BFH 24.4.2013, II R 17/10

Zur mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft

Die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG ist anders als die unmittelbare Änderung nur nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen. Eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse an einer im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum unmittelbar an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft beteiligt gebliebenen Kapital- oder Personengesellschaft lässt diese nur dann fiktiv zu einer neuen Gesellschafterin werden, wenn sich in diesem Zeitraum deren Gesellschafterbestand auf den weiteren Beteiligungsebenen, im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig geändert hat.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine grundstücksbesitzende GmbH & Co KG. Alleingesellschafterin der mit 6 % an ihrem Gesellschaftsvermögen beteiligten persönlich haftenden A-GmbH ist die C-GmbH, deren alleinige Gesellschafterin zunächst die I-AG war. Diese veräußerte zum 1.1.2005 die Hälfte ihrer Beteiligung an der C-GmbH an die K., eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Den restlichen Anteil an der C-GmbH übertrug die I-AG am 31.3.2006 auf die 100 %ige Tochtergesellschaft I-GmbH. Die einzige Kommanditistin der Klägerin, die G-AG, übertrug ihre Beteiligung an der Klägerin am 16.3.2006 auf die H-GmbH.

Das Finanzamt stellte im September 2008 mit Bescheid gegenüber der Klägerin fest, dass bei ihr am 31.3.2006 ein Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG stattgefunden habe. Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH das Urteil auf und gab der Klage statt.

Die Gründe:
Der Feststellungsbescheid aus September 2008 war aufzuheben, da der Tatbestand des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG entgegen der Ansicht des FG nicht verwirklicht worden war.

Die mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG ist anders als die unmittelbare Änderung nur nach wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen. Sie setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift voraus, dass ein Anteil am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft mittelbar auf einen neuen Gesellschafter übergeht. Entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung ergeben sich auch aus dem GrEStG keine allgemeinen Rechtsgrundsätze, die bei der Auslegung des § 1 Abs. 2a GrEStG hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals "mittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes" zu einer eindeutigen Bestimmung des Regelungsinhalts führen.

Soweit die Finanzverwaltung danach unterscheidet, ob an einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft wiederum eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft beteiligt ist, so war dieser Ansicht nicht zu folgen. Für diese Differenzierungen, die zu einer Ungleichbehandlung je nach der Rechtsform der an der grundstücksbesitzenden Gesamthand unmittelbar oder mittelbar beteiligten Gesellschaft führen, gibt das Gesetz keine Rechtsgrundlage. Die unterschiedlichen Ergebnisse erfahren aus dem Sinn und Zweck der Regelung keine Rechtfertigung.

Eine Veränderung der Beteiligungsverhältnisse an einer im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum unmittelbar an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft beteiligt gebliebenen Kapital- oder Personengesellschaft lässt diese nur dann fiktiv zu einer neuen Gesellschafterin werden, wenn sich in diesem Zeitraum deren Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar, d.h. auf den weiteren Beteiligungsebenen, im wirtschaftlichen Ergebnis vollständig geändert hat. § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt den Bestimmtheitsgrundsatz nur bei einschränkender Auslegung, bei der lediglich die vollständige Änderung des Bestands der Rechtsträger, die wirtschaftlich hinter einer an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft als Gesellschafterin beteiligten Personen- oder Kapitalgesellschaft stehen, tatbestandsmäßig ist. Entscheidend ist das aus dem Wortlaut folgende Erfordernis, dass auch bei einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft ein Anteil an deren Gesellschaftsvermögen zumindest fiktiv auf einen neuen Gesellschafter übergehen muss.

Im vorliegenden Fall hatte sich der Gesellschafterbestand der Klägerin nicht, wie vorausgesetzt, innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar dergestalt geändert, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergegangen waren. Die unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes durch die Übertragung der Kommanditbeteiligung der G-AG auf die H-GmbH am 16.3.2006 betraf lediglich 94 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin. Zu weiteren im Rahmen des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG zu berücksichtigenden Änderungen des Gesellschafterbestandes der Klägerin war es nicht gekommen. Die Veränderungen auf den Beteiligungsebenen oberhalb der persönlich haftenden Gesellschafterin, der A-GmbH, erfüllten nicht das Tatbestandsmerkmal der mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestandes der Klägerin.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des BFH veröffentlicht.
  • Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.


Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.06.2013 15:21
Quelle: BFH online

zurück zur vorherigen Seite