Dr. Volker Römermann / Axel Johnen,
Rechtsanwälte, Hannover*

Limited vs. GmbH: Einige "Schlachten" hat die Limited schon gewonnen, den "Krieg" aber noch nicht

Der Gründungsboom "deutscher" Limiteds mit Briefkasten in England hat eingesetzt. Die "Go Ahead Limited" als einer der maßgeblichen Anbieter überschwemmt Deutschland mit Werbung für diese im letzten Prospekt (Ausgabe IV/2005, z.B. Beilage zu DStR 32/2005 v. 10.8.2005) vollmundig sog. "Revolution im deutschen Firmenrecht". "25 % aller GmbH-Gründungen sind bereits Limited´s" heißt es dort (Rechtschreib- und Logikfehler inbegriffen). Und: "Bereits über 800 Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater empfehlen die Limited ...". Manche Rechts- und Steuerberater schwimmen in der Tat auf dieser Welle, andere versuchen -- oft mühsam --, ihre (potentielle) Klientel zu deren langfristigem Wohl von der (häufig nur) auf den ersten Blick so attraktiven Gesellschaftsform wieder abzubringen. Anders bei den Registergerichten: Hier dominieren nicht selten eine "gefühlsmäßige" Grundeinstellung gegen solche "Briefkastengesellschaften" und ein vom deutschen Recht geprägtes Vorverständnis. Man spürt förmlich den amtsrichterlichen Unwillen in vielen Entscheidungen der letzten Zeit.

Die Frage des "Ob", also der Anerkennung von Auslandsgesellschaften war Gegenstand einer ersten Welle in der Rechtsprechung und ist seit "Inspire Art" (EuGH v. 30.9.2003 -- Rs. C-167/01, GmbHR 2003, 1260 mit Komm. W. Meilicke) geklärt. Das gilt sowohl für die Limited als auch für die deutsch-englische Mischform der Limited & Co. KG (anders, europarechtlich aber unhaltbar AG Bad Oeynhausen v. 15.3.2005 -- 16 AR 15/05, GmbHR 2005, 692; dazu soeben Kowalski/Bormann, GmbHR 2005, 1045). Die aktuelle, zweite Welle von Entscheidungen zur Limited betrifft für die Praxis wichtige Fragen des "Wie", vor allem der Anmeldung und Eintragung von Limited-Zweigniederlassungen zum deutschen Handelsregister. Dabei geht es um einen bunten Strauß von Themen: Firmierung, Inhalte und Nachweise bei der Anmeldung der Zweigniederlassung zum deutschen Handelsregister, genehmigungsbedürftige Geschäfte im Unternehmensgegenstand, Veröffentlichungspflichten sind nur einige davon.

Nachweis des Bestehens der Limited

In dem Fall des Beschl. des LG Wiesbaden v. 8.6.2005 -- 12 T 5/05, GmbHR 2005, 1134 -- in diesem Heft, war der Anmeldung der Zweigniederlassung zum Nachweis des Bestehens der Gesellschaft als solcher das "certificate of incorporation of a private limited company" mit Apostille und Akzept beigefügt. Das Registergericht ließ diesen Nachweis nicht ausreichen und wies den Eintragungsantrag unter anderem aus diesem Grunde zurück. Das LG Wiesbaden hebt diese Entscheidung zu Recht auf und akzeptiert die eingereichten Unterlagen. Das entspricht heute praktisch der allgemeinen Auffassung (z.B. KG Berlin v. 11.2.2005 -- 5 U 291/03, GmbHR 2005, 771 [773] mit Komm. Grohmann/Gruschinske; Wachter, ZNotP 2005, 122 [127]; Klose-Mokroß, DStR 2005, 1013 [1017]). Vereinzelt wird sogar auf die Apostille verzichtet und pragmatisch auf die Echtheit der vom Companies House ausgestellten Bescheinigung vertraut (LG Berlin v. 22.6.2004 -- 102 T 48/04, ZIP 2004, 2380 [2381] = GmbHR 2004, 1227 [LS]; dagegen etwa Wachter, DB 2004, 2795 [2802]; Heckschen, NotBZ 2005, 24 [27]). Alternativ zum Nachweis durch das certificate kommen im übrigen das certificate of good standing oder die Bescheinigung eines englischen (!) Notars in Betracht (näher Wachter, ZNotP 2005, 122 [127 f.]).

