Dr. Heike Wieland-Blöse,
Wirtschaftsprüferin und
Steuerberaterin, Düsseldorf*

Verabschiedung des "Transparenz- und Publizitätsgesetzes -- TransPuG"

Am 17.5.2002 hat der Deutsche Bundestag das "Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz- und Publizität -- TransPuG" verabschiedet (BR-Drucks. 450/02). Nachdem der Deutsche Bundesrat in seiner Sitzung am 21.6.2002 keinen Einspruch eingelegt hat, kann es im Juli/August 2002 in Kraft treten. Das Gesetz zielt auf eine weitere Reform des Aktien- und Bilanzrechts sowie die Umsetzung von Empfehlungen der Regierungskommission "Corporate Governance -- Unternehmensführung -- Unternehmenskontrolle -- Modernisierung des Aktienrechts" (abzurufen unter "http://www.otto-schmidt.de/ovs_reformvorhaben/9794_9811.html") ab. Die im Mai 2000 eingesetzte Baums-Kommission sollte sich vor dem Hintergrund diverser Unternehmenszusammenbrüche mit möglichen Defiziten des deutschen Systems der Unternehmensführung und -kontrolle befassen sowie im Hinblick auf den durch Globalisierung und Internationalisierung der Kapitalmärkte sich vollziehenden Wandel der Unternehmens- und Marktstrukturen Vorschläge für eine Modernisierung des rechtlichen Regelwerkes unterbreiten. Der Abschlußbericht der Baums-Kommission gliederte sich in Empfehlungen an eine Kodex-Kommission und in Empfehlungen an den Gesetzgeber, die in Teilen nun Niederschlag im TransPuG gefunden haben. Die Arbeiten der Kodex-Kommission wurden im Frühjahr diesen Jahres mit der Vorlage eines Corporate Governance-Kodexes abgeschlossen und über die im TransPuG vorgesehene Entsprechenserklärung aufgegriffen.

I. Änderungen des Aktiengesetzes

Art. 1 des TransPuG enthält Änderungen des Aktiengesetzes. Die wesentlichen Neuerungen stellen sich wie folgt dar:

Wegfall der Verpflichtung zur Gründungsprüfung bei Bargründung

Zur Schaffung von Erleichterungen für junge Unternehmen in der Gründung entfällt durch entsprechende Änderung von § 33 Abs. 3 AktG zukünftig das Erfordernis zur Bestellung eines externen Gründungsprüfers bei Bargründungen. In diesem Fall wird die Prüfung durch Registerrichter und Notar bei Beurkundung und Eintragung als ausreichend betrachtet. In den verbleibenden Fällen, insbesondere bei Sachgründungen, bleibt es bei dem Erfordernis einer gerichtlichen Bestellung von externen Gründungsprüfern, wobei das Gericht die Industrie- und Handelskammer beteiligen kann.

"Follow up"-Berichterstattung

§ 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG verpflichtet den Vorstand, dem Aufsichtsrat über die beabsichtigte Geschäftspolitik und andere grundsätzliche Fragen der Unternehmensplanung sowie Planziele zu berichten, ohne dabei zugleich ausdrücklich eine Berichterstattung über die Umsetzung der Unternehmensplanung in der Vergangenheit vorzusehen. Da dieser an sich selbstverständlichen Berichtspflicht in der Praxis nicht immer nachgekommen wurde, erfolgte nun in § 90 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AktG ihre ausdrückliche gesetzliche Verankerung.

Aufsichtsratstätigkeit

Nach § 107 Abs. 3 AktG ist zukünftig über die Arbeit in den Aufsichtsratsausschüssen zu berichten. Weiterhin wurden die Möglichkeiten der Einberufung von Aufsichtsratssitzungen durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder erweitert (§ 110 Abs. 2 AktG), sowie die Sitzungsfrequenz mit zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr für grundsätzlich alle Gesellschaften vorgegeben (§ 110 Abs. 3 AktG). Durch eine Ergänzung von § 116 AktG wird die Verschwiegenheitsverpflichtung von Aufsichtsratsmitgliedern betont, flankierend wird der Strafrahmen bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht (§ 404 AktG) angehoben. Die Hervorhebung der Verschwiegenheitsverpflichtung muß als Pendant zu einer zeitgleichen Erweiterung der Informationsbasis von Aufsichtsratsmitgliedern gesehen werden und trägt der Tatsache Rechnung, daß in der Praxis immer wieder zum Nachteil der Gesellschaft gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen wird.

