Werner G. Driesen / Dr. Patricia Becker, LL.M.*

GmbH-Geschäftsführung in Deutschland und in Europa: Stellung, Vergütung, Haftung und Besteuerung

I. Vorbemerkungen zu dieser Ausgabe

Der Geschäftsführer einer GmbH wird in den Einführungen der zahlreichen Handbücher über seine Rechte und Pflichten als eine Figur beschrieben, die ein geradezu "janusköpfiges Wesen" ist. Dies verwundert nicht, denn zum einen steht er einem vielfältigen Regelwerk gegenüber: seine Stellung als Organ der GmbH wird im GmbH-Gesetz geregelt, auf seinen Dienstvertrag finden bürgerlich-rechtliche Vorschriften Anwendung. Allerdings fällt er mit Ausnahme der Kündigungsfristen nicht in das vielschichtige Netz arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften, da er zivilrechtlich keine Stellung als Arbeitnehmer hat (s. ausführlich LAG Rheinland-Pfalz v. 30.3.2005 -- 11 Ta 21/05, GmbHR 2005, 1294 -- in diesem Heft). Anders ist es wiederum im Steuerrecht, wo er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht, und im Sozialversicherungsrecht "kommt es darauf an", wie der Jurist oft zu sagen pflegt, nämlich darauf, ob er eine beherrschende Stellung hat. Zum anderen unterliegt er zwar in Ausübung seines Amtes grundsätzlich Weisungen der Gesellschafter, sieht sich aber im Außenverhältnis der Gefahr der persönlichen Haftung insbesondere gegenüber Finanzbehörden und Sozialversicherungsträgern gegenüber.

Der im "Jubiläumsjahr 2005" immer wieder herausgestellte Informationsauftrag der Centrale für GmbH Dr. Otto Schmidt, der Herausgeberin dieser Zeitschrift, gebot es daher, im Anschluß an das "Grundlagen-Heft 01/2005" sowie die beiden Schwerpunkt-Hefte "GmbH-Nachfolge 07/2005" und "GmbH-Insolvenz 13/2005" dieses weitere mit besonderen Beiträgen ausgestattete Schwerpunkt-Heft "GmbH-Geschäftsführung" erscheinen zu lassen. Wiederum konnte dabei nur eine Auswahl von Themen behandelt werden; ausgespart werden mußten z.B. Strafbarkeitsrisiken (dazu zuletzt u.a. Bisson, GmbHR 2005, 843 ff., Chr. Schröder, GmbHR 2005, 736 und Tsambikakis, GmbHR 2005, 331 u. 838), Steuerhaftung (dazu zuletzt Stahlschmidt, GmbHR 2005, 295 u. 677) oder Sozialversicherungspflicht (dazu zuletzt Hillmann-Stadtfeld, GmbHR 2004, 1207). Die hier zusammengestellten Beiträge zur (Vermeidung einer) Innen- bzw. Außenhaftung (U. H. Schneider/S. H.Schneider, S. 1229 ff. und Keller, S. 1235 ff.), zu Zustimmungsvorbehalten seitens der Gesellschafter (van Venrooy, S. 1243 ff.), zur aktuellen Vergütungssituation 2005 (Tänzer, S. 1256 ff.), Fortzahlung im Krankheitsfall (Haase, S. 1260 ff.), Dienstwagenbesteuerung (Briese, S. 1271 ff.), steuerlichen Anerkennung von Pensionszusagen (Harle/Kulemann, S. 1275 ff.) und Insolvenzhaftung (Schuhmann, S. 1291 ff.) geben aber sicher einen repräsentativen Überblick, ferner gewähren H. Schröder/V. M. Schneider (Haftung bei engl. Ltd., S. 1288) einen kurzen Blick über den "Grenzzaun". Dieser soll nachfolgend noch etwas ergänzt werden.

II. Geschäftsführer in Europa

1. Bildung von Geschäftsführungsorganen

Europaweit ist bei den Gesellschaften mit beschränkter Haftung ein Geschäftsführungsorgan zwar vorhanden, es kann jedoch je nach den nationalen Gegebenheiten sehr unterschiedlich ausgestaltet werden.

