Peter Fabry, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Steuerecht
und Steuerberater, München*

Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für VIP-Logen und Business Seats in Sportstadien

I. Einleitung

Im Juni 2006, d.h. in exakt einem Jahr, findet die Fußballweltmeisterschaft nach 32 Jahren wieder in Deutschland statt. Vor dem Hintergrund dieses sportlichen Großereignisses, wurden alte Fußballstadien renoviert und neue geschaffen. Die Finanzierung der Um- und Neubauten basiert neben Zuschüssen von Bund und Ländern, Werbeeinnahmen, u.ä. auf Einnahmen aus der Vermietung von VIP-Logen und sog. Business Seats. In der Regel enthalten die Logen-Mietverträge ein Leistungspaket, das die Zutrittsberechtigung und das Catering für eine bestimmte Personenzahl zu den erfaßten Spielen, die Nutzung der Loge außerhalb der Spiele sowie Werbeleistungen umfaßt. Spiele der Fußball-WM sind regelmäßig nicht enthalten, sondern müssen gesondert erworben werden (sog. Hospitality-Package).

Die Motivation eines Unternehmens zur Anmietung von VIP-Logen oder Business Seats in einer Fußballarena liegt fraglos in dem damit verbundenen Marketingeffekt. Insbesondere die Einladung von Geschäftspartnern zu einem WM-Spiel bietet für Unternehmen eine ideale Möglichkeit, sich als interessanter Geschäftspartner zu präsentieren und birgt eine Chance zur Akquisition neuer Aufträge. Zusätzlich können durch Veranstaltungen in VIP-Logen Leistungsanreize für eigene Mitarbeiter vermittelt werden.

Ein für Unternehmen wichtiges Kriterium bei der Entscheidung zur Anmietung einer VIP-Loge ist jedoch auch die steuerliche Abzugsfähigkeit der entstehenden Aufwendungen. Da die derzeitigen Regelungen hierzu unzureichend sind, ist zu befürchten, daß sie nicht einheitlich angewendet werden. Nach Pressemeldungen hat das Finanzamt Hamburg für Großunternehmen vor kurzem diversen Unternehmen den Betriebsausgabenabzug von Aufwendungen für VIP-Logen sogar vollständig aberkannt. Durch diese Meldung sowie vor dem Hintergrund der Fußball-WM 2006 rückt die Frage nach der steuerlichen Abzugsfähigkeit von VIP-Aufwendungen in letzter Zeit in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit und ist mittlerweile auch Thema an höchster Stelle der Finanzverwaltung.

II. Regelungen zur steuerlichen Behandlung von VIP-Aufwendungen

Gemäß verschiedener OFD-Verfügungen aus den letzten beiden Jahren (s. u.a. OFD Cottbus v. 9.1.2004 -- S 2145 - 15 - St 225; OFD Düsseldorf v. 10.11.2003 -- S 2144 A - St 11; OFD Berlin v. 13.11,2003 -- St 121 - S 2144 - 2/00; OFD Frankfurt v. 2.6.2003 -- S 2144 A - 118 - St II 20) richtet sich die Beurteilung von Aufwendungen für VIP-Logen in Sportstadien nach den allgemeinen Grundsätzen des § 4 Abs. 4 EStG und §5 EStG i.V.m. dem zum Sponsoring ergangenen Schr. des BMF v. 18.2.1998 -- IV B 2 - S 2144 - 40/98, BStBl. I 1998, 212. Zur steuerlichen Beurteilung unterscheiden diese Schreiben zwischen dem mietenden Unternehmen und dem Empfänger der Zuwendung.

1. Behandlung bei der mietenden Gesellschaft

a) Aufwendungen für VIP-Logen/Business Seats (Miete, Eintrittskarten)

Durch den Betrieb veranlaßte Aufwendungen für VIP-Logen stellen grundsätzlich Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG dar. Die Abzugsfähigkeit dieser Betriebsausgaben ist jedoch von dem Zweck, für den sie getätigt werden und dem Empfänger der Zuwendung abhängig. Tätigt ein Unternehmen Aufwendungen für eine VIP-Loge zugunsten seiner Arbeitnehmer, sieht die Finanzverwaltung die Voraussetzungen zum vollen Betriebsausgabenabzug als gegeben an. Handelt es sich beim Empfänger der Zuwendung jedoch um einen Geschäftspartner des Unternehmens, ist eine Unterscheidung vorzunehmen, ob die Zuwendung einer geschäftsfördernden Präsentation des Unternehmens dient oder im Zusammenhang mit einer Leistung des Zuwendungsempfängers steht.