Entsprechenserklärung

Der Corporate Governance-Kodex enthält, soweit er nicht ohnedies zwingendes Recht wiedergibt, lediglich unverbindliche Verhaltensempfehlungen. Um den Kapitalmarktteilnehmern Informationen darüber zur Verfügung zu stellen, ob sich kapitalmarktorientierte Unternehmen an den Verhaltskodex halten bzw. in welchen Punkten Abweichungen bestehen, wurde in § 161 AktG eine von Vorstand und Aufsichtsrat abzugebende Entsprechenserklärung vorgesehen. Die Entsprechenserklärung ist vergangenheits- und zukunftsbezogen, wobei hinsichtlich der Zukunft nur eine unverbindliche Absichtserklärung erteilt werden kann, die jederzeit, also auch unterjährig, korrigiert und zurückgenommen werden kann.

Billigung des Konzernabschlusses durch den Aufsichtsrat bzw. die Hauptversammlung

Das TransPuG schreibt in §§ 170 ff. AktG die Billigung des Konzernabschlusses durch den Aufsichtsrat bzw. die Möglichkeit der Überlassung der Billigung des Konzernabschlusses an die Hauptversammlung vor. Mit der Einführung einer der Feststellung des Jahresabschlusses nachgebildeten förmlichen Billigung ist eine intensivierte Prüfung des Konzernabschlusses beabsichtigt, die der zunehmenden Bedeutung des Konzernabschlusses als Informationsinstrument Rechnung tragen soll. Unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der Durchsetzung einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung im Konzernabschluß bleibt jedoch unbefriedigend, daß die Genehmigung des Konzernabschlusses im Rahmen des TransPuG nicht den Nichtigkeitsvorschriften des § 256 AktG unterworfen wurde, wobei gleichzeitig die in § 256 AktG aufgeführten, zur Nichtigkeit führenden Inhaltsmängel an die Informationsfunktion des Konzernabschlusses hätten angepaßt werden müssen (vgl. Stellungnahme IDW, FN-IDW Nr. 1/2002). Parallel zu den aktienrechtlichen Neuerungen wird auch im GmbH-Recht das Institut einer förmlichen Billigung des Konzernabschlusses eingeführt (§ 42a Abs. 4, § 87 GmbHG).

II. Änderungen des Handelsrechts

Art. 2 des TransPuG behandelt Änderungen des Handelsgesetzbuches hinsichtlich der Konzernrechnungslegung und der Abschlußprüfung. Die Änderungen der Vorschriften zur Konzernrechnungslegung sind vor dem Hintergrund von § 292a HGB zu sehen. Da derzeit noch kein vollständiges Konzept zur Überarbeitung des Konzernbilanzrechts mit dem Ziel einer Anpassung an internationale Standards vorliegt und Annäherungen nur innerhalb des durch die 7. EU-Richtlinie gesetzten Rahmens möglich sind, wurden zunächst nur punktuelle Änderungen vorgenommen.

Angabe zur Abgabe einer Entsprechenserklärung

Im Anhang zum Jahresabschluß ist künftig anzugeben, daß die nach § 161 AktG vorgeschriebene Entsprechenserklärung abgegeben und den Aktionären zugänglich gemacht wurde (§ 285 Nr. 16 HGB, § 314 Abs. 1 Nr. 8 HGB). Die Entsprechenserklärung selbst ist weder im Anhang wiederzugeben noch ist deren Wahrheitsgehalt Gegenstand einer Prüfung durch den Abschlußprüfer. Wurde die Abgabe einer Entsprechenserklärung nicht in den Anhang aufgenommen oder ist sie unzutreffend, weil die Entsprechenserklärung weder abgegeben noch den Aktionären zugänglich gemacht wurde, hat der Abschlußprüfer seinen Bestätigungsvermerk einzuschränken (§ 322 Abs. 4 HGB). Stellt der Abschlußprüfer bei seiner Prüfung Unregelmäßigkeiten fest, die die Erklärung der Verwaltung als unrichtig erscheinen lassen, unterliegt dies der Redepflicht nach § 321 Abs. 1 S. 3 HGB.

