artikels 46 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese Fragen stellen sich in dem Rechtsstreit zwischen der Kamer van Koophandel en Fabrieken voor Amsterdam und der Inspire Art Ltd. Es geht dabei vor allem darum, ob die niederländische Zweigniederlassung der im Vereinigten Königreich gegründeten Inspire Art Ltd in das niederländische Handelsregister mit dem Zusatz formal ausländische Gesellschaft eingetragen werden muß. Nach der niederländischen Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen (Gesetz über formal ausländische Gesellschaften, im folgenden: WFBV) wäre die Eintragung dieses Zusatzes ins Handelsregister und seine spätere Führung im Geschäftsverkehr erforderlich. Das Kantongerecht fragt nach der Vereinbarkeit dieser Regelung mit den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit. Im Zusammenhang mit dieser Frage geht es auch um andere die Niederlassungsfreiheit gegebenenfalls beschränkende Rechtspflichten wie z.B. das Mindestkapital, die persönliche Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner und besondere formale Anforderungen.

II. Rechtlicher Rahmen

2. Die Art. 1 bis 5 der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen(2) lauten:

Artikel 1

Nach diesem Gesetz ist eine formal ausländische Gesellschaft eine nach einem anderen als dem niederländischen Recht gegründete Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ihre Tätigkeit vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden entfaltet und daneben keine tatsächliche Bindung an den Staat hat, in dem das Recht gilt, nach dem sie gegründet wurde. ...

Artikel 2

(1) Die bei einer formal ausländischen Gesellschaft zur Geschäftsführung befugten Personen müssen bei der Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister angeben, daß die Gesellschaft der Definition des Artikels 1 entspricht, und beim Handelsregister eine in niederländischer, französischer,deutscher oder englischer Sprache abgefaßte, öffentlich oder von einer zur Geschäftsführung befugten Person beglaubigte Abschrift des Gesellschaftsvertrags und, wenn diese in einer getrennten Urkunde enthalten ist, der Satzung hinterlegen. Sie müssen in der Anmeldung auch angeben, in welches Register und unter welcher Nummer die Gesellschaft eingetragen ist und das Datum der ersten Eintragung. Sie müssen in der Anmeldung ferner den Namen, wenn es eine natürliche Person betrifft, deren persönliche Daten und den Wohnsitz des Alleingesellschafters der Gesellschaft oder eines Teilgesellschafters einer ehelichen Gemeinschaft, zu der alle Kapitalanteile der Gesellschaft gehören, angeben, wobei die durch die Gesellschaft oder ihre Tochtergesellschaften gehaltenen Anteile nicht mitzählen. Die bei einer formal ausländischen Gesellschaft zur Geschäftsführung befugten Personen müssen jede Änderung des kraft Gesetzes im Handelsregister Eingetragenen anmelden, unter Angabe des Tages, an dem sie stattgefunden hat. Handlungen nach diesem Gesetz können nicht aufgrund einer Vollmacht erfolgen.

(2) Das in Absatz 1 genannte Handelsregister ist das durch diejenige Industrie- und Handelskammer geführte Handelsregister, die gemäß den Artikeln 6 und 7 des Handelsregistergesetzes 1996 dazu ermächtigt ist.

Artikel 3

(1) Alle Schriftstücke, Druckerzeugnisse und Mitteilungen, an denen die formal ausländische Gesellschaft beteiligt ist oder die von ihr herrühren, mit Ausnahme von Telegrammen und Werbungen, müssen den vollständigen Namen der Gesellschaft, ihre Rechtsform, ihren Sitz und den Ort der Niederlassung des Unternehmens aufführen, zu dem sie gehört, sowie, wenn sie nach dem für sie geltenden Recht in ein Register eingetragen sein muß, das Register, in dem, und die Nummer, unter der die Gesellschaft eingetragen ist, sowie das Datum der ersten Eintragung. Sie muß [sic] auch angeben, unter welcher Nummer die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist und daß die Gesellschaft eine formal ausländische Gesellschaft ist. Es ist untersagt, in den Schriftstücken, Druckerzeugnissen oder Mitteilungen wahrheitswidrig anzudeuten, daß das Unternehmen zu einer niederländischen juristischen Person gehört.

(2) Wird das Kapital der Gesellschaft erwähnt, so ist auf jeden Fall anzugeben, wie hoch das Nennkapital ist und welcher Anteil hiervon eingezahlt worden ist.

(3) Wird die Gesellschaft nach ihrer Auflösung fortgeführt, so ist ihrem Namen der Zusatz in Liquidation hinzuzufügen.

Artikel 4

(1) Das Nennkapital einer formal ausländischen Gesellschaft und der davon eingezahlte Anteil müssen sich mindestens auf den Betrag des Mindestkapitals nach Artikel 178 Absatz 2 des 2. Buches des Burgerlijk Wetboek (Zivilgesetzbuch)belaufen, so wie dieser Betrag zu dem Zeitpunkt lautete, zu dem die Gesellschaft erstmals der Definition des Artikels 1 entsprach.

(2) Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaft erstmals der Definition des Artikels 1 entspricht, muß ihr Eigenkapital sich mindestens auf das Mindestkapital gemäß Absatz 1 belaufen.

(3) Die zur Geschäftsführung befugten Personen müssen zusammen mit den Angaben nach Artikel 2 Absatz 1 bei dem dort genannten Handelsregister eine Abschrift einer Erklärung eines Registeraccountant oder eines Accountant-administratieconsulent [zwei verschiedene Wirtschaftsprüfer] hinterlegen, daß die Gesellschaft den Absätzen 1 und 2 entspricht. Artikel 204a Absatz 2 Sätze 2 und 3 des 2. Buches des Burgerlijk Wetboek ist entsprechend anwendbar. Die Erklärung muß sich auf einen Zeitpunkt beziehen, der nicht früher als fünf Monate vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Gesellschaft erstmals der Definition des Artikels 1 entsprach.

(4) Die zur Geschäftsführung befugten Personen haften neben der Gesellschaft gesamtschuldnerisch für alle während ihrer Geschäftsführung vorgenommenen Rechtsgeschäfte, durch die die Gesellschaft in dem Zeitraum vor Erfüllung des Artikels 2 Absätze 1 bis 3 verpflichtet wird oder in irgendeinem anderen Zeitraum, in dem Absatz 1 nicht erfüllt ist oder das Eigenkapital durch Ausschüttungen an Anteilseigner oder den Kauf von Anteilen unter den Betrag gemäß Absatz 1 fällt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 finden keine Anwendung auf Gesellschaften, für die das Recht eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einer Partei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 und ferner die Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 26), gelten.

Artikel 5

(1) Ungeachtet des Absatzes 2 findet Artikel 10 des 2. Buches des Burgerlijk Wetboek auf formal ausländische Gesellschaften entsprechende Anwendung. Die darin aufgeführten Verpflichtungen obliegen den bei der Gesellschaft zur Geschäftsführung befugten Personen.

(2) Die zur Geschäftsführung befugten Personen müssen jährlich binnen fünf Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahrs, außer bei einer Verlängerung dieser Frist um höchstens sechs Monate durch einen berechtigenden, aufgrund besonderer Umstände gefaßten Beschluß, einen Jahresabschluß und einen Jahresbericht erstellen. Auf den Jahresabschluß, den Jahresbericht und die übrigen Angabenfindet der 9. Titel des 2. Buches des Burgerlijk Wetboek entsprechende Anwendung, wobei die Offenlegung gemäß Artikel 394 dieses Buches durch Hinterlegung bei dem in Artikel 2 Absatz 2 genannten Handelsregister erfolgt.

(3) Absatz 2 findet keine Anwendung auf Gesellschaften, für die das Recht eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder einer Partei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 und ferner die Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl. L 222) und die Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g des Vertrages über den konsolidierten Abschluß (ABl. L 193) gelten.

(4) Die zur Geschäftsführung befugten Personen müssen jedes Kalenderjahr vor dem 1. April dieses Jahres beim Handelsregister einen Nachweis der Eintragung in das Register hinterlegen, bei dem die Gesellschaft nach dem für sie geltenden Recht eingetragen ist. Der Nachweis darf nicht früher als vier Wochen vor der Hinterlegung ausgestellt worden sein.

III. Sachverhalt und Vorlagefragen

3. Die Inspire Art Ltd ist eine nach englischem Recht gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr satzungsmäßiger Sitz ist Folkestone im Vereinigten Königreich. Die Gesellschaft entfaltet ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich im Königreich der Niederlande. Die Aufnahme einer Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich ist nicht beabsichtigt.

4. Die Errichtung im Vereinigten Königreich erfolgte wegen der Vorteile, die die englischen Rechtsvorschriften über die Errichtung und Aufrechterhaltung von Gesellschaften gegenüber den niederländischen Rechtsvorschriften bieten. Nach der Darstellung des vorlegenden Gerichts, das sich seinerseits auf die Ausführungen von Inspire Art Ltd stützt, liegen die Vorteile darin, daß nach englischem Recht bis zu einem Betrag i.H.v. 18.000 Euro keine Volleinzahlung von Aktien vorgeschrieben ist, die Errichtung erheblich schneller erfolgt, keine vorherige Prüfung der Errichtung vorgeschrieben ist und weniger strenge Voraussetzungen für Satzungsänderungen, Anteilsübertragungen und die Bekanntmachung gelten.

5. Nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts entspricht Inspire Art Ltd der Definition in Art. 1 der WFBV und wäre daher als formal ausländische Gesellschaft im Handelsregister einzutragen. Es stellt sich die Frage, ob diese Eintragung mit den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit vereinbar ist.

6. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts stellen die Vorschriften der WFBV eine Beschränkung der Rechts der freien Niederlassung in Bezug auf die niederländische Zweigniederlassung dergestalt dar, daß der Geschäftsführer von Inspire Art Ltd persönlich als Gesamtschuldner haftet, wenn er die Gesellschafteintragen läßt und die Geschäftstätigkeit aufnimmt, ohne den besonderen Vorschriften der WFBV zu genügen.

7. Das Kantongerecht stellt klar, daß die Vorschriften der WFBV nicht von Gesellschaften englischen Rechts erfüllt werden müssen, die auch in einem anderen Land als den Niederlanden einige Tätigkeiten entfalten, deren Hauptgeschäftsstelle ihren Sitz im Vereinigten Königreich hat oder wenn auf andere Weise eine nicht nur geringe tatsächliche Bindung an das Vereinigte Königreich besteht.

8. Das vorlegende Gericht weist noch darauf hin, daß die niederländischen Vorschriften erlassen worden sind, um die Verwendung ausländischer Gesellschaftsformen für rein niederländische Unternehmungen in der Weise einzuengen, daß auch für formal ausländische Gesellschaften aufgrund der Vorschriften der WFBV weiter gehende Verpflichtungen gelten. Es nennt in diesem Zusammenhang die oben zitierten Vorschriften der Art. 2 bis 5 der WFBV. Der Gesetzgeber habe mit diesen Vorschriften den Schutz derjenigen bezweckt, die mit der Gesellschaft zu tun haben, um sie vor Einbußen zu bewahren.

9. Das Kantongerecht Amsterdam legt dem Gerichtshof daher folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

(1) Sind Artikel 43 in Verbindung mit Artikel 48 (neu) des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft so auszulegen, daß sie den Niederlanden untersagen, aufgrund der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen vom 17.12.1997 nähere Vorschriften wie die in Artikel 2 bis 5 dieses Gesetzes genannten für die Errichtung einer niederländischen Zweigniederlassung einer Gesellschaft aufzustellen, die im Vereinigten Königreich wegen bestimmter Vorteile errichtet worden ist, die sich im Verhältnis zu einer Unternehmung ergeben, die nach niederländischem Recht errichtet worden ist, das für die Errichtung und Volleinzahlung strengere Bestimmungen enthält als das Recht des Vereinigten Königreichs, und deren Zielsetzung das niederländische Gesetz aus der Tatsache ableitet, daß diese Gesellschaft ihre Tätigkeit vollständig oder nahezu vollständig in den Niederlanden ausübt und zudem keine tatsächliche Bindung zu dem Staat hat, in dem das Recht gilt, nach dem sie errichtet worden ist?

(2) Muß, wenn die Auslegung dieser Artikel ergibt, daß die Regelung in der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen mit diesen Artikeln unvereinbar ist, Artikel 46 EG-Vertrag in der Weise ausgelegt werden, daß die Artikel 43 EG und 48 EG die Anwendbarkeit der niederländischen Regelung in der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen nicht beeinträchtigen, weil diese Regelung Vorschriften enthält, die aus den vom niederländischen Gesetzgeber genannten Gründen gerechtfertigt sind ?

IV. Stellungnahmen der Beteiligten

A. Zur Frage der Vertragswidrigkeit (erste Frage)

1. Befürworter einer Vertragswidrigkeit

10. Inspire Art Ltd, die britische Regierung und die Kommission sind der Auffassung, die Bestimmungen der WFBV verstießen gegen die Niederlassungsfreiheit. Sie machten eine Niederlassung in den Niederlanden zumindest weniger attraktiv.