Analog zum Schr. des BMF v. 14.10.1996 -- IV B 2 - S 2143 - 23/96, BStBl. I 1996, 1192 zur ertragsteuerlichen Behandlung von sog. "Incentive-Reisen" gehen die o.g. OFD-Verfügungen von unbeschränkt abzugsfähigen Betriebsausgaben nur aus, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Unternehmens an den Geschäftspartner und einer Gegenleistung dieses Geschäftspartners besteht. Erfolgt die unentgeltliche Zuwendung von VIP-Aufwendungen an Geschäftsfreunde dagegen lediglich zur Kontaktaufnahme und -pflege qualifiziert die Finanzverwaltung die erbrachten unentgeltlichen Zuwendungen als Geschenke i.S.d. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG. Überschreiten die Anschaffungskosten einer derartig qualifizierten Zuwendung pro Empfänger im Wirtschaftjahr 35 € liegen insgesamt nicht abzugsfähige Betriebsausgaben vor. Bei Kosten für die Einladung von privaten Freunden ohne geschäftlichen Hintergrund in eine VIP-Loge, handelt es sich entweder um Kosten der privaten Lebensführung eines Einzelunternehmers bzw. des Gesellschafters einer Personengesellschaft oder, soweit Empfänger der Einladung eine Kapitalgesellschaft ist, die wiederum ihren Gesellschafter begünstigt, um eine verdeckte Gewinnausschüttung.

b) Bewirtung § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG

Aufwendungen für die Bewirtung von Gästen bei Veranstaltungen in der VIP-Loge des Unternehmens, stellen grundsätzlich Betriebsausgaben dar. Nehmen an der Veranstaltung ausschließlich Arbeitnehmer des Unternehmens teil, sind diese Betriebsausgaben voll abzugsfähig. Bei Veranstaltungen für Geschäftspartner sind Bewirtungsaufwendungen beschränkt (70 %) abziehbar (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG), sofern die Bewirtung aus geschäftlichem Anlaß erfolgt und eindeutig im Vordergrund steht. Ist die Darreichung von Speisen und Getränken nur als Nebenleistung anzusehen, knüpft ihre Einstufung an die Beurteilung der Hauptleistung an. Bewirtungsaufwendungen für eine VIP-Veranstaltung, die als Geschenk zu qualifizieren ist, werden somit vom Abzugsverbot für Geschenke über 35 € (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG) erfaßt. Der 70 %-ige Betriebsausgabenabzug für diese untergeordneten Bewirtungsaufwendungen ist nur bei Vorliegen einer gesonderten Einzelabrechnung möglich. Da die Bewirtungsaufwendungen regelmäßig im Leistungspaket des Logen-Mietvertrags enthalten sind, liegt eine derartige Einzelabrechnung meist nicht vor. Nehmen Arbeitnehmer des Unternehmers an der geschäftlich veranlaßten Bewirtung von Geschäftsfreunden teil, werden die für sie getätigten Aufwendungen abweichend vom o.g. Grundsatz genauso behandelt wie die auf die Geschäftsfreunde entfallenden Bewirtungsaufwendungen.

c) Werbeaufwendungen

Ausgaben, die ein Unternehmen neben der VIP-Logen-Miete, den Eintrittskarten und der Bewirtung für ein Werbepaket aufwendet, stellen Betriebsausgaben i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG dar. Sofern keine unangemessenen Größenordnungen vorliegen, sind die Werbeaufwendungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Problematisch ist hier, daß die Logen-Mietverträge regelmäßig Werbepakete enthalten, eine Aufteilung der Gesamtaufwendungen auf die einzelnen Leistungen aber fehlt. Die fehlende Aufteilung allein führt zwar gemäß den o.g. OFD-Verfügungen nicht zur Versagung des vollen Betriebsausgabenabzugs für die Werbeaufwendungen. Statt dessen bestimmen sie, daß bei VIP-Logen-Verträgen, die lediglich einen Pauschalpreis enthalten, der Umfang der einzelnen Kosten durch eine sachgerechte Schätzung mittels Fremdvergleich nach dem Verhältnis der Teilwerte der Einzelleistungen unter Mitwirkung des Unternehmens zu ermitteln ist. Eine Vorgabe zur Ermittlung der Teilwerte als Maßstab, anhand dessen die Schätzung zulässigerweise vorgenommen werden darf, wird in den OFD-Verfügungen jedoch nicht angegeben.