Einschränkung der Befreiung von der Aufstellung von Teilkonzernabschlüssen

Zukünftig kann die Befreiung zur Aufstellung eines Teilkonzernabschlusses nach § 291 Abs. 1 HGB nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn die Teilkonzernmutter Aktien mit amtlicher Notierung ausgegeben hat. Sind ausschließlich die Aktien eines Tochterunternehmens im Teilkonzern zum amtlichen Handel zugelassen, bleibt es der Teilkonzernmutter dagegen unbenommen, den Befreiungstatbestand in Anspruch zu nehmen. Mit Blick auf die Interessen der Kapitalmarktteilnehmer wurde zu Recht gefordert, die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeiten auf alle kapitalmarktorientierten Teilkonzernmütter zu übertragen (vgl. Centrale für GmbH, GmbHR 2002, 261). Zu einer weitergehenden Gesetzesänderung konnte man sich jedoch nicht entschließen, da darin ein Verstoß gegen die Vorgaben des 7. EU-Richtlinie gesehen wurde.

Erweiterung des Konzernabschlusses bei kapitalmarktorientierten Unternehmen

Nach §297 Abs.1 HGB sind Kapitalflußrechnung und Segmentberichterstattung zukünftig eigenständige Bestandteile des Jahresabschlusses und nicht mehr nur Teil des Anhangs. Weiterhin ist der Kreis der zur Erstellung der beiden Rechenwerke verpflichteten Konzerne auf alle Konzerne ausgedehnt worden, die durch von ihnen oder einem Tochterunternehmen ausgegebene Wertpapiere einen organisierten Markt in Anspruch nehmen. Außerdem ist zukünftig neben den beiden bereits vorhandenen Rechenwerken ein Eigenkapitalspiegel zu erstellen, der nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen Bestandteil des Konzernabschlusses ist.

Weitere Änderungen der Regelungen zur Konzernrechnungslegung

Weitere Neuerungen betreffen den Ausschluß der Anwendung steuerrechtlich motivierter Ansatz- und Bewertungsvorschriften auf den Konzernabschluß (§ 298 HGB), die Festlegung des Konzernabschlußstichtags auf den Stichtag des Mutterunternehmens (§ 299 Abs. 1 HGB), Abschaffung der Anschaffungskostenrestriktion bei der Neubewertungsmethode (§ 301 Abs. 1 HGB), Zwischenergebniseliminierung auch bei Lieferungen und Leistungen zu üblichen Marktbedingungen (§ 304 HGB), Ausschluß der umgekehrten Maßgeblichkeit im Konzernabschluß (§ 308 Abs. 3 HGB), Wegfall bzw. Begrenzung von Schutzklauseln für Anhang-Angaben (§ 313 Abs. 3 HGB, § 314 Abs. 2 HGB).

Prüfung

Die Pflicht zur Prüfung des Risikoüberwachungssystems (§ 317 Abs. 4 HGB) wird nunmehr von amtlich notierten Aktiengesellschaften auf alle börsennotierten Aktiengesellschaften erweitert. Weitere Änderungen betreffen den Inhalt des Prüfungsberichts (§ 321 HGB). Hervorzuheben sind insbesondere die Transformation der bislang in § 321 Abs. 1 S. 3 HGB vorgesehenen Negativerklärung in eine Positiverklärung sowie die Ausweitung der Redepflicht nach § 321 Abs. 1 S. 3 HGB bereits bei Vorliegen von Verdachtsmomenten und nicht lediglich eindeutig feststehenden Gesetzesverstößen.

III. Ausblick

Das TransPuG stellt einen ersten gesetzgeberischen Schritt dar, mit dem die Ergebnisse der umfangreich geführten Corporate Governance-Diskussion umgesetzt werden sollen. Weitere Änderungen mit der Zielsetzung der Verbesserung der Unternehmensüberwachung sind zu erwarten, da vor dem Hintergrund der Verabschiedung des TransPuG kurz vor dem Ende der Wahlperiode nicht alle von der Regierungskommission "Corporate Governance" bereits erarbeiteten Änderungsvorschläge berücksichtigt wurden und zudem weitere spektakuläre Unternehmenszusammenbrüche wie etwa der Fall Enron die Notwendigkeit einer effizienten Unternehmensüberwachung unterstreichen. Der Weg für weitergehende Änderungen der deutschen Konzernrechnungslegungsvorschriften wird durch entsprechende Änderungen der 7. EU-Richtlinie mit Blick auf die ab 2005 für alle kapitalmarktorientierten Unternehmen geltenden IAS frei gemacht werden.

 

* Warth & Klein GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

 


Zurück