Ekkehard Wetzel, Rechtsanwalt
Hochheim/Ts.

Stromsteuer – neue Belastungen für Unternehmen

I. Einleitung

Die steigenden Energiepreise setzen die mittelständische Wirtschaft zunehmend unter Druck. Ein großes Problem sind dabei die Strompreise und damit einhergehend die Stromsteuer als Folge der Ökosteuer. Aber auch das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) und das KWKG (Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) tragen zu dieser Mehrbelastung bei.

Das Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform v. 24.3.1999 (BGBl. I 1999, 378) hat mit dem in seinem Art.1 verankerten Stromsteuergesetz (StromStG) eine neue Verbrauchsteuer mit sich gebracht. Auf die Streitfrage, ob es sich überhaupt um eine Verbrauchsteuer im klassischen Sinn handelt, soll hier aber nicht näher eingegangen werden (Arndt, StromStG 1999, S. 33, 40; Drozda/Storm, NJW 1999, 2333; Hidien, BB 1999, 341 [342]; Jatzke, DStZ 1999, 520 [522 ff.]; Teichner in Teichner/Alexander/Reiche, MinöStG, MinöZoll, StromStG, Vorb. Tz. 1). Vielmehr sollen einige Problembereiche aus der Anwendung des StromStG aufgezeigt werden.

II. Probleme aus der Praxis

Gerade beim Mittelstand werden die Tragweite des StromStG und dessen finanzielle Auswirkungen nicht in vollem Umfang gesehen. Die vom Energieversorgungsunternehmen (EVU) in der Stromrechnung gesondert ausgewiesene Stromsteuer wird als neuer zusätzlicher Kostenfaktor hingenommen, ohne zumindest mögliche Steuererleichterungen des Gesetzes in Anspruch zu nehmen.

1. Erlaubnisantrag

Ist z.B. eine GmbH ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes gem. § 2 Nr. 3 StromStG – dies richtet sich nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes – so ist beim zuständigen Hauptzollamt (HZA) ein sog. Erlaubnisantrag zum Bezug steuerbegünstigten Stroms zu stellen. Der ermäßigte Tarif beträgt für das Jahr 2001 gem. § 3 StromStG 6 DM/MWh gegenüber dem Normaltarif von 30 DM/MWh. Hier sollte schon eine Überprüfung der Klassifikation wegen möglicher Steuereinsparungen vorgenommen werden.

Der Antrag auf Erlaubnis muß gem. § 9 Abs. 4, § 4 StromStG beim zuständigen HZA (§ 2 StromStV) gestellt werden. Gerade nach dem Inkrafttreten des StromStG im Jahre 1999 haben viele Unternehmen versäumt, diesen Antrag fristgemäß bis zum Jahresende zu stellen, so daß trotz Vorliegens der Voraussetzungen "Unternehmen des Produzierenden Gewerbes" der Normaltarif von damals 20 DM/MWh gegenüber 4 DM/MWh zu entrichten war. Nicht fristgemäß (31.12.1999) eingegangene Erlaubnisanträge wirkten nur ex nunc, d.h. ab dem Kalenderjahr 2000. Leider galt nach der Intention des Gesetzgebers die Fiktion der widerruflich bis zum Jahresende erteilten Erlaubnis ausschließlich für die EVUs und Eigenerzeuger, nicht aber für die Unternehmen des Produzierenden Gewerbes.

2. Sockelbetrag

Jedes Unternehmen des Produzierenden Gewerbes muß eine Sockelverbrauchsmenge, sog. Sockelbetrag, zum Normaltarif versteuern (§ 9 Abs. 3 StromStG). Dieser bezog sich in 1999 auf einen Stromverbrauch von 50 MWh zu 20 DM/MWh und wurde von dem EVU an die HZÄ abgeführt und dem Kunden in Rechnung gestellt. Ab dem Jahre 2000 ergehen an die Unternehmen, die aufgrund von Erlaubnisanträgen bei den HZÄ erfaßt sind, Steuerbescheide, da die Unternehmen gem. § 9 Abs. 5 StromStG selbst Steuerschuldner sind. Für das Jahr 2000 waren 800 DM (40 MWh zu 20 DM/MWh), und für das Jahr 2001 sind 799,20 DM (33.3 MWh zu 24 DM/MWh) direkt an das HZA zu entrichten.

