GmbH-Dokumentation

Eingabe der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt vom 29.5.2001 zum
Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anwendung internationler Rechnungslegungsgrundsätze vom 13.2.2001

An das
Bundesministerium der Justiz
Herrn RD Dr. Christoph Ernst

11015 Berlin

Sehr geehrter Herr Dr. Ernst,

für Ihr Schreiben vom 17.4.2001 [Volltext] danken wir Ihnen sehr und nehmen dazu gerne wie folgt Stellung:

Wir begrüßen die Stoßrichtung der Europäischen Kommission, für die Unternehmen, die den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, den Konzernabschluß nach IAS verpflichtend vorzusehen und im übrigen ein Mitgliedstaatenwahlrecht einzuräumen. Dieses Mitgliedstaatenwahlrecht sollte von der Bundesregierung an die Unternehmen weitergereicht werden, so daß auch Unternehmen, die den Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen, wahlweise und mit befreiender Wirkung den Konzernabschluß nach IAS aufstellen können. Damit würde die jetzt noch bestehende Benachteiligung dieser Unternehmen, die derzeit (noch) gezwungen sind, ihren Konzernabschluß nach HGB aufzustellen, beseitigt. Der faktische Marktdruck macht zunehmend auch vor deutschen mittelständisch geprägten, aber international tätigen Konzernen nicht halt und zwingt diese häufig schon jetzt, neben dem HGB-Konzernabschluß auch einen Konzernabschluß nach IAS aufzustellen.

Im einzelnen schlagen wir vor:

a) Einzelabschluß aller Unternehmen

Der Einzelabschluß nach HGB hat sich für Zwecke der Bemessung und Begrenzung der Ausschüttungen, als Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung, zur Vereinfachung der Kreditvergabepraxis (grundsätzliche Vermeidung von ‚separate financial covenants’) und aus Gläubigerschutzerwägungen grundsätzlich bewährt und sollte nicht ohne Not aufgegeben werden. Dieser Einzelabschluß ist daher von allen Unternehmen aufzustellen und verpflichtend für börsennotierte Aktiengesellschaften auch zu publizieren.

b) Unternehmen, die den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen

(1) Nicht konzernverbunden: Der Einzelabschluß ist nach IAS (bei börsennotierten Aktiengesellschaften: zusätzlich zum HGB-Einzelabschluß) zu publizieren, um die Vergleichbarkeit mit konzernverbundenen Unternehmen herzustellen. Dies ist schon heute Zulassungsvoraussetzung für viele Marktsegmente an deutschen Börsen.

(2) Konzernverbunden als Muttergesellschaft: Der Konzernabschluß ist nach IAS zu publizieren mit befreiender Wirkung für die Publizität aller Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen mit Ausnahme der börsennotierten Konzernunternehmen, die nach wie vor für die Ausschüttungsbeschlüsse den HGB-Einzelabschluß gem. a) offen legen müssen.

(3) Konzernverbunden als Tochtergesellschaft: Unter den Bedingungen des § 291 HGB hätte der IAS-Konzernabschluß der (nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmenden) Muttergesellschaft befreiende Wirkung hinsichtlich der Publizität aller Einzel- und Teilkonzernabschlüsse der Tochterunternehmen. Die Publizität der HGB-Einzelabschlüsse börsennotierter Gesellschaften bleibt unberührt.

c) Kapitalgesellschaften und § 264 a HGB-Gesellschaften, die den organisierten Kapitalmarkt nicht in Anspruch nehmen

Vereinfachungen und Entlastungen bei der Unternehmenspublizität, wie sie angesichts des § 292 a HGB schon heute gelten, dürfen nicht auf Unternehmen, die den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, beschränkt bleiben. Die EU-weite Neuregelung muß vielmehr Anlaß sein, auch bei mittelständisch geprägten Unternehmen und Konzernen zu Entlastungen zu kommen. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, auf den Wegfall der Publizitätspflicht für kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften und § 264 a-HGB-Gesellschaften hinzuwirken. Dies würde zu spürbaren Kostensenkungen bei den mittelständischen Gesellschaften und den Registergerichten führen. Generell ist die Publizitätspflicht für nicht den Kapitalmarkt in Anspruch nehmende Unternehmen außerhalb der EU häufig unbekannt und etwa in den USA ein Fremdwort. Für große (Überschreitung der Größenkriterien des § 267 Abs. 3 S. 1 HGB) Kapitalgesellschaften und § 264 a-HGB-Gesellschaften gilt dann im Einzelnen:

(1) Nicht konzernverbunden: Der Abschluß kann wahlweise nach IAS oder HGB publiziert werden; davon bleibt die Aufstellung eines HGB-Abschlusses unberührt.

(2) Konzernverbunden als Muttergesellschaft: Überschreitet der Konzern die Größenkriterien des § 293 Abs. 1 HGB (konsolidierte Größen sind deckungsgleich mit § 267 Abs. 3 S. 1 HGB), ist ein Konzernabschluß wahlweise nach IAS oder HGB zu publizieren mit befreiender Wirkung für die Publizität aller Einzelabschlüsse der Konzernunternehmen (vergleichbare Regelung wie § 264 b HGB). Nimmt eines der Konzernunternehmen den organisierten Kapitalmarkt in Anspruch und soll der Konzernabschluß für dieses Unternehmen befreiende Wirkung entfalten, so muß die Muttergesellschaft einen IAS-Konzernabschluß publizieren (vgl. oben b] [3]).

(3) Konzernverbunden als Tochtergesellschaft: Die Publizitätspflicht des Einzelabschlusses entfällt, wenn das Mutterunternehmen einen Konzernabschluß publiziert. Dies gilt auch im Falle des Vorliegens von Minderheitsgesellschaftern, die ohnehin aufgrund gesellschaftsrechtlicher Regelungen Einsichtsrecht in den aufgestellten HGB-Einzelabschluß haben.

d) Im Interesse einer Vereinheitlichung der HGB und IAS-Regelungen sowie im Verhältnis zur Steuerbilanz schlagen wir außerdem vor:

– Streichung des § 5 Abs. 4a EStG.

– Abzinsung von langfristigen Rückstellungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG auch in der Handelsbilanz.

– Wiedereinführung des Wahlrechts auf Teilwertabschreibung im Umlaufvermögen bei nur vorübergehender Wertminderung in der Steuerbilanz.

Diese Änderungen würden zu einer erheblichen organisatorischen Erleichterung für die Unternehmen führen und zum Teil auch steuerentlastend wirken. ...

 

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