Jochen Busch / Urs Bernd Brandtner,  Steuerberater, München*

 

Neues zur Abgeltungsteuer

 

Zum 1.1.2009 tritt bekanntlich die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge im Privatvermögen in Kraft. Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit ihre Einführung mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (BGBl. I 2007, 1912) verabschiedet wurde (dazu s. bereits Busch/Brandtner , GmbHR 2007, R 289 f.). Die Zwischenzeit haben der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung genutzt, um das Grundkonzept in wichtigen Aspekten zu korrigieren bzw. praktische Umsetzungsfragen zu klären.

 

Korrekturen des Gesetzgebers

Das Jahressteuergesetz 2008 (BGBl. I 2007, 3150) schränkte u.a. den steuerlichen Bestandsschutz von Anlagen in bestimmten Investmentfonds nach dem 9.11.2007 ein. Dies betrifft neben Spezialfonds auch Publikumsfonds, die eine Mindestanlage von 100.000 € oder eine besondere Sachkunde des Anlegers vorsehen. Für Einkünfte aus sog. unternehmerischen Kapitalgesellschaftsbeteiligungen ist nunmehr, entgegen der ursprünglichen Fassung, optional die Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren zulässig. Und schließlich konkretisierte der Gesetzgeber die Voraussetzungen, unter denen die Abgeltungsteuer bei back-to-back-Finanzierungen nicht zur Anwendung gelangt. Weitere Änderungen kommen auf den Anleger mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2009 zu. Dessen Entwurf v. 18.6.2008 (BR-Drucks.  545/08) sieht u.a. vor, die steuerfreie Thesaurierung von Erträgen aus Zertifikateneuanlagen auf Ebene von Investmentfonds abzuschaffen. Altverluste aus Stillhaltergeschäften sollen für eine Übergangszeit bis Ende 2013 mit entsprechenden Stillhaltererträgen verrechnet werden können. Und schließlich sind Vereinfachungen bei der Abgeltungsbesteuerung von Kapitalmaßnahmen bei Kapitalgesellschaften sowie bei Aktien- und Umtauschanleihen geplant.

 

Zweifels- und Auslegungsfragen

Der Systemwechsel zur Abgeltungsteuer bringt naturgemäß eine Fülle von Zweifels- und Auslegungsfragen mit sich. Das Bundesfinanzministerium hat hierzu in mehreren Schreiben an die Verbände der deutschen Kreditwirtschaft Stellung genommen. Zentrale Punkte des aktuellen BMF-Schr. v. 15.8.2008 -- IV C 2 - D 2000/07/0009 werden nachfolgend kurz erläutert.

 

Vermögensverwaltungsgebühren

Der Gesetzgeber lässt für abgeltungsbesteuerte Kapitalerträge ab 2009 den Abzug von Werbungskosten grundsätzlich nicht mehr zu. Einzig Transaktionskosten im Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Kapitalanlagen mindern als Anschaffungsneben- bzw. Veräußerungskosten auch weiterhin das steuerliche Ergebnis. Steuerpflichtige, die mit ihrer Bank einen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen haben, sind daher ab 2009 daran interessiert, einen möglichst hohen Anteil der Verwaltergebühren in Form von Transaktionskosten geltend zu machen. Bislang konnten sich Anleger auf eine Vfg. der OFDen Düsseldorf/Köln/Münster v. 28.10.2004 - S 2210 A - St 212 [D] / S 2210 - 10 - St 222 [K] / S 2128 - 30 - St 22 - 33 [MS], DB 2004, 2450 ff. berufen. Diese erlaubte einen Transaktionskostenanteil von 33 %. Das BMF erhöht in seinem Schr. v. 15.8.2008 diese Grenze sogar: Es erkennt bis zu 50 % einer pauschalen Vermögensverwaltungsgebühr als Transaktionskosten steuerlich an. Der Transaktionskostenanteil erhöht den von der Bank geführten allgemeinen Verlustverrechnungstopf und neutralisiert insoweit abgeltungsteuerpflichtige Erträge. Voraussetzung ist allerdings, dass im Vermögensverwaltungsvertrag die auf Transaktionskosten entfallende Quote festgehalten wird. Einzelveräußerungskosten können in diesem Fall nicht mehr geltend gemacht. Steuerpflichtigen ist zu empfehlen, ihre Vermögensverwaltungsverträge vor diesem Hintergrund zu überprüfen und rechtzeitig anzupassen.

 

Werbungskosten 2008

Aufgrund des Abzugsverbots ab 2009 können Anleger Werbungskosten für ihre Kapitalanlagen letztmals in diesem Jahr geltend machen. Bei einmaligen Aufwendungen ist die Bezahlung bzw. Abbuchung auf dem Bankkonto noch in 2008 entscheidend. Für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben gilt dies aufgrund der gesetzlichen 10-Tage-Regelung für Zahlungen bis zum 10.1.2009. Das BMF verlängert diesen Zeitraum einmalig bis zum 31.1.2009. Somit können Steuerpflichtige Aufwendungen für Depotführung und andere im Zusammenhang mit der Konto- und Depotführung regelmäßig wiederkehrende Leistungen bei Zahlung bis Ende Januar 2009 als nachträgliche Werbungskosten für 2008 berücksichtigen. Nicht ausdrücklich Stellung nimmt die Finanzverwaltung zu der Frage, wie mit anderen regelmäßig anfallenden Werbungskosten zur Kapitalanlage zu verfahren ist. Zu denken ist z.B. an Fachzeitschriften, deren Jahresgebühren für 2008 erst zwischen dem 11. und 31.1.2009 abgebucht werden. Wir gehen davon aus, dass hierfür ebenfalls die 30-Tage-Frist gilt.