11. Die Kommission setzt sich zunächst mit der Frage auseinander, ob die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit überhaupt auf einen Sachverhalt wie den vorgelegten anwendbar sind. Im Ergebnis bejaht sie diese Frage. Unter Verweis auf die Urt. in den Rs. Centros(3) und Segers(4) führt sie aus, eine Gesellschaft könne sich auch dann auf die Niederlassungsfreiheit berufen, wenn sie nur in einem Mitgliedstaat gegründet wird, um in einem zweiten Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung gründen zu können und um dort überwiegend oder sogar ausschließlich geschäftlich tätig zu werden. Aufgrund dieser Urteile sei es auch unerheblich, ob die Gründung in dem einen Mitgliedstaat nur erfolgt sei, um die gesetzlichen Bestimmungen des anderen Mitgliedstaats zu umgehen. Hierin liege nach der zitierten Rspr. kein Mißbrauch, sondern lediglich ein Gebrauchmachen von der im Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit. Inspire Art Ltd und die britische Regierung vertreten entsprechende Auffassungen.

12. Eine Berufung auf die Vorschriften der Niederlassungsfreiheit ist nach Ansicht der Kommission auch nicht durch die Anwendung der so genannten Sitztheorie ausgeschlossen. Nach dieser Theorie unterliegt die Gesellschaft den gesetzlichen Regeln des Staats, in dem sie ihren tatsächlichen Sitz hat. Dies richtet sich danach, wo die Geschäftsführung oder die zentrale Verwaltung der Gesellschaft ansässig ist.

13. Nach Ansicht der Kommission und der Inspire Art Ltd stellt die WFBV jedoch keine Anwendung der Sitztheorie dar. Vielmehr knüpfe Art. 1 der WFBV an der Tätigkeit der Gesellschaft an. Unter Berufung auf die Gesetzgebungsmaterialien vertreten sie die Auffassung, die WFBV folge dem aus dem Internationalen Privatrecht bekannten Konzept der Sonderanknüpfung, das zur Anwendung einiger zwingender Vorschriften des Empfangsstaats führe. Das in Art. 1 WFBV gewählte Anknüpfungskriterium der tatsächlichenGeschäftstätigkeit entspreche aber keinem der in Art. 48 EG niedergelegten Kriterien und verstoße daher gegen die Niederlassungsfreiheit.

14. Inspire Art Ltd vertritt die gleiche Auslegung der WFBV. Sie hebt hervor, der vorliegende Rechtsstreit beruhe auf dem Umstand, daß das niederländische Recht grundsätzlich das Recht des Gründungsstaats auf eine Gesellschaft anwende. Nur deshalb sei es für Niederländer möglich, nach ausländischem Recht Gesellschaften zu gründen mit dem Ziel, ausschließlich oder überwiegend in den Niederlanden tätig zu werden. Aus den Gesetzesmaterialien zur WFBV ergebe sich, daß der Gesetzgeber genau diesem Phänomen entgegenwirken wollte. Er habe diese als Mißbrauch gekennzeichnete Möglichkeit bekämpfen wollen, indem die Regeln des niederländischen Gesellschaftsrechts auf solche Gesellschaften für anwendbar erklärt würden. Zur Begründung habe der Gesetzgeber auf den Gläubigerschutz verwiesen. Infolgedessen sei die WFBV nicht als Anwendung der Sitztheorie zu verstehen.

15. Inspire Art Ltd weist des Weiteren darauf hin, die WFBV wandele lediglich die im niederländischen Recht bereits bestehende Kollisionsregel, nach der für die rechtliche Beurteilung einer Gesellschaft auf den Gründungsstaat abzustellen ist, dahin gehend ab, daß bestimmte zwingende Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts auf formal ausländische Gesellschaften, die also außerhalb der Niederlande keine oder keine wesentliche Geschäftstätigkeit ausübten, Anwendung fänden. Darüber hinaus würden zusätzliche Anforderungen bei der Eintragung und an die Angaben auf Schriftstücken gestellt.

16. Die Kommission vertritt darüber hinaus die Auffassung, ein Mitgliedstaat dürfe sich nicht auf die Sitztheorie stützen, um einer Gesellschaft, die nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats wirksam gegründet worden sei, das Recht der freien Niederlassung zu verweigern.

17. Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit liegt nach Ansicht von Inspire Art Ltd, der britischen Regierung und der Kommission schon allein deshalb vor, weil die WFBV die Niederlassung weniger attraktiv mache. Nach den Gesetzesmaterialien verfolge die WFBV ja gerade das Ziel, die Gründung ausländischer Gesellschaften mit der Absicht, anschließend lediglich in den Niederlanden tätig zu werden, zu bekämpfen.

18. Inspire Art Ltd trägt daneben noch vor, allein aufgrund der Tatsache, daß neben den Vorschriften des Gründungsstaats noch andere Vorschriften für anwendbar erklärt werden, liege bereits eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit vor, denn dies mache die Ausübung der Niederlassung weniger attraktiv.

19. Die britische Regierung weist noch auf die fundamentale Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes hin, die in der Möglichkeit liege, in anderen Mitgliedstaaten Zweigniederlassungen gründen zu können. Sie hält dieRechtsprechung im Fall Centros für vollständig auf den vorliegenden Fall anwendbar.

20. In Bezug auf die einzelnen Vorschriften tragen Inspire Art Ltd und die Kommission darüber hinaus noch Folgendes vor.

21. Die Kommission hält Art. 2 Abs. 1 WFBV insoweit er sich auf die Erklärung bezieht, daß die Gesellschaft der Definition in Art. 1 entspricht, sowie in Bezug auf die Angabe der ersten Einschreibung in ein ausländisches Handelsregister und in Bezug auf die Angaben einen Alleingesellschafter betreffend für unvereinbar mit Art. 2 der Elften Richtlinie 89/666/EWG(5) und mit Art. 43 EG und 48 EG. Diese Erklärungen und Angaben seien Informationen, die nach der Elften Richtlinie nicht anzugeben seien. Folglich stünden sie der Niederlassungsfreiheit entgegen. Hingegen hält die Kommission die übrigen Bestimmungen des Art. 2 Abs. 1 (Angabe des ausländischen Handelsregisters, Angabe der Nummer, unter der die Gesellschaft eingetragen ist, Hinterlegung einer beglaubigten Abschrift der Gründungsurkunde und des Statuts in niederländischer, französischer, englischer oder deutscher Fassung) für mit der Elften Richtlinie und der Niederlassungsfreiheit vereinbar.

22. Auch Art. 4 Abs. 3 WFBV (Vorlage einer Erklärung von Wirtschaftsprüfern) hält sie für unvereinbar mit Art. 2 der Elften Richtlinie und mit Art. 43 EG und 48 EG. Die Erklärung sei nicht in der abschließenden Aufzählung in Art. 2 dieser Richtlinie aufgeführt.

23. Die Kommission hält hingegen die in Art. 5 Abs. 4 statuierte Pflicht, jährlich eine Bescheinigung über die Eintragung im ausländischen Handelsregister vorzulegen, für mit der Elften Richtlinie und Art. 43 EG und 48 EG vereinbar.

24. Die Kommission möchte die Vorlagefragen umformulieren und unter Berufung insbesondere auf das Urt. in der Rs. Dias(6) diejenigen Bestimmungen der WFBV von der Untersuchung ausschließen, die sich nicht auf die Eintragung als solche beziehen. Insbesondere möchte sie eine Prüfung der Art. 3 und 6 WFBV sowie des Art. 4 Abs. 1, 2 und 4 WFBVausschließen. Desweiteren fänden Art. 5 Abs. 1 und 2 WFBV keine Anwendung, da die Ausnahmevorschrift des Abs. 3 eingreife.

2. Gegner einer Vertragswidrigkeit

25. Demgegenüber vertreten die Kamer van Koophandel, die deutsche, die italienische, die niederländische und die österreichische Regierung die Auffassung, die Vorschriften der WFBV seien mit den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit vereinbar oder entsprächen den Richtlinien zum Gesellschaftsrecht, insbesondere der Ersten, Zweiten, Vierten, Siebenten, Elften und Zwölften Richtlinie(7), oder aber stellten eine nicht diskriminierende Anwendung der Vorschriften dar, die auf nach niederländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaften anzuwenden sind.

26. Die italienische Regierung ist der Auffassung, Inspire Art Ltd könne sich nicht auf die Regeln über die Niederlassungsfreiheit berufen. Da sie im Gründungsstaat keinerlei Geschäftstätigkeit entfalte, sei ihre Niederlassung in den Niederlanden als Erstgründung anzusehen und nicht als Zweigniederlassung.

27. In die gleiche Richtung äußert sich die deutsche Regierung. Sie ist der Ansicht, es sei nicht Sinn und Zweck der Art. 43 EG und 48 EG, sog. Briefkastengesellschaften zu begünstigen, die keinerlei Geschäftstätigkeit im Staat ihres satzungsmäßigen Sitzes entfalteten. Vielmehr gingen Art. 43 EG und 48 EG von dem Regelfall aus, daß es sich um Unternehmen handele, die in ihrem Heimatstaat geschäftlich tätig seien. Sie hält die Rspr. im Urt. Centros daher für problematisch, nach der es ausreiche, daß eine Gesellschaft nach den Regeln eines Mitgliedstaats ordnungsgemäß gegründet sei, hingegen die Ausübung einer Geschäftstätigkeit in diesem Staat nicht erforderlich sei. Infolgedessen ist sie der Ansicht, daß auch weiterhin nationale Maßnahmen gegen Briefkastengesellschaften zulässig sein müssen. Die gleiche Auffassung vertritt im Ergebnis die österreichische Regierung.

28. Die italienische Regierung unterscheidet zwischen der Niederlassungsfreiheit natürlicher Personen einerseits und juristischer Personen andererseits. Sie ist der Auffassung, der Grund und die Grenze der Anerkennung einer Gesellschaft fremden Rechts resultierten aus den Aktivitäten, die die Gesellschaft zu entfalten beabsichtige. Die Anerkennung als juristische Person erfolge im Rahmen einer konkreten Rechtsordnung. Inwieweit die Gesellschaft auch in anderen Rechtsordnungen anerkannt werde, hänge von der Gleichwertigkeit der Bedingungen ab, die der Gründungsstaat und der Aufnahmestaat an die Gesellschaft stellten. Insofern seien die Mitgliedstaaten befugt, die Einhaltung zusätzlicher Vorschriften zu verlangen, um die Gleichwertigkeit mit den Gesellschaften, die nach ihrem Recht gegründet seien, herzustellen.

29. Die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung sind der Meinung, die WFBV schränke die Niederlassungsfreiheit nicht ein. Im Unterschied zur Rs. Centros werde die Eintragung der formal ausländischen Gesellschaft nicht verweigert. Es gehe daher nur um Vorschriften betreffend das Verhalten einer formal ausländischen Gesellschaft, nicht um deren Errichtung oder Anerkennung.

30. Die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung bestätigen, daß das niederländische Recht grundsätzlich das anwendbare Recht nach dem satzungsmäßigen Sitz einer Gesellschaft beurteilt. Sie verweisen auf Art. 2 der Wet conflictenrecht corporaties(8) und die Regelung in Art. 6 dieses Gesetzes, wonach dieses Gesetz unbeschadet der Bestimmungen der WFBV gilt. Die Anknüpfung nach niederländischem Privatrecht erfolge ohne Rücksicht auf eine eventuelle geschäftliche Betätigung im Gründungsstaat. Es komme grundsätzlich nicht auf den tatsächlichen Sitz der Gesellschaft an.

31. Wegen der ständig steigenden Zahl pseudo-ausländischer Gesellschaften vor allem nach englischem Recht und nach dem Recht des US-Staats Delaware, die keinerlei tatsächliche Verbindungen mit dem Gründungsstaat hätten, habe sich der niederländische Gesetzgeber aber veranlaßt gesehen, zum Schutz der Gläubigerinteressen, zur Betrugsbekämpfung, zur Gewährleistung der Effizienz der Steuerkontrolle und zur Verhinderung mißbräuchlicher Nutzung ausländischer Gesellschaften mit dem Erlaß der WFBV bestimmte, begrenzte Maßnahmen zu ergreifen. Die Kamer van Koophandel fügt hinzu, daß eine auffallend große Zahl dieser Gesellschaften in Konkurse verwickelt gewesen sei und die Gläubiger fast keine Möglichkeit gehabt hätten, ihre Verluste zu beschränken.

32. In diesem Zusammenhang verweist die Kamer van Koophandel auf die Präambel der WFBV, aus der hervorgehe, daß das Gesetz die Anwendung bestimmter Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts auf ausländische juristische Personen sicherstellen solle, die ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich oder zumindest weitgehend in den Niederlanden entfalteten und nur rein formal ausländische Gesellschaften seien. Es solle die mißbräuchliche Verwendung ausländischer Gesellschaften verhindert und der Schutz der Gläubiger gewährleistet werden.

33. Die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung sind der Meinung, die in der WFBV niedergelegten Maßnahmen seien nicht diskriminierend. Sie stellten lediglich die Anwendung zwingender Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts dar, die auch auf alle nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaften Anwendung fänden.

