Ekkehard Wetzel,
Rechtsanwalt, Hochheim am Main

Stromsteuer -- Mehrbelastungen für Unternehmen

I. Einleitung

Die Stromsteuer, die als neue Verbrauchsteuer mit dem Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform v. 24.3.1999 (BGBl. I 1999, 378; s. bereits Wetzel, GmbHR 2001, R 225) per 1.4.1999 eingeführt wurde, hat bisher fünf Erhöhungsstufen erfahren.

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform v. 23.12.2002 (BGBl. I 2002, 4602) hat es mit Wirkung zum 1.1.2003 einige Änderungen gegeben, die für die Unternehmen, ob begünstigt oder nichtbegünstigt, Mehrbelastungen zur Folge haben.

II. Steuertarif

Der Normaltarif gem. § 3 StromStG hat sich von 17,90 Euro / MWh um 2,60 Euro / MWh auf 20,50 Euro / MWh erhöht. Der Regelsteuersatz hat sich somit in vier Jahren verdoppelt. Allerdings beruht die Erhöhung per 1.1.2003 bereits auf dem Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform v. 16.12.1999 (BGBl. I 1999, 2432), in dem die jährlichen stufenweisen Erhöhungen bis 2003 schon geregelt waren.

Der ermäßigte Tarif für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes beträgt gem. § 9 Abs. 3 StromStG 12,30 Euro / MWh, das sind 60 % des Normaltarifs. Bisher machte der ermäßigte Tarif 20 % des Normaltarifs aus. Damit hat sich der begünstigte Tarif gegenüber 2002 mehr als verdreifacht. Seit Einführung des Gesetzes 1999 hat sich die Steuer für Unternehmen des Produzierenden Gewerbes versechsfacht.

Gerade unter Berücksichtigung dieser Mehrbelastung dürfte der Ausgang der anhängigen Verfassungsbeschwerden für die Betriebe des Güterverkehrs (1 BvR 905/00), der Kühlhausbetriebe (1 BvR 1748/99) und des Hotel- und Gaststättengewerbes (1 BvR 2332/00) noch mehr von Bedeutung sein.

Der Wettbewerbsnachteil dieser Betriebe wird noch gravierender werden. Es ist fraglich, ob § 9 Abs. 3 StromStG einer verfassungsrechtlichen Prüfung standhält. Nach Auffassung des FG Baden-Württemberg ist das allerdings der Fall. In seiner Entscheidung v. 10.9.2002 -- 11 K 19/02, EFG 2003, 346 hat der Außensenat Freiburg festgestellt, daß der Gesetzgeber bei der Typisierung der steuerbegünstigten Betriebe einen weiten Ermessensspielraum hat. Es bestehe keine Verpflichtung, alle energieintensiven Betriebe gleich zu behandeln.

III. Sockelbetrag

Der Sockelbetrag, den jedes Unternehmen für eine bestimmte Verbrauchsmenge (25 MWh) zum Normaltarif entrichten muß, beträgt 512,50 Euro.

Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, die als Letztverbraucher Stromsteuer über die Stromrechnungen der Energieversorgungsunternehmen (EVU) bezahlen, haben als Erlaubnisinhaber bereits die Stromsteuer zum ermäßigten Tarif entrichtet. Nach § 9 Abs. 5 StromStG ist daher noch die Differenz zum Normaltarif zu entrichten, das ist ein Betrag von 205,00 Euro (Normaltarif 20,50 Euro ./. Ermäßigter Tarif 12,30 Euro = 8,20 Euro x 25 MWh).

Bisher mußte die Sockelverbrauchsmenge vierteljährlich angemeldet werden. Die Anmeldefrist endete am 15.4. des Verbrauchsjahres, Zahlungsfrist war bis zum 26.4. (§ 8 Abs. 8 StromStG a.F.). Nach der neuen Rechtslage ist die Sockelverbrauchsmenge gem. § 9 Abs.5, § 8 Abs. 2 StromStG jährlich zu zahlen. Anmeldefrist ist bis zum 31.5.2004, Zahlungsfrist bis zum 25.6.2004. Jeder Erlaubnisinhaber -- auch Unternehmen in einem Konzern -- ist selbst Steuerschuldner dieses Sockelbetrags.

IV. Spitzenausgleich

Gem. § 10 StromStG kann Erlaß, Erstattung und Vergütung der Stromsteuer beantragt werden, wenn die Belastung mit Stromsteuer höher ist als die Entlastung, die sich durch die Absenkung der Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung ergibt. Bisher war auf die Beschäftigungsverhältnisse des Jahres 1998 abzustellen unter Berücksichtigung der Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge im Antragsjahr. Für das Antragsjahr 2002 hat die Ersparnis 0,6 % betragen, nämlich von 10,15 % (1998) auf 9,55 % (2002). Das 1,2 fache dieser Ersparnis mußte der Stromsteuerbelastung gegenübergestellt werden.

