Ingmar Dörr / Florian Machleidt*

Auch steuerlich gut gefahren?!

Neuerungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung rund um das Fahrtenbuch und die 1 %-Regelung

Bei der Nutzung eines Geschäfts- oder Dienstwagens zu Privatfahrten fährt immer auch das Finanzamt mit: Die private Nutzung führt nämlich bei Arbeitnehmern zu einem sog. geldwerten Vorteil (Arbeitslohn) und bei Unternehmern zu einer Entnahme. Beides wird bekanntlich für Zwecke der Besteuerung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ggf. i.V.m. § 8 Abs. 2 S. 2 EStG mit 1 % des inländischen Listenpreises zuzüglich Sonderausstattungen und Umsatzsteuer bewertet, wobei diese sog. 1 %-Regelung nunmehr gewisse Einschränkungen erfahren hat. Abweichend hiervon kann nach der "Escape"-Klausel des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG bzw. § 8 Abs. 2 S. 4 EStG der private Nutzungswert mit den auf die Privatfahrten entfallenden tatsächlich entstandenen Fahrzeugkosten angesetzt werden. Dazu muss das Verhältnis der privaten zu den beruflich veranlassten Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden. Die Feststellungslast trifft folglich den Steuerpflichtigen, wenn er bei einem nur geringen Anteil der privaten Nutzung diese für ihn günstigere steuerliche Behandlung anstrebt.

Wann ist ein Fahrtenbuch "ordnungsgemäß"?

Wann aber, so fragt sich der gestresste Autofahrer, ist das Fahrtenbuch "ordnungsgemäß" geführt? Da das Gesetz hierzu schweigt, werden die Anforderungen von Verwaltung und Rechtsprechung festgelegt: Demnach müssen die Aufzeichnungen vollständig und zeitlich in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden, sowie mit vertretbarem Aufwand auf ihre Richtigkeit hin überprüfbar sein. Ferner sind die dienstlich und privat zurückgelegten Fahrtstrecken gesondert, zeitnah und in geschlossener Form im Fahrtenbuch zu führen. Die notwendigen Angaben müssen sich dabei grundsätzlich dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen. Als Mindestangaben verlangt die Finanzverwaltung (BMF v. 21.1.2002 -- IV A 6 - S 2177 - 1/02; R 31 Abs. 9 Nr. 2 LStR 2005) Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder einzelnen dienstlichen Fahrt, Reiseziel und bei Umwegen auch die Reiseroute, Reisezweck und aufgesuchte Kunden oder Geschäftspartner. Lediglich für Privatfahrten sind die Kilometerangaben ausreichend. Gewisse Erleichterungen bestehen für Steuerpflichtige, die regelmäßig große Strecken mit mehreren unterschiedlichen Reisezielen zurücklegen, wie etwa Handelsvertreter, Kundendienstmitarbeiter, Kurierdienst- oder Taxifahrer. Der BFH bestätigte diese Verwaltungspraxis erst kürzlich in seinem Urt. v. 16.3.2006 -- VI R 87/04. In einer zuvor ergangenen Entscheidung v. 16.11.2005 -- VI R 64/04 versagte derselbe BFH-Senat die steuerliche Anerkennung in einem Fall, in dem der Steuerpflichtige ein Fahrtenbuch mit Hilfe des Computerprogramms Microsoft Excel führte. Grund hierfür war, dass nachträgliche Änderungen der aufgezeichneten Daten technisch nicht ausgeschlossen waren bzw. nicht in der Datei selbst angezeigt wurden. Nachträgliche Manipulationen seien zwar auch bei handschriftlich geführten Fahrtenbüchern möglich, jedoch regelmäßig aufwendiger und zudem eher als Fälschung identifizierbar. Offenbar setzt also der BFH gesteigerte Erwartungen in die graphologischen Fähigkeiten der Finanzbeamten ... Ein unzureichend geführtes Fahrtenbuch zog bisher die Anwendung der 1 %-Regelung zwingend nach sich und führte etwa bei einem an einen Arbeitnehmer überlassenen Dienstwagen oftmals zu einer Haftung des Arbeitgebers für zu wenig abgeführte Lohnsteuer.

