Dr. Thomas Flögel,
Assessor, und
Heinz-Peter Verspay,
Rechtsanwalt, Köln*

"Ewige" Aufbewahrung der Nachweise für die Einzahlung der Stammeinlage bei der GmbH!

Dies dies ist die Konsequenz der strengen Rechtsprechung zur Einlagenleistung bei der GmbH. Die Entscheidung des OLG Koblenz v. 7.3.2002 -- 6 U 1220/00, NZG 2002, 821 f. = GmbHR 2002, 968 (LS), gibt Anlaß, auf die zeitlich praktisch unbeschränkte Nachweispflicht des Gesellschafters hinzuweisen.

Der Beklagte des genannten Rechtsstreits war seit 1980 Gesellschafter einer GmbH, die rund 20 Jahre später Insolvenz anmeldete. Der Insolvenzverwalter forderte als Kläger vom Beklagten die Erbringung der Stammeinlage. Als Beweis für die bereits erfolgte Einzahlung der Stammeinlage konnte der Beklagte lediglich die Bilanzen der Jahre 1980 und 1981 vorlegen, die den Vermerk "aufgestellt anhand der vorgelegten Buch- und Inventurunterlagen" trugen, und aus denen sich ergab, daß die Stammeinlage im Jahre 1980 noch ausstand, aber nicht mehr im Jahre 1981.

Das Gericht gab der auf § 19 GmbHG gestützten Klage des Insolvenzverwalters auf -- nochmalige -- Zahlung der Einlage statt und führte zur Begründung aus, daß den Gesellschafter die volle Beweislast für die Erfüllung seiner Stammeinlagenverpflichtung treffe. Trotz eines Zeitablaufs von 20 Jahren kämen ihm keine Beweiserleichterungen zugute, da gesetzlich nicht bestimmt ist, bis zu welchem Zeitpunkt die Stammeinlage spätestens vollständig erbracht werden muß. Aus diesem Grunde müsse ein Gesellschafter für die Dauer der Gesellschaft mit der Geltendmachung der Einlagenforderung rechnen und seine entsprechenden Zahlungsbelege aufbewahren. Die Bilanzen aus den Jahren 1980 und 1981 belegten nicht die Einzahlung der Stammeinlage. Aus dem Vermerk "Aufgestellt anhand der vorgelegten Buch- und Inventurunterlagen" ergebe sich, daß eine Überprüfung der den Buchungen zugrunde liegenden Belege nicht erfolgt war. Als Privaturkunde beweise eine Bilanz zudem nur, daß die schriftlich fixierten Erklärungen vom Aussteller stammen, nicht aber ihre inhaltliche Richtigkeit.

Anzumerken ist dazu, daß das OLG Koblenz keine Veranlassung sah, vom allgemeinen Grundsatz abzuweichen, daß der Schuldner die Erfüllung seiner Verbindlichkeit zu beweisen hat. Auch nach einem Zeitablauf von 20 Jahren hält es Beweiserleichterungen nicht für angebracht, da es einem Gesellschafter grundsätzlich zumutbar ist, die entsprechenden Belege und Unterlagen aufzubewahren. Demgegenüber ist das OLG Frankfurt a. M. der Auffassung, daß sich die Beweislast des Einlageschuldners mit zunehmenden Zeitablauf abschwäche. Es befürwortet sogar eine Beweislastumkehr, wenn zumindest Indizien für eine Einlagezahlung sprechen, die bereits 20 Jahre zurückliegt, und der Kläger die Erfüllung lediglich pauschal in Abrede stellt (OLG Frankfurt a. M. v. 26.7.2000 -- 23 U 118/99, NJW-RR 2001, 402 f. = GmbHR 2001, 725 (LS); v. 28.2.2002 -- 16 U 57/01, NZG 2002, 822 f. = GmbHR 2002, 968 [LS]).

Angesichts dessen, daß eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage aussteht, empfiehlt es sich für jeden GmbH-Gesellschafter, die Belege für die Einzahlung der Stammeinlage für die gesamte Dauer der Gesellschaft sicher bei sich -- nicht in der Gesellschaft -- aufzubewahren. Ansonsten droht insbesondere im Insolvenzfall ein Unterliegen gegenüber einer Klage des Insolvenzverwalters auf erneute Einlagenzahlung.

Das Urteil des OLG Koblenz v. 7.3.2002 -- 6 U 1220/00, NZG 2002, 821 f. = GmbHR 2002, 968 (LS) ist nach altem Recht, also ohne Berücksichtigung des am 1.1.2002 in Kraft getretenen Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, ergangen. Vor dessen Inkrafttreten war anerkannt, daß für die Einlagenforderung die allgemeine Verjährungsfrist von 30 Jahren gilt. Nach der Reform stellt sich die Frage, ob es bei dieser Verjährungsfrist bleibt oder eine kürzere Frist greift (s. dazu bereits M. Hohlfeld, GmbhR 2002, R 117, m.w.N.). Als sicher kann gelten, daß ein Rückgriff auf die neugefaßte allgemeine Verjährungsfrist des § 195 BGB n.F. ausscheidet, denn die kurze Zeitspanne von nur 3 Jahren steht im Widerspruch zu den Regelungen des § 9 Abs. 2 GmbHG und § 19 Abs. 4 GmbHG sowie dem Rechtsgedanken des Gläubigerschutzes. Ob überhaupt Verjährbarkeit besteht und wie lange eine Verjährungsfrist wäre, dazu kann derzeit keine gesicherte Aussage getroffen werden. Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Verjährungsfrist nicht mit der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister beginnt. Ist kein Zahlungstermin für die Einlagen in der Satzung bestimmt, so wird der Anspruch erst fällig, wenn die Gesellschafterversammlung die Einforderung der offenstehenden Einlagen beschlossen und gegenüber dem Gesellschafter geltend gemacht hat. Im Ergebnis bedeutet das für die Praxis, daß die Zahlungsnachweise von dem Gesellschafter bzw. dessen Erben für die gesamte Dauer der Gesellschaft aufbewahrt werden müssen.

 

* HECKER, WERNER, HIMMELREICH & NACKEN.


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