In Großbritannien (Limited), Italien (Società A Responsabilitá Limitata) und Spanien (Sociedad de Responsabilidad Limitada) können die Gesellschaften z.B. von einem oder mehreren Geschäftsführern geleitet werden mit der Besonderheit, daß aus der Mehrheit der Geschäftsführer auch ein Verwaltungsrat gebildet werden kann. Der spanische Verwaltungsrat wird mit mindestens drei und maximal 12 Mitgliedern gebildet (Bascopé/Hering, GmbHR 2005, 609 [612]). Bei der französischen Société à Responsabilité Limitée haben die Geschäftsführer (gérants) eine deutlich stärkere Stellung als z.B. in der deutschen GmbH; sie sind insbesondere nicht weisungsgebunden und tragen die wesentliche Finanzierungsverantwortung (Meyer/Ludwig, GmbHR 2005, 459 [463]). Bei der bulgarischen GmbH (Druschestvo S Ogranitschena Otgowornost) besteht eine absolute Einschränkung in der Geschäftsführer-Wahl: Rechtsanwälte dürfen nach dem bulgarischen Rechtsanwaltgesetz als Geschäftsführer nicht bestellt werden. Steuerbeamte dürfen als Geschäftsführer zwar bestellt werden, aber nur unter der Voraussetzung, daß sie vorher die Erlaubnis vom Leiter des Steueramtes eingeholt haben (dazu Pavlova-Mirtcheva, GmbHR 2004, 786 [789]).

Im Gegensatz zu den Gesellschaften in diesen Ländern können anderenorts nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen Geschäftsführer sein, z.B. bei einer belgischen SPRL (Société Privée à Responsabilité Limitée) und einer niederländischen BV (Besloten Vennootshap Met Beperkte Aansprakelijkheid; dazu s. Efferink/Ebert/Levedag, GmbHR 2004, 880 [883]). In Belgien darf die Leitung sogar einer Geschäftsführungsgesellschaft, einer "Société de Management", übertragen werden. Die einzige Voraussetzung dafür ist, daß eine natürliche Person innerhalb dieser Geschäftsführungsgesellschaft offiziell den speziellen Auftrag erhält, die tagtägliche Führung der SPRL persönlich zu übernehmen und auch zu verantworten. Daher ist der sog. Geschäftsführer von dieser Geschäftsführungsgesellschaft und nicht von der SPRL angestellt, und die "Société de Management" berechnet der SPRL monatlich eine Geschäftsführer-Vergütung.

2. Vergütung

Dieses Stichwort "Vergütung" leitet zu einem weiteren Aspekt über: Eine neuere Studie über die Vergütung der Geschäftsführer in Europa ("Renumeration in Europe 2005"), die von der Managementberatung Kienbaum in Zusammenarbeit mit dem European Compensation Network (ECN) durchgeführt wurde (abzurufen unter www.kienbaum.de), hat sehr interessante Ergebnisse erzielt. Im Jahre 2004 konnten deutsche Geschäftsführer danach lediglich eine moderate Gehaltssteigerung von 2,9 % gewinnen. Die Geschäftsführer aus anderen EU-Mitgliedstaaten verdienen jedoch weitaus besser. So erzielten die Geschäftsführer in Belgien einen Gehaltszuwachs von 3,6 % und in Italien sogar 4,5 %. Auch die für 2005 erwarteten Gehaltssteigerungen sind in Deutschland mit 3,0 % eher verhalten. Die Prognose für 2005 in Irland sind 7,0 % und in Frankreich und in Spanien je 3,7 %, was ebenfalls einen deutlichen Anstieg darstellt.

Geschäftsführer von mittelgroßen Unternehmen verdienen in Deutschland nach einer weiterhin durchgeführten Erhebung (s. dazu Tänzer, GmbHR 2005, 1256 -- in diesem Heft) durchschnittlich ca. 247.000 € im Jahr. Damit liegen sie im europäischen Vergleich an zweiter Stelle. Mit deutlich niedrigeren Gehältern müssen sich Geschäftsführer aus Frankreich und den Niederlanden begnügen. Sie bewegen sich mit jährlichen Gesamtbezügen von 118.415 € in Frankreich und 185.340 € in den Niederlanden im unteren Drittel der in Europa gezahlten Gehälter. Zur Steigerung der Leistungsmotivation gewinnen variable Vergütungsbestandteile als Führungs- und Steuerungsinstrument an Bedeutung. So erhalten z.B. in Deutschland 84 % und in Spanien 71 % der Geschäftsführer Bonifikationen in Abhängigkeit des erzielten Unternehmensgewinns.