Nach der Neufassung des § 10 StromStG sind allein die Beschäftigungsverhältnisse des Antragsjahres maßgebend. Die Absenkung der Rentenversicherungsbeiträge im Jahre 2003 beträgt 0,4 %, nämlich 10,15 % (1998) gegenüber 9,75 % (2003). Der Vergütungsanspruch beträgt nunmehr 95 % der Nettobelastung

(Saldo aus Stromsteuerbelastung und Ersparnis durch Absenkung Rentenversicherungsbeiträge).

Aufgrund der Verdreifachung des ermäßigten Stromsteuertarifs, der Erhöhung der Rentenversicherungsbeiträge in 2003 von 19,1 % auf 19,5 % und der Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze ist damit zu rechnen, daß ab 2003 mehr Unternehmen Anspruch auf Stromsteuererstattungen haben werden. Insoweit sollte schon jetzt einmal in den Unternehmen die Sachlage geprüft werden, um mögliche Zinsnachteile zu vermeiden, die sich ergeben, wenn der Antrag erst nach Ablauf des Jahres 2003 gestellt wird.

Nach Panitz (FAZ v. 2.4.2003, -- Beilage Energie "Jammern auf hohem Niveau") dürfte eine große Anzahl von Unternehmen ihre Möglichkeiten der Einsparpotentiale nicht kennen.

Erstattungsanträge können formlos jährlich, vierteljährlich und monatlich gestellt werden. Die Hauptzollämter verlangen einen Plausibilitätsnachweis über die angefallenen Lohnnebenkosten (Berechnungen der Personalabteilung) und der gezahlten Stromsteuer (Vorlage der Stromrechnungen). Einzelheiten sollten mit den zuständigen Hauptzollämtern abgestimmt werden.

Dabei ist zu beachten, daß bei Abgabe eines monatlichen Vergütungsantrages (vorläufiger Abrechnungszeitraum) bis zum 31.12. des Folgejahres ein zusammenfassender Vergütungsantrag abzugeben ist (§ 18 Abs. 2 und 3 StromStV). Der Selbstbehalt (Sockelbetrag i.H.v. 512,50 Euro) ist in einer Summe in voller Höhe im ersten Vergütungsantrag eines jeden Kalenderjahres abzuziehen.

V. Versorger -- Letztverbraucher

Nach Inkrafttreten des StromStG (1.4.1999) und vor Inkrafttreten der StromStV (1.6.2000) haben viele Unternehmen, die Strom nicht nur zum Eigenverbrauch bezogen haben, auch einen Antrag auf Versorgerstatus gem. § 2 Nr. 1 StromStG gestellt, so daß der Strom vom EVU steuerfrei bezogen werden konnte. In diesen Fällen mußten bei Überschreiten bestimmter Verbrauchsgrenzen monatliche Steueranmeldungen abgegeben und StromSt.-Vorauszahlungen geleistet werden. Diese doch zum Teil sehr aufwendigen Pflichten kann man durch Widerruf des Versorgerstatus und Behandlung als Letztverbraucher gem. § 16 StromStV vermeiden, denn bei diesem Status wird die Stromsteuer mit der Rechnung direkt an das EVU bezahlt. Eine Vereinfachung bringt der Widerruf allerdings nur dann, wenn Strom ausschließlich an begünstigte Unternehmen weitergeleitet wird. Als Letztverbraucher bleibt es bei Vorauszahlungen gem. § 6 Abs. 3 StromStV, wenn Strom z.B. an nichtbegünstigte Unternehmen weitergeleitet wird, und die monatliche Belastung mehr als 200 Euro beträgt.

VI. Energiesteuer EU

Mit einer Herabsetzung der Stromsteuertarife ist auch nicht im Rahmen der von der EU beschlossenen einheitlichen Energiesteuer zu rechnen. Es wird eine einheitliche Mindeststeuer geben. Auf deutsche Unternehmen wird die künftige EU-Tarifgestaltung kaum Auswirkungen haben, da die deutschen Energiesteuersätze gegenüber denen anderer EU-Staaten schon jetzt vergleichsweise hoch liegen.

VII. Kostenbelastung im Unternehmen

Die Stromsteuer ist eine Verbrauchsteuer und sollte buchhalterisch auch unter "Sonstige Steuern" ausgewiesen werden und nicht allgemein unter Stromkosten, wie es nach den Erfahrungen des Verfassers häufig der Fall ist. Etwas anderes gilt nur für die an den Energieversorger zu leistenden Abgaben gem. EEG und KWKG.

Eine unternehmensspezifische interne Kostenerfassung ist für das Hauptzollamt im Hinblick auf die StromSt.-Betriebsprüfung irrelevant. Zur Feststellung und Überprüfung der Verbrauchswerte ist allein maßgebend die monatliche Erfassung in den Unternehmen. Eine monatsübergreifende Verteilung auf diverse Kostenstellen sollte daher vermieden werden.


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