Wegfall der 1 %-Regelung bei betrieblicher Nutzung von unter 50 %

Neuen Drive gewann die Diskussion um das Fahrtenbuch durch die rückwirkend zum Jahresanfang eingeführte Gesetzesverschärfung, wonach nur noch Fahrzeuge von der 1 %-Regelung erfasst werden, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden (Bereich des notwendigen Betriebsvermögens). Hintergrund der Änderung ist, dass sich durch die Anerkennung von gewillkürtem Betriebsvermögen auch im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch Urt. des BFH v. 2.10.2003 -- IV R 13/03 eine Vielzahl von Fällen ergibt, in denen die 1 %-Regelung zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führt, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung der 1 %-Regelung ursprünglich von einer durchschnittlichen privaten Nutzung von lediglich 30 -- 35 % ausging (BT-Drucks. 16/634, S. 11). Ist der Geschäftswagen des Unternehmers demnach bei einer betrieblichen Nutzung von nur 10 -- 50 % dem sog. gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet, so wird der private Nutzungsanteil nunmehr als Entnahme erfasst und mit dem auf die nicht betrieblichen Fahrten entfallenden Anteil an den Gesamtaufwendungen für das Fahrzeug bewertet (BMF v. 7.7.2006 -- IV B 2 - S 2177 - 44/06, GmbHR 2006, 895 -- in diesem Heft). Dieser im Wege der Schätzung ermittelte private Nutzungsanteil ist, sofern nicht ein Fahrtenbuchnachweis erfolgt, grundsätzlich auch der Umsatzbesteuerung zugrunde zu legen (BMF, aaO).

Glaubhaftmachung des betrieblichen Nutzungsanteils

Trotz dieser Verschärfung kann der Steuerpflichtige wenigstens teilweise aufatmen. Nach der Gesetzesbegründung ist zum Nachweis des betrieblichen Nutzungsanteils die Führung eines Fahrtenbuchs nämlich nicht zwingend erforderlich. Die Nutzungsanteile sollen vom Steuerpflichtigen im Rahmen allgemeiner Darlegungs- und Beweislastregelungen nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden (BT-Drucks. 16/634, S. 11). In begrüßenswerter Weise ist die Finanzverwaltung der Aufforderung des Bundesrats nachgekommen und hat insoweit rasch Hinweise zur Klarstellung der Neuregelung erlassen (BMF, aaO): Danach kann der Umfang der betrieblichen Nutzung in jeder geeigneten Form nachgewiesen werden, wozu auch Eintragungen in Terminkalendern, Reisekostenaufstellungen, sowie Abrechnungen gefahrener Kilometer gegenüber Auftraggebern gehören. Des Weiteren kann die überwiegende betriebliche Nutzung beim Fehlen derartiger Unterlagen auch durch formlose Aufzeichnungen über einen repräsentativen zusammenhängenden Zeitraum von in der Regel drei Monaten glaubhaft gemacht werden. Insofern genügen schon Angaben über die betrieblich veranlassten Fahrten, welche den jeweiligen Anlass, die Strecke, sowie die Kilometerstände zu Beginn und Ende des Aufzeichnungszeitraums enthalten. Bei einmal erfolgter Darlegung des betrieblichen Nutzungsumfangs ist auch für die folgenden Veranlagungszeiträume von diesem Nutzungsumfang auszugehen, sofern sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Bestimmte Steuerpflichtige nimmt die Finanzverwaltung vom Nachweis der mehr als 50 %-igen betrieblichen Nutzung aus. Dabei handelt es sich z.B. um Taxiunternehmer, Handelsvertreter und Handwerker im Baugewerbe bzw. sonstige Steuerpflichtige, welche ihr Kfz für eine beruflich bedingte typische Reisetätigkeit benutzen oder die zur Ausübung ihrer räumlich ausgedehnten Tätigkeit auf die ständige Fahrzeugbenutzung angewiesen sind. Bei mehreren Fahrzeugen gilt diese Vermutung indes nur für dasjenige mit der höchsten jährlichen Kilometerleistung.