34. Zu den einzelnen Vorschriften der WFBV stellen die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung Folgendes fest:

35. Die in Art. 2 WFBV statuierten Pflichten (Erklärung, daß die Gesellschaft eine formal ausländische Gesellschaft i.S.d. Art. 1 ist, die Hinterlegung einer beglaubigten Kopie der Gründungsakte und ggf. der Satzung in niederländischer, französischer, englischer oder deutscher Sprache, Angabe des ausländischen Handelsregisters und des Datums der ersten Eintragung) entsprächen Art. 2 Abs. 2 Buchst. b und Art. 4 der Elften Richtlinie sowie Art. 2 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 Buchst. c der Elften Richtlinie. Die niederländische Regierung ergänzt, daß die übrigen Regelungen (Name, persönliche Angaben, Wohnsitz des Alleingesellschafters) den auf niederländische Gesellschaften anwendbaren Vorschriften entsprächen.

36. Dies gilt nach Auffassung der niederländischen Regierung auch für die solidarische Haftung der Geschäftsführer (Art. 4 Abs. 4 WFBV). Nach dem Zivilgesetzbuch (Art. 2:69 Abs. 2 und 2:180 Abs. 2) gelte diese Haftung auch für Gesellschaften niederländischen Rechts.

37. Ebenso entsprächen die in Art. 3 WFBV verankerten Pflichten denjenigen, die das Zivilgesetzbuch für niederländische Kapitalgesellschaften aufstelle (Art. 2:75 Abs. 1 und 2, Art. 2:186; Erlaß über das Handelsregister von 1996). Es gehe im einzelnen um die Bestimmungen über die Firma, unter der eine Gesellschaft auftrete. Im Übrigen entsprächen die Anforderungen des Art. 3 sowohl dem Art. 4 der Ersten Richtlinie die kraft der Beitrittsakte auch auf nach englischem Recht gegründete Gesellschaften mit beschränkter Haftung anwendbar sei als auch Art. 6 der Elften Richtlinie.

38. Auch Art. 4 Abs. 1 bis 3 WFBV normierten nichts weiter als die nach dem niederländischem Zivilgesetzbuch (Art. 2:178 und 2:204a Abs. 2) auf Kapitalgesellschaften anwendbaren Vorschriften. Die gesamtschuldnerische Haftungder Geschäftsführer nach Art. 4 Abs. 4 WFBV hingegen bestehe nur für die Geschäftsführer einer formal ausländischen Gesellschaft. Art. 4 Abs. 5 WFBV belege mit seinem Verweis auf die Zweite Richtlinie wiederum nur, daß die WFBV mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.

39. Zu Art. 5 WFBV führt die niederländische Regierung aus, er entspreche dem 9. Titel des 2. Buches des niederländischen Zivilgesetzbuchs mit seinen Vorschriften über den Jahresabschluß. Im übrigen entsprächen diese Bestimmungen der Vierten und der Siebten Richtlinie. Die Pflicht aus Art. 5 Abs. 4 WFBV entspräche Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der Elften Richtlinie. Im übrigen verweist die niederländische Regierung auf Art. 5 Abs. 3 WFBV, der wiederum mit seiner Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht die Vereinbarkeit der Bestimmung mit dem EG-Recht bestätige.

40. Trotz ihrer umfassenden Ausführungen zu den einzelnen Bestimmungen der WFBV sind die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung wie die Kommission der Meinung, die Vorlagefragen seien zu weit gefaßt. Nach der Rspr. in der Rs. Dias(9) müsse sich die Untersuchung durch den Gerichtshof auf die mit der Eintragung ins Handelsregister verbundenen Teile der WFBV beschränken. Dies seien Art. 2 Abs. 1 S. 1 bis 3 (Einschreibung als formal ausländische Gesellschaft), Art. 4 Abs. 4 (gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer) sowie Art. 4 Abs. 1 bis 3 (Bescheinigung eines Wirtschaftsprüfers, Mindestkapital, Eigenkapital und die gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer für diese Angaben). Alle übrigen Vorschriften seien ohne Bedeutung für den Ausgangsrechtsstreit und daher vom Gerichtshof auch außer Acht zu lassen.

41. Die Kamer van Koophandel, die deutsche und die niederländische Regierung berufen sich desweiteren auf das Urt. in der Rs. Daily Mail.(10) In diesem Urteil habe der Gerichtshof anerkannt, daß das Internationale Privatrecht der Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgeprägt sei, was den Anknüpfungspunkt für die rechtliche Behandlung einer Gesellschaft angehe. Er habe festgestellt, daß die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit diese Regelungen nicht überlagerten. Durch die WFBV würden lediglich die Regeln des niederländischen Rechts über die Anknüpfung am satzungsmäßigen Sitz einer Gesellschaft (Art. 2 der Wet conflictenrecht corporaties) ergänzt, indem bestimmte zwingende Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts auf Gesellschaften für anwendbar erklärt würden, die lediglich in den Niederlanden eine Geschäftstätigkeit ausübten und keinerlei tatsächliche Verbindung mit dem Gründungsstaat hätten. Folglich geschehe durch die WFBV nichts anderes als eine Anknüpfung an den Ort, an dem eine Gesellschaft tatsächlich ihre Geschäftstätigkeit ausübt. Daher seien diese Bestimmungen nach derRechtsprechung im Fall Daily Mail als für mit der Niederlassungsfreiheit vereinbar anzusehen.

42. Die Kamer van Koophandel und die deutsche Regierung weisen ergänzend darauf hin, daß auch nach dem Urt. in der Rs. Daily Mail noch keine Richtlinie über das Gesellschaftsrecht die Frage des Anknüpfungspunktes harmonisiert habe. Daher hätten die Aussagen dieses Urteils weiterhin Bestand.

43. Darüber hinaus verweisen die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung darauf, daß die Europäische Gemeinschaft erst mit dem Vertrag von Amsterdam überhaupt eine Zuständigkeit für Fragen des Internationalen Privatrechts erhalten habe. Auch nach der Einfügung des Art. 65 EG seien aber nach Art. 293 EG bestimmte gesellschaftsrechtliche Fragen im Wege einer Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten zu lösen. Dies zeige die besondere Stellung, die das Internationale Privatrecht weiterhin innehabe.

44. Nach Ansicht der niederländischen Regierung sind die Mitgliedstaaten weiterhin befugt, der Gründungstheorie zu folgen, wie sie in der Wet conflictenrecht corporaties und in der WFBV konkretisiert sei. Die Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit stünden dem nicht entgegen. Nach dem Urt. in der Rs. Centros(11) seien die Mitgliedstaaten befugt, Schutzmaßnahmen gegen die mißbräuchliche Ausnutzung von Grundfreiheiten zu ergreifen. Zu diesen Maßnahmen zählt die niederländische Regierung die WFBV.

45. Auch die deutsche Regierung sieht in der WFBV eine Maßnahme zur Verhinderung des Mißbrauchs der Niederlassungsfreiheit und der Umgehung strengerer nationaler Regelungen. Der Gerichtshof habe die Befugnis der Mitgliedstaaten zum Erlaß derartiger Maßnahmen im Centros-Urteil ausdrücklich anerkannt.(12)

46. Die niederländische Regierung hält diese Auffassung auch für vereinbar mit der Entscheidung in der Rs. Segers(13). Zwar liege in der bloßen Wahrnehmung der sich aus dem Vertrag ergebenden Freiheit noch kein Mißbrauch. Jedoch verweigere die WFBV ja auch nicht die Anerkennung der nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaft. Sie beuge lediglich der Möglichkeit vor, daß sich eine Gesellschaft den zwingenden Vorschriften des Rechts desjenigen Mitgliedstaats entziehe, in dem sie ihre Geschäftstätigkeit entfalte. Wenn das Verhalten einer Gesellschaft den einzigen Zweck verfolge, sich der Anwendung der Vorschriften über die Gründung einer Gesellschaft zu entziehen, so stellt dies nach Ansicht der niederländischen Regierung einen Mißbrauch dar, der zumindest nachdem gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts mit der WFBV bekämpft werden dürfe.

47. Die niederländische Regierung hält die von der WFBV auferlegten Pflichten für vor allem administrativer Natur. Gleichwertige Bedingungen seien allen nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaften auferlegt.

48. Die Elfte Richtlinie stellt nach Auffassung der niederländischen Regierung nur eine Teilharmonisierung dar. Außerhalb des von ihr geregelten Bereichs dürften die Mitgliedstaaten weiterhin gesetzgeberisch tätig werden.

49. Falls man doch von einem Eingriff in die Niederlassungsfreiheit ausgehe, so sei dieser Eingriff jedenfalls als geringfügig zu erachten und als solcher vereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht. Auch im Rahmen der Auslegung der anderen Grundfreiheiten habe die Rechtsprechung stets einen Eingriff von gewisser Intensität verlangt.(14)

B. Zur Frage der Rechtfertigung (zweite Frage)

1. Gegner einer Rechtfertigung

50. Inspire Art Ltd, die britische Regierung und die Kommission halten die Regeln der WFBV auch nicht für gerechtfertigt.

51. Eine Rechtfertigung nach Art. 46 EG scheidet nach Ansicht von Inspire Art Ltd, der britischen Regierung und der Kommission aus. Aus dem Urt. in der Rs. Centros(15) folge, daß eine mißbräuchliche Berufung auf die Niederlassungsfreiheit zwar ausgeschlossen sei. Ein solcher Mißbrauch ergebe sich aber nicht bereits aus der Tatsache, daß eine Gesellschaft im Gründungsstaat keinerlei Geschäftstätigkeit entfalte. Vielmehr sei in jedem Einzelfall durch die Behörden und Gerichte das Vorliegen der Voraussetzung einer derartigen Rechtfertigung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zu prüfen. Dem genüge eine allgemeine gesetzliche Regelung wie die WFBV nicht.

52. Im übrigen habe das Centros-Urteil eine Beschränkungsmöglichkeit allenfalls dann anerkannt, wenn die Einhaltung von Bestimmungen über die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten betroffen sei. Im Fall von Inspire ArtLtd gehe es aber um die Niederlassung schlechthin und um die Frage, ob die Regeln des niederländischen Gesellschaftsrechts, z.B. über das Mindestkapital, einzuhalten seien. Wie im Centros-Urteil festgestellt, liege in der Tatsache, daß man sich die günstigeren Regeln eines anderen Mitgliedstaats zunutze mache, noch kein Mißbrauch, sondern gerade ein Gebrauchmachen von der Niederlassungsfreiheit.

53. Nach Inspire Art Ltd bedarf es für die Anwendung des Art. 46 EG einer konkreten Bedrohung der öffentlichen Ordnung. Im Übrigen verweisen Inspire Art Ltd, die britische Regierung und die Kommission darauf, daß der Gerichtshof in der Rs. Centros entschieden hat(16), daß der Gläubigerschutz grundsätzlich nicht unter die Ausnahmeregelung des Art. 46 EG fällt.

54. Schließlich scheidet nach Auffassung von Inspire Art Ltd, der britischen Regierung und der Kommission auch eine Berufung auf zwingende Gründe des Gemeinwohls zur Rechtfertigung der Bestimmungen der WFBV aus. Zwar falle der Gläubigerschutz unter die Gründe des Gemeinwohls, die Bestimmungen der Art. 2, 4 und 5 WFBV seien aber ungeeignet, diesen Schutz zu bewirken.

55. Zunächst weisen Inspire Art Ltd und die Kommission darauf hin, daß die Gesellschaft als eine solche des englischen Rechts firmiere und insofern die Gläubiger nicht getäuscht werden könnten. Die Bestimmungen der Vierten und Elften Richtlinie garantierten eine gewisse Transparenz des Jahresabschlusses und der Gesellschaftsverhältnisse. Auch die Gläubiger hätten eine gewisse Verantwortung für ihr Handeln. Wenn ihnen die Sicherheiten nach englischem Recht nicht genügten, könnten sie ja entweder auf zusätzlichen Sicherheiten bestehen oder aber vom Vertragsabschluß mit der Gesellschaft ausländischen Rechts Abstand nehmen.

56. Im übrigen weisen die britische Regierung und die Kommission darauf hin, daß die WFBV nicht anwendbar gewesen wäre, wenn Inspire Art Ltd in einem anderen Mitgliedstaat auch nur eine geringfügige Geschäftstätigkeit entfaltet hätte. In diesem Fall sei aber die Gefahr für die Gläubiger genauso groß, wie im Fall, daß die Geschäftstätigkeit ausschließlich in den Niederlanden entfaltet werde.

57. Die Bestimmungen über das Mindestkapital gewährleisten nach Auffassung von Inspire Art Ltd keinen Gläubigerschutz. Das Mindestkapital könne z.B. unmittelbar nach der Aufbringung und nach der Eintragung der Gesellschaft auch nach niederländischem Recht insgesamt sofort wieder als Darlehen vergeben werden. Es stünde damit den Gläubigern nicht zur Verfügung. Insofern seien diese Vorschriften der WFBV nicht einmal zur Erreichung des angestrebten Schutzes der Gläubiger geeignet.

58. Die Bestimmungen über die gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer sind nach Ansicht der Inspire Art Ltd und der Kommission darüber hinaus diskriminierend. Sie seien nach Art. 4 Abs. 4 WFBV auch dann zur Haftung verpflichtet, wenn nach der Eintragung ins Handelsregister das Mindestkapital unter die vorgeschriebene Grenze absinke. Die Geschäftsführer einer nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung (b.v.) unterlägen hingegen nicht dieser strengen Haftung. Außerdem werde der Kreis der zur Haftung Verpflichteten gegenüber Gesellschaften niederländischen Rechts auf diejenigen erweitert, die tatsächlich die Geschäfte der Gesellschaft führten.

