Stellungnahme der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt vom 25.2.2002 zum
Regierungs-Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz und Publizitätsgesetz)

An das
Bundesministerium der Justiz
Herrn RD Dr. Christoph Ernst

11015 Berlin

Sehr geehrter Herr Dr. Ernst,

mit Art. 2 Nr. 3 des vorliegenden Regierungsentwurfs* ist eine Neufassung des § 291 Abs. 3 HGB vorgesehen, wonach

"die Befreiung nach Absatz 1 ... trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Absatz 2 von einem Mutterunternehmen nicht in Anspruch genommen werden (kann), wenn

1. das Mutterunternehmen oder eines seiner Tochterunternehmen eine Aktiengesellschaft ist, deren Aktien zum Handel im amtlichen Markt zugelassen sind, ...".

Nach § 291 HGB können Tochterunternehmen im mehrstufigen Konzern, die zugleich Mutterunternehmen eines (Teil-)Konzerns sind, von der Aufstellungspflicht des Teilkonzernabschlusses befreit sein. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Befreiung wird durch die oben zitierte, vorgesehene Neuregelung – neben dem unverändert fortbestehenden Minderheitenschutz – insoweit sinnvoll eingeschränkt, als daß künftig Mutterunternehmen, deren Aktien zum Handel im amtlichen Markt zugelassen sind, regelmäßig einen (Teil-)Konzernabschluß aufstellen müssen. Damit wird dem Informationsbedürfnis der an dieser AG beteiligten Aktionäre Rechnung getragen.

Nicht zielführend ist es dagegen, daß auch Mutterunternehmen, in deren Konzernkreis sich eine solchermaßen börsennotierte Gesellschaft befindet, ihrerseits einen (Teil-) Konzernabschluß aufstellen müssen, wie es nach dem Gesetzeswortlaut der Fall ist. Solche Mutterunternehmen sind häufig sog. "Zwischenholding-GmbH", eine Konstruktion, die in Großkonzernen häufig vorzufinden ist. Regelmäßig (aber natürlich nicht notwendig) liegen die Anteile an solchen GmbH zu 100 % bei der betreffenden obersten Konzerngesellschaft, wie Fall B der folgenden Abbildung verdeutlicht:


Im Interesse der 30 % außenstehenden Gesellschafter der börsennotierten AG liegt deren (Teil-)Konzernabschluß, nicht aber der (Teil-)Konzernabschluß der Zwischenholding GmbH, der nach der jetzt vorgesehenen Gesetzesfassung jedoch aufzustellen wäre, unabhängig davon, wie viele außenstehende Gesellschafter die GmbH hätte. Sogar im – in der Praxis häufigen – Fall B müßte die GmbH nach dem Gesetzentwurf einen (Teil-)Konzernabschluß aufstellen, der jedoch für das Informationsbedürfnis der Aktionäre der AG völlig irrelevant wäre. Die vorgesehene Neuregelung des § 291 HGB würde tatsächlich zu einer Flut von Teilkonzernabschlüssen führen, für die es gar keine Adressaten gibt.

Wir schlagen daher vor, die Worte "oder eines seiner Tochterunternehmen" aus der vorgesehenen Formulierung des § 291 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB zu streichen.

Im Interesse des Kapitalmarkts könnte es aber liegen, den Anwendungskreis der Einschränkung der Befreiung um Unternehmen, die generell den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, zu erweitern (so auch die Auffassung des IDW, s. WPg 2002, 149); insoweit könnte § 291 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 HGB wie folgt formuliert werden:

"1. das Mutterunternehmen einen organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes durch von ihm ausgegebene Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes in Anspruch nimmt oder die Zulassung zum Handel an einem organisierten Markt beantragt worden ist, oder ...". ...


* BR-Drucks. 109/02; dazu s. auch Theile, GmbHR 2002, 231 -- in diesem Heft.


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