Mit dieser Verwaltungsanweisung wurde somit -- entgegen der zunächst gehegten Befürchtung einer erheblichen Verkomplizierung -- eine Lösung geschaffen, welche der Absicht des Gesetzgebers und der Erklärung der Regierungsfraktionen entspricht, wonach durch die Änderung weder für den Steuerpflichtigen noch für die Finanzverwaltung ein unangemessener administrativer Mehraufwand entstehen soll (BT-Drucks. 16/975, S. 18). Auch bleibt anzumerken, dass der Wegfall der 1 %-Regelung bei einer betrieblichen Nutzung von unter 50 % nicht stets von Nachteil für den Steuerpflichtigen ist. Vor allem bei Gewährung hoher Rabatte beim Kfz-Kauf, sowie größeren Entfernungen zwischen Wohnung und Betriebsstätte stellte sich die Fahrtenbuchmethode schon bisher oft als günstiger dar. Des Weiteren ist in Fällen, in denen bei der Anschaffung von einer geringeren betrieblichen Nutzung als 50 % auszugehen ist, die Behandlung als Privatvermögen mit gleichzeitiger Erfassung der betrieblichen Fahrten mit dem Kilometeransatz von 0,30 €/Km oder den höheren individuellen Kfz-Kosten als Betriebsausgaben, häufig vorteilhafter. Dies bringt zudem den weiteren Vorteil, dass später kein zu versteuernder Veräußerungs- bzw. Entnahmegewinn anfällt. Umsatzsteuerlich kann das Kfz trotzdem bei einer betrieblichen Nutzung von mindestens 10 % in vollem Umfang dem Unternehmen zugeordnet werden, um den Vorsteuerabzug zu erlangen. Für eine optimale steuerliche Gestaltung sind allerdings stets die Umstände des konkreten Falls zu betrachten.

Rechtslage bei Überlassung eines Dienstwagens an Arbeitnehmer?

Im Ungewissen verbleibt nach dem derzeitigen Gesetzeswortlaut zunächst noch derjenige Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber einen Dienstwagen gestellt bekommt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Neuregelung zwar auf die Besteuerung des dadurch erlangten geldwerten Vorteils keine Auswirkungen haben, da aus der Sicht des Arbeitgebers ein solches Fahrzeug notwendiges Betriebsvermögen darstellt, und zwar unabhängig von seiner konkreten Nutzung (BT-Drucks. 16/634, S. 11). Dies würde natürlich auch bei der Überlassung eines Firmenwagens an den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH oder an den Vorstand einer AG gelten, da es sich bei diesen Personen ertragsteuerlich regelmäßig um Arbeitnehmer handelt und das Fahrzeug damit als notwendiges Betriebsvermögen der GmbH bzw. AG einzuordnen ist. Problematisch erscheint jedoch, dass der hier maßgebliche § 8 Abs. 2 S. 2 EStG uneingeschränkt auf § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG und damit auch auf das Erfordernis der betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % verweist. Auf die Einordnung als notwendiges Betriebsvermögen kommt es somit gerade nicht an. Das BMF hat sich zwar bereits dahingehend geäußert, dass die Überlassung eines Kfz an einen Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung, für den Arbeitgeber als Steuerpflichtigen eine vollumfänglich betriebliche Nutzung darstellt (BMF, aaO). Damit ist die Frage, wie die private Nutzung des Fahrzeugs durch den Arbeitnehmer als Steuerpflichtigen zu behandeln ist, jedoch noch nicht abschließend geklärt. Insofern ist auf eine weitere Klarstellung entsprechend dem Verständnis der Bundesregierung zu hoffen.

Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb als betriebliche Nutzung

In diesem Zusammenhang ist auch die Ergänzung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG durch das Steueränderungsgesetz 2007 zu beachten, welche zum 1.1.2007 in Kraft tritt. Danach gelten bei der Ermittlung der Kfz-Nutzung -- der bisherigen Regelung des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG und der Ansicht der Finanzverwaltung (BMF, aaO) entsprechend -- die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und die Familienheimfahrten als betriebliche Nutzung. Dies führt dazu, dass die Schwelle der 50 %-igen betrieblichen Nutzung schneller überschritten wird. Zudem bedarf es in Fällen, in denen die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte und Familienheimfahrten bereits mehr als 50 % der Jahreskilometerleistung des Kfz ausmachen, für die Anwendung der 1 %-Regelung keines weiteren Nachweises mehr (BMF, aaO).

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die "never ending story" um das Fahrtenbuch und die 1 %-Regelung keinesfalls an Schwung verloren hat und den ohnehin schon durch hohe Mineralöl- und Mehrwertsteuer belasteten Autofahrer auch weiterhin beschäftigen wird.

 

* Ingmar Dörr ist Rechtsanwalt und Florian Machleidt Wissenschaftlicher Mitarbeiter; beide in der Steuerabteilung der internationalen Sozietät Lovells, München.

 



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