59. Die Vorschriften des Art. 4 Abs. 1, 2 und 4 WFBV sind nach Auffassung der Kommission im Übrigen unverhältnismäßig, da Inspire Art Ltd als Gesellschaft englischen Rechts firmiere. Darüber hinaus böten die Bestimmungen der Vierten und der Elften Richtlinie den Gläubigern genügend Transparenz.

60. Inspire Art Ltd und die britische Regierung vertreten im Ergebnis die gleiche Auffassung. Die britische Regierung fügt hinzu, die Mitgliedstaaten seien nicht befugt, über den durch die Vierte und die Elfte Richtlinie auf Gemeinschaftsebene errichteten harmonisierten Schutz der Gläubigerinteressen hinausgehende Anforderungen an Zweigniederlassungen ausländischer Gesellschaften zu stellen.

61. Im übrigen seien weniger einschneidende Maßnahmen denkbar. So könnte man z.B. die rechtlichen Voraussetzungen dafür schaffen, daß die öffentlichen Gläubiger entsprechende Garantien von diesen Zweigniederlassungen erhielten.(17)

62. Desweiteren hält die britische Regierung die Vorschriften der WFBV über die Buchführung und den Jahresabschluß für unnötig. Das englische Recht stelle für Gesellschaften mit beschränkter Haftung geeignete Regeln über den Jahresabschluß auf. Im Übrigen verstießen diese Bestimmungen gegen die Elfte Richtlinie, nach der die Staaten, in denen die Zweigniederlassung ihren Sitz habe, bestimmte Auskünfte nicht verlangen dürften.

2. Befürworter einer Rechtfertigung

63. Im Gegensatz hierzu halten die Kamer van Koophandel, die deutsche, die niederländische und die österreichische Regierung die Vorschriften der WFBV auf jeden Fall für gerechtfertigt, und zwar sowohl nach Art. 46 EG als auch aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls.

64. Die WFBV verfolge den Zweck der Betrugsbekämpfung. Dies sei in den Rs. Centros und Segers ausdrücklich als legitimer Rechtfertigungsgrund anerkannt worden.(18) Desweiteren diene die WFBV dem Schutz der Gläubiger, der ebenfalls in der Rechtsprechung als Rechtfertigungsgrund anerkannt sei.(19) Darüber hinaus verfolge die WFBV den Zweck, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen zu gewährleisten, was genauso ein von der Rspr. gebilligter Rechtfertigungsgrund sei.(20) Schließlich werde die Lauterkeit des Handelsverkehrs geschützt. Auch dies sei ein legitimer Rechtfertigungsgrund.(21)

65. Die Registrierung derartiger Briefkastenfirmen erfüllt nach Ansicht der österreichischen Regierung eine Warnfunktion. Die Information sei für potenzielle Geschäftspartner wichtig, um sich darüber klar zu werden, ob sie mit dieser Gesellschaft in Geschäftsbeziehungen treten wollten. Im Urt. Centros sei das Bedürfnis des Geschäftsverkehrs nach derartigen Informationen ausdrücklich anerkannt worden.(22)

66. In die gleiche Richtung geht die Argumentation der Kamer van Koophandel und der niederländischen Regierung. Die in Art. 2 Abs. 1 WFBV verlangte Angabe der ersten Eintragung in ein ausländisches Handelsregister informiere Dritte über den Zeitpunkt, ab dem die Gesellschaft existiere, seit wann sie geschäftlich tätig sei und ob sie ggf. eine etablierte Stellung auf dem Markt einnehme. An dieses Datum könnten sich auch bestimmte Rechtsfolgen knüpfen, etwa die Erlangung der Rechtsfähigkeit.

67. Die Information über die Eigenschaft, eine formal ausländische Gesellschaft zu sein, ermögliche es Dritten, von diesem Umstand Kenntnis zu nehmen und ihn bei der Einschätzung der Zuverlässigkeit der Gesellschaft zu berücksichtigen. Die Information, daß die Gesellschaft einem fremden Recht unterliege, sei auch für die zuständigen staatlichen Stellen wichtig.

68. Das Interesse Dritter zu wissen, daß es nur einen Gesellschafter gebe (vgl. Art. 3 WFBV), sei in Art. 3 der Zwölften Richtlinie ausdrücklich anerkannt.

69. Die Regelung in Art. 4 WFBV diene vor allem dem Gläubigerschutz. Die Bedeutung des Mindestkapitals sei in Art. 6 der Zweiten Richtlinie für die unter diese Richtlinie fallenden Gesellschaften ausdrücklich anerkannt worden. Die Regeln über das Mindestkapital verfolgten vor allen Dingen das Ziel, die finanzielle Verläßlichkeit der Gesellschaften zu stärken und damit den öffentlichen und privaten Gläubigern einen größeren Schutz zu gewährleisten. Sie dienten allgemeiner dazu, alle Gläubiger vor dem Risiko einer mißbräuchlichen Zahlungsunfähigkeit durch die Errichtung von Gesellschaften zu bewahren, die von Anfang an nicht mit dem nötigen Kapital ausgestattet seien.

70. Die gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer stelle schließlich nur eine angemessene Sanktion für den Fall dar, daß die Vorschriften der WFBV nicht beachtet würden. Im übrigen unterlägen auch die Geschäftsführer einer niederländischen Gesellschaft einer vergleichbaren Haftung. Sie sei dem Gemeinschaftsrecht auch nicht fremd, wie Art. 51 des Vorschlags einer Verordnung über eine Europäische Gesellschaft belege. Darüber hinaus lasse Art. 4 Abs. 1 der Zweiten Richtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, geeignete Haftungsregeln für den Fall zu erlassen, daß eine Auflösung der Gesellschaft nicht möglich sei.

71. Die Kamer van Koophandel führt aus, die Regelungen der WFBV seien nicht diskriminierend. Vielmehr führten sie gerade dazu, daß auf die ausländischen Gesellschaften die Vorschriften angewendet würden, die auch für nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaften gelten. Dies seien neben dem Zivilgesetzbuch das Gesetz über das Handelsregister von 1996 und der Erlaß von 1996 über das Handelsregister.

72. Die Maßnahmen sind nach Ansicht der Kamer van Koophandel und der österreichischen Regierung auch zur Verwirklichung der angestrebten Ziele geeignet. Sie trügen dazu bei, daß die Gläubiger der Gesellschaft darüber informiert seien, daß es sich um eine Gesellschaft handle, die ausländischem Recht unterliege. Im Übrigen gewährleisteten sie, daß den Gläubigern ein Schutz zur Verfügung stehe, den sie von einer nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaft erwarten könnten.

73. Die österreichische Regierung hält die Vorschriften über das Mindestkapital daher für ein geeignetes und verhältnismäßiges Mittel. Für Aktiengesellschaften habe die Zweite Richtlinie selbst die Bedeutung des Mindestkapitals festgestellt. Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung fehle allerdings eine vergleichbare Regelung. Bis auf Irland und das Vereinigte Königreich bestünden aber in allen Mitgliedstaaten Vorschriften über das von diesen Gesellschaften zu gewährleistende Mindestkapital. Im Gegensatz zur persönlichen Haftung der Gesellschafter, die in Konkursen oftmals keinerlei Nutzen zeitige, biete das Erfordernis eines Haftungskapitals größere Sicherheit.

74. Auch die Erfordernisse einer Buchführung sowie der Erstellung und Offenlegung von Rechnungsabschlüssen nach der WFBV stellten eine notwendige und wirksame Schutzmaßnahme zugunsten der Gläubiger dar. Die Vierte Richtlinie stelle nur Mindestanforderungen auf. Wegen der vielen Wahlfreiheiten, die sie den Mitgliedstaaten einräume, bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Mitgliedstaaten, die Anwendung der Umsetzungsvorschriften für diese Richtlinie für alle auf ihrem Hoheitsgebiet tätig werdenden Gesellschaften vorzuschreiben.

75. Nach Auffassung der Kamer van Koophandel gehen die Maßnahmen auch nicht über das zur Erreichung des Zieles erforderliche Maß hinaus. Die Nichtbeachtung der Pflichten nach der WFBV führe nicht zur Versagung der Anerkennung der ausländischen Gesellschaft, sondern zur Haftung der Geschäftsführer. In diesem Zusammenhang stellt die Kamer van Koophandel fest, der Umstand, daß eine Gesellschaft nicht oder nicht mehr die Vorschriften über das Mindestkapital erfülle, stelle ein deutliches Anzeichen für die Gefahr eines Mißbrauchs oder eines Betruges dar.

V. Würdigung

76. Gibt der vorliegende Sachverhalt Anlaß, von der Rechtsprechung im Urt. in der Rs. Centros abzuweichen? Dies ist die Frage, die das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen letztlich aufwirft.

77. Der Sachverhalt, der ihm zugrunde liegt, unterscheidet sich von dem in der Rs. Centros darin, daß das niederländische Recht nicht die Eintragung der Zweigniederlassung verweigert, jedoch ihre Kennzeichnung als formal ausländische Gesellschaft verlangt und an diese Eintragung bestimmte Rechtsfolgen knüpft. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls inwiefern dieser Unterschied zu einer anderen rechtlichen Bewertung im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Regelung mit den Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit führt als im Fall Centros.

78. Die Grundpositionen, die von den Beteiligten vertreten werden, lassen sich schematisch folgendermaßen zusammenfassen. Die einen sind der Meinung, in der Regelung der WFBV liege eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, da im Ergebnis das niederländische Gesellschaftsrecht auf die ausländische Gesellschaft angewendet werde, insbesondere die Regeln über das Mindestkapital. Die anderen sind der Auffassung, die WFBV beschränke die Niederlassungsfreiheit nicht, da die ausländischen Gesellschaften keinerlei tatsächliche Anknüpfung an den Gründungsstaat aufwiesen und nur bestimmte zusätzliche Erfordernisse für die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit aufgestellt würden. Zumindest sei die Beschränkung aber aus Gründen des Gläubigerschutzes und der Verhinderung des Mißbrauchs der sich aus der Niederlassungsfreiheit ergebenden Möglichkeiten gerechtfertigt.

A. Anwendbarkeit der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit

79. Bevor die einzelnen Argumente erörtert werden, sind zunächst zwei Feststellungen zu treffen, die den Anwendungsbereich der Vorschriften der Niederlassungsfreiheit betreffen und die sich auf die Urt. Segers und Centros stützen.

80. Erstens, die Ausübung einer Geschäftstätigkeit im Gründungsstaat ist keine im Vertrag vorgesehene Bedingung für die Gründung von Zweigniederlassungen in anderen Mitgliedstaaten.(23) Daß eine Gesellschaft keinerlei Geschäftstätigkeit im Gründungsstaat entfaltet, nimmt ihr folglich nicht die Möglichkeit, sich auf die Niederlassungsfreiheit zu berufen.

81. Zweitens, die Motive, aus denen eine Gesellschaft im Ausland gegründet wird, sind soweit sie lauter sind unbeachtlich. Selbst wenn die Gründung ausschließlich erfolgt, um die Vorschriften über die Errichtung und den Betrieb von Gesellschaften des Mitgliedstaats zu umgehen, in dem die Geschäftstätigkeit entfaltet werden soll, so schließt dieses Motiv allein nicht die Möglichkeit aus, sich auf die Regeln der Niederlassungsfreiheit zu berufen.(24)

82. Die im Vorabentscheidungsersuchen des Kantongerecht Amsterdam vorgelegten Fragen und der dem Ausgangsrechtsstreit zugrunde liegende Sachverhalt geben meines Erachtens keinen Anlaß, von dieser gefestigten Rspr. abzuweichen. Sie wurde übrigens auch in den Urt. Daily Mail(25) und Überseering(26) nicht in Frage gestellt.

83. Die in den Urt. Segers und Centros entwickelte Bestimmung des Anwendungsbereichs der Art. 43 EG und 48 EG mag für den einen oder anderen unbefriedigend sein, da damit möglicherweise für wichtig und richtig erachtete nationale Bestimmungen unanwendbar werden. Sie dient aber der Verwirklichung des im Vertrag gewährten Rechts der freien Niederlassung im Binnenmarkt.

B. Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

84. Nunmehr ist zu erörtern, ob die Vorschriften der WFBV die Niederlassungsfreiheit beschränken.

1. Zu berücksichtigende Vorschriften der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen

85. Zunächst ist zu erörtern, in welchem Umfang die Vorschriften der WFBV Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens geworden sind. Das vorlegende Gericht hat auf die Art. 2 bis 5 der WFBV verwiesen und insbesondere auf die Tatsachen, daß sich die formal ausländische Gesellschaft als solche ins Handelsregister eintragen lassen muß (Art. 2), daß sie auf allen von ihr herrührenden Schriftstücken bestimmte Angaben machen muß (Art. 3), daß das Nennkapital und der davon eingezahlte Anteil sich mindestens auf den Betrag belaufen müssen, der für nach niederländischem Recht errichtete Gesellschaften gilt (Art. 4). Ferner verwies es auf die für das Erstellen und die Bekanntmachung des Jahresabschlusses und des Jahresberichts geltenden weiteren Vorschriften. Des Weiteren hat es insbesondere in der Anordnung der persönlichen Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner bei Nichterfüllung der nach der WFBV bestehenden Pflichten eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit gesehen. Aufgrund dieser Darstellung könnte man das Vorabentscheidungsersuchen dahin gehend auslegen, daß es insbesondere um die Kennzeichnung der formal ausländischen Gesellschaft als solcher (Art. 2 und 3), um das aufzubringende Mindestkapital (Art. 4 Abs. 1 bis 3) und um die persönliche Haftung der Geschäftsführer (Art. 4 Abs. 4) geht.

