Dr. Jürgen Gehb, MdB / Dr. Martin Heckelmann, LL.M., Berlin*

Gesellschaftsrechtsreform im Doppelpack -- Gründerinteressen dürfen hinter dem Gläubigerschutz nicht zurücktreten

Zu Recht bildet der Schutz der Gläubiger einen Schwerpunkt des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts. Denn das Privileg der Haftungsbeschränkung darf es ohne Gegenleistung nicht geben. Ein Musterbeispiel in Sachen Gläubigerschutz ist die GmbH -- auch wenn wir in der Vergangenheit mehrere kleine, aber schmerzliche Schwachstellen entdeckt haben. Entweder wurden Lücken genutzt, um Regelungen systemfeindlich zu umgehen -- so etwa die Zustellungsvorschriften in den Bestattungsfällen. Oder es stellte sich wie im Eigenkapitalersatzrecht das Problem heraus, daß eine Fülle gutgemeinter Einzelurteile zu einer unüberschaubaren und damit nicht mehr praxisgerechten Judikatur herangewachsen ist. Hier gilt es, den Dschungel zu lichten und leicht handhabbare Regelungen zu finden.

Gläubigerschutz ist aber auch nicht alles. Der Interessenwiderstreit zwischen Gesellschaftern und Gläubigern führt zwangsläufig dazu, daß gläubigerschützende Vorschriften zunächst einmal eine Belastung für die Gesellschafter darstellen. Im Falle der im Entwurf des "MoMiG" vorgesehenen Änderungen ist dies auch gewollt, da hier dem Mißbrauch der Rechtsform ein Riegel vorgeschoben wird. Die Interessen der Unternehmer werden dadurch aber noch lange nicht gefördert.

Im Gegenteil: Der "MoMiG"-Entwurf setzt keinen Impuls, der die GmbH für Existenzgründer signifikant attraktiver macht. Einzig die Neufassung des § 8 GmbHG bringt eine gewisse Beschleunigung des Gründungsprozesses, die allerdings durch erhebliche Rechtsunsicherheiten in der Schwebezeit erkauft wird -- man denke lediglich an die Haftungsfragen, die sich aus einer Löschung von Amts wegen ergeben.

Das "MoMiG" leistet viel für den Gläubigerschutz, versagt aber bei der Frage, wie wir jungen Unternehmern auf die Beine helfen können. Wie an dem Boom der "Limited" zu erkennen ist, verlangt der Markt nach einer deutschen Antwort auf die gemeinschaftsrechtlich erzwungene Öffnung der deutschen Gesellschaftsrechtsordnung. Es steht nicht nur die Popularität des deutschen Gesellschaftsrechts auf dem Spiel. Wir haben auch eine Pflicht, Gründer und Gläubiger vor sorglosem Umgang mit ausländischen Gesellschaften zu schützen.

Das Bedürfnis nach einer neuen Rechtsform stellt sich daher nicht auf der Ebene des Gläubigerschutzes. Denn es geht an dieser Stelle nicht um die Interessen der Gläubiger, sondern um die der Gründer. Beide Ebenen -- Gründerinteressen und Gläubigerschutz -- sind also sorgfältig zu trennen. Während die Reform des Gläubigerschutzes vom MoMiG recht ordentlich vorangebracht wird, kann auch eine rundum erneuerte GmbH nicht die Lücke schließen, die durch "Inspire Art" gerissen wurde.

Hier setzt das Modell von CDU/CSU an: eine umfassende und gründliche Reform der GmbH, flankiert durch die Schaffung einer kleinen, flexiblen, preiswerten und selbstbewußten "Unternehmergesellschaft (UG)". Diese tritt nicht als Konkurrenz zur GmbH an, sondern als Ergänzung.

Welches sind die Risiken dieses Modells? Schlimmstensfalls setzt sich die UG nicht durch. Das wäre schade, aber kein Schaden. Der Status der GmbH als Flaggschiff des deutschen Gesellschaftsrechts jedenfalls wird nicht angegriffen. Denn die UG wird als Aliud zur GmbH eigenen Regeln folgen.

Zu den Vorzügen gehört eine radikale Vereinfachung des Gründungsprozesses, etwa:

Selbstverständlich müssen die Erleichterungen für Gründer mit einer Anpassung des Gläubigerschutzes korrelieren. Während wir uns bei der GmbH in erster Linie auf kapitalbasierten Gläubigerschutz kaprizieren, können bei der UG innovative Mechanismen zum Einsatz kommen, z.B.:

Festzuhalten bleibt, daß bei der Reform der GmbH keine Abstriche gemacht werden dürfen. Gleichzeitig jedoch muß Existenzgründern, die sich aus grundlegenden Erwägungen gegen die Rechtsform der GmbH entscheiden, eine deutsche Alternative angeboten werden. Daher haben die Rechtspolitiker der Union Anfang September 2006 vorgeschlagen, die Reform des deutschen Gesellschaftsrechts in Gestalt eines Zwei-Säulen-Modells vorzunehmen.

* Dr. Jürgen Gehb, MdB ist rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dr. Martin Heckelmann, LL.M. (Cornell) ist Referent für Zivil- und Wirtschaftsrecht in dessen Bundestagsbüro.



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