Dr. Wolfgang Lingemann,
Köln*

Der Regierungsentwurf zur Unternehmenssteuerfortentwicklung – weitere Schritte permanenter Reform (Teil II)

Über den am 15.8.2001 vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, der kurzfristig erreichbare weitere Schritte der Unternehmenssteuerreform enthält, haben wir schon in einem ersten Teil berichtet (vgl. Lingemann, GmbHR 2001, R 333 f.). Den Überblick über die wichtigsten Änderungen setzen wir nun mit der Umstrukturierung von Personenunternehmen, der Gewerbesteuer, der Grunderwerbsteuer im Konzern und dem Außensteuerrecht fort. Der vollständige Entwurfstext steht auf der Internetseite "http://www.unternehmenSteuerreform.de" zum Download bereit.

I. Umstrukturierung von Personenunternehmen

Unentgeltliche Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils/unentgeltlicher Eintritt einer natürlichen Person in ein Einzelunternehmen unter Fortführung der Buchwerte: Die bisherige Praxis wird durch Klarstellung in § 6 Abs. 3 EStG festgeschrieben.

Steuerneutrale Umstrukturierungsmöglichkeiten zwischen Mitunternehmern und Mitunternehmerschaft: Der Gesetzestext des § 6 Abs. 5 S. 3 – 5 EStG wird neu gefaßt und die Regelungen dem früheren Mitunternehmererlaß weiter angenähert.

Einführung einer steuerfreien Reinvestitionsrücklage für Veräußerungsgewinne aus Kapitalgesellschaftsanteilen: In § 6 b Abs. 10 EStG wird eine steuerfreie Rücklage i.H.d. Veräußerungsgewinns eingeführt, soweit an dem Personenunternehmen keine Körperschaft beteiligt ist, für die sowieso schon die Veräußerungsgewinnbefreiung des § 8 b Abs. 2 KStG gilt. Bei einbringungsgeborenen Anteilen wird die Rücklage nur dann gewährt, wenn die Voraussetzungen des § 3 Nr. 40 S. 4 EStG n.F. erfüllt sind.

Wiedereinführung der steuerneutralen Realteilung bei der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern: Nach § 16 Abs. 3 EStG n.F. soll die Realteilung für Vorgänge nach dem 31.12.2000 auch bei Zuteilung von einzelnen Wirtschaftsgütern wieder steuerneutral möglich sein, sofern das unternehmerische Engagement in anderer Form 7 Jahre lang fortgesetzt und nicht nur eine nachfolgende Veräußerung oder Entnahme vorbereitet wird.

Keine Tarifbegünstigung bei Mitunternehmer-Teilanteilsveräußerung: Es wird gesetzlich festgeschrieben, daß die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils tatbestandlich nicht unter § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG fällt, sondern zu laufenden Gewinnen führt.

II. Gewerbesteuer

Angleichung der gewerbesteuerlichen an die körperschaftsteuerliche Organschaft: Künftig soll beim Vorliegen der körperschaftsteuerlichen Organschaft stets auch bei der Gewerbesteuer ein Organschaftsverhältnis anzunehmen sein und darüber hinaus beim Fehlen eines Gewinnabführungsvertrags auch in den Fällen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung einer Kapitalgesellschaft in ein anderes gewerbliches Unternehmen. Durch einen Verweis in § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG auf § 14 Nr. 1 KStG reicht für das Vorliegen einer Mehrheitsbeteiligung als Voraussetzung der finanziellen Eingliederung die Zusammenrechnung mittelbarer und unmittelbarer Beteiligungen aus. Die Zusammenrechnung mittelbarer und unmittelbarer Beteiligungen ist bereits ab Erhebungszeitraum 2001 möglich (so § 36 Abs. 2 S. 1 GewStG n.F.). Im Fall der Mehrmütterorganschaft soll der Organkreis bei der BGB-Gesellschaft enden und Ergebnisse der Organgesellschaft gewerbesteuerlich nicht den hinter der BGB-Gesellschaft stehenden Gesellschaftern zugerechnet werden. Durch die rückwirkende Anwendbarkeit dieser Vorschrift (vgl. § 36 Abs. 2 GewStG n.F.) wird die Rechtslage wieder hergestellt, wie sie vor der Änderung der Rechtsprechung des BFH zur Mehrmütterorganschaft anerkannt war.