86. Die Kamer van Koophandel, die niederländische Regierung, die britische Regierung und die Kommission möchten die Untersuchung hingegen auf diejenigen Vorschriften beschränken, die sich mit der Eintragung einer Gesellschaft ins Handelsregister befassen. Sie sind der Meinung, die Vorlagefragen seien im Lichte des Ausgangsrechtsstreits zu behandeln. Da er nur die Eintragung ins Handelsregister betreffe, seien insbesondere die Art. 3 und 6 der WFBV im vorliegenden Verfahren nicht zu untersuchen. Darüber hinaus möchten die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung noch Teile der Art. 2 und 5 von der Untersuchung ausschließen.

87. Nach der von diesen Beteiligten angeführten Rspr.(27) besitzt ... das innerstaatliche Gericht, das allein über eine unmittelbare Kenntnis des Sachverhalts verfügt, die besseren Voraussetzungen, um im Hinblick auf die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls die Notwendigkeit einer Vorabentscheidung für den Erlaß seines Urteils zu beurteilen. Wenn die von einem innerstaatlichen Gericht gestellten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts betreffen, ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden ... Zur Prüfung seiner eigenen Zuständigkeit untersucht er aber die Umstände, ... unter denen er vom innerstaatlichen Gericht angerufen wird. Denn er sieht es als seine Aufgabe an, ... zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht jedoch zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen Stellung zunehmen ... In Anbetracht dieser Aufgabe hält sich der Gerichtshof insbesondere dann nicht für befugt, über eine von einem innerstaatlichen Gericht zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage zu befinden, wenn ... kein Zusammenhang zwischen der von dem innerstaatlichen Gericht erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts ... einerseits und den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens andererseits besteht ....(28)

88. Zwar ist den Beteiligten darin zuzustimmen, daß es im Ausgangsrechtsstreit in der Tat um die Frage geht, ob die Inspire Art Ltd als formal ausländische Gesellschaft ins Handelsregister einzutragen ist. Jedoch werden an diese Eintragung bestimmte Rechtsfolgen geknüpft, die in den Art. 2 bis 5 der WFBV im einzelnen festgehalten sind. Diese Rechtsfolgen sind untrennbar und nur mit der Eintragung als formal ausländische Gesellschaft verbunden. Die Entscheidung darüber, welches Mindestkapital Inspire Art Ltd aufzubringen hat, wie sie auf Geschäftsbriefen zu firmieren hat und ob ihre Geschäftsführer gegebenenfalls persönlich und gesamtschuldnerisch haftbar gemacht werden können, folgt unmittelbar aus der Entscheidung darüber, ob sie als formal ausländische Gesellschaft einzutragen ist oder nicht. Insoweit sind auch die jeweiligen Bestimmungen der Art. 2, 3 und 4 der WFBV im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen, und es scheint nicht sachgerecht, die Frage der Eintragung ohne Berücksichtigung der damit notwendig verbundenen Rechtsfolgen zu untersuchen.

89. Im vorliegenden Verfahren liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, daß es sich um einen konstruierten Rechtsstreit handelt oder der Gerichtshof aufgefordert wäre, zu einer hypothetischen Rechtsfrage Stellung zu nehmen, die für das Ausgangsverfahren keinerlei Bedeutung hat.

90. Eine andere Frage ist, welche Vorschriften der WFBV in concreto auf die Inspire Art Ltd anzuwenden sind; z. B., ob die Ausnahmeregelungen der Art. 4 Abs. 5 und Art. 5 Abs. 3 der WFBV anwendbar sind. Diese Frage ist vom nationalen Richter zu klären und nicht im Rahmen des Vorabentscheidungsersuchens zu untersuchen.

91. Folglich ist davon auszugehen, daß Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens die Art. 2 bis 5 der WFBV sind. Entsprechend der oben angeführten Rechtsprechung ist insbesondere auf die vom vorlegenden Gericht hervorgehobenen Aspekte der Eintragung der formal ausländischen Gesellschaft als solcher, der Firmierung auf Schriftstücken, dem aufzubringenden Mindestkapital und der persönlichen Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner einzugehen.

92. Infolgedessen erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der von einigen Verfahrensbeteiligten diskutierten Frage, inwieweit die Bestimmungen der WFBVmit den verschiedenen Richtlinien über die Harmonisierung des Gesellschaftsrechts vereinbar sind. Denn die Bestimmungen, auf die das vorlegende Gericht abstellt, fallen nach Auffassung aller Verfahrensbeteiligten nicht unter diese Richtlinien.

2. Vorliegen einer Beschränkung der Niederlassungsfreiheit

93. Art. 43 EG i.V.m. Art. 48 EG gewährt den nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, das Recht, in anderen Mitgliedstaaten Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften zu gründen und zu leiten, und zwar nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

94. Hieraus folgt nach st. Rspr. unmittelbar, daß diese Gesellschaften das Recht haben, ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben, wobei ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung ebenso wie die Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen dazu dient, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats zu bestimmen.(29) Im Urt. in der Rs. Überseering hat der Gerichtshof hieraus den Schluß gezogen, daß die Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit zwingend die Anerkennung dieser Gesellschaften durch alle Mitgliedstaaten voraussetzt, in denen sie sich niederlassen wollen.(30)

95. Die niederländische Regierung hält die WFBV für vereinbar mit dieser Rechtsprechung. Anders als im Fall Centros werde Inspire Art Ltd nicht die Anerkennung in der niederländischen Rechtsordnung verweigert. Die WFBV erlege ihr lediglich bestimmte zusätzliche, von der niederländischen Regierung als administrativ bezeichnete Pflichten auf.

96. Diese sog. administrativen Pflichten umfassen die Anwendung der niederländischen Vorschriften über das Mindestkapital einer Gesellschaft und die Begründung einer gesamtschuldnerischen Haftung der Geschäftsführer für Verbindlichkeiten der Gesellschaft bei Nichteinhaltung der Pflichten der WFBV. Insofern könnte man eventuell davon sprechen, daß die Pflichten der WFBV den Verwaltern oder Administratoren der Gesellschaft obliegen, wie die Kamer van Koophandel ausführt. Es sind deswegen aber keine administrativen Pflichten, die nur die Ausübung einer Geschäftstätigkeit regeln. Die Aufbringung einesbestimmten Mindestkapitals betrifft die Errichtung einer Gesellschaft. Dies bestätigt das niederländische Recht. Die Bestimmungen über das Mindestkapital stehen in Art. 178 des Burgerlijk Wetboek, also unter den Allgemeinen Bestimmungen über die Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

97. Im Ergebnis führen die Regeln der WFBV zur Anwendung der als zwingend erachteten Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts insbesondere über das Mindestkapital auf Gesellschaften, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründet worden sind und auch ihren satzungsmäßigen Sitz im Gründungsstaat haben, die ihre Geschäftstätigkeit aber vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden entfalten.

98. Das ist auch so vom niederländischen Gesetzgeber gewollt gewesen. Dies belegen die Präambel der WFBV, die zahlreichen oben genannten Bezugnahmen in den Stellungnahmen der Kamer van Koophandel und der niederländischen Regierung auf das niederländische Burgerlijk Wetboek und die Vorschriften über das Handelsregister sowie die von mehreren Beteiligten herangezogenen Materialien zur Entstehungsgeschichte der WFBV. Zweck der WFBV ist es, die Verwendung ausländischer Gesellschaftsformen, insbesondere des englischen Rechts und des Rechts des US-Staats Delaware, die in der Praxis immer mehr zunahm, zurückzudrängen.(31) Nach den Ausführungen der Kamer van Koophandel waren viele dieser Gesellschaften, die in den Niederlanden ausschließlich über Zweigniederlassungen tätig waren, in Konkurse verwickelt. Vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden tätigen Gesellschaften sollte daher der Vorteil, den sie durch die Gründung einer Gesellschaft nach ausländischem Recht zu erlangen hofften, wieder genommen werden. Insbesondere bezüglich ihres Mindestkapitals und des Schutzes ihrer Gläubiger sollten sie im Ergebnis den Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts unterworfen werden.(32)

99. Behandelt man eine Zweigniederlassung wie eine Erstniederlassung, so kommt das im Ergebnis einer Nichtanerkennung der nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaften gleich. Für die Errichtung einer Zweigniederlassung sind nach der WFBV die bei einer Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in den Niederlanden aufgestellten Voraussetzungen zu erfüllen. Die Wirkungen des ausländischen Rechts, aus dem sich die Existenz der Gesellschaft bereits ergibt, werden daher durch die WFBV negiert.

100. Die Aufbringung des Mindestkapitals und die Haftung der Geschäftsführer richten sich grundsätzlich nach dem Recht des Staats, nach dessen Recht dieGesellschaft errichtet worden ist, im Falle der Inspire Art Ltd also nach englischem Recht. Diese Regelungen werden überlagert durch die Anforderungen, die die WFBV aufstellt. Insofern beschränkt die WFBV die Niederlassungsfreiheit. Diese umfaßt auch das Recht eines Staatsangehörigen, eine Gesellschaft in dem Mitgliedstaat zu errichten, dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften ihm die größte Freiheit lassen, und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat Zweigniederlassungen zu gründen. Diese Wirkung der WFBV ist mit der Rechtsprechung in den Fällen Centros(33) und Überseering(34) unvereinbar. Im Ergebnis versagt das niederländische Recht die vom Gemeinschaftsrecht geforderte Anerkennung der nach englischem Recht gegründeten Gesellschaft.

101. Als Grund für die unvollständige Anerkennung der Regeln des Gründungsstaats wird immer wieder vorgetragen, daß die Gesellschaft im Gründungsstaat keine tatsächliche Anbindung habe. Diese Erwägung war auch für die WFBV bestimmend, wie die Gesetzesmaterialien und Art. 1 der WFBV belegen. Im Fall von Inspire Art Ltd wird darauf abgestellt, daß die Gesellschaft keinerlei Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich entfaltet, sondern vollständig in den Niederlanden tätig wird und dies von Anfang an so beabsichtigt war. Das vorlegende Gericht führt selbst aus, daß anders zu entscheiden wäre, wenn Inspire Art Ltd noch in irgendeinem anderen Staat eine gewisse Geschäftstätigkeit entfaltete.

102. Wie sich insbesondere aus den Ausführungen der Kamer van Koophandel ergibt, hat die WFBV die Wirkung, die Anwendung bestimmter Rechtsregeln an die Tatsache zu knüpfen, daß die juristische Person keinerlei tatsächliche Verbindung mit dem Gründungsstaat hat und ihre Geschäftstätigkeit vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden ausübt. Obwohl alle Verfahrensbeteiligten unter Berufung auf Art. 2 der Wet conflictenrecht corporaties immer wieder hervorheben, daß das niederländische Recht sich gerade nicht auf die z. B. in Deutschland von der Rechtsprechung und herrschenden Lehre vertretene Sitztheorie stützt, sondern auf die sog.Gründungstheorie, hat aber die WFBV genau dieselbe Wirkung wie die Anwendung der Sitztheorie. Sie erkennt die Existenz einer ausländischen Gesellschaft nicht ohne weiteres an.

103. Nach der bisherigen Rspr. kommt es für die Geltendmachung des Rechts zur Gründung einer Zweigniederlassung nicht darauf an, ob im Gründungsstaat eine Geschäftstätigkeit ausgeübt wird, wie bereits eingangs in der rechtlichen Würdigung dargestellt. Ganz auf dieser Linie hat der Gerichtshof im Urt. Überseering die Rechtsfolge der sog. Sitztheorie, daß eine Gesellschaft, die ihren tatsächlichen Sitz verlegt, sich erst neu gründen muß, damit ihr eine Rechtspersönlichkeit zuerkannt werden kann, für mit der Niederlassungsfreiheit unvereinbar erklärt. Das Erfordernis der Neugründung imzweiten Mitgliedstaat kommt der Negierung der Niederlassungsfreiheit gleich.(35) Was für die ungewollte Verlegung der Hauptniederlassung in der Rs. Überseering entschieden worden ist, muß auch für die Gründung einer Zweigniederlassung gelten.