An der erwähnten Studie "Renumeration in Europe 2005" haben sich insgesamt 2.514 Unternehmen aus 10 verschiedenen europäischen Mitgliedstaaten beteiligt. "Generell ist zu beobachten, daß die Unternehmensgröße in allen untersuchten Ländern den stärksten Einfluß auf die Gehaltshöhe ausübt. Je größer das Unternehmen, gemessen an Beschäftigtenzahl und Umsatz, desto höher die Bezüge", so Christian Näser, Mitglied der Geschäftsleitung bei Kienbaum. "Daneben spielen Parameter wie Hierarchie, Unternehmensstandort und Branche eine bedeutende Rolle, wenngleich mit unterschiedlicher Gewichtung. So ist in Frankreich das Alter sowie die Rolle des Funktionsinhabers im Unternehmen und in Großbritannien die Branche von ausschlaggebender Bedeutung. Tendenziell verliert hier der Parameter ’Unternehmensgröße nach Mitarbeitern’ für die Vergütungsfestsetzung an Bedeutung, da insbesondere die Unternehmen in Süd-Ost-England, dem wirtschaftlich stärksten Gebiet, einen erhöhten Bedarf an hochkarätigen Fachkräften haben. Insgesamt ist festzustellen, daß Unternehmen bei der Ausrichtung ihrer Vergütungspolitik vermehrt die Resultate aus Benchmarks und Vergütungsstudien einbeziehen -- nicht zuletzt um die begehrten Top-Spezialisten und Manager zu binden".

Auf der Managementebene spielen Zusatzleistungen wie die Betriebliche Altersversorgung und der Dienstwagen (dazu Briese, GmbHR 2005, 1271 -- in diesem Heft) europaweit immer mehr eine wichtige Rolle. Aus den Ergebnissen der Studie wird hervorgehoben, daß betriebliche Zusatzleistungen in Europa heute ein fester Vergütungsbestandteil sind. Allein in Deutschland fahren 98 % der Geschäftsführer und 91 % der Führungskräfte im Außendienst (2. Hierarchieebene) einen Dienstwagen. Auch in Frankreich ist der Dienstwagen weit verbreitet, wo 95 % der Geschäftsführer und 85 % der Führungskräfte im Außendienst (2. Hierarchieebene) einen solchen gestellt bekommen.

III. Schlußbemerkung

Geschäftsführer zu sein bedeutet keine leichte Aufgabe; schon die Führung der GmbH verlangt -- abgesehen von den betriebswirtschaftlichen Aspekten -- den "Durchblick" durch ein immer dichter werdendes Regelungsdickicht, der ohne intensive Beratung kaum noch zu meistern ist. Aber auch "mit sich selbst" hat der Geschäftsführer mehr genug zu tun, wie insbesondere die Beiträge in dieser Ausgabe zeigen. Führt man sich schließlich seine Stellung einerseits als Führungskraft, andererseits als Dienstnehmer der GmbH mit zwar weniger Schutzrechten als "normale" Arbeitnehmer, dafür aber nicht unerheblichen Haftungsrisiken vor Augen, so kommt man nicht umhin, demjenigen, der ein solches Amt übernimmt, mit einem gewissen Respekt gegenüberzutreten. Und als Berater hat man die Aufgabe, den "Geschäftsführer-Kandidaten" eingehend darüber zu belehren, auf was er sich einlassen möchte ...

 

* Werner G. Driesen ist Rechtsanwalt in Bonn sowie Partner der Kanzlei Hohlfeld -- Ketzer -- Driesen;
Dr. Patricia Becker, LL.M. ist Rechtsberaterin für Französisches und Europäisches Recht mit Schwerpunkt Energie- und Gesellschaftsrecht in Berlin.

 



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