Bleibt ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes unter dieser Sockelverbrauchsmenge kann beim HZA beantragt werden, daß eine Steueranmeldung erst dann abzugeben ist, wenn die Sockelverbrauchsmenge erreicht ist bzw. der tatsächliche Verbrauch feststeht.

Ein Bescheid über den Sockelbetrag ergeht nicht, wenn das Unternehmen auf seinen Erlaubnisantrag verzichtet. Ein solcher Verzicht ist zur Vermeidung unnötigen Verwaltungsaufwands und möglicher Vollstreckungsandrohungen zu empfehlen für Gesellschaften, die in ihren Aktivitäten wegen bevorstehender Ausgliederungen zurückgefahren worden sind und daher die Sockelverbrauchsmenge nicht erreichen oder bei denen klar wird, daß ihre jährliche Verbrauchsmenge unter dem Sockelbetrag bleibt.

Ist ein derartiges Unternehmen Vertragspartner des EVU, wird die Stromsteuer über die Stromrechnung zum Normaltarif bezahlt. Bei Bezug über ein Konzernunternehmen oder ein fremdes Unternehmen müssten diese den Stromverbrauch über die sog. Differenzversteuerung (s. unten 4.) deklarieren und im Innenverhältnis durch Rechnungstellung belasten.

Der Sockelbetrag wird bei Unternehmen des Produzierenden Gewerbes mit Tochtergesellschaften an einem Standort bei jeder der juristisch selbständigen Einheiten fällig.

3. Versorger – Letztverbraucher

Auch ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, das ein fremdes drittes Unternehmen, die Betriebstätte eines solchen Unternehmens oder ein eigenes Konzernunternehmen mit Strom versorgt, kann Versorger gem. § 2 Nr. 1 StromStG sein. In diesen Fällen muß eine besondere Versorgererlaubnis gem. § 4 Abs. 1, 2 StromStG beantragt werden.Diese Versorgererlaubnis ist dem EVU vorzulegen, damit der Strom steuerfrei geliefert werden kann. Für den eigenen Stromverbrauch sind bei entsprechend hohem Verbrauch gem. § 8 StromStG i.V.m. § 6 StromStV monatliche Vorauszahlungen zu leisten.

Hat das fremde Unternehmen der Betriebstätte ebenfalls Versorgerstatus, erfolgt auch die Weiterleitung steuerfrei. Dieses Unternehmen muß dann in seiner Steueranmeldung diesen Stromverbrauch erfassen und der Besteuerung unterwerfen. Die jeweils zuständigen HZÄ sollten entsprechend informiert werden.

Nach § 16 StromStV kann aber auch das Unternehmen, das Strom weiterleitet, als Letztverbraucher gem. § 5 StromStG behandelt werden. In diesen Fällen kann beim HZA der Versorgerstatus widerrufen werden. Das EVU ist über die Veränderung zu unterrichten. Der Strom wird aufgrund der weiterhin bestehenden Erlaubnis (§ 9 Abs. 4 StromStG) vom EVU nunmehr zum ermäßigten Tarif geliefert. Der an das fremde Unternehmen mit Versorgerstatus weitergeleitete Strom wird diesem mit dem ermäßigten Tarif in Rechnung gestellt. In der Steueranmeldung dieses Unternehmens ist der erhaltene Strom steuerlich nicht mehr zu erfassen.

4. Differenzversteuerung

Wird Strom an nicht begünstigte Unternehmen weitergeleitet, erfolgt die Besteuerung zum Normaltarif. Der Letztverbraucher, der diesen Strom weiterleitet, muß eine sog. Differenzversteuerung gem. § 16 StromStV durchführen. Danach ist für die weitergeleitete Strommenge die Differenz des ermäßigten Steuersatzes gem. § 9 Abs. 3 StromStG zum Normaltarif gem. § 3 StromStG anzumelden und zu entrichten. Das den Strom weiterleitende Unternehmen belastet das empfangende Unternehmen mit dem Normaltarif.