104. Ich sehe im vorliegenden Fall keinen Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die für manche unbefriedigenden Ergebnisse sind letztlich nichts weiter als die Folge des gegenwärtigen Stands der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts. Der Vertrag gewährt die Niederlassungsfreiheit einschließlich der Möglichkeit, Zweigniederlassungen zu gründen, mit Ausnahme des Art. 46 EG ohne Wenn und Aber. Die Mitgliedstaaten haben sich in der Frage des Mindestkapitals von Gesellschaften mit beschränkter Haftung bislang nicht auf eine Harmonisierung ihrer Bestimmungen einigen können. Dies wäre ihnen sowohl aufgrund des Art. 44 EG als auch des Art. 293 EG möglich. Für Aktiengesellschaften ist eine derartige Harmonisierung mit dem Erlaß der zweiten Richtlinie(36) erfolgt. Erlaubte man nunmehr die Anwendung als zwingend erachteter Vorschriften über das Mindestkapital auf ausländische Gesellschaften wie Inspire Art Ltd, so höhlte dies das vom Vertrag gewährte Recht der freien Niederlassung einschließlich der Gründung von Zweigniederlassungen also die so genannte sekundäre Niederlassungsfreiheit aus. Eine derartige Auslegung der Art. 43 EG und 48 EG ist unvereinbar mit dem Vertrag.

105. Gegen die hier angeführte Rspr. wird geltend gemacht, der Gerichtshof habe im Urt. Daily Mail die Unterschiedlichkeit der international-privatrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten über die Bestimmung des auf eine Gesellschaft anzuwendenden Rechts anerkannt. Er habe ausdrücklich festgestellt, daß die Regeln über die Niederlassungsfreiheit nicht zu einer Angleichung dieser Vorschriften des Internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten geführt hätten. Hiervon ausgehend fordern einige die Befugnis der Mitgliedstaaten, wenigstens gegen so genannte Briefkastenfirmen vorgehen zu können, die keine tatsächliche Anknüpfung an den Gründungsstaat hätten.

106. Im Urt. Daily Mail hat der Gerichtshof in der Tat ausgeführt, daß der Vertrag ... die Unterschiede, die die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der für ihre Gesellschaften erforderlichen Anknüpfung sowie der Möglichkeit und gegebenenfalls der Modalitäten einer Verlegung des satzungsmäßigen oder wahren Sitzes einer Gesellschaft nationalen Rechts von einem Mitgliedstaat in einen anderen aufweisen, als Probleme [betrachtet], die durch die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit nicht gelöst sind, sondern einer Lösung im Wege der Rechtssetzung oder des Vertragsschlusses bedürfen.(37) Im Urt. in der Rs. Überseering hat er jedoch ausdrücklich festgestellt, daß diese Passage des Urt. in der Rs. Daily Mail den Mitgliedstaaten nicht das Recht einräumt, die Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit von der Beachtung ihres nationalen Gesellschaftsrechts abhängig zu machen.(38) Genau das ist aber die Wirkung der WFBV. Sie macht die Ausübung des Rechts auf Gründung einer Zweigniederlassung gerade von der Beachtung der Regeln des niederländischen Gesellschaftsrechts über das Mindestkapital abhängig. Auch die Berufung auf das Urt. Daily Mail und die Freiheit der Mitgliedstaaten, ihr Internationales Privatrecht zu regeln, sprechen daher nicht gegen die hier vertretene Lösung.

107. Steht damit schon die Unvereinbarkeit der WFBV mit den Vorschriften des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit unter den Aspekten des Mindestkapitals und der Haftung der Geschäftsführer fest, so soll doch noch kurz auf den anderen Aspekt eingegangen werden, den das vorlegende Gericht hervorgehoben hat, nämlich die Eintragung der formal ausländischen Gesellschaft als solcher in das Handelsregister und die entsprechende Firmierung auf Schriftstücken. In der mündlichen Verhandlung haben die Inspire Art Ltd und die britische Regierung von einer Stigmatisierung der betroffenen Gesellschaften durch diese Eintragung gesprochen.

108. Die Eintragung als formal ausländische Gesellschaft hat nach der erläuternden Stellungnahme der Regierung zum Entwurf der WFBV die Funktion, Dritten, die mit der Gesellschaft in Geschäftsbeziehung treten, deutlich zu machen, daß es sich um eine Gesellschaft handelt, die nicht nach niederländischem Recht gegründet worden ist, aber keine tatsächliche Beziehung zum Gründungsstaat unterhält, sondern vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden tätig ist. Die Dritten sollen in voller Kenntnis dieses Umstands entscheiden können, ob sie mit der Gesellschaft in geschäftliche Beziehungen treten wollen.(39)

109. Insofern kommt der Eintragung eine Warnfunktion zu. Aufgrund der generellen Einschätzung des niederländischen Gesetzgebers, daß solche Gesellschaften weniger kreditwürdig sind und daher die Anwendung der niederländischen Regeln über das Mindestkapital und sonstige Regelungen zum Gläubigerschutz auf diese Gesellschaften angewendet werden, ist davon auszugehen, daß die Aufnahme von Geschäftsbeziehungen durch die Kennzeichnung als formal ausländische Gesellschaft erschwert oder zumindest weniger attraktiv gemacht werden soll. Bei allem Verständnis für diese Motivation liegt aber beim gegenwärtigen Stand der Entwicklung des Gemeinschaftsrechts infolge der insoweit bislang unterbliebenen Harmonisierung in diesem Bereich eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit vor. Entsprechendes gilt für die Firmierung als formal ausländische Gesellschaft auf Schriftstücken.

110. Folglich ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, daß die Art. 43 EG und 48 EG dahingehend auszulegen sind, daß sie der Anwendung nationaler Bestimmungen entgegenstehen, die auf die Errichtung von Zweigniederlassungen einer Gesellschaft die wegen der Vorteile in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden ist, die sich im Verhältnis zu einer Unternehmung ergeben, die nach dem Recht des Staats errichtet worden ist, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, das für die Errichtung und Volleinzahlung strengere Bestimmungen enthält als das Recht des Gründungsstaats, und deren Zielsetzung aus der Tatsache abgeleitet wird, daß die Gesellschaft ihre Tätigkeit vollständig oder nahezu vollständig im Staat der Zweigniederlassung ausübt und zudem keine tatsächliche Bindung zum Gründungsstaat hat das strengere Recht des Staats anwenden, in dem die Zweigniederlassung errichtet wird.

C. Rechtfertigung der Beschränkung

111. Im folgenden ist zu erörtern, inwieweit die festgestellte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit als gerechtfertigt anzusehen ist. Das Recht der freien Niederlassung kann nach Art. 46 EG durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften eingeschränkt werden, die eine Sonderregelung für Ausländer aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit vorsehen. Desweiteren ist nach st. Rspr. eine mißbräuchliche oder betrügerische Berufung auf Gemeinschaftsrecht nicht gestattet.(40) Darüber hinaus hat die Rechtsprechung anerkannt, daß nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, zulässig sind, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind. Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewendet werden, sie müssen zwingenden Gründen des Gemeinwohls entsprechen, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.(41)

112. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, ist die WFBV vor allem zum Schutz der Gläubiger ausländischer Gesellschaften geschaffen worden. Die niederländische Regierung führt daneben noch den Schutz vor Mißbrauch der Niederlassungsfreiheit, die Betrugsbekämpfung, die Gewährleistung der Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen und der Lauterkeit des Handelsverkehrs an.

1. Rechtfertigung nach Artikel 46 EG

113. Der Schutz der Gläubiger ist in Art. 46 EG nicht ausdrücklich erwähnt. Nach ständiger Rechtsprechung fällt er als Schutz wirtschaftlicher Interessen auch nicht unter die Begriffe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit.(42) Eine Rechtfertigung nach Art. 46 EG scheidet deshalb aus.

114. Dasselbe gilt für die Gewährleistung der Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen und der Lauterkeit des Handelsverkehrs.

2. Rechtfertigung zur Bekämpfung des Mißbrauchs der Niederlassungsfreiheit

115. Wie insbesondere auch die Kamer van Koophandel und die niederländische Regierung betonen, soll die WFBV desweiteren der Bekämpfung des Mißbrauchs des Tätigwerdens unter der Verwendung ausländischen Gesellschaftsrechts dienen. Derartige Gesellschaften seien allzu häufig in Konkurse verwickelt, weil von Anfang an das nötige Kapital fehle.

116. Zwar trifft es zu, daß der Gerichtshof eine betrügerische oder mißbräuchliche Berufung auf die Grundfreiheiten des Vertrages versagt hat.(43) Darüber hinaus hat er das Recht der Mitgliedstaaten anerkannt, Abhilfe gegen und Schutz vor Mißbrauch zu ergreifen.(44)

117. Jedoch hat er die rechtliche Zulässigkeit derartiger Schutzmaßnahmen stets vom Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für einen Mißbrauch im Einzelfall abhängig gemacht. Die generell-abstrakte Wertung aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift hat er und dies sei besonders betont als nicht ausreichend abgelehnt.(45)

118. Im übrigen hat er entschieden, daß es für sich allein keine mißbräuchliche Ausnutzung des Niederlassungsrechts darstellt, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der eine Gesellschaft gründen möchte, diese in dem Mitgliedstaat errichtet, dessen gesellschaftsrechtliche Vorschriften ihm die größte Freiheit lassen, und in anderen Mitgliedstaaten Zweigniederlassungen gründet.(46)

119. Die Nichtanerkennung der Zweigniederlassung der Inspire Art Ltd erfolgt aufgrund einer Anwendung der WFBV, die eine generell abstrakte Würdigung des Gebrauchmachens von der Möglichkeit vornimmt, in einem Mitgliedstaat eine Gesellschaft zu gründen, um vollständig oder beinahe vollständig in anderen Mitgliedstaaten über Zweigniederlassungen tätig zu werden. Im reinen Gebrauchmachen von der Niederlassungsfreiheit liegt aber nach der Rechtsprechung noch kein Mißbrauch.

120. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit dem Urt. in der Rs. TV 10(47), das die niederländische Regierung in der mündlichen Verhandlung angeführt hat. In diesem Vorabentscheidungsverfahren ging es ebenfalls nur um eine Einzelfallentscheidung. Das Commissariaat voor de Media hatte die Klägerin des Ausgangsverfahrens, TV 10, die in Luxemburg niedergelassen war, aber Rundfunk- und Fernsehprogramme für die Niederlande ausstrahlte, nicht als ausländische Sendeanstalt im Sinne der Mediawet anerkannt, weil sie sich offensichtlich durch ihre Niederlassung in Luxemburg der Anwendung der niederländischen Vorschriften entziehen wollte. Auch hier ging es also um eine Einzelfallentscheidung. Im Übrigen hat der Gerichtshof in diesem Urteil auf seine bereits bestehende Rspr. verwiesen, nach der Art. 49 EG einem Mitgliedstaat nicht das Recht zum Erlaß von Vorschriften abspricht, die im Einzelfall verhindern sollen, daß der Erbringer einer Leistung, dessen Tätigkeit ganz oder teilweise auf das Gebiet dieses Staats ausgerichtet ist, sich die durch den Vertrag garantierten Freiheiten zunutze macht, um sich den Berufsregelungen zu entziehen, die auf ihn Anwendung fänden, wenn er im Gebiet dieses Staats niedergelassen wäre.(48) Aufgrund dieser Bestimmungen muß aber dann im Einzelfall entschieden werden. Die generell abstrakte Möglichkeit eines Mißbrauchs genügt nicht zur Rechtfertigung von Beschränkungen der Dienstleistungs- und der Niederlassungsfreiheit.

121. Auch die Rs. Kommission/Frankreich(49), auf die sich die niederländische Regierung ebenfalls in der mündlichen Verhandlung berufen hat, dürfte der hier zitierten Rspr. nicht entgegenstehen. In diesem Verfahren ging es zwar um eine generell abstrakte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs in Form eines Dekrets. Der Gerichtshof ist in seinem Urteil aber nicht auf die Frage eingegangen, ob eine derartige Beschränkung grundsätzlich nicht in der Form eines Dekrets erfolgen kann. Er hat vielmehr nur die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme und infolgedessen eine Vertragsverletzung festgestellt. Die hier interessierende Frage ist somit nicht Gegenstand des Urteils gewesen.

122. Der Vertreter der deutschen Regierung hat in der mündlichen Verhandlung den Gerichtshof aufgefordert, nach den Urt. in der Rs. Centros und Überseering in der vorliegenden Rs. Wege aufzuzeigen, wie die Mitgliedstaaten der als Mißbrauch der Niederlassungsfreiheit verdächtigen Gründung von Briefkastenfirmen entgegenwirken könnten.

123. Eine derartige an den Gerichtshof gestellte Forderung überrascht, sind es doch die Mitgliedstaaten selbst, die Adressat dieses Verlangens sein sollten. Es ist nicht Aufgabe des Gerichtshofes, den Mitgliedstaaten Wege aufzuzeigen, wie sie zulässigerweise der mißbräuchlichen oder mißbrauchsverdächtigen Ausübung der im Vertrag gewährten Rechte entgegentreten können. In den Rs. Centros und Überseering hat der Gerichtshof ausgeführt, daß es grundsätzlich zulässig ist, Maßnahmen zu ergreifen, die die mißbräuchliche Ausnutzung der durch den Vertrag gewährleisteten Rechte verhindern. Der Gerichtshof ist gemäß Art. 220 EG zuständig für die Auslegung der Vorschriften des Vertrages. Er kann daher im vorliegenden Verfahren ebenso wie in den Rs. Centros und Überseering nur die Grenzen der aus Art. 43 EG und 48 EG folgenden Rechte der Marktbürger und Unternehmen aufzeigen. Es obliegt den Mitgliedstaaten, hieraus die entsprechenden wünschenswerten und nötigen Folgerungen zu ziehen.