Der allzu lange Gegenstand der Limited

Im Fall des OLG Hamm v. 28.6.2005 -- 15 W 159/05, GmbHR 2005, 1130 mit Komm. Wachter -- in diesem Heft) war in der Satzung (memorandum of association) eine für Limiteds ganz typische Gestaltung des Unternehmensgegenstands gewählt worden: Unter Buchstabe A stand zunächst die sog. catch-all clause, die üblicherweise etwa lautet "to carry on business as a general commercial company". Unter Buchstabe B ging es generalklauselartig weiter: "Betreibung jeglicher Geschäfte oder Handel ...", bevor in den Buchstaben C bis W eine Vielzahl einzelner denkbarer Geschäfte näher geregelt wurde. Hintergrund der für deutsche Betrachter überraschenden Vorsichtsmaßnahme, die Generalklausel durch zahlreiche abstrakt geregelte Einzelfälle zu ergänzen, ist die heute überholte ultra-vires-Doktrin. Das daraus früher abgeleitete Erfordernis der genauen Umschreibung dessen, was im Namen des Unternehmens unternommen werden konnte und was nicht, hatte in der Praxis zu unerträglich langen Gegenstandsklauseln geführt. Die Reform des Companies Act im Jahre 1989 sollte mit dieser Unsitte aufräumen, indem sie in sec. 3 A explizit eine Generalklausel, die sog. catch-all clause, zuließ. Doch es kam, wie es bei Juristen in aller Welt unvermeidlich kommen mußte: Auch nach der Reform wurden und werden Unsicherheiten gestreut, ob man nicht doch besser neben der Generalklausel an den traditionellen Auflistungen abstrakter Gegenstände festhalten sollte (vgl. nur die Empfehlung in Palmer´s Company Law, Stand 2003, Rz. 2.602.1, die gerichtliche Interpretation des neuen sec. 3 A abzuwarten; Zweifel auch bei Morse/Bridge et al., The Companies Act 1989, S. 40 -- 142 f.; die Fortsetzung der bisherigen Praxis bedauernd Davies in Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, 7. Aufl. 2003, S. 137 f.). Die anwaltliche Praxis geht daraufhin den sichersten Weg und im Ergebnis hat die Reform von 1989 nicht eine Verschlankung der Gegenstandsklauseln, sondern sogar noch ihre Verlängerung um die Generalklausel mit sich gebracht.

Das OLG Hamm stellt insoweit zutreffend fest, daß Vorstellungen aus dem deutschen Gesellschaftsrecht (insbesondere § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG) in der Prüfung der Wirksamkeit einer englischen Satzungsklausel nichts zu suchen haben. Das allein relevante Gründungsstatut, nämlich das englische Recht, erkennt die allgemein gehaltene "catch-all clause" als hinreichend an. Die Frage der Bestimmtheit im Sinne des deutschen Rechts stellt sich nicht.

