Dr. Wolfgang Lingemann,
Köln*
Referentenentwurf Steueränderungsgesetz 2001:
ein weiteres Korrekturgesetz
Der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher
Vorschriften – Steueränderungsgesetz 2001 (Volltext)
liegt derzeit den Wirtschaft- und Interessenverbänden zur Stellungnahme
vor. In diesem Gesetz sollen noch einmal alle wichtigen Steuergesetze und
einige Durchführungsverordnungen angefaßt werden. Dabei ergeben
sich keine bedeutenden Änderungen des Unternehmenssteuerrechts, dafür
aber zahlreiche Detailänderungen. Welche davon wirklich gesetzlich
umgesetzt werden, ist noch offen. Die von der Wirtschaft jüngst wieder
erhobenen Forderungen nach einer durchgreifenden Reform bleiben unerhört.
Eine Auswahl der für die Unternehmenssteuerpraxis wichtigsten Positionen
im Überblick:
I. Änderungen des Einkommensteuergesetzes
-
Schuldzinsabzugsbegrenzung bei Mehrkontenmodellen, §
4 Abs. 4a EStG: In § 4 Abs. 4a EStG wird S. 3 gestrichen.
Ferner erfolgt eine Klarstellung hinsichtlich der Wechselwirkung
von Überentnahme und Gewinnauswirkung
(hierzu Kohlhaas, FR 2001, 561). Am Ende des neuen S. 3 (vorher
S. 4) wird angefügt: "bei der Ermittlung der Überentnahme ist
vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses
Absatzes nichtabziehbaren Schuldzinsen auszugehen." Der bisherige
Wortlaut der Vorschrift knüpft mit der Pauschalregelung an das Vorliegen
einer Überentnahme an, läßt aber unberücksichtigt,
daß die Höhe dieser Übernahme durch die angeordnete Rechtsfolge
(= nicht abziehbare Betriebsausgaben) beeinflußt wird. Diese Auswirkung
wird korrigiert.
-
Rückstellungsverbot bei AK/HK für ein künftig
zu aktivierendes Wirtschaftsgut, § 5 Abs. 4b EStG: Für Aufwendungen,
die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein künftig
zu aktivierendes Wirtschaftsgut sind, dürfen Rückstellungen nicht
gebildet werden. Der Ansatz eines Passivpostens wegen der Zahlungsverpflichtung
für den Erwerb eines bereits aktivierten Wirtschaftsgutes
ist dagegen auch dann zulässig, wenn auf Grund der ungewissen Höhe
der Verbindlichkeit einer Rückstellung zu bilden ist. Dies ist z.B.
dann der Fall, wenn für das zu aktivierende Wirtschaftsgut noch keine
Rechnung vorliegt, so daß die genaue Höhe der Anschaffungs-
bzw. Herstellungskosten noch nicht feststeht.
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Arbeitnehmervermögensbeteiligungen, § 19a EStG:
Die Überlassung von Vermögensbeteiligungen an Arbeitnehmer gem.
§ 19a EStG wird neu formuliert; dabei ist die sechsjährige Sperrfrist
der bisherigen Regelung, deren Nichteinhaltung zu einer Nachversteuerung
führt, nunmehr entfallen. Hierdurch soll der Verwaltungsaufwand bei
der steuerliche Behandlung der Mitarbeiterbeteiligung erheblich reduziert
werden. Außerdem soll die Vorschrift durch Verweis auf den Katalog
der nach dem Fünften Vermögensbildungsgesetz begünstigten
Vermögensbeteiligungen gestrafft und mit den dort geförderten
Anlagen harmonisiert werden.
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Kapitalerträge: Korrekturgesetz zum Floater-Urteil
des BFH, § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 S. 2 EStG wird zukünftig
wie folgt gefaßt: "Haben die Wertpapiere und ihre Kapitalforderungen
keine Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige sie nicht nach,
gilt der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen
aus der Veräußerung, der Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag."
Durch die Gesetzesänderung wird der Gewinn aus der Veräußerung,
Abtretung oder Einlösung von Kapitalanlagen mit variabler Verzinsung
(Finanzinnovationen, Floater) als steuerpflichtiger Kapitalertrag erfaßt,
wodurch zugleich ein hierzu entgegenstehendes Urteil des Bundesfinanzhofs
korrigiert wird, das die Steuerfreiheit bestimmter Finanzinnovationen festgestellt
hat (BFH v. 24.10.2000 – VIII R 28/99, FR 2001, 84).
