Dr. Heiko Wilde, LL.M., Rechtsanwalt, Düsseldorf

GmbH und Stiftung -- ein Vergleich von Äpfeln und Birnen?

I. Einführung

Vergleicht man die GmbH mit der bürgerlich-rechtlichen Stiftung gemäß §§ 80 ff. BGB (nachfolgend: Stiftung) in rechtlicher Hinsicht, so ergibt sich ein deutlicher Unterschied. Obwohl beide juristische Personen sind, handelt es sich bei der GmbH um eine Kapitalgesellschaft, während die Stiftung als selbstständiger Rechtsträger qualifiziert wird, die zur Verwirklichung bestimmter Sonderrechte geschaffen ist und nicht aus einem Personenverband besteht (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 7 II.1.a), S. 173; Staudinger/Rawert, BGB, Neubearbeitung 2005, vor §§ 80 Rz. 4; Reuter in Münch.Komm. zum BGB, 5. Aufl. 2006, Vorbemerkung zu §§ 80 ff. Rz. 4). Ist der Vergleich von GmbH und Stiftung daher ein Vergleich von Äpfeln und Birnen? Wohl kaum, wenn für die Durchführung bestimmter Aufgaben gleichermaßen sowohl die GmbH als auch die Stiftung als rechtliche Organisationsformen gewählt werden. Und das ist durchaus der Fall. So werden zum einen gemeinnützige Einrichtungen (z.B. Wohlfahrtsverbände, Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen) in der Praxis sowohl als GmbH (zumeist als gemeinnützige GmbH) als auch mittels einer Stiftung geführt. Aber selbst Unternehmen werden nicht nur in der Rechtsform einer Handelsgesellschaft betrieben, sondern können durchaus -- auch wenn dies nicht häufig geschieht -- als Stiftung (sog. Unternehmensträgerstiftung) organisiert sein (Wachter, Stiftungen, 2001, S. 124 f.; Seifart/v. Campenhausen/Pöllath, Stiftungsrechts-Hdb., 2. Aufl. 1999, § 13 Rz. 3 ff.; Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl. 2007, § 80 Rz. 9). GmbH und Stiftung stehen also zueinander in bestimmten Fällen tatsächlich in einem Alternativitäts-Verhältnis.

Dies hat seinen Grund darin, dass die Stiftung so gestaltet werden kann, dass die praktisch relevanten Unterschiede zwischen GmbH und Stiftung deutlich geringer sind, als es die strukturelle rechtliche Verschiedenheit dieser beiden Rechtsformen erwarten lässt, und dass eine Stiftung ähnlich wie eine GmbH geführt werden kann.

II. Grundlegende organisationsrechtliche Unterscheidung von GmbH und Stiftung

Der wesentliche organisationsrechtliche Unterschied zwischen GmbH und Stiftung liegt darin, dass die GmbH als Kapitalgesellschaft verbandsrechtlich organisiert ist, die Stiftung dagegen nicht (Seifart/v. Campenhausen/Hof, Stiftungsrechts-Hdb., § 9 Rz. 1; Reuter in Münch.Komm. zum BGB, Vorbemerkung zu §§ 80 ff. Rz. 48; Hof/Hartmann/Richter, Stiftungen, 2004, S. 36). Inhaltlich bedeutet das Prinzip der verbandsrechtlichen Organisation, dass die GmbH aus Mitgliedern bzw. Gesellschaftern besteht und den von den Mitgliedern geschaffenen verselbständigten Verbandszweck verfolgt (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 7 I.b), S. 168), aber darüber hinaus auch gerade -- und das ist das für die Abgrenzung zur Stiftung eigentlich entscheidende Kriterium --, dass die Gesellschafter der GmbH selbst mit der dafür erforderlichen Mehrheit sämtliche grundlegenden Entscheidungen innerhalb der GmbH treffen.

