Dr. Wolfgang Leibner, LL.M.,
Rechtsanwalt / FAStR / FAInsR / Mediator,
Langenhagen

Einsatz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Steuerberater

I. Vorbemerkung

Fragen des Haftungsrechts gewinnen kontinuierlich für Steuerberater in der Alltagspraxis an Bedeutung (s. die zahlreichen OLG-Entscheidungen ab S.1434 ff. in dieser Ausgabe). In den letzten Jahren ist überschlägig eine Verdopplung der gerichtlich geltend gemachten Haftungsansprüche von Mandanten gegen ihre Berater zu beobachten, worin sich nicht zuletzt die fehlende Steuerplanungssicherheit (zu erkennen wieder aus Schwedhelm/Olbing/Binnewies, GmbHR 2003, 1385 ff. -- in diesem Heft) ausdrückt. Dabei steigt nicht nur die Zahl der Fälle, sondern auch die Haftungssummen der einzelnen Ansprüche. Diese Entwicklung erfordert ein aktives Risikomanagement der Steuerberater. Ein Bestandteil einer solchen Präventivstrategie ist der Einsatz von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). In der Praxis ist dabei häufig zu beobachten, daß die eingesetzten AGB bereits nicht wirksam im Verhältnis des Beraters zum Mandanten vereinbart worden sind. Ist dies jedoch der Fall, halten einzelne Regelungen vielfach einer Überprüfung nicht stand. Das wird dann besonders bedeutsam, wenn der Einsatz der AGB für den Steuerberater praktisch die einzige präventive Haftungsabwehrmaßnahme darstellt.

II. Einbeziehung der AGB

Immer wieder ist festzustellen, daß die eingesetzten AGB nicht wirksam vereinbart werden (§ 305 Abs. 2 BGB). Hauptgrund hierfür ist, daß die AGB oft lediglich dem Mandanten mit dem Hinweis übersandt werden, diese würden (nunmehr) für das Mandatsverhältnis gelten. Vielfach kommt erschwerend hinzu, daß dann im weiteren Verlauf bei der Erteilung neuer Mandate, bzw. Mandatserweiterungen nicht einmal mehr der entsprechende Hinweis erfolgt. Ebenso problematisch sind auch die immer noch zu findenden Hinweise auf Briefbögen, nach denen stets die AGB Anwendung finden sollen.

Diese Problematik ist dabei praktisch durch den Einsatz von Rahmenvereinbarungen sehr einfach zu lösen. Nach § 305 Abs. 3 BGB kann die generelle Geltung von AGB allgemein für zukünftige Aufträge vorgesehen werden. Von daher muß die Problematik an sich nur durch den Steuerberater identifiziert und von Anfang an eine entsprechende Vereinbarung bei allen Neumandaten vorgesehen, bzw. für Altmandate noch abgeschlossen werden.

III. Ausgewählte Regelungen in den AGB

In der Beratungspraxis immer wieder ein großes Problem unter Regreßgesichtspunkten stellen mündliche Auskünfte des Beraters -- sei es im Telefonat oder aber in der Mandatenbesprechung -- dar. Naturgemäß gehen mit diesen erhöhte Fehlerrisiken einher. Da grundsätzlich Beratungsleistungen nicht ohne weiteres nur in schriftlicher Form erbracht werden, können sich Beratungsfehler bei mündlichen Auskünften bereits regreßbegründend auswirken. Der in diesem Zusammenhang anzutreffende Hinweis auf Briefbögen, mündliche Auskünfte seien nur nach schriftlicher Bestätigung verbindlich, ist dabei ebenfalls als Versuch der einseitigen Vereinbarung einer AGB-Klausel unwirksam.

Abhilfe kann auch insoweit jedoch eine entsprechende Regelung in den bereits angesprochenen Rahmenvereinbarungen zu Beginn eines Mandates bieten, wenn in diesem Zusammenhang festgelegt wird, daß Beratungsleistungen regelmäßig in schriftlicher Form erbracht werden.

Da es bei Regreßfällen regelmäßig im Bereich des Verschuldens um das Merkmal der Fahrlässigkeit geht, ist die Frage, ob durch AGB wirksam eine Haftung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden kann, von großer Bedeutung. Nach § 309 Nr. 7b BGB ist in AGB ein Ausschluß oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden, die auf einer grobfahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen, unwirksam. Dabei wird in der Norm die Schuldform des Vorsatzes wegen der Regelung in § 276 Abs. 3 BGB überhaupt nicht angesprochen. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die genannte Vorschrift ist, daß die Freizeichnungsklausel insgesamt unwirksam ist. Soweit also von einem steuerlichen Berater AGB eingesetzt werden, die einen Ausschluß der Haftung für grobe Fahrlässigkeit vorsehen, muß diesem die vorstehende Regelung und deren möglichen Konsequenzen bekannt sein.