 

Steuerfalle Kapitalmaßnahmen?

Anleger, die Aktien bis Ende 2008 erwerben, können diese auch künftig nach Ablauf eines Jahres ohne Steuerbelastung veräußern. Der Bestandsschutz für Altanteile erscheint jedoch bei Kapitalmaßnahmen ab 2009 gefährdet: Typisches Praxisbeispiel ist der Anteilstausch. Hier erhält der Anleger im Rahmen einer Unternehmensumwandlung für seine Altanteile Anteile an einer anderen Gesellschaft. Das Gesetz sieht zwar vor, dass der Anteilstausch künftig steuerneutral ohne Abgeltungsteuer erfolgt. So gelten ab 2009 die Altanteile als zu den Anschaffungskosten veräußert. Die Neuanteile sind mit den Anschaffungskosten der Altanteile anzusetzen (§ 43 Abs. 1 S. 7 EStG 2009 bzw. § 20 Abs. 4a EStG i.d.F. des JStG 2009-E). Dem Wortlaut nach könnte diese Regelung so auszulegen sein, dass steuerfreie stille Reserven in bestandsgeschützten Altanteilen via Anteilstausch ab 2009 erneut (abgeltung)steuerverstrickt würden. Das BMF stellt nun klar, dass die im Zuge einer Kapitalmaßnahme ab 2009 erlangten Anteile weiter als Altbestand gelten. Verschmelzungen oder Anteilstausch berühren die Steuerfreiheit von Altanteilen daher nicht. Offen bleibt bis zu einer gesetzlichen Klarstellung allerdings, ob sich dieser Auffassung auch die Finanzrechtsprechung anschließen wird.

 

Termingeschäfte

Unklar war bisher, wie Termingeschäfte über Devisen, Rohstoffe und Edelmetalle 2009 einkommensteuerlich zu behandeln sind. Konkret geht es um die Frage, wann in diesen Fällen ein abgeltungsteuerpflichtiges Termingeschäft und wann ein nicht der Abgeltungsteuer unterliegendes privates Veräußerungsgeschäft vorliegt. Hintergrund ist, dass für den (Kassa-)Verkauf dieser Wirtschaftsgüter anders als für Wertpapiere auch nach neuem Recht die Spekulationsfrist von einem Jahr gilt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung unterliegt ein solches Termingeschäft der Abgeltungsteuer, wenn ein glattstellendes Gegengeschäft getätigt oder ein Differenzausgleich gezahlt wird. Bei Lieferung des dem Termingeschäft zugrunde liegenden Wirtschaftsguts – also den jeweiligen Devisen, Rohstoffen oder Edelmetallen – ist hingegen die Spekulationsfrist von einem Jahr zu beachten. Das hat höchst praktische Auswirkungen. Zum einen hat der Anleger ab 2009 bei diesen Termingeschäften genau darauf zu achten, welche Form der Beendigung des Termingeschäfts die Vertragsbedingungen vorsehen. Zum anderen kann der Anleger Gewinne aus derartigen Termingeschäften bei physischer Erfüllung außerhalb der Jahresfrist auch in Zukunft steuerfrei vereinnahmen.

 

Fiktive Quellensteuern

Fiktive Quellensteuern bezeichnen Quellensteuern, die im Ausland tatsächlich nicht erhoben, aber dennoch auf die inländische Steuerschuld angerechnet werden. Der deutsche Fiskus gewährt für Kapitalerträge aus einer Reihe von zumeist Schwellen- oder Entwicklungsländern fiktive Quellensteuerguthaben, z.B. für Zinserträge aus Portugal 15 % („Madeira-Festgelder“). Im Sinne einer einfachen Handhabung wäre es wünschenswert, auch fiktive Quellensteuern bereits im Abzugsverfahren weitestgehend zu berücksichtigen. Diesem Anliegen erteilt die Finanzverwaltung eine Absage für alle Fälle, in denen die Anrechnung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Dem Anleger bleibt es insoweit auch ab 2009 nicht erspart, die Anrechnung im Wege der Antragsveranlagung vornehmen zu lassen. Einen Ausweg stellen lediglich fiktive Quellensteuern aus Ländern dar, für die der Gesetzgeber keine besonderen Anrechnungsvoraussetzungen erlassen hat. Dies ist z.B. bei Portugal einschließlich Madeira gegeben.

 

Freistellung vom Steuerabzug

Infolge des erweiterten Katalogs der Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen ab 2009 u.a. auch Veräußerungsgewinne und Erträge aus Stillhalter- und Termingeschäften dem Kapitalertragsteuerabzug. Soweit die Erträge anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind, erscheint es allerdings nicht notwendig, den Kapitalertragsteuerabzug auszuweiten. Für entsprechende betriebliche Einkünfte sieht der Gesetzgeber im Rahmen des Entwurfs des JStG 2009 zwar bereits eine Ausnahme vor. Eine Einbeziehung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in die Befreiung ist indes nicht vorgesehen, obwohl hierfür durchaus ein praktisches Bedürfnis besteht (Beispiel: Zinsswaps oder Zinsbegrenzungsvereinbarungen, die für Darlehen zur Finanzierung vermieteter Immobilien eingesetzt werden). Im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung lässt es das BMF-Schreiben zu, in den genannten Fällen von einem Kapitalertragsteuerabzug abzusehen.

 

 

*              RP RICHTER & PARTNER.

 

 

 



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