Da die Stiftung keine Gesellschafter oder Mitglieder hat (Seifart/v. Campenhausen/Hof, Stiftungsrechts-Hdb., § 9 Rz. 5), erscheinen GmbH und Stiftung fundamental verschieden. Zwar hat auch die Stiftung mit dem Vorstand zwingend ein Vertretungsorgan, das funktional den Geschäftsführern der GmbH entspricht. Aber an die Stelle der Gesellschafterversammlung tritt bei der Stiftung funktional die Stiftungssatzung und damit der im Stiftungszweck zum Ausdruck gekommene Wille des Stifters: Über die Tätigkeit und Organisation der Stiftung entscheidet nicht ein bestimmter Personenkreis, sondern die Tätigkeit und die Organisation der Stiftung sind durch die Stiftungsatzung und ihren darin angegebenen Zweck bereits festgelegt (Hof/Hartmann/Richter, Stiftungen, S. 46; Reuter in Münch.Komm. zum BGB, § 85 Rz. 1).

III. Organisationsrechtliche Annäherung der Stiftung an die GmbH

Die vorstehende Charakterisierung der Stiftung ist jedoch nur idealtypisch. In der Praxis ist die Stiftung organisationsrechtlich der GmbH bisweilen stark angenähert, typischerweise durch folgende Elemente:

1. Das Aufsichtsorgan der Stiftung als Gegenstück zur Gesellschafterversammlung

Das Recht der Stiftung kennt keine Stifterversammlung. Die Stifter können jedoch in der Stiftungsurkunde bestimmen, dass die Stiftung ein Aufsichtsorgan hat. Dies wird zumeist Kuratorium, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Stiftungsrat genannt (Seifart/v. Campenhausen/Hof, Stiftungsrechts-Hdb., § 9 Rz. 53). Die Stifter können darin vertreten oder auch dessen alleinige Mitglieder sein. Bestimmte bei einer GmbH durch die Gesellschafterversammlung ausgeübte Gesellschafterrechte können bei der Stiftung durch das Aufsichtsorgan wahrgenommen werden. So kann das Aufsichtsorgan insbesondere das Recht erhalten, die Mitglieder des Vorstands der Stiftung zu bestellen und abzuberufen, bestimmte Maßnahmen des Vorstands zu genehmigen und dem Vorstand Weisungen zu erteilen (Seifart/v. Campenhausen/Hof, Stiftungsrechts-Hdb., § 9 Rz. 29). Ist der Stifter eine juristische Person oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, so kann der Stifter praktisch ohne zeitliches Ende auf den Vorstand und die Geschäftsführung durch den Vorstand Einfluss nehmen. Wenn die Stifter selbst die alleinigen Mitglieder des Aufsichtsorgans sind, erwächst ihnen so eine Funktion, die derjenigen von GmbH-Gesellschaftern angenähert ist.

2. Schaffung von Gestaltungsspielräumen für den Stifter durch weite Fassung des Stiftungszwecks

Auch wenn der Stifter alleiniges Mitglied des Aufsichtsorgans ist, ist er dennoch an den in der Stiftungssatzung niedergelegten Stiftungszweck gebunden (Reuter in Münch.Komm. zum BGB, § 85 Rz. 23). Durch Regelungen der Stiftungssatzung kann diese Beschränkung aber so weit aufgehoben werden, dass die verbleibenden Beschränkungen für den Stifter in der Praxis ohne weiteres akzeptabel sein können. Dazu gehört insbesondere eine weite Fassung des Stiftungszwecks. Nach dem Gesetzeswortlaut (§ 81 Abs. 1 BGB) besteht keine Verpflichtung, den Stiftungszweck eng zu fassen. Dennoch wird in der Literatur wohl überwiegend die Auffassung vertreten, der Stiftungszweck müsse so eng gefasst sein, dass er die Stiftungsorgane in rechtlich umsetzbarer Weise bindet (Reuter in Münch.Komm. zum BGB, § 81 Rz. 27). Ist der Stiftungszweck nur unbestimmt gefasst, liege ein Mangel des Stiftungsgeschäfts vor, der dazu führe, dass die Aufsichtsbehörden die Stiftung wieder auflösen könnten, da auch eine Anerkennung der Stiftung als juristische Person einen solchen Mangel bei der Errichtung der Stiftung nicht heile (Rawert in Bertelsmann-Stiftung [Hrsg.], Hdb. Bürgerstiftungen, 2. Aufl. 2004, S. 178; BGH v. 26.4.1976 -- III ZR 21/74, WM 1976, 869 [871]). In der Praxis wird aber in vielen Fällen der Stiftungszweck weit gefasst und dennoch hinreichend bestimmt sein. Wenn die Stiftung von vornherein für den Betrieb einer bestimmten Einrichtung (z.B. Krankenhaus, Forschungsanstalt) errichtet wird, ergeben sich diesbezüglich ohnehin zumeist keine Probleme. Es kommt hinzu, dass die Stiftung auch mehrere Zwecke haben kann (Seifart/v. Campenhausen/Hof, Stiftungsrechts-Hdb., § 8 Rz. 7; Reuter in Münch.Komm. zum BGB, § 81 Rz. 28).