Eine weitere Frage im Zusammenhang mit dem Einsatz von AGB ist, ob durch diese die gesetzlichen Verjährungsfristen für Beraterregresse (Primärverjährung/Sekundärverjährung) wirksam abgekürzt werden können. Hierfür gilt, daß die Verkürzung von Verjährungsfristen bei Schadensersatzansprüchen von der Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit als ein Verstoß gegen einen gerechten Interessenausgleich beurteilt worden ist (vgl. BGH v. 16.1.1986 -- VII ZR 61/85; BGH v. 8.10.1995 -- VI ZR 114/84; OLG Köln v. 16.10.1987 -- 20 U 24/87).

Da in der Literatur -- gerade auch im Zusammenhang mit der Schuldrechtsmodernisierung -- bei den Verjährungsvorschriften für Berater insbesondere deren kenntnisunabhängiger Beginn kritisch erörtert wurde, muß davon ausgegangen werden, daß auch zukünftig eine weitere Einschränkung des Verjährungsrechts für Berater durch AGB kaum akzeptiert werden wird (vgl. zum zukünfitgen Verjährungsrecht auch die in Vorbereitung befindliche WPO-Novelle zum 1.1.2004).

Eine gleichgelagerte Problematik stellen Regelungen dar, bei denen es darum geht, Ausschlußfristen zu definieren. Nach der bisherigen Rechtsprechung wurden bereits Bedenken gegen die Wirksamkeit von Klauseln erhoben, die ein Erlöschen des Schadensersatzanspruchs vorsahen, wenn dieser nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach der schriftlichen Ablehnung der Ersatzleistung durch Klage geltend gemacht wurde (vgl. KG Berlin v. 24.2.1986 -- 24 U 4567/85). Diese Auffassung ist in der Rechtsprechung erst vor kurzem wieder bestätigt worden (vgl. OLG Köln v 28.2.2002 -- 8 U 81/01).

Eine interessante Option schließlich zur Haftungsprävention ergibt sich aus § 67a Abs. 2 StBerG. Durch eine entsprechende Vereinbarung kann eine Haftungsbeschränkung auf den mandatsbearbeitenden Berater erreicht werden. Wichtig ist jedoch hierbei, die Einschränkung des S. 2 der genannten Norm zu berücksichtigen, nach der die Zustimmungserklärung des Mandanten mit keiner anderen Erklärung verbunden werden darf und schriftlich erfolgen muß. Außerdem ist bei dem praktischen Einsatz stets vorher zu überlegen, wie bei persönlichen Veränderungen, z.B. aufgrund von Urlaub und Krankheit des Beraters, verfahren werden soll. Erforderlich ist also eine gesonderte Regelung neben den AGB.

Eine weitere häufig anzutreffende Regelung in AGB ist die Schadenspauschalierung. Danach soll bei einer vorzeitigen Beendigung eines Steuerberatungsvertrags dem steuerlichen Berater ein pauschalierter Schadensersatzanspruch zustehen. Solche Klauseln wurden jedoch ebenfalls in der Rechtsprechung immer wieder kritisch beurteilt (vgl. LG Göttingen v. 15.10.1998 -- 2 O 356/97; OLG Braunschweig v. 7.6.1999 -- 7 U 115/98).

IV. Haftung gegenüber Dritten

Ein besonders aktuelles praktisches Problem besteht derzeit für viele steuerliche Berater im Umgang mit der Bank des Mandanten (Basel II-Rating). Angesprochen sind hier stets die Haftungsrisiken aus Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, bzw. konkludent geschlossener Auskunftsverträgen (vgl. auch § 311 Abs. 3 BGB). Für diese gilt ebenfalls, daß eine wirksame Einbeziehung von AGB regelmäßig nicht vorliegt und ein hieraus möglicherweise resultierender präventiver Haftungsschutz für den steuerlichen Berater nicht besteht.

Im Bereich der Haftung gegenüber Dritten muß sich gegenwärtig also jeder steuerliche Berater Gedanken über seine Beratungspraxis machen. In keinem Falle ausreichend ist die routinemäßige Beifügung der AGB in den Jahresabschlüssen, die dann entweder vom Mandanten oder aber inzwischen in vielen Fällen vom Berater direkt an die Banken weitergereicht werden, was regelmäßig besonders kritisch ist.

V. Ausblick

Das herrschende Steuerchaos und die gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden auch in absehbarer Zeit eine große Rechtsanwendungsunsicherheit im Bereich des Steuerrechts und erhöhte Insolvenzrisiken für viele mittelständische Unternehmen bewirken. Die Beratung zur Bewältigung dieser Probleme birgt -- nicht zuletzt wegen der strengen Haftungsrechtsprechung -- zahlreiche Risiken. Ohne ein aktives Haftungsmanagement werden viele Berater letztendlich die Konsequenzen aus diesen Entwicklungen zu tragen haben.