124. Da keine weiteren Anhaltspunkte für ein mißbräuchliches Verhalten vorgetragen worden sind, scheidet auch die Bekämpfung des Mißbrauchs als Rechtfertigung der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit durch die WFBV aus.

3. Rechtfertigung aus sonstigen zwingenden Gründen des Gemeinwohls

125. Damit bleibt zu untersuchen, inwieweit die WFBV aus sonstigen zwingenden Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt ist.

126. Die niederländische Regierung führt zwar vier zwingende Gründe des Gemeinwohls an, den Gläubigerschutz, die Wirksamkeit steuerlicher Kontrollen, die Betrugsbekämpfung und die Verhinderung eines Mißbrauchs. Die Verhinderung eines Mißbrauchs ist im vorhergehenden Abschnitt bereits erörtert worden. Die übrigen drei Gründe betreffen den Schutz der öffentlichen und privaten Gläubiger der Gesellschaft. Sie können folglich unter dem Stichwort des Gläubigerschutzes zusammengefaßt werden.

127. Der Gerichtshof hat den Schutz der Gläubigerinteressen grundsätzlich als zwingenden Grund des Gemeinwohls anerkannt.(50) Eine hierauf gestützte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit muß nach st. Rspr. folgenden Anforderungen genügen: Sie darf nicht diskriminierend angewendetwerden, sie muß zur Erreichung des angestrebten Ziels geeignet sein und darf nicht über das zur Erreichung des Ziels erforderliche Maß hinausgehen.(51)

a) Diskriminierung

128. Nach den Ausführungen insbesondere der Kamer van Koophandel und der niederländischen Regierung führen die Vorschriften der WFBV zu einer Gleichbehandlung der nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaften mit den nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaften. Beide müssen bestimmten als zwingend angesehenen Vorschriften des niederländischen Gesellschaftsrechts genügen. Die deutsche Regierung hat in der mündlichen Verhandlung noch hinzugefügt, die Regelung der WFBV stelle gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen her.

129. Dem ist entgegenzuhalten, daß die WFBV zumindest in einem Punkt über die Anforderungen hinausgeht, die für nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaften gelten. Es besteht im niederländischen Recht keine dem Art. 4 Abs. 4 WFBV entsprechende Regelung, die eine Haftung der Geschäftsführer für den Fall vorsieht, daß nach der Errichtung und Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister das Eigenkapital der Gesellschaft das vorgeschriebene Mindestkapital unterschreitet. Dies ergibt sich aus der erläuternden Stellungnahme der niederländischen Regierung zum Entwurf der WFBV.(52)

130. Eine persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Geschäftsführer ist in Art. 2:180 Abs. 2 des Burgerlijk Wetboek für in den Niederlanden gegründete Gesellschaften nur für die Zeit vor der Errichtung und Eintragung vorgesehen. Auch dieser Fall der Haftung ist in Art. 4 Abs. 4 WFBV aufgeführt. Aber zusätzlich wird eine persönliche und gesamtschuldnerische Haftung immer dann begründet, wenn das Mindestkapital nicht mehr erreicht wird. Kommt eine nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft nach Errichtung und Eintragung in eine vergleichbare Situation, kann ihre Auflösung richterlich angeordnet werden (vgl. Art. 2:185 Burgerlijk Wetboek). Eine Haftung der Geschäftsführer ist in diesem Fall nicht vorgesehen.

131. Aufgrund der im niederländischen Recht angewendeten Gründungstheorie kann eine ausländische Gesellschaft nicht durch einen derartigen richterlichen Beschluß eines niederländischen Gerichts aufgelöst werden. Ihre Existenz richtet sich ja nach dem Recht des Gründungsstaats. Aus diesem Grund hat der niederländische Gesetzgeber als angemessene Alternative zur Sanktion für nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaften daher in Art. 4 Abs. 4 WFBV die Haftung der Geschäftsführer für formal ausländische Gesellschaften angeordnet.(53)

132. Dieser Unterschied in der Behandlung niederländischer und ausländischer Gesellschaften widerlegt zunächst einmal die These, daß die WFBV die ausländischen Gesellschaften mit den nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaften gleichstellt.

133. Zwar wird die unterschiedliche Behandlung mit den Grenzen der Einflußmöglichkeit des niederländischen Rechts auf die Existenz der nach ausländischem Recht gegründeten Gesellschaft begründet und insofern ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung angeführt.

134. Es ist jedoch zu beachten, daß eine Haftung der Geschäftsführer für die Schulden der Gesellschaft auch bei der richterlichen Auflösung einer nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaft nicht vorgesehen ist. Die WFBV begründet eine persönliche Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner, die dem für Kapitalgesellschaften geltenden System der Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftskapital grundsätzlich fremd ist und auf die nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zurückgegriffen wird.

135. Zwar ist auch die Haftung der Geschäftsführer nach der WFBV keine automatische. Vielmehr muß sie im Einzelfall gerichtlich festgestellt werden.(54) Jedoch geht aus den Erläuterungen zu Art, 2 der WFBV hervor, daß der Sanktion des Art. 4 Abs. 4 WFBV, die auch für den Fall der Nichterfüllung der Pflichten des Art. 2 WFBV angeordnet wird, also für die Zeit vor der Eintragung ins Handelsregister, eine abschreckende Wirkung vom Gesetzgeber beigemessen wurde. Zweck der WFBV ist es, die Wirtschaftsteilnehmer von der Verwendung einer formal ausländischen Gesellschaft abzubringen. Es sollte eine Sanktion geschaffen werden, von der noch eine größere Abschreckungswirkung ausgeht als von einer strafrechtlichen Sanktion.(55)

136. Dies belegt, daß es dem niederländischen Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 4 Abs. 4 WFBV nicht um eine außergewöhnliche Behandlung ging, die in vergleichbarer Weise auch bei nach niederländischem Recht gegründeten Gesellschaften ausnahmsweise zu einer Durchgriffshaftung der für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft Verantwortlichen führen kann. Es sollte von dieser Regelung eine über die von strafrechtlichen Sanktionen hinausgehende abschreckende Wirkung ausgehen. Daß die Anordnung der persönlichen Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten hierzu geeignet ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.

137. Schon aufgrund dieser Feststellungen ist davon auszugehen, daß der niederländische Gesetzgeber für ausländische Gesellschaften bewußt eine schärfere Sanktion vorgesehen hat, als sie für niederländische Gesellschaften in vergleichbarer Situation vorgesehen ist. Folglich diskriminiert die Regelung über die Haftung der Geschäftsführer aufgrund der Staatsangehörigkeit. Der satzungsmäßige Sitz einer Gesellschaft dient ebenso wie die Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen dazu, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats zu bestimmen.(56) Aus diesem Grund ist die in Art. 4 Abs. 4 WFBV vorgesehene Regelung über die persönliche Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner bei Unterschreiten des Mindestkapitals unvereinbar mit der in Art. 43 EG und 48 EG geschützten Niederlassungsfreiheit.

138. Im Gegensatz zu den Ausführungen der deutschen Regierung stellt die WFBV auch nicht gleiche Wettbewerbsbedingungen her. Zwar führt die Anwendung der WFBV dazu, daß auf alle vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden tätigen Gesellschaften die Regeln des niederländischen Gesellschaftsrechts angewendet werden. Aber dadurch wird der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Systemen der Mitgliedstaaten gerade aufgehoben. Es besteht jedoch beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts kein Anlaß dazu, die Freiheit der Marktbürger zu beschränken, sich die für ihr Vorhaben geeignetste Rechtsordnung für die Gründung einer Gesellschaft auszusuchen.

139. Die Regelung über die persönliche Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner dient unter anderem zur Gewährleistung der Einhaltung der Regeln über das Mindestkapital (Art. 4 Abs. 1 bis 3 WFBV). Die Schwierigkeiten, die mit der WFBV bekämpft werden sollen, kommen zumindest insoweit es um die nach englischem Recht gegründeten Briefkastengesellschaften geht wie bereits mehrfach betont daher, daß sich die Mitgliedstaaten bislang nicht über eine Harmonisierung der Vorschriften über das Mindestkapital von Gesellschaften mit beschränkter Haftung bzw. über wirkungsvollere Vorschriften zum Schutz der Gläubiger verständigen konnten. Solange dieser Rechtszustand fortbesteht, gibt es keinen Grund, den Wettbewerb unter den verschiedenen Systemen über eine entsprechende Auslegung der Regeln des Vertrages über die Niederlassungsfreiheit zu beschränken.

140. Als Zwischenergebnis bleibt damit festzuhalten, daß die WFBV eine die ausländischen Gesellschaften diskriminierende Maßnahme und infolgedessen eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ist.

b) Geeignetheit

141. Inwieweit die Regeln der WFBV für die Gewährleistung des Gläubigerschutzes geeignet sind, ist ebenfalls zweifelhaft. Zwar ist den Befürwortern zuzugestehen, daß das Institut des Mindestkapitals im Gemeinschaftsrecht in der Zweiten Richtlinie und in der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates v. 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft(57) als Instrument der Sicherstellung einer ausreichenden Kapitalgrundlage anerkannt worden ist.(58) Wenn das Mindestkapital eingebracht wird, steht zwar zumindest im Gründungszeitpunkt ein entsprechendes Kapital zur Sicherung der Gläubigerinteressen zur Verfügung.

142. Aber schon in den Schlußanträgen in der Rs. Centros hat Generalanwalt La Pergola Zweifel an der Wirksamkeit dieses Instruments geäußert.(59) Die unterschiedliche Bedeutung, die die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten dem Mindestkapital beimessen, die in der unterschiedlichen Höhe der aufzubringenden Beträge zum Ausdruck kommt, zeigt ebenfalls deutlich, daß es hier keine allein richtige Auffassung gibt. In der irischen und englischen Rechtsordnung wird dem Mindestkapital überhaupt keine bedeutende Rolle zugemessen. Schließlich ist noch auf den Bericht der so genannten Winter-Gruppe hinzuweisen. In diesem kürzlich der Kommission übergebenen Bericht der nach ihrem Vorsitzenden Jaap Winter benannten Expertenkommission wird ausgeführt, daß die Vorschriften über das Mindestkapital zwar überwiegend als ein wesentlicher Eckstein für die Sicherung des Gläubigerschutzes und der Interessen der Anteilseigner angesehen werden. Jedoch kommt die Expertenkommission zu der Überzeugung, daß diese Regelungen über das Mindestkapital lediglich eine Funktion erfüllen. Sie schrecken Einzelne von der leichtfertigen Gründung von Gesellschaften ab. Sie führen aber nur zu einem geringen Schutz der Gläubiger vor unüberlegtem Kapitaleinsatz und gewährleisten überhaupt keinen Schutz, wenn das Kapital zum Ausgleich von Verlusten eingesetzt wird. Gläubiger und Anteilseigner könnten durch die Entwicklung eines angemessenen Solvenztests besser geschützt werden.(60)

143. Im Urt. in der Rs. Centros hat der Gerichtshof festgestellt, daß die dänischen Regelungen über das Mindestkapital jedenfalls nicht geeignet sind,das Ziel des Gläubigerschutzes zu erreichen, da die Zweigniederlassung eingetragen worden wäre, wenn die Gesellschaft eine Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich ausgeübt hätte, obwohl die dänischen Gläubiger in diesem Fall ebenso gefährdet gewesen wären.(61)

144. Der vorliegende Fall scheint hiermit durchaus vergleichbar. Das vorlegende Gericht hat sogar ausdrücklich festgestellt, daß die WFBV nicht auf die Inspire Art Ltd anzuwenden wäre, wenn sie in irgendeinem anderen Staat als den Niederlanden eine geschäftliche Tätigkeit ausüben würde. Es ist nicht ersichtlich, daß in diesem Fall den Gläubigern eine größere Haftungsmasse zur Verfügung stünde. Folglich ist diese Beschränkung nicht zur Erreichung des Zieles des Gläubigerschutzes geeignet.

145. Auch hinsichtlich der Eintragung der formal ausländischen Gesellschaft als solcher und hinsichtlich der Anforderungen an ihre Firmierung auf Schriftstücken bestehen erhebliche Zweifel, ob diese Maßnahmen geeignet sind, die Gläubiger zu schützen. Durch die Information, daß die Gesellschaft keine Geschäftstätigkeit außerhalb der Niederlande ausübt, wird das für eine Haftung gegenüber den Gläubigern zur Verfügung stehende Kapital nicht vergrößert oder gesichert.

146. Aus diesen Gründen sind die Regelungen über das Mindestkapital, die Eintragung als formal ausländische Gesellschaft und die Firma nicht als geeignet anzusehen, das angestrebte Ziel des Gläubigerschutzes zu erreichen. Auch insofern ist von einer nicht gerechtfertigten Beschränkung der Niederlassungsfreiheit auszugehen.

c) Verhältnismäßigkeit

147. Schließlich wäre die Beschränkung durch die WFBV nur gerechtfertigt, wenn keine milderen Mittel zur Erreichung des Zwecks des Gläubigerschutzes zur Verfügung stünden.

