BGH 16.4.2013, II ZR 118/11

Zum Anspruch der KG gegen ihren Kommanditisten auf Erstattung des auf Kapitalerträge der Gesellschaft entfallenden Teils der Kapitalertragsteuer

Ob eine Kommanditgesellschaft gegen ihren Kommanditisten einen Anspruch darauf hat, dass er ihr den auf Kapitalerträge der Gesellschaft entfallenden Teil der Kapitalertragsteuer erstattet, der von dem Kapitalertragsschuldner einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird, richtet sich nach dem Gesellschaftsvertrag.

Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH & Co. KG (Schuldnerin), das am 1.1.2001 eröffnet wurde. Er verlangt mit seiner im Dezember 2009 beim LG eingegangenen Klage vom Beklagten, der mit einer Einlage von 150.000 DM einziger Kommanditist der Schuldnerin ist, die Erstattung von Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen (nachstehend auch als Zinsabschläge bezeichnet) i.H.v. von insgesamt rd. 25.000 €, die auf Kapitalerträge der Schuldnerin im Zeitraum 2001 bis 2008 abgeführt wurden.

Das LG gab der Klage nur hinsichtlich der seit dem Jahr 2005 abgeführten Zinsabschläge i.H.v. rd. 9.000 € nebst Zinsen statt und hielt den Anspruch des Klägers i.Ü. für verjährt. Die dagegen gerichteten Berufungen beider Parteien wies das OLG zurück. Die Revision des Kläger hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Es kann dahingestellt bleiben, ob ein bereicherungsrechtlicher Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Erstattung der von der Schuldnerin vor dem Jahr 2005 abgeführten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschläge besteht, ob dem Kläger ein Erstattungsanspruch auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage zusteht, oder ob das Entnahmerecht des Beklagten auch in der Insolvenz der Schuldnerin besteht. Ein etwaiger Erstattungsanspruch wäre jedenfalls gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (für Kapitalerträge in 2001 ggf. i.V.m. Art. 226 Abs. 4 S. 1 EGBGB) verjährt. Die Verjährungsfrist hätte für den jeweiligen Anspruch bereits mit der Erhebung der Zinsabschläge und der Kenntnisnahme des Klägers von den entsprechenden Abzügen begonnen und wäre abgelaufen, bevor der Kläger auf die Hemmung der Verjährung gerichtete Maßnahmen ergriffen hat.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei einer werbenden Personenhandelsgesellschaft die gem. § 43 Abs. 1 S. 1 EStG durch Abzug auf Kapitalerträge der Gesellschaft erhobene Einkommensteuer (Kapitalertragsteuer) vermögensmäßig als Abzug von Gesellschaftskapital anzusehen und durch deren steuerliche Anrechnung auf die Einkommensteuer des Gesellschafters wie eine Entnahme ihres Gesellschafters zu behandeln. Der Abzug der Kapitalertragsteuer von den Kapitalerträgen der ihrerseits nicht einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Personenhandelsgesellschaft bewirkt im Hinblick auf die Anrechnung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld der Gesellschafter als Mitunternehmer nach § 2 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG, die entweder zur Minderung der Einkommensteuerschuld des Gesellschafters oder zu einer Steuererstattung nach § 36 Abs. 4 S. 2 EStG führt.

Der hierdurch erlangte Vorteil kann zivilrechtlich nicht anders bewertet werden, als sei der Gesellschaft zunächst der gesamte Kapitalertrag zugeflossen und sodann von ihr im Umfang der Kapitalertragsteuer zur Leistung einer Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld der Gesellschafter verwendet worden. Ob die Gesellschaft gegen ihren Gesellschafter einen Anspruch darauf hat, dass er ihr den einbehaltenen Teil der Kapitalertragsteuer erstattet, richtet sich sodann nach dem Gesellschaftsvertrag. Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Erhebung der Solidaritätszuschläge.

Der Senat muss die Frage, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage der Gesellschafter zur Erstattung von Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlägen verpflichtet ist, die auf Kapitalerträge der Insolvenzmasse abgezogen worden sind, im Streitfall nicht entscheiden. Ein auf Erstattung der abgeführten Zinsabschläge gerichteter Anspruch des Klägers wäre, wenn man ihn bejahen wollte, unabhängig von seiner rechtlichen Einordnung als bereicherungsrechtlicher oder aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleiteter Anspruch innerhalb von drei Jahren nach seiner Entstehung verjährt (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB; Art. 229 § 6 Abs. 4 S.,1 EGBGB).

Entgegen der Ansicht der Revision wäre ein Erstattungsanspruch bereits mit der Abführung der Zinsabschläge entstanden. Der Kläger hatte von der Erhebung der Zinsabschläge für die Jahre 2001 bis 2004 vor dem 31.12.2005 Kenntnis. Er kannte damit die mögliche Erstattungsansprüche der Schuldnerin begründenden Tatsachen, so dass diese Ansprüche spätestens mit dem Ablauf des Jahres 2008 verjährt wären, ohne dass der Kläger auf die Hemmung der Verjährung gerichtete Maßnahmen ergriffen hat.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 06.06.2013 12:25
Quelle: BGH online

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