2. Behandlung beim Empfänger

Durch die Zuwendung von VIP-Leistungen erhält der Empfänger einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil. Die steuerliche Erfassung von VIP-Aufwendungen beim Empfänger ist dabei unabhängig vom Umfang des Betriebsausgabenabzugs beim leistenden Unternehmer (BFH v. 26.9.1995 -- VIII R 35/93, BStBl. II 1996, 273). Bei Arbeitnehmern, für die VIP-Aufwendungen getätigt werden, stellt der geldwerte Vorteil aus den Zuwendungen des Arbeitgebers lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar (FG Bremen v. 7.3.2000 -- 2 00 088 K 3, EFG 2000, 724).

Handelt es sich beim Zuwendungsempfänger um einen Geschäftspartner des Unternehmens, stellt der geldwerte Vorteil eine Betriebseinnahme dar. Dies gilt sowohl bei Personengesellschaften als auch bei Kapitalgesellschaften als Zuwendungsempfänger. Die konkrete Nutzung der Zuwendung durch den Gesellschafter des Zuwendungsempfängers führt beim Einzelunternehmen und bei der Personengesellschaft zu einer Entnahme. Bei Kapitalgesellschaften führt die Nutzung der Zuwendung durch einen Gesellschafter zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, sofern sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist (vgl. Jorczyk, GmbHR 2002, 321 f.; ebenso bei Incentive-Reisen -- fi --, GmbHR 1996, R 294 mit Hinweis auf BMF v. 14.10.1996, aaO). Dies ist insbesondere der Fall, wenn nahestehende Personen (Ehegatten) des Gesellschafters an der VIP-Veranstaltung teilnehmen. Für Bewirtungsaufwendungen, die das Unternehmen tätigt, müssen die Zuwendungsempfänger aus Vereinfachungsgründen keine Betriebseinnahme erfassen.

III. Würdigung

Ungeachtet der Tatsache, daß die Einladung wichtiger Geschäftspartner zu Sportereignissen heute gebräuchlich und das Ziel, Geschäftsbeziehungen zu fördern betrieblich bedingt ist, geht die Finanzverwaltung bei Veranstaltungen mit Freizeitbezug offensichtlich von einer außerbetrieblichen Motivation aus und läßt nur den eingeschränkten Betriebsausgabenabzug für Geschenke zu. Hinzu kommt, daß auch der Abzug von VIP-Aufwendungen, die definitiv Betriebsausgaben darstellen, detaillierte Nachweise zum konkreten Anlaß und zum begünstigten Personenkreis, voraussetzt. Zu den Kriterien, nach denen VIP-Aufwendungen einzelnen Veranstaltungen zuzuordnen sind und zu Art und Umfang der notwendigen Aufzeichnungen hat sich die Finanzverwaltung jedoch bisher nicht geäußert. Somit bleibt selbst für Unternehmen, die umfangreiche Aufzeichnungen mit hohem Verwaltungsaufwand erstellen, ein latentes Risiko, ob die Aufzeichnungen bei einer Betriebsprüfung anerkannt werden.

Auch die steuerliche Erfassung des geldwerten Vorteils beim Empfänger von VIP-Zuwendungen ist problematisch. Für den Geschäftpartner, dem meist nicht bewußt ist, daß er aufgrund der Einladung eine Betriebseinnahme erfassen muß, dürfte eine Bewertung der Betriebseinnahme schwierig sein. Für den einladenden Unternehmer dürfte der mit der Einladung bezweckte Repräsentationseffekt erheblich beeinträchtigt werden, wenn er den eingeladenen Geschäftspartnern am Ende der Veranstaltung eine Bescheinigung überreicht und mitteilt, daß sie die Einladung zu versteuern haben.

Um diese nachteiligen Konsequenzen zu vermeiden, wäre eine praktikable Lösung wünschenswert. Da VIP-Aufwendungen auch aus Finanzverwaltungssicht grundsätzlich Betriebsausgaben darstellen, könnte eine Lösung darin bestehen, analog der Regelung zu betrieblich veranlaßten Bewirtungskosten einen Prozentsatz vorzugeben, in dessen Höhe VIP-Aufwendungen als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben qualifiziert werden. Die restlichen angemessenen VIP-Aufwendungen könnten gewinnmindernd geltend gemacht werden. Analog zu den Bewirtungsaufwendungen wäre aus Vereinfachungsgründen ein Verzicht auf die steuerliche Erfassung beim Zuwendungsempfänger oder eine pauschale Abgeltungsbesteuerung beim zuwendenden Unternehmen wünschenswert.

Insgesamt ist die steuerliche Behandlung von VIP-Aufwendungen zum aktuellen Zeitpunkt weder zufriedenstellend noch ausreichend geklärt. Eine offizielle Äußerung der Finanzverwaltung ist deshalb, insbesondere vor dem Hintergrund der Fußball-WM 2006, mit Spannung zu erwarten.

 

* Partner der Allrevision Dornhof GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, München.

 


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