148. In Bezug auf die Eintragung der formal ausländischen Gesellschaft als solcher ins Handelsregister und der Vorschriften über die Firmierung auf von der Gesellschaft herrührenden Schriftstücken bestehen Zweifel an der Erforderlichkeit der Regelung. Die Inspire Art Ltd ist als eine Gesellschaft englischen Rechts in Form einer Limited ins Handelsregister eingetragen. Sie firmiert bei ihren Geschäftstätigkeiten als Limited. Insofern wird der Geschäftsverkehr über die Tatsache informiert, daß es sich nicht um eine nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft handelt. Eine darüber hinausgehende Warnfunktion, die der Kennzeichnung als formal ausländische Gesellschaft beigemessen wird, erscheint weder für die Wahrung der Interessen der Gläubiger der Gesellschaftnoch für die Wahrung der Lauterkeit des Handelsverkehrs erforderlich. Die Regelung ist insoweit unverhältnismäßig.

149. Im übrigen unterliegt die Gesellschaft englischen Rechts den Regeln der Vierten und Elften Richtlinie. Auch auf diese Schutzvorschriften können sich die Gläubiger der Inspire Art Ltd berufen.(62)

150. Darüber hinaus ist festzustellen, daß der Gerichtshof zum Schutz der öffentlichen Gläubiger bereits entschieden hat, daß statt des Bestehens auf einer Einhaltung der Regeln über das Mindestkapital die Möglichkeit besteht, sich entsprechende Sicherheiten einräumen zu lassen.(63) Diese Möglichkeit besteht auch für private Gläubiger. Damit steht ein milderes Mittel zur Verfügung als das in der WFBV gewählte. Auch aus diesem Grund ist die durch die WFBV bewirkte Beschränkung der Niederlassungsfreiheit daher als unverhältnismäßig anzusehen.

151. Die Verhältnismäßigkeit der WFBV erscheint schließlich unter einem weiteren Gesichtspunkt fragwürdig. Das Gesetz findet Anwendung auf Gesellschaften, die ihre Geschäftstätigkeit vollständig oder beinahe vollständig in den Niederlanden entfalten. Es enthält aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, wann das der Fall ist. Liegt bei 10 % Geschäftstätigkeit außerhalb der Niederlande noch eine beinahe vollständige Geschäftstätigkeit in den Niederlanden vor, oder bei 15 %, bei 20 + %? Diese Unbestimmtheit führt zur Unsicherheit über die Frage, ob die WFBV auf eine Gesellschaft anzuwenden ist oder nicht. Ein derart unsicheres Instrument kann aber keine geeignete Maßnahme sein, um den Schutz der Gläubiger zu gewährleisten. Zumal die Anwendbarkeit auf eine Gesellschaft variieren kann, ohne daß dies notwendigerweise aus dem Handelsregister hervorgeht, wie sich aus der erläuternden Stellungnahme der Regierung zum Entwurf der WFBV ergibt.(64)

152. Eine ähnliche Unsicherheit ergibt sich für die persönliche und unbeschränkte Haftung der Geschäftsführer als Gesamtschuldner. Sie tritt immer dann ein, wenn das Kapital unter das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital absinkt.

153. Diese beiden Regelungen stellen zwar sicher, daß für die Gläubiger immer die vorteilhafteste Regelung gilt. Sie schaffen aber insbesondere für die Geschäftsführer der Gesellschaften ein beinahe unübersehbares Risiko. Sie erscheinen insbesondere wegen ihrer unabschätzbaren Folgen für die Geschäftsführer unverhältnismäßig.

154. Auf die zweite Frage ist daher zu antworten: Weder Art. 46 EG noch die Bekämpfung der Mißbrauchsgefahr noch zwingende Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, wie sie in Art. 2 bis 5 der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen verankert sind.

VI. Ergebnis

155. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen wird vorgeschlagen, die Vorlagefragen folgendermaßen zu beantworten:

1. Artikel 43 EG und 48 EG sind dahin gehend auszulegen, daß sie der Anwendung nationaler Bestimmungen entgegenstehen, die auf die Errichtung von Zweigniederlassungen einer Gesellschaft die wegen der Vorteile in einem anderen Mitgliedstaat errichtet worden ist, die sich im Verhältnis zu einer Unternehmung ergeben, die nach dem Recht des Staats errichtet worden ist, in dem sich die Zweigniederlassung befindet, das für die Errichtung und Volleinzahlung strengere Bestimmungen enthält als das Recht des Gründungsstaats, und deren Zielsetzung aus der Tatsache abgeleitet wird, daß die Gesellschaft ihre Tätigkeit vollständig oder nahezu vollständig im Staat der Zweigniederlassung ausübt und zudem keine tatsächliche Bindung zum Gründungsstaat hat das strengere Recht des Staats anwenden, in dem die Zweigniederlassung errichtet wird.

2. Weder Artikel 46 EG noch die Bekämpfung der Mißbrauchsgefahr noch zwingende Gründe des Gemeinwohls rechtfertigen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, wie sie in den Artikeln 2 bis 5 der Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen verankert sind.

Siegbert Alber

 

 

1 Originalsprache: Deutsch

2 Wet van 17 december 1997, houdende regels met betrekking tot naar buitenlands recht opgerichte, rechtspersoonlijkheid bezittende kapitaalvennootschappen die hun werkzaamheid geheel of nagenoeg geheel in Nederland verrichten en geen werkelijke band hebben met de staat naar welks recht zij zijn opgericht (Wet op de formeel buitenlandse vennootschappen), Staatsblad 1997, 697.

3 EuGH v. 9.3.1999 -- Rs. C-212/97 (Centros, Slg. 1999, I-1459 = GmbHR 1999, 474, insbes. Rz. 16 bis 18).

4 EuGH v. 10.7.1986 -- Rs. 79/85 (Segers, Slg. 1986, 2375, insbes. Rz. 16).

5 Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates v. 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staats unterliegen, ABl. L 395, S. 36.

6 EuGH v. 16.7.1992 -- Rs. C-343/90 (Dias, Slg. 1992, I-4673, Rz. 18 bis 20). Sie beruft sich desweiteren auf EuGH v. 17.5.1994 -- Rs. C-18/93 (Corsica Ferries, Slg. 1994, I-1783, Rz. 14), v. 16.7.1992 -- Rs. C-83/91 (Meilicke, Slg. 1992, I-4871), v. 13.12.1994 -- Rs. C-297/93 (Grau-Hupka, Slg. 1994, I-5535, Rz. 19) und vom 26.10.1995 -- Rs. C-143/94 (Furlanis, Slg. 1995, I-3633, Rz. 12).

7 Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates v. 9.3.1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften i.S.d. Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. L 65, S. 8; Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates v. 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften i.S.d. Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. L 26, S. 1; Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates v. 25.7.1978 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchst. g des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. L 222, S. 11; Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates v. 13.6.1983 aufgrund von Art. 54 Abs. 3 Buchst. g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß, ABl. L 193, S. 1; Elfte Richtlinie 89/666/EWG (zitiert in Fn. 5); Zwölfte Richtlinie 89/667/EWG des Rates v. 21.12.1989 auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts betreffend Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, ABl. L 395, S. 40.

8 Staatsblad 1997, 699.

9 Zitiert in Fn. 6.

10 EuGH v. 27.9.1988 -- Rs. 81/87 (Daily Mail, Slg. 1988, 5483).

11 Zitiert in Fn. 3. Die niederländische Regierung beruft sich insbesondere auf Rz. 24 des Urteils.

12 Sie verweist auf Rz. 18 des Urteils.

13 Zitiert in Fn. 4.

14 Sie verweist in diesem Zusammenhang auf EuGH v. 7.3.1990 -- Rs. C-69/88 (Krantz, Slg. 1990, I-583, Rz. 11) und v. 14.7.1994 -- Rs. C-379/92 (Matteo Peralta, Slg. 1994, I-3453, Rz. 24).

15 Die Kommission beruft sich insbesondere auf Rz. 24 des Urteils (zitiert in Fn. 3).

16 Die Kommission zitiert die Rz. 34 des Urteils.

17 Die britische Regierung verweist insoweit auf Rz. 37 des Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3).

18 Sie berufen sich auf Rz. 38 des Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3) und auf Rz. 17 des Urt. in der Rs. Segers (zitiert in Fn. 4).

19 Sie verweisen auf EuGH v. 4.12.1986 -- Rs. 205/84 (Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 3755), v. 25.7.1991 -- Rs. C-288/89 (Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda, Slg. 1991, I-4007), v. 28.1.1992 -- Rs. C-204/90 (Bachmann, Slg. 1992, I-249) und v. 12.12.1996 -- Rs. C-3/95 (Reisebüro Broede, Slg. 1996, I-6511).

20 Sie zitieren das Urt. Bachmann (zitiert in Fn. 19).

21 Sie verweisen auf EuGH v. 10.5.1995 -- Rs. C-384/93 (Alpine Investments, Slg. 1995, I-1141).

22 Die österreichische Regierung verweist auf Rz. 36 des Urt. (zitiert in Fn. 3).

23 Urt. in der Rs. Segers (zitiert in Fn. 4, Rz. 16); Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 17).

24 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 18). Die Unbeachtlichkeit der Motive des handelnden Rechtssubjekts ist auch im Bereich der Dienstleistungsfreiheit anerkannt, vgl. EuGH v. 5.10.1994 -- Rs. C-23/93 (TV 10, Slg. 1994, I-4795, Rz. 15).

25 Zitiert in Fn. 10.

26 EuGH v. 5.11.2002 -- Rs. C-208/00, GmbHR 2002, 1137 (Überseering, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).

27 Vgl. die in Fn. 6 zitierten Nachw.

28 Urt. in der Rs. Dias (zitiert in Fn. 6, Rz. 14 bis 18).

29 Urt. in der Rs. Segers (zitiert in Fn. 4, Rz. 13); Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 20); Urt. in der Rs. Überseering (zitiert in Fn. 26, Rz. 57).

30 Urt. in der Rs. Überseering (zitiert in Fn. 26, Rz. 59). Inzident kann man dies auch schon aus dem Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 21) ableiten.

31 Vgl. die Ausführungen im Memorie van Toelichting, Tweede Kamer der Staten-General, Vergaderjaar 1994/1995, Veröffentlichung v. 19.4.1995, Nr. 24139, Nr. 3, S. 2, veröffentlicht auf der Internetseite des Parlaments des Königreichs der Niederlande www.tweede-kamer.nl.

32 Memorie van Toelichting (zitiert in Fn. 31), S. 3.

33 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 27).

34 Urt. in der Rs. Überseering (zitiert in Fn. 26, Rz. 59).

35 Urt. in der Rs. Überseering (zitiert in Fn. 26, Rz. 81).

36 Zitiert in Fn. 7.

37 Urt. in der Rs. Daily Mail (zitiert in Fn. 10, Rz. 23).

38 Urt. in der Rs. Überseering (zitiert in Fn. 26, Rz. 72).

39 Memorie van Toelichting (zitiert in Fn. 31), S. 6 letzter Absatz und S. 7 oben.

40 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 24 m.w.N.).

41 EuGH v. 31.3.1993 -- Rs. C-19/92 (Kraus, Slg. 1993, I-1663, Rz. 32), v. 30.11.1995 -- Rs. C-55/94 (Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Rz. 37) und in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 34).

42 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 34).

43 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 24 m.w.N.).

44 Urt. in der Rs. Segers (zitiert in Fn. 4, Rz. 17); Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 24 m.w.N.).

45 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 25); Urt. in der Rs. Überseering (zitiert in Fn. 26, Rz. 92 [... unter bestimmten Umständen und unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen ...]).

46 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 27).

47 Urt. in der Rs. TV 10 (zitiert in Fn. 24).

48 Urt. in der Rs. TV 10 (zitiert in Fn. 24, Rz. 20).

49 EuGH v. 4.6.2002 -- Rs. C-483/99 (Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I-4781).

50 Vgl. die Ausführungen im Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 32 ff.).

51 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 34).

52 Memorie van Toelichting (zitiert in Fn. 31), S. 9.

53 Vgl. die Ausführungen im Memorie van Toelichting (zitiert in Fn. 31, S. 9).

54 Vgl. die Ausführungen im Memorie van Toelichting, (zitiert in Fn. 31, S. 9 letzter Absatz).

55 Vgl. die Ausführungen im Memorie van Toelichting (zitiert in Fn. 31, S. 7 zu Art. 2).

56 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 20 m.w.N.).

57 ABl. L 294, S. 1.

58 Vgl. den vierten Erwägungsgrund der Zweiten Richtlinie und den dreizehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2157/2001.

59 Schlußanträge v. 16.7.1998 -- Rs. C-212/97 (Slg. 1999, I-1461, Nr. 21).

60 Vgl. die Ausführungen im Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe v. 4.11.2002, Zusammenfassung S. 14 und Einzelheiten auf S. 82 ff., insbes. S. 87, veröffentlicht auf der Internetseite der Europäischen Kommission www.europa.eu.int/comm/internal_market/en/company/company/modern.

61 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 35).

62 Vgl. die entsprechenden Ausführungen im Urt. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 36).

63 Urt. in der Rs. Centros (zitiert in Fn. 3, Rz. 37).

64 Memorie van Toelichting (zitiert in Fn. 31), S. 6 zu Artikel 1.

 


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