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Doppelbegünstigung bei gewerblichen Einkünften
durch Tarifermäßigung und Gewerbesteueranrechnung: Besonderes
Augenmerk verdient die Anwendungsregelung zur Anrechnung der Gewerbesteuer
auf gewerbliche Einkünfte (§ 35 EStG). Die Steuerermäßigung
soll nach der Intention des Gesetzgebers die Tarifbegrenzung bei gewerblichen
Einkünften nach § 32c EStG ablösen, weshalb in § 52
Abs. 44 EStG neu bestimmt wird, daß § 32c EStG letztmals für
den VZ 2000 anwendbar ist. Auf Grund der unklaren Formulierung der bisherigen
Anwendungsvorschrift kommt es in bestimmten Fällen zu einer nicht
gewollten Doppelbegünstigung der gewerblichen Einkünfte im VZ
2001 durch die gleichzeitige Steuerermäßigung nach § 35
EStG und der Tarifbegrenzung nach § 32c EStG. Auf Grund der bisherigen
Anwendungsvorschriften ist § 32c letztmals für den Veranlagungszeitraum
anzuwenden, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden, die
aus Wirtschaftsjahren stammen, die vor dem 1.1.2001 beginnen. Liegt ein
abweichendes Wirtschaftsjahr vor, das in 2000 beginnt und in 2001 endet,
findet § 32c EStG im VZ 2001 für alle erzielten gewerblichen
Einkünfte, also auch für die Einkünfte, bei denen das Wirtschaftsjahr
dem Kalenderjahr entspricht, Anwendung. Da § 35 grundsätzlich
ab dem Veranlagungszeitraum 2001 für alle in diesem Jahr erzielten
gewerblichen Einkünfte gilt, kann es bei Steuerpflichtigen, die Einkünfte
aus mehreren Gewerbebetrieben mit unterschiedlichen Wirtschaftsjahren erzielen,
zu einer ungewollten und unsystematischen Doppelbegünstigung kommen.
Denn auf die Einkünfte aus sämtlichen Gewerbebetrieben wären
nach dem derzeitigen Wortlaut der Anwendungsvorschrift dann sowohl §
32c als auch § 35 nebeneinander zu berücksichtigen.
II. Änderungen des Körperschaftsteuergesetzes
-
Klarstellung in § 5 Abs. 2 KStG bei der Steuerabzugspflicht
für inländische steuerabzugspflichtige Einkünfte und für
beschränkt steuerpflichtige Körperschaften: Persönliche
und sachliche Befreiungen von der Körperschaftsteuer sind vor allem
in § 5 Abs. 1, vereinzelt aber auch in anderen Gesetzen vorgesehen.
Die in § 5 Abs. 2 umschriebenen Ausnahmen von der Befreiung hinsichtlich
der Abzugssteuern gelten nicht nur in den Fällen der Befreiung nach
§ 5 Abs. 1, sondern auch in diesen anderen Fällen. Zur Vermeidung
von Zweifeln an dieser Rechtsauffassung wird eine gesetzliche Klarstellung
vorgenommen.
-
Mantelkaufregelung: Ferner wird in § 8 Abs. 4
S. 3 KStG durch eine klarstellende neue Formulierung eine Anpassung an
die geänderte Ausdrucksweise in § 10d EStG vorgenommen.
III. Änderungen des Umwandlungssteuergesetzes
Im Umwandlungssteuergesetz wird noch nicht die angestrebte
Neukonzeption vorgenommen (vgl. zu deren Notwendigkeit den Bericht der
Bundesregierung an den Finanzausschuß zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts
(Volltext); dazu Lingemann,
GmbHR 2001, R 177), sondern lediglich einige kleinere redaktionelle Anpassungen
an die bereits jetzt bestehende Rechtslage. Diese beziehen sich insbesondere
auf die im Umwandlungssteuergesetz in § 20 Abs. 5 S. 1 und §
24 Abs. 3 S. 2 geregelten Fälle der Betriebseinbringung auf Grund
der Wiedereinführung des halben durchschnittlichen Steuersatzes (§
34 Abs. 3 EStG) ab dem Jahre 2001.
IV. Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz
Grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge, § 1
GrEStG: Beim Gesellschafterwechsel in grundstückshaltenden Personengesellschaften
gem. § 1 Abs. 2a GrEStG wird in S. 1 klargestellt, daß mit dem
Begriff "Anteil" die vermögensmäßige Beteiligung am Gesamthandsvermögen
und nicht die Gesellschafterstellung als dingliche Mitberechtigung gemeint
ist. § 1 Abs. 7 GrEStG wird in Anpassung an einen Beschl. des BFH
v. 12.4.2000 – II B 133/99, BStBl. II 2000, 433, daß der Erbbauzinsanspruch
grunderwerbsteuerlich nicht Teil des belasteten Grundstücks ist, gestrichen.
V. Geplante Änderungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes
werden wieder gestrichen
In dem ersten Referentenentwurf des StÄndG 2001 waren
einige Änderungen des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes enthalten,
darunter auch eine Korrektur bei der Vergünstigung für Betriebsvermögen
(§ 13a ErbStG) entgegen dem aktuellen BFH v. 25.1.2001 – II R
52/98, FR 2001, 484 = GmbHR 2001, 441 mit Komm. Götz. Es
sollte der Freibetrag für Betriebsvermögen nicht nur in Fällen
der endgültigen und vorbehaltlosen Schenkung unter Lebenden
(so der BFH), sondern in allen anderen Fällen des § 13a
Abs. 1 und 3 entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis (vgl. R 56 Abs.
2 ErbStR) gewährt werden. Nunmehr sind in dem vom BMF bekanntgegebenen
Referentenentwurf des StÄndG 2001 keine Änderungen des ErbStG
mehr vorgesehen. Stattdessen wird nun keine Ausweitung der Steuervergünstigung
mehr gesetzlich bestimmt, sondern einfach das Verbleiben bei der bisherigen
Verwaltungspraxis angeordnet. Denn die BFH-Entscheidung wurde, wie bei
Drucklegung dieser Ausgabe bekannt wird, inzwischen mit einem Nichtanwendungserlaß
belegt, auf den wir besonders hinweisen (Gleichlautender Ländererlaß
vom 15.5.2001 – erscheint in GmbHR Heft 13/2001).
* Schriftleiter der "Finanz-Rundschau".
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