Veröffentlichung des Gegenstands/Gegenstand der Veröffentlichung

Tatsächlich offen ist im Hinblick auf die Eintragung des Gegenstands vor allem eine Frage: Muß im deutschen Handelsregister der Gegenstand der Limited als solche eingetragen und veröffentlicht werden und/oder der Gegenstand der Zweigniederlassung? Daß diese Frage nicht nur von akademischer, sondern von eminent praktischer Bedeutung ist, zeigt sich an dem Vorlagebeschluß des LG Berlin v. 31.8.2005 -- 102 T 57/04, GmbHR 2005, 686 mit Komm. Melchior. Eine Verpflichtung zur Eintragung und Veröffentlichung des typischerweise seitenlangen Ltd.-Gegenstands ist mit hohen Kosten verbunden, während man sich beim Gegenstand der Zweigniederlassung auf einen in jeder Hinsicht sparsameren Ausschnitt beschränken könnte. Sollte sich die Auffassung des LG Berlin durchsetzen, das die Eintragung des gesamten Unternehmensgegenstands befürwortet und regelmäßig einen Vorschuß für die Veröffentlichungskosten von 3.000 € verlangt (vgl. schon Ries, AnwBl. 2005, 53 [55] und den Vorlagebeschluß des LG Berlin, aaO), dann ist die Ltd. schon deswegen keine "billige Variante" zur GmbH. LG Kassel v. 18.3.2005 -- 13 T 13/04, GmbHR 2005, 1057 schließt sich -- leider ohne nähere Problematisierung dieser Frage -- ebenso wie das OLG Hamm der Gegenmeinung an: Nur der Gegenstand der Zweigniederlassung sei im deutschen Handelsregister einzutragen und zu veröffentlichen, nicht derjenige des Unternehmens (so z.B. auch Klose-Mokroß, DStR 2005, 971 [974 f.]; Wachter, ZNotP 2005, 122 [136 f.]). In der Praxis ließe sich dieses Problem entschärfen, wenn man die catch-all-clause ohne die nachfolgenden "Angstklauseln" mit ihrer seitenlangen (Schein-)Präzisierung (die wegen der Fülle von Regeln im Ergebnis keine mehr ist) einsetzen würde -- eine zwar kaum praktizierte, seit 1989 aber wohl zulässige Gestaltung.

Von der zweiten zur dritten Rechtsprechungs-Welle

Einige Detailfragen zu deutschen Zweigniederlassungen englischer Limiteds und deren Eintragung im Handelsregister sind in der zweiten Welle von Entscheidungen schon überzeugend und europarechts-, damit im Ergebnis: Limited-freundlich gelöst worden. Der hinhaltende Widerstand mancher deutscher Registergerichte wird schwächer. Mit formalen Hürden im Eintragungsverfahren wird das Phänomen der Limited nicht aus deutschen Landen fernzuhalten sein.

Die dritte Welle von Entscheidungen wird Fragen der Insolvenz und der persönlichen Haftung betreffen. Anfänge dazu gibt es schon (BGH v. 14.3.2005 -- II ZR 5/03, GmbHR 2005, 630; AG Bad Segeberg v. 24.3.2005 -- 17 C 289/04, GmbHR 2005, 884 mit Komm. Dichtl; aus der Literatur etwa Schall, ZIP 2005, 965; Paefgen, GmbHR 2005, 957). Es sind aber noch viele Fragen offen, die insbesondere die Abgrenzung und die Anwendbarkeit gesellschafts- bzw. insolvenzrechtlicher Haftungsgrundlagen betreffen. Wer sich näher damit beschäftigt, wird einerseits darüber verwundert sein, mit welcher Großzügigkeit manche deutsche Autoren schlicht die Gesamtheit der Haftungsgrundlagen englischen -- und zum Teil auch noch deutschen -- Rechts für anwendbar erklären, ohne sich mit derartigen Differenzierungen weiter aufzuhalten. Andererseits wird bei ihm die Lückenhaftigkeit vorhandener englischer Rechtsprechung Erstaunen auslösen, die bislang eher mit wenigen allgemeinen Grundsätzen als mit konkreten Fällen aufwarten kann.

Entscheidende Argumente

Ob sich die Gesellschaftsform der Limited dauerhaft behaupten oder gar gegen die GmbH durchsetzen kann, entscheidet letztlich der Markt. Er orientiert sich vor allem an vier Kriterien:

Ausblick

Triumphierend wird in der "Go Ahead Ltd."-Broschüre auf die Erfolge der Limited-Anhänger in der bisherigen Rechtsprechung verwiesen. Einige Schlachten hat die Ltd. in der Tat schon gewonnen. Sie könnten sich am Ende der dritten Rechtsprechungs-Welle als Pyrrhussiege erweisen.

 

 

* Sozietät RÖMERMANN Rechtsanwälte.



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