Ludwig Stiegler, MdB,
Rechtsanwalt, Vorsitzender der
SPD-Bundestagsfraktion, Berlin

Die Unternehmenssteuerreform in der nächsten Legislaturperiode

Bestandsaufnahme nach der Steuerreform: Deutliche Steuererleichterungen und beachtliche Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung

Das Erbe der alten Bundesregierung, das wir angetreten haben, war nicht sehr ansehnlich. Jede vierte Steuermark mußte für Zinsen ausgegeben werden. Gleichzeitig waren die Steuersätze im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir haben die Trendwende in der Finanz- und Steuerpolitik eingeleitet und die Tarife für Körperschaft- und Einkommensteuer deutlich gesenkt. Der Körperschaftsteuersatz beträgt nur noch 25 %. Der Investitionen behindernde Körperschaftsteuersatz von 45 % für im Unternehmen verbleibende Gewinne, der während der CDU/CSU und FDP-Regierung noch galt, ist endlich abgeschafft. Die Einkommensteuersätze, die 1998 noch zwischen 25,9 und 53 % lagen, werden von uns stufenweise bis auf die Spanne zwischen 15 und 42 % gesenkt. Trotz der Steuersenkungen ist es uns gelungen, die Neuverschuldung des Bundes Jahr für Jahr zu senken. Der Bundeshaushalt 2003 ist der vierte Haushalt hintereinander, bei dem die Neuverschuldung verringert wurde.

Die steuerliche Entlastung der Unternehmen verbessert die Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland

Deutschlands Attraktivität für Investitionen ist nicht nur durch die drastische Senkung der Steuersätze durchgreifend verbessert worden. Durch die Umstellung vom Vollanrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren konnte eine drohende Klage vor dem Europäischen Gerichtshof abgewendet werden. Es gibt keine diskriminierende Unterscheidung zwischen deutschen und ausländischen Anteilseignern mehr. Damit ist unser Steuerrecht endlich europatauglich. Außerdem war die Systemumstellung eine radikale Steuervereinfachung.

Ausblick: Fortentwicklung der Unternehmenssteuerreform und deutliche Absage an Steuererhöhungspläne der Union

Wir wollen an unserer Steuerreform und an der Steuersenkung festhalten und die Regelungen im Sinne von mehr Transparenz fortentwickeln. Wenn die Union zentrale Teile der Reform wieder aufheben will, handelt sie angesichts der konjunkturellen Lage der Weltwirtschaft unverantwortlich. Sie würde damit die Steuerbelastung der Kapitalgesellschaften erhöhen und die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft vermindern.

Die Union kann ihre Steuererhöhungspläne für Kapitalgesellschaften auch nicht mit dem gegenwärtigen Rückgang der Körperschaftsteuereinnahmen begründen. Denn es handelt sich hierbei um ein zeitlich begrenztes Problem, das im Wesentlichen auf der Eintrübung der Weltkonjunktur und dem durch Übergangsbestimmungen vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren bestimmten Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaften beruht. Mit der schon bald zu erwartenden konjunkturellen Erholung werden sich auch die Körperschaftsteuereinnahmen auf das nach dem Steuersenkungsgesetz angemessene Niveau erhöhen.

Die Union kann ihre Kritik an der Steuerreform auch nicht mit der angeblichen Benachteiligung der Personengesellschaften wegen des Körperschaftsteuertarifs von 25 % und des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer von derzeit 48,5 % (2003: 47 % [vorbehaltlich einer evtl. Verschiebung der 2. Stufe der Unternehmenssteuerreform auf 2004] und 2005: 42 %) begründen. Denn Kapitalgesellschaften müssen zusätzlich Gewerbesteuer zahlen, während Personengesellschaften die Gewerbesteuer mit ihrer Einkommensteuerschuld pauschal verrechnen können. Außerdem wird die Körperschaftsteuer vom ersten bis zum letzten Euro des Gewinns erhoben, während die Einkommensteuer progressiv ausgestaltet ist.

Für weitere deutliche Steuersenkungen in der nahen Zukunft läßt die Haushaltslage aber leider keinen Spielraum mehr. Wer Gegenteiliges verspricht, verschließt die Augen vor der Realität bzw. bereitet den Weg in den Schuldenstaat vor.

Eine der zentralen steuerpolitischen Aufgaben der nächsten Legislaturperiode besteht in der Reform der Gemeindefinanzen. Die Schwächephase der Weltwirtschaft hat gezeigt, wie konjunkturreagibel die Gewerbesteuer ist. Auch Gemeinden in wirtschaftlich starken Regionen haben dies erfahren müssen. Sie haben starke Einnahmeausfälle hinnehmen müssen, obwohl sie kurze Zeit vorher noch mit erheblichen Steuereinnahmen gerechnet haben. Diese Einnahmerückgänge haben zum falschen Zeitpunkt die Investitionsmöglichkeiten der Gemeinden beeinträchtigt.

Die Reform der Gemeindefinanzen soll auf eine solide Grundlage gestellt werden. Wir haben daher eine Expertenkommission eingesetzt, die Möglichkeiten für eine Reform der Gemeindefinanzen aufzeigen soll. Die Ergebnisse der Kommission sind noch nicht absehbar. Die SPD wird aber jedenfalls neben der Sicherung der Gemeindefinanzen die Beachtung der Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Deutschland berücksichtigen. Dies ist im Interesse der Arbeitsplätze dringend erforderlich.

Anmerkung der Redaktion: Zur Unternehmenssteuerreform in der nächsten Legislaturperiode aus Sicht der CDU/CSU wird in GmbHR 18/2002, Seite R 357 Rechtsanwalt Friedrich Merz, MdB, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Berlin, Stellung nehmen.

 


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