3. Zulassung von Änderungen der Stiftungssatzung

Zu einer erheblichen organisationsrechtlichen Annäherung der Stiftung an eine GmbH führt insbesondere die Regelung in der Stiftungssatzung, dass das Aufsichtsorgan -- bestehend aus dem Stifter allein -- Satzungsänderungen beschließen kann. Die Zulässigkeit einer solchen Satzungsregelung ist in der Literatur vor allem mit dem Argument bestritten, dass vom ursprünglichen Stifterwillen als Grundlage der Stiftung nicht abgewichen werden dürfe (Reuter in Münch.Komm. zum BGB, § 85 Rz. 1 ff.). Soweit jedoch Stiftungen durch die Aufsichtsbehörde anerkannt werden, die solche satzungsändernden Ermächtigungen enthalten, und auf dieser Grundlage tatsächlich eine Satzungsänderung durch den Stifter als alleinigem Mitglied des Aufsichtsorgans beschlossen wird, dürfte auch eine etwaige nach dem Landesstiftungsgesetzen erforderliche Anerkennung dieser Satzungsänderung zu erwarten sein. Im übrigen bestimmen eine Reihe von Landesstiftungsgesetzen die Zulässigkeit von Regelungen in der Stiftungssatzung, die eine Satzungsänderung erlauben, soweit dadurch der Stiftungszweck oder die Organisation der Stiftung nicht wesentlich verändert werden.

4. Verbleibende wesentliche organisationsrechtliche Unterschiede zwischen GmbH und Stiftung

Bestimmte wesentliche organisationsrechtliche Unterschiede zwischen GmbH und Stiftung lassen sich indessen auch durch Gestaltungen der Stiftungssatzung nicht beseitigen. Eine Stiftung kann insbesondere weder verschmolzen, aufgespalten oder in eine andere Rechtsform umgewandelt werden (§§ 2, 124, 191 UmwG). Mangels Mitgliedschaften kann eine Übertragung einer Inhaberschaft an der Stiftung nicht erfolgen. Schließlich kann das Aufsichtsorgan auch nicht jederzeit die Auflösung der Stiftung beschließen (Seifart/v. Campenhausen/Hof, Stiftungsrechts-Hdb., § 4 Rz. 64 f.). In der Praxis spielen diese Gesichtspunkte jedoch eine nur untergeordnete Rolle, wenn mit der Stiftung der dauerhafte Betrieb einer Einrichtung unter maßgeblichem Einfluss des Stifters verfolgt wird.

IV. Vermögensrechtliche Unterscheidung von GmbH und Stiftung

Vermögensrechtliche Ansprüche spielen in der Praxis keine Rolle, wenn es um den Betrieb einer gemeinnützigen Einrichtung geht. Auf diesem Gebiet wird sich hauptsächlich die Alternative zwischen GmbH und Stiftung stellen. Denn Stiftungen, die ein Handelsgewerbe betreiben, sind tatsächlich nur selten anzutreffen; dies hat verschiedene Gründe, dürfte aber insbesondere auch daran liegen, dass eine Stiftung keine Inhaber hat und damit nicht veräußerbar ist.

V. Zusammenfassung

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Stiftung einer GmbH organisationsrechtlich angenähert werden. Dies gilt insbesondere für den Betrieb gemeinnütziger Einrichtungen. Ein Gesamtüberblick über den Vergleich wesentlicher rechtlicher Merkmale von GmbH und Stiftung in synoptischer Form findet sich unter www.gmbhr.de/arbeitshilfen.htm. Dieser Vergleich beschränkt sich auf die rechtliche Funktionsweise der errichteten Einheit; Fragen der Gründung werden darin nicht behandelt.




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