BGH 12.4.2011, II ZR 197/09

Zur Unzulässigkeit der einer GbR erteilten Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung wegen § 1 Abs. 1 RBerG

Wurde eine GbR von drei der ca. 200 Kommanditisten eines geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Publikums-KG gegründet, um nach dem Beitritt weiterer sanierungsbereiter Kommanditisten der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen KG u.a. deren Ausgleichsansprüche aus § 426 Abs. 1 und 2 BGB gegen sanierungsunwillige Kommanditisten einzuziehen, so ist die in ihrem Gesellschaftsvertrag erteilte Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung dieser Ansprüche wegen Verstoßes gegen § 1 § 1 Abs. 1 RBerG gem. § 134 BGB nichtig.

Der Sachverhalt:
Die Gesellschafter der Klägerin sind sämtlich Kommanditisten der B-GmbH & Co. Immobilienfonds KG. Als Kommanditisten dieser KG hatten sie eine Pflichteinlage zu leisten und waren zusätzlich im Handelsregister mit einem Haftkapital in 2,2-facher Höhe der Pflichteinlage eingetragen. Die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene KG schloss mit der darlehensgebenden E-AG eine Sanierungsvereinbarung, derzufolge die Kommanditisten sich u.a. verpflichten sollten, auf ihre (erweiterte) Hafteinlage einen Betrag i.H.v. 48 Prozent ihrer Pflichteinlage in mehreren Raten einzuzahlen. Im Gegenzug verpflichtete sich die E-AG, von Vollstreckungsmaßnahmen in das Grundstück der KG sowie von einer persönlichen Inanspruchnahme der Kommanditisten auf die Haftsumme abzusehen. Dieser Sanierungsvereinbarung stimmten rd. 86 Prozent der Kommanditisten zu.

Zur Durchführung dieser Sanierungsvereinbarung und mit dem Ziel, auch nicht sanierungswillige Kommanditisten an der Sanierung zu beteiligen, gründeten drei (u.a. die geschäftsführenden) Kommanditisten der KG die Klägerin, der weitere Kommanditisten als Gesellschafter beitreten sollten. Die Gesellschafter verpflichteten sich mit dem Beitritt, in das Gesellschaftsvermögen der Klägerin einen Beitrag, der insgesamt 48 Prozent ihrer Pflichteinlage bei der KG entsprach, in Raten auf das Konto der Klägerin einzuzahlen. Nach dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin sollte der Gesellschaftszweck, die Sanierung der KG, dadurch erreicht werden, dass die Klägerin mit ihrem Gesellschaftskapital im Namen ihrer Gesellschafter die fälligen Ansprüche der E-AG erfüllte, die Ausgleichsansprüche ihrer Gesellschafter gegenüber den nicht sanierungswilligen Kommanditisten der KG geltend machte, eingehende Zahlungen entgegennahm und diese verwaltete.

Ein Großteil der Kommanditisten der KG trat der Klägerin bei und zahlte entsprechend der jeweils übernommenen Beitragsverpflichtung die fälligen Raten auf den versprochenen 48-prozentigen Beitragsteil. Diese Gelder leitete die Klägerin an die KG oder auf deren Darlehenskonto bei der E-AG weiter. Einige Kommanditisten und Treugeber der KG zahlten ihren Sanierungsbeitrag direkt an die KG, ohne Gesellschafter der Klägerin zu sein. Andere Kommanditisten haben sich weder an der Klägerin beteiligt noch Zahlungen im Rahmen der Sanierungsvereinbarung geleistet. Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Ausgleichsansprüche ihrer Gesellschafter gegen den Beklagten, der als Kommanditist der KG keine Zahlungen geleistet hat, in Höhe von dessen Verlustanteil (1 Prozent von rd. 1,95 Mio € = 19.500 €) geltend.

LG und OLG gaben der Klage statt. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Klage als unzulässig ab.

Die Gründe:
Das OLG hat die Klägerin zu Unrecht für prozessführungsbefugt gehalten. Die Ermächtigung zur Einziehung der Ausgleichsansprüche ihrer Gesellschafter, aufgrund derer die Klägerin die Ansprüche im Prozess geltend macht, ist wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG gem. § 134 BGB nichtig. Die Klage ist deshalb wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung unzulässig.

Die Klägerin macht im vorliegenden Rechtsstreit nach ihrem eigenen Vortrag aufgrund einer ihr erteilten Ermächtigung (§ 185 BGB) Ansprüche ihrer Gesellschafter gegen den Beklagten im eigenen Namen und damit in gewillkürter Prozessstandschaft geltend. Zwar ist die Zustimmung des Rechtsinhabers zur aktiven Prozessführung eines Dritten Prozesshandlung. Erteilung, Bestand und das Vorliegen von Mängeln der Ermächtigung richten sich aber nach materiell-rechtlichen Grundsätzen. Die Ermächtigung zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche aus § 426 Abs. 1 und 2 BGB, die die Gesellschafter der Klägerin mit ihrem Beitritt zu der GbR erteilt haben, ist danach nach § 134 BGB i.V.m. Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtig. Die Klägerin zieht geschäftsmäßig fremde Forderungen ein, ohne die dafür nach Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 6 RBerG erforderliche Erlaubnis.

Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG, das ungeachtet des Außerkrafttretens am 30.6.2008 für den Streitfall noch maßgeblich ist, ist die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, sofern sie geschäftsmäßig betrieben wird, erlaubnispflichtig. Rechtsgeschäfte, die gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG verstoßen, sind nach ständiger Rechtsprechung des BGH einschließlich der zu ihrer Durchführung erteilten Vollmachten und Ermächtigungen gemäß § 134 BGB nichtig.

Die Klägerin macht, wie für das Eingreifen von Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 RBerG erforderlich, wirtschaftlich - hier zusätzlich auch formal - fremde Forderungen gerichtlich geltend. Die Ausgleichsansprüche aus § 426 Abs. 1 und 2 BGB, die die Klägerin mit ihrer Klage verfolgt, stehen ihren Gesellschaftern gegenüber Mitkommanditisten im Umfang von deren Verlusttragungspflicht zu, weil die Gesellschafter der Klägerin wegen ihrer Zahlungen gem. § 171 Abs. 1 HGB von der KG keinen Ausgleich nach §§ 110, 161 Abs. 2 HGB erlangen können. Diese Ausgleichsansprüche sind nicht im Wege der (Voll-)Abtretung in das (Gesamthands-)Vermögen der Klägerin gelangt. Damit kommt das wirtschaftliche Ergebnis der Einziehung allein dem jeweiligen Gesellschafter zugute, den auf der anderen Seite auch allein das Einziehungsrisiko trifft.

Die Klägerin handelte auch geschäftsmäßig. Geschäftsmäßig handelt bereits, wer beabsichtigt, die Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und dadurch zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. So liegt der Fall hier: Bei Gründung der Klägerin war weder absehbar, für wie viele der Kommanditisten der KG die Klägerin Ausgleichsforderungen einziehen noch gegen welche und wie viele Kommanditisten sich die Forderungseinziehung richten würde. Die Gründung erfolgte daher in der Absicht, bei jedem Beitritt eines weiteren Kommanditisten, gegenüber nicht zahlungsbereiten Kommanditisten, deren Person und Anzahl ebenfalls nicht feststanden, im Wege der Forderungseinziehung tätig zu werden. Es handelt sich nicht um eine reine Gelegenheitsgesellschaft, deren Gründung und Tätigkeit im Schrifttum unter dem Gesichtspunkt der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten teilweise für zulässig gehalten wird.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 27.05.2011 12:47
Quelle: BGH online

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