Gewerbesteuerpflicht bei Veräußerung/Aufgabe von Mitunternehmer(teil)anteilen: Veräußerungsgewinne sollen bei Mitunternehmerschaften (Personengesellschaften, Erbengemeinschaften) künftig der Gewerbesteuer unterliegen, soweit sie nicht auf natürliche Personen als Mitunternehmer entfallen.

Reaktion auf die Eurowings-Entscheidung des EuGH (FR 1999, 1327): Es wird eine generelle Hinzurechnung von einem Viertel der Miet- und Pachtzinsen für nicht in Grundbesitz bestehende Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen ab 2002 mit einer Übergangsregelung eingeführt.

III. Grunderwerbsteuer

Steuerfreistellung im Konzern, § 1 Abs. 7 GrEStG: Die Vorschrift behandelt unter bestimmten Voraussetzungen miteinander verbundene Unternehmen, die unter einheitlicher Leitung zusammengefaßt sind (Konzern gemäß bzw. analog § 18 AktG), als einen einheitlichen grunderwerbsteuerlichen Rechtsträger. Diese Änderung bewirkt, daß bei Rechtsvorgängen i.S.d. Abs. 1 – 3 des § 1 GrEStG, die zwischen Unternehmen desselben Konzerns vollzogen werden, ein Rechtsträgerwechsel nicht vorliegt. Die erstmalige Zuordnung eines Grundstücks zu einem Konzernunternehmen sowie dessen Ausscheiden aus dem Konzern, also grundstücksbezogene Rechtsvorgänge mit außerhalb des Konzernverbunds stehenden Rechtsträgern, unterfallen weiterhin als Rechtsträgerwechsel der Grunderwerbsteuer.

IV. Außensteuerrecht

Neufassung des § 7 Abs. 6 AStG (Beteiligung an ausländischen Zwischengesellschaften): Die Beteiligungsgrenze wird von 10 v.H. auf 1 v.H. abgesenkt. Die Freigrenze des Satzes 2 bleibt unverändert. Nach Satz 3 wird auf eine Beteiligungsgrenze ganz verzichtet, wenn eine Zwischengesellschaft ausschließlich oder fast ausschließlich Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter erzielt. Der Wegfall jeglicher Beteiligungsgrenze ist in diesen Fällen zur Verhinderung marktgängiger Sammelgestaltungen zum Zweck von Kapitalanlagen in Niedrigsteuerländern und auch wegen der Regelungen in § 17, § 18 AuslInvestmG erforderlich.

Ausweitung des § 8 Abs. 1 AStG: Gewinnausschüttungen werden durch eine Ergänzung des Katalogs des § 8 Abs. 1 AStG durch eine neue Nr. 8 von der Hinzurechnungsbesteuerung ausgenommen. Zu den "Gewinnausschüttungen" zählen auch verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Erfassung passiver Einkünfte erfolgt, wie bisher, bei der Gesellschaft, bei der sie anfallen. Entsprechend der Regelung für Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG) gelten Gewinne, die die ausländische Gesellschaft aus der Veräußerung von Anteilen an einer anderen Gesellschaft erzielt, nicht als Zwischeneinkünfte (§ 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG n.F.). Eine Ausnahme gilt für die Fälle, in denen die Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden, Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter erzielt. Damit Veräußerungsgewinne nicht als Zwischeneinkünfte erfaßt werden, muß der Steuerpflichtige nachweisen, daß der Gewinn auf Wirtschaftsgüter der anderen Gesellschaft entfällt, die nicht der Erzielung von Einkünften mit Kapitalanlagecharakter dienen. Soweit der Veräußerungsgewinn auf Wirtschaftsgüter einer Gesellschaft entfällt, an der die Gesellschaft beteiligt ist, deren Anteile veräußert werden, gilt entsprechendes. Erzielt die ausländische Gesellschaft aus der Veräußerung einen Verlust, kann dieser nur mit anderen Zwischeneinkünften verrechnet werden, wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß der Verlust im Zusammenhang mit Wirtschaftsgütern steht, durch die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter erzielt werden.

Neufassung der Ermittlung der "Ertragsteuerbelastung" i.S.v. § 8 Abs. 3 AStG: Steuern dritter Staaten, die zu Lasten der ausländischen Gesellschaft von deren Einkünften erhoben werden, konnten bisher bei der Ermittlung der Niedrigbesteuerung nicht berücksichtigt werden. Durch die Neufassung werden alle Ertragsteuern berücksichtigt, mit denen die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft bei dieser belastet sind, und zwar unabhängig davon, in welchem Staat sie erhoben werden.