Bei entsprechend hohem Stromverbrauch (Steuerschuld mehr als 2.400 DM p.a.) kann das HZA auch im Rahmen der Differenzversteuerung gem. § 8 Abs. 6, 7 StromStG i.V.m. § 6 Abs. 3 StromStV Vorauszahlungen festsetzen.

Bei der Differenzversteuerung für das Jahr 2000 ist zu beachten, daß zum Beginn des Jahres unterschiedliche Steuersätze bestanden haben, weil die EU-Kommission die Erhöhung der Ökosteuer erst zum 15.2.2000 genehmigt hatte.

Vom 1.1. bis 14.2.2000 galt noch der ermäßigte Tarif von 4 DM/MWh, während ab 15.2.2000 bis zum Jahresende 5 DM/MWh zu zahlen waren. Die Differenzversteuerung bis zum 14.2.2000 beläuft sich somit auf 21 DM/MWh (25 DM ./. 4 DM) und für den Verbrauch ab 15.2.2000 auf 20 DM/MWh (25 DM ./. 5 DM).

Von den HZÄ wird offensichtlich keine Verbrauchsabgrenzung auf den Tag verlangt, sondern es wird eine Quotelung pro rata temporis akzeptiert.

5. Vermietung von Anlagen

Ist von einem Unternehmen einem anderen Unternehmen eine Anlage gegen ein Nutzungsentgelt überlassen (Miete gem. § 535 BGB), so ist der Mieter Letztverbraucher und es liegt ein Selbstverbrauch nach § 5 StromStG vor. Dies gilt umso mehr, wenn der Mieter vertraglich verpflichtet ist, den Strom zu seinen Lasten für das Betreiben der Anlage bereitzustellen. Der Strom ist steuerlich ausschließlich beim Mieter zu erfassen.

6. Ausgliederung – Sitzverlegung

Bei Ausgliederung einer Kantine oder eines Servicebereichs (Buchhaltung/Steuer) in eine selbständige GmbH sind die Voraussetzungen des Begriffs "Produzierendes Gewerbe" für diese neuen Unternehmen nicht mehr erfüllt, so daß insoweit der Stromverbrauch zum Normaltarif zu versteuern ist. Es handelt sich dann um nicht mehr begünstigte Dienstleistungsunternehmen. Bei Ausgliederungen von produzierenden Unternehmensbereichen in eigenständige Gesellschaften wird zusätzlich der Sockelbetrag fällig. Vom Steuervolumen her dürften aber in der Regel diese Nachteile kein Hinderungsgrund für eine Ausgliederung sein.

Die Sitzverlegung eines Unternehmens des Produzierenden Gewerbes unter gleichzeitiger Veränderung der Zuständigkeit des HZA hat nach dem Verfasser vorliegenden Erkenntnissen wohl zur Folge, daß die erteilte Erlaubnis auf Bezug steuerbegünstigten Stroms nur vorläufig weitergilt. Die Erlaubnis wird von dem vor der Sitzverlegung zuständigen HZA widerrufen und von dem nunmehr zuständigen HZA auf Antrag neu erteilt. Für diese Fälle wäre m.E. eine vereinfachende Verwaltungsregelung angebracht.

III. Zusammenfassung

Die Stromsteuer hat sowohl bei den Unternehmen als auch bei der Zollverwaltung zu erheblichem Verwaltungsaufwand und zu Startschwierigkeiten bei der Gesetzesanwendung geführt, die aber in gutem Einvernehmen mit den Fiskalvertretern überwunden werden konnten. Über die endgültige Kostenbelastung durch die Stromsteuer liegt dem Verfasser noch kein Zahlenmaterial vor, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkung der Entlastung durch die Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung (§ 10 StromStG).

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