Anpassungen beim Hinzurechnungsbetrag: § 10 Abs. 2 S. 1 und 2 AStG entsprechen wieder der vor der Änderung durch das StSenkG gültigen Fassung. Satz 2 stellt jedoch ergänzend klar, daß der Hinzurechnungsbetrag gewerbesteuerpflichtig ist, wenn die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft zu einem Gewerbebetrieb gehört. Satz 3 i.d.F. des StSenkG bleibt unverändert. Danach sind die Dividendenfreistellung (§ 8 b Abs.1 KStG) und das Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 S. 1 Buchst d EStG) auf den Hinzurechnungsbetrag nicht anzuwenden.

Einkünfteermittlung, Änderung in § 10 Abs. 3 S. 4 AStG: Die der Hinzurechnungsbesteuerung zugrunde liegenden Einkünfte sind in entsprechender Anwendung der Vorschriften des deutschen Steuerrechts zu ermitteln (§ 10 Abs. 3 AStG). Die Änderung des Satzes 4 stellt klar, daß für Zwecke dieser Ermittlung § 8 b Abs. 1 und 2 KStG nicht anzuwenden sind. Die Hervorhebung der Nichtanwendung des § 8 b Abs. 2 KStG vermeidet insoweit mögliche Zweifel an der Erfassung der hinzurechnungspflichtigen Veräußerungsgewinne.

Neueinführung von § 10 Abs. 7 AStG: Für die bisherige Regelung in § 10 Abs. 6 S. 3 AStG betreffend die Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter, die aus der Finanzierung ausländischer Betriebsstätten oder ausländischer Gesellschaften stammen, wird ein eigener Absatz gebildet. Gleichzeitig verbleibt es bei der vor der Änderung durch das StSenkG gültigen Regelung. Danach unterliegen die entsprechenden Einkünfte nur mit 60 v.H. der Hinzurechnung. Die vor der Änderung durch das StSenkG gültige Befreiung von der Gewerbesteuer (§ 21 Abs. 7 AStG) entfällt jedoch nach der Absenkung des Körperschaftsteuersatzes durch das StSenkG auf 25 v.H.

Anpassung des § 11 AStG: Veräußerungsgewinne sind insoweit von der Hinzurechnungsbesteuerung auszunehmen, als die Einkünfte der Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden, als Zwischeneinkünfte i.S.d. § 10 Abs. 6 S. 2 der Hinzurechnungsbesteuerung unterlegen haben und nicht ausgeschüttet wurden, und zwar für das gleiche Kalenderjahr oder Wirtschaftsjahr oder für die vorangegangenen sieben Kalenderjahre oder Wirtschaftsjahre.

Übertragende Hinzurechnung (§ 14 AStG): § 14 regelt die Zurechnung der Zwischeneinkünfte der einer ausländischen Obergesellschaft nachgeschalteten Gesellschaft. Um die Hinzurechnung der Einkünfte einer nachgeschalteten Gesellschaft zu vermeiden, muß der Steuerpflichtige, wie bisher, nachweisen, daß die Einkünfte der Untergesellschaft aus Tätigkeiten stammen, die einer eigenen Tätigkeit der ausländischen Gesellschaft dienen. Soweit dies nicht der Fall ist, muß der Steuerpflichtige nachweisen, das die Untergesellschaft die Einkünfte aus Tätigkeiten oder Gegenständen erzielt hat, die unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 fallen oder es sich um Gewinnausschüttungen oder Veräußerungsgewinne i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 8 und 9 handelt. Der vom Steuerpflichtigen verlangte Nachweis für die aktiven Einkünfte der nachgeordneten Gesellschaft ist wegen des Wegfalls der Erfassung von Beteiligungserträgen als Einkünfte aus passivem Erwerb notwendig geworden.

Ausländische Betriebsstätten (§ 20 Abs. 2 AStG): Durch einen neuen § 20 Abs. 2 S. 2 AStG gilt die Regelung des § 10 Abs. 6 S. 3 AStG (jetzt Abs. 7) jetzt auch für ausländische Betriebsstätten, d.h. die Freistellung der Einkünfte aus der Finanzierung von aktiven ausländischen Betriebstätten oder ausländischen Gesellschaften aufgrund DBA wird nur für 60 v.H. dieser Einkünfte ausgeschlossen.

 

* Schriftleiter